Выбрать главу

»Schon gut. Ich sage nichts mehr. Bis wir den Ork gefunden haben.« Er drehte den Krähenschnabel um die eigene Achse. Eine lange vermisste Anspannung hatte ihn befallen.

Quälend langsam ging es durch den Dampf, der die Barte und die Haare befeuchtete und Tröpfchen auf den Rüstungen bildete. Die Zwerge lauschten in das Grau und hörten dennoch nichts außer den Schritten des jeweiligen Vorder- und Hintermannes. Die Scheusale ließen sich nicht blicken, was ihre Wanderung nicht besser machte.

»Hat diese Suppe mal ein Ende? Lieber begegne ich einem Angriff und verschaffe mir mit dem Krähenschnabel Ruhe, als diese Schleicherei«, beschwerte sich Boindil irgendwann.

»Hast du einen Ork gesehen?«, fragte ihn Tungdil grantig, der als Schemen neben ihm lief. »Nein, warum?«

»Wieso redest du dann?«

Ingrimmsch schwieg wieder und hörte, wie Tungdil einen tiefen Schluck aus seiner Trinkflasche nahm; es roch nach Branntwein.

Ihr Weg führte sie nach schier endloser Lauferei in eine Höhle, wie sie anhand der ertasteten Wand feststellten. Tungdil fand die Rune wieder, und bald darauf entdeckten sie einen Gang, der sie tiefer ins Jenseitige Land führte. Niemand wagte es, die Stimme zu erheben. Nun befanden sie sich wirklich an einem Ort, an dem keiner aus dem Volk der Zwerge jemals gewesen war.

Urplötzlich, als habe man ihn hinter einer Biegung gleich einem feuchten grauen Tuch abgeschnitten und weggeworfen, lichtete sich der Nebel.

Die Stille, die rundum herrschte, sorgte für eine beklemmende Spannung, die sich nicht legen wollte. Bald brannten die Zwerge auf ein wie auch immer geartetes Geräusch, das ihnen endlich einen Hinweis auf Leben in den Gängen gäbe, gleich, ob es ihnen nun feindlich oder freundlich gesonnen wäre.

»Das ist ein Irrgarten.« Manon hatte die Stimme erhoben. »Die Gabelungen häufen sich.«

»Ich weiß«, erwiderte Tungdil. »Und jemand war vor uns da.« Er zeigte auf Kratzer in der Felswand, die sonst keiner von ihnen wahrgenommen hatte. »Eine Orkrune aus dem Geborgenen Land. Sie bedeutet gr, und wir folgen ihr schon eine Weile.«

»Wir sind auf der Spur des Schweinchens, das uns damals entkommen ist!« Boindil nickte Manon verstohlen zu, als wolle er damit sagen: Siehst du? Er ist ein guter Anführer. »Wo es uns wohl hinführt?«

Tungdil zuckte mit den Achseln und lief weiter. Die Runen waren bald immer achtloser in den Fels geritzt worden, dann endete die Spur ganz. Tungdil führte die Gruppe den Gang entlang und hinterließ seine eigenen Markierungen.

»Eine Höhle«, sagte er nach der letzten Biegung und deutete nach vorn. Lichtstrahlen fielen schräg von oben herab und beleuchteten den von Knochen übersäten Boden. Vorsichtig betraten sie die Kammer. »Ho, da konnte jemand die Schweinchen gar nicht leiden«, meinte Ingrimmsch mit einem Blick auf die Überreste. Er ging in die Hocke und erkundete ihren Fund genauer. »Jemand hat sie ausgebeint. Das Ungeheuer, das das hier getan hat, gefällt mir«, griente er und spie auf die Knochen. »Sie sind schon älter, wie es aussieht.« »Es wäre eine Erklärung, weshalb die Angriffe auf die Pforte ausblieben«, fügte Manon hinzu, hob einen Oberschenkelknochen hoch und betrachtete die Messerspuren daran.

»So viel kann man gar nicht fressen, wie es Schweinchen gibt«, sagte Boindil zweifelnd.

Manon betrachtete die riesige Höhle und hielt eine Hand in einen Lichtstrahl. »Und wenn es ein großes Ungeheuer ist? Ein Drache?«

»Das glaube ich nicht«, widersprach Tungdil. »Wir hätten Spuren von ihm gefunden. Furchen im Fels, alte Hornplatten, abgebrochene Zähne oder dergleichen.« Er hatte den Ausgang entdeckt. »Außerdem wäre er niemals durch die schmaleren Gänge gelangt.«

»Es gab früher auch kleine Drachen«, gab Manon zu bedenken.

»Ich weiß. Ich kenne die Bücher und Aufzeichnungen. Ich habe sie alle gelesen.« Tungdil ließ den Dritten spüren, dass er der Gelehrte unter ihnen war. »Und deswegen schließe ich Drachen aus.« Er wandte sich um und ging weiter.

Die anderen folgten ihm in den nächsten Gang, und schließlich erreichten sie eine weitere Höhle, durch die ein Bach floss. Die Zwerge schwärmten aus und betrachteten die Umgebung.

Den Spuren am Boden zufolge, hatte sich hier einst ein Lager befunden. Ein sehr großes Lager. Von der Anzahl der Feuerstellen schloss Boindil auf mindestens zweitausend Wesen. »Sie haben einige Zeit hier gelebt«, sagte er, die Schrammen im Boden betrachtend. »Und sie sind noch nicht allzu lange von hier verschwunden.« Seine Handschuhe strichen durch Asche. »Sie ist kalt, aber nicht sehr alt.« »Die Frage ist: Waren es Orks oder diejenigen, die unsere ärgsten Feinde als Futter betrachten?« Tungdil deutete auf einen breiten, natürlich entstandenen Tunnel. »Da entlang. Sehen wir nach, ob wir weitere Hinweise auf ihren Verbleib finden.«

Sie gingen weiter, immer noch kampfbereit und aufs Äußerste gespannt. Nur weil eine Kreatur Geschmack an Orks gefunden hatte, bedeutete es nicht, dass sie Zwerge als ihre Freunde betrachtete.

Der Tunnel endete vor einem Haufen Steine, der ihnen das Weiterkommen versperrte.

Tungdil betrachtete die Decke, dann die Felsbrocken vor sich. »Sie stammen nicht von oben. Sie wurden absichtlich aufgetürmt, um den Gang zu verschließen.« Er schaute zu Boindil. »Vermutlich hat das Heer, das in der Höhle hinter uns lagerte, seinen Rückzug gedeckt.«

»Oder es wollte verhindern, dass neue Scheusale diesen Weg nehmen«, fügte Manon hinzu. »Das ist alles mehr als merkwürdig«, befand Ingrimmsch. »Früher war es einfacher, oder, Gelehrter? Die Schweineschnauzen kamen, wir haben sie vernichtet, und damit war die Sache erledigt.« Er setzte sich auf einen Felsvorsprung, nahm den Helm ab und fuhr sich durch das Haar. Dann kratzte er sich am Kopf und schüttelte die Haare auf; es war einer der seltenen Tage, an denen er sie offen trug, was sehr ungewohnt aussah. »Jetzt sind wir so schlau wie vorher.«

»Bis auf die Tatsache, dass wir wissen, jemand hat die Orks zum Fressen gern«, warf Manon ein. »Ich bleibe bei meinem Drachen. Wir sind hier im Jenseitigen Land...«

»Nein. Es gibt keine mehr. Oder sie lassen sich nicht mehr blicken.« Tungdil setzte sich ebenfalls und befahl eine Rast; es wurde gegessen und ausgeruht. »Schon gar nicht würde er sich die Mühe machen, seine Beute auszuweiden.« Seine Kleidung klebte am Leib, er schwitzte enorm. Die Anstrengung eines langen Marsches war er nicht mehr gewohnt.

»Die Biester sind schlau. Sie würden die Schweinchen erst gar nicht ins Maul nehmen«, lachte Bomdil und aß Brot mit stinkendem Käse. Seine Augen blieben plötzlich auf dem Haufen Steine hinter Tungdil hängen. »Blinkt da nicht was?« Er sprang auf, durchsuchte den Schutt - und entdeckte etwas. »Tatsächlich...« Sogleich befahl er fünf Krieger zu sich und ließ sie graben. Er selbst war zu müde.

Es dauerte lange, bis sie den vollkommen verbogenen Gegenstand freigelegt hatten. Schutt rutschte nach, wann immer sie große Brocken zur Seite räumten, und es staubte fürchterlich. Schließlich bekam Tungdil einen platt gedrückten Helm gereicht. Einen Helm mit einem goldenen Mond auf der Stirn; schwarze Haare und getrocknetes Blut hafteten am Rand.

»Damit haben wir ihren Sohn wohl gefunden«, sagte Ingrimmsch leise.

Tungdil steckte den Helm ein. »Wir haben seinen Helm gefunden. Nicht ihn. Begehe nicht den gleichen Fehler wie der Suchtrupp, den der König aussandte. Er kann platziert worden sein, damit ihn jemand findet und ihn für tot hält.«

»Wieso sollte jemand so etwas tun?«

»Eben. Wieso? Die Orks hätten sich diese Mühe nicht gemacht. Es muss ein Wesen mit Verstand gewesen sein«, beharrte Tungdil.

Ingrimmsch lehnte sich zurück und schaute auf die Halde. »Willst du sie abtragen, um es herauszufinden?« Tungdil lehnte ab. »Nein. Ich bin mir sicher, dass es vergebliche Mühe wäre. Wir...«