»Die Maschine ist zerstört«, ächzte der Zwerg und schob seinen Feind zurück, drängte ihn Flagur entgegen, der zum Schlag ausgeholt hatte.
»Ich brauche sie nicht mehr. Ich werde den Rest mit der Macht des Diamanten durchbrechen.« Der Unauslöschliche zog das Schwert in einer fließenden Bewegung weg und brachte Tungdil aus dem Gleichgewicht; sodann nutzte er den Schwung, um die Waffe dem letzten Gefolgsmann Flagurs in den Leib zu stechen. »Sobald ich euch niedergeworfen habe.« Er drückte sich ab, sprang auf die Lore und katapultierte sich mit dem Schwert voraus gegen Lot-Ionan.
Der Magus reckte dem Alb die Hand entgegen und schloss die Augen. Eine einzige Silbe kam über seine Lippen - und der Unauslöschliche hing wie an Schnüren aufgehängt frei in der Luft.
Flagur sprang herbei, schwang die beiden Waffen des Albs und stieß sie ihm durch den Oberkörper. Die scharfen Klingen durchdrangen die Rüstung. Der Unauslöschliche schrie hell auf. »So haben sich meine Leute gefühlt, Alb«, grollte er genüsslich, und die rosafarbenen Augen leuchteten auf. Dann rüttelte er an den Griffen, um die Schmerzen zu verstärken. »Leide, du Scheusal. Leide, bis du endlich verreckst!«
Wieder verlor der Zauber allzu schnell seine Wirkung, und der Unauslöschliche fiel auf den Boden. Mit einem wütenden, animalischen Kreischen, zog er sich die eigenen Schwerter aus dem Leib und attackierte Flagur damit. Man sah nicht einmal, was genau der Alb tat. Die Klingen wirbelten, Bluttröpfchen spritzten umher, und dann versank der Ubari im grauen Staub, der wie Wasser über ihm zusammenschwappte.
»So habe ich mir das vorgestellt«, murmelte Rodario. »Schon wieder ich gegen einen Wahnsinnigen. Wie damals in Porista.«
Der Alb wich vor ihnen zurück, langte an den Gürtel und nahm den Diamanten aus dem Beutel. Der Panzerhandschuh schloss sich fest darum, es knirschte und knackte.
»Vernichtet ihn!«, rief Tungdil und sprang vorwärts. Er hatte genau gehört, dass der Alb in seiner Sprache redete und vermutlich eine magische Beschwörung versuchte. Sirka und Rodario griffen von verschiedenen Seiten an, um es dem Unauslöschlichen unmöglich zu machen, allen Attacken zu entgehen.
Da erstrahlte der Diamant.
Grelle Lichtstrahlen suchten sich ihren Weg durch die Lücken zwischen den gepanzerten Fingern hindurch und beleuchteten die Tunnelwand. Das Tionium wurde durchsichtig, man sah die Knochen in der Hand des Albs, der zwei Finger ausstreckte und sie gegen Lot-Ionan richtete.
Tungdil hegte keinen Zweifel daran, dass sich gleich ein Strahl lösen und seinen Ziehvater treffen würde. »Vraccas, ich brauche deinen Beistand!« Er senkte den Kopf und machte einen gewaltigen Satz nach vorn, die Schneide der Axt zielte auf das Handgelenk des Unauslöschlichen.
Und sie traf!
Tungdil spürte einen Augenblick lang den Widerstand der Rüstung und der Knochen, doch weder das eine noch das andere hielt die Klinge auf. Abgetrennt fiel das Gliedmaß in den Staub, das Strahlen des Steins erlosch. Der aufkreischende Alb schlug augenblicklich nach ihm.
Tungdil schaffte es zwar, die Axt zu heben, aber das Schwert fuhr durch den Stiel und traf ihn am rechten Oberarm. Es fraß sich tief durch Rüstung und Fleisch, erst im Knochen blieb es stecken. Ohne den Zusammenprall mit dem Axtstiel hätte er den Arm sicherlich verloren.
Schreiend schwankte er zur Seite, die Finger öffneten sich und er verlor den Stiel.
Aber Sirka ließ ihn nicht allein. Sie sprang vor ihn und griff den Alb an, um ihn von Tungdil wegzutreiben. LotIonan und Rodario wühlten in der Zwischenzeit nach der abgetrennten Hand und dem Diamanten. Aber auch Sirka war dem Unauslöschlichen nicht gewachsen. Er täuschte einen schrägen Hieb an und stach ihr stattdessen durch die linke Schulter. Dann riss er das Schwert nach oben und zerschnitt ihr Schlüsselbein. Ohne einen Laut von sich zu geben, fiel sie zu Boden und tauchte ebenfalls im Staub unter.
»Nein!« Tungdil stürmte blind vor Wut auf den Alb zu, der ihn mit erhobener Waffe erwartete und zum Todesstoß ausholte.
»Ich hab sie! Ich hab sie!« Rodario hatte die abgeschlagene Hand gefunden, schlug sie gegen die Lorenwand, um den Griff zu brechen, und fing den Stein geschickt auf. Er reichte ihn an den Magus weiter, der ihn ehrfürchtig entgegennahm.
Die Makellosigkeit hatte gelitten. In dem klaren Diamanten zeigten sich dunkle Einschlüsse und blinde Stellen, und Lot-Ionan glaubte sogar, Risse zu erkennen. Die Berührung durch den Alb hatte dem Stein nicht gut getan. »Palandiell und Sitalia, ich bitte euch, gewährt mir eure Hilfe«, sagte er und schloss die Finger darum. Er forschte und suchte nach der Macht, die in dem Stein schlummerte.
Tungdil hatte den Unauslöschlichen erreicht, zog seinen Dolch und zielte auf die untere der beiden Wunden des Gegners.
Aber er kam nicht einmal mehr in die Nähe. Der Alb schlug zu, das Schwert traf den Zwerg schräg in die linke Seite unter dem Arm hindurch. Sie wanderte durch die Eisenringe, durch die Rippen, in das Herz. Tungdils Blut verwandelte sich in flüssiges Bergesblut, ihm wurde im ganzen Leib heiß. Nur sein Herz erkaltete. »Dein Tod heißt Nagsör Inäste«, sprach der Alb getragen, ehe er die Klinge nach vorne und aus dem Herzen zog. Dunkelrotes Zwergenblut sprudelte aus dem klaffenden Schnitt, lief an Tungdils Kleidung hinab und tränkte den Staub. »Ich nehme dir das Leben, Unterirdischer. Es wird kein Grab für deine Gebeine geben, deine Seele wird umherziehen und verloren sein. So verloren wie das Geborgene Land, wenn ich zurückkehre.« »Ich...« Tungdil senkte trotzig die Stirn, machte noch zwei schwankende Schritte auf den Unauslöschlichen zu, hob seinen Dolch. »Sirka...« Vor den Füßen des Albs brach er auf die Knie und versank bis zum Hals im Staub. Die Kälte schoss von seinem Herz in den letzten Winkel seines Körpers und lähmte ihn. Es wurde dunkler und dunkler, der Alb verschmolz mit den Schatten und wurde unsichtbar. Dann sank er nach vorn und verschwand in dem Grau.
Rodario hatte das Ende seines Freundes mit angesehen. »Ehrenwerter Magus, Ihr müsst ein Wunder vollbringen«, sagte er tonlos und hob die Waffe. »Ich verschaffe Euch ein oder zwei Lidschläge Zeit.« Lot-Ionan fühlte die Stärke des Diamanten, die sich weigerte, ihm zu gehorchen.
»Es ist nicht so einfach, wie man denkt, nicht wahr?«, sagte eine bekannte Stimme neben ihm. Ein Schauer überlief den Magus, er wagte nicht, den Kopf zu drehen. »Nudin?«
»Das, was von ihm übrig blieb, alter Freund.«
Lot-Ionan schluckte und sah den Alb näher kommen, der sein Werk vollenden und den Diamanten zurückhaben wollte.
Rodario schob sich halb vor ihn und reckte das Schwert, auch wenn er wusste, dass er schneller als alle anderen fallen würde. Die Bewegungen der beiden erschienen ihm unglaublich langsam, als wögen sie Zentner, als würden ihre Arme und Beine an Schnüren gehalten.
»Du musst dich dem Stein öffnen«, sagte Nudin, dieses Mal von der anderen Seite. »Erlaube ihm, in deine Seele zu schauen. Wenn er der Meinung ist, dass du seine Macht verdienst, wird er dir gegen den Unauslöschlichen helfen.«
»Geh! Du bist ein Truggebilde«, zischte Lot-Ionan und konzentrierte sich.
»Nur zu einem gewissen Teil, alter Freund«, hörte er die Stimme des getöteten Magus in seinem Rücken. »Ich lebe in dir weiter.«
»Wie sollte dir das gelingen?«
Nudin lachte leise. »Was macht dein Rücken, Geduldiger? Schmerzt er bei manchen Bewegungen?« Lot-Ionan schaute sich nun doch um und glaubte, neben der Maschine den Umriss eines Mannes zu sehen, ohne dessen Gesicht zu erkennen. Nach einem Blinzeln war er verschwunden. »Was weißt du darüber?« »Solltest du nicht lieber Rodario beistehen, anstatt Geister zu jagen?«, kam es freundlich belehrend von allen Seiten. »Der Gute wird sterben, und danach schlägt dich der Unauslöschliche in Stücke.«
»Wieso konnte er den Stein nutzen?«
»Später, Lot-Ionan. Wenn du das Geborgene Land retten willst, dann gib dir Mühe.« Nach kurzem Zögern setzte die Stimme hinzu: »Oder soll ich dir helfen, alter Freund?«