Sirka schaute in die Flammen. »Ich werde niemals verstehen, was es an dieser Art zu schmieden Besonderes gibt.« Sie fuhr sich mit den Fingern über die Stirn und verrieb den Schweiß, der sich mit dem Regenwasser mischte. »Ich bin gespannt, was du zu unserer Methode sagen wirst.«
Tungdil legte den Rohling in die Glut und den Hammer auf den Amboss. Er nahm die Zwergin in die Arme, die nur ein dünnes Ledergewand trug. Die Schnürung über der Brust erlaubte es ihm, viel von ihrer braunen Haut zu sehen. Liebevoll strich er über ihren kahlen Schädel und küsste sie lange, begehrend. Das Verlangen flammte auf.
Er warf den Hammer gegen die Tür, sodass sie zufiel und sich der Klappriegel vor das Holz legte. Sie grinste und öffnete die Verschlüsse seiner Lederschürze.
Sie liebten sich ausgiebig neben der heißen Esse auf einer Decke, und wie immer konnte Tungdil von Sirka nicht genug bekommen. Er mochte es, ihre dunkle Haut zu streicheln, die Hitze ihrer Lebensesse zu fühlen, die beim Liebesspiel heller brannte und den Schweiß heraustrieb. Die Untergründige hatte einmal davon gesprochen, einem leidenschaftlichen Volk anzugehören. Das bewies sie nicht nur im Kampf.
Danach lagen sie neben dem Feuer und betrachteten die zuckenden Flämmchen.
»Es wird dir schwer fallen, dein Volk zu verlassen«, sagte sie zu ihm.
»Ich habe kein Volk«, entgegnete er ohne Trauer. »Ich habe mir sehr viele Gedanken darüber gemacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass mein Herz nur einer gehört.« Er küsste sie auf den Hals. »Dir. Ansonsten ergeht es mir...« Beinahe hätte er sich verraten, der Name des Albs hatte ihm auf der Zunge gelegen. »... schlecht. Soll ich zu den Zwergen gehen, die unter Ginsgar Ungewalt alte Feinde zu neuen machen? Oder zu den Menschen? Auch bei den Elben würde ich mich nicht wohl fühlen.«
»Ich werde dir ein neues Zuhause geben, solange du möchtest, und nicht, wie ich es will. Du kannst jederzeit weiterziehen, Tungdil. Ich kenne deine unstete Art. Und du hast mich davor gewarnt.« Sirka lächelte und schlüpfte in ihr Ledergewand. Bewundernd glitten Tungdils Blicke an ihrem sehnigen Körper entlang, der kraftvoll genug war, nicht zu brechen. Weder im Kampf noch beim Liebesspiel. »Und auch ich habe dich vor mir gewarnt. Bei uns gibt es kein für immer und auf ewig. Meistens nicht.«
»Deine Ewigkeit, Sirka, sind für mich ein oder zwei Zyklen«, sagte er bedächtig. »Ich lebe im besten Fall zehnmal länger als du.«
Sie fädelte die Lederschnüre in die Ösen, zog ihre Kleidung zusammen und raubte ihm damit den letzten Blick auf ihre unverhüllte Statur. »Eine merkwürdige Vorstellung. Wenn wir Kinder bekommen, könntest du neun deiner eigenen Generationen überleben.«
Bei dem Wort Kinder zuckte er zusammen. Dann fiel ihm wieder ein, dass die Untergründigen ihren Nachwuchs anders aufzogen als die Kinder des Schmieds, und er entspannte sich. Sollte ihn sein Drang zu wandern auch in der Fremde treffen, müsste er sich keine Sorgen um seine Nachkommen machen. Der Gedanke, dass er den Untergründigen eine Linie hinterlassen würde, die älter als alle anderen werden würde, gefiel ihm sogar. Er stand auf und stieg ebenfalls in seine Kleider. »Ja, wirklich eine merkwürdige Vorstellung«, wiederholte er ihre Worte und küsste sie wieder, dieses Mal in den Nacken. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich mich auf das Neue freue.«
»Sobald wir das Artefakt zusammengefügt haben«, schränkte sie ein, ging zur Tür und öffnete sie. Trübes Licht fiel herein, es regnete noch immer. »Danach wirst du eine aufregende Zeit haben.« Sie lächelte verführerisch. »Nicht nur meinetwegen.« Sie eilte hinaus und rannte durch den anhaltenden Wolkenbruch zurück in die Unterkünfte.
Tungdils Laune hatte sich gebessert, die Wut war verraucht. »Oh, verflucht!« Er hatte vergessen, das Eisen aus der Glut zu nehmen. Wenn es geschmolzen war, wäre sehr viel Mühe vergebens gewesen.
Rasch packte er den hinteren Teil mit der Zange und zog den Rest behutsam aus dem Grab aus Glut und Kohle; knisternd tanzten Funken davon und stoben umher, bis sie erloschen und als Asche auf den Boden fielen. Tatsächlich war das übrige Metall so weich wie Wachs in der Sonne geworden. Es leuchtete goldgelb wie Honig und zog lange Fäden, die an der kühleren Luft erkalteten und ergrauten.
»So willst du also aussehen?«, sagte er zu der Waffe und tauchte sie rasch in den Bottich mit Wasser, um sie abzuschrecken und ihr die Hitze zu nehmen. Die Flüssigkeit brodelte und kochte, in Windeseile verdampfte sie um die Hälfte, bis das Eisen seine Temperatur verloren hatte. Das hatte Tungdil noch niemals beobachtet. Er nahm die Waffe heraus und drehte sie verwundert hin und her. Sie war schwarz wie die Nacht und etwas länger als der Arm eines ausgewachsenen Mannes. Auf der einen Seite war sie dicker und hatte lange, dünne Spitzen gezogen, die Tungdil an Gräten oder einen Kamm erinnerten; auf der anderen verjüngte sie sich wie bei einer Klinge. Ihr Schwerpunkt lag oberhalb des Griffs, was dem Hieb zusätzlichen Schwung gab; dabei blieb sie aber immer noch sehr gut führbar.
»Dann wollen wir dir also deine endgültige Gestalt geben.« Tungdil schob sie zurück in die Esse, erhitzte sie aufs Neue und arbeitete bis zum Sonnenuntergang an den Feinheiten. Er schuf ihr einen runden, langen Griff, damit er sie mit beiden Händen führen konnte. Es kam ihm so vor, als habe das Metall seinen Widerstand aufgegeben.
Die Nacht war lange schon hereingebrochen, da saß er über dem runden Schleifstein und gab der Schneide ihre Schärfe. Die hellen Funken beschrieben einen langen Bogen und prasselten gegen die Tür. Tungdil prüfte die Klinge, indem er ein Stück Kohle nahm und sachte, ohne Druck darüber rieb. Der schwarze Stein wurde durchschnitten, als bestünde er aus Luft. Das genügte ihm vorerst.
Müde und hungrig stapfte er mit seiner Waffe durch den Regen in die Unterkunft, um etwas zu essen und zu trinken.
»Bin ich zu spät, um die Wünsche der Städte der Freien zu überbringen?«
Tungdil blieb stehen und hob seine Waffe. Neben der Schmiede stand ein Zwerg im strömenden Regen. Sein Umhang und die Kapuze waren durchnässt, er musste eine ganze Weile neben dem Fenster verharrt haben. Für einen Boten benahm er sich äußerst merkwürdig. »Zeig dein Gesicht!«
Der Zwerg näherte sich, die Hände langten an die Kapuze und zogen sie zurück. »Ich dachte, du würdest mich an meiner Stimme erkennen.«
Tungdil blickte auf die bekannten Züge von Bramdal Meister klinge, über die das Regenwasser rann. »Du schon wieder?« Misstrauisch hielt er das Schwert schräg vor sich. »Was möchtest du?«
»Ich soll dir von König Gordislan und den anderen Stadtherrschern die besten Grüße überbringen und dir viel Glück auf deinem Weg ins Jenseitige Land ausrichten.« Bramdal deutete auf einen Unterstand. »Können wir ins Trockene gehen?«
Tungdil traute dem einstigen Henker nicht. »Du stehst vor der Schmiede, beobachtest mich und fängst mich im Regen ab, um mir gute Wünsche zu übermitteln?« Tungdil bewegte sich nicht eine Handbreit von der Stelle. Ihm machte der Regen nichts aus. »Du wirst zugeben, dass mir dein Auftreten seltsam erscheinen darf.« »Es soll niemand wissen, dass wir miteinander gesprochen haben. Denn meine Mission endet nicht mit den guten Wünschen.«
»Kannst du deine Worte in irgendeiner Art beweisen, Bramdal?«
Vorsichtig langte Bramdal unter seinen Umhang und zog eine Lederrolle hervor, danach reichte er Tungdil einen Siegelring. »Darin steht die Beglaubigung dessen, was ich dir gleich eröffne, und dies ist der Siegelring Gordislans.« Das Wasser sickerte aus seinem blonden Bart. »Können wir uns nun unterstellen?« Tungdil deutete mit seiner Waffe auf die Schmiede. Sie betraten das dunkle, warme Innere und verzichteten darauf, eine Lampe zu entzünden. Im Schein der Glut las Tungdil das Schreiben und betrachtete den Ring sehr genau. Bramdal galt tatsächlich als Vertrauter des Königs von Goldhort. »Warst du schon immer mehr als ein Henker?«