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»Das tun sie übrigens ständig«, frotzelte Rodario wieder. Aus dem gutmütigen Spott sprach die Freude über die junge Liebe der beiden Zwerge.

»Wir ringen. Mehr nicht, damit wir in Form bleiben und auf Abenteuer vorbereitet sind, die uns im Jenseitigen Land erwarten. Ich werde mit dir gehen«, sagte Ingrimmsch zu Tungdil. »Dieses Abenteuer wird mein größtes sein.«

Rodario applaudierte. »Bevor mich einer von euch fragt: Auch ich sehe es als Ehre, in die Fremde zu ziehen, um Erfahrungen zu sammeln, die ich den werten Spectatores in meiner unnachahmlichen Weise auf der Bühne näher bringen werde.«

»Du gehst mit?«, brach es aus Ingrimmsch heraus. »Vraccas sei uns gnädig! Er wird uns in den Untergang reden. Oder eine Lampe zum falschen Zeitpunkt entzünden.«

»Ha, sehr komisch.«

»Es spricht sich eben schnell herum. So ähnlich wie deine Tat im Bauch der Maschine. Das hätte man auch anders regeln können.«

»Ja, mach dich nur lustig, Bettenzermürber. Aber ich sage euch voraus, dass ich euch nutzen werde.« Er stand auf und spielte den Beleidigten. »Damit ihr es wisst: Ortger hat eine andere Strecke für uns herausgesucht. Die Wege sind zwar schmaler, aber sie sind begehbar. Morgen können wir aufbrechen, hat Lot-Ionan gesagt. Husch, husch, in die Federn, ihr Helden.« Er deutete auf den Krieger. »Und keine Ringkämpfe mehr! Nicht heute Nacht. Oder stellt das Bett von der Wand weg.« Rodario grinste und verschwand.

Es war Tungdil nur recht, diese Nachricht zu erhalten. Die Verzögerung währte lange genug, und seine Waffe war fertig. Ausgezeichnet.

»Wenn das so ist, wie der Kaiser der Großmäuler und Aufschneider sagt«, Ingrimmsch stand auf, »gehe ich besser schlafen.« Er legte die Linke auf Tungdils Schulter. »Bist du sicher, dass du das Geborgene Land hinter dir lassen möchtest?«, fragte er ernst.

»Ja, Ingrimmsch. Ich will nicht sehen, wie es in die nächste Katastrophe gerät, die dieses Mal von eigener Hand ausgelöst wurde.«

»Du meinst Ginsgars Tat?«

»Was sonst? Im schlimmsten Fall werden sich die Zwergenstämme verwerfen. Die einen schließen sich Ginsgar dem Selbsternannten an, die anderen wählen nach alter Tradition einen weiteren Großkönig.« Er nahm einen Schluck Wasser und dachte an die Unterredung mit Bramdal. »Wohin wird das führen, Boindil? Kannst du es sagen?«

Er senkte das Haupt. »Ginsgar hat mich gefragt, ob ich seine Leibwache kommandieren möchte«, gestand er leise. »Ich habe gesagt, dass ich es mir überlege.«

»Dass du es dir überlegst?« Tungdil wollte seinem Freund schon Vorhaltungen machen, dann lenkte er ein. »Ja, du hast Recht. Du musst überlegen, denn ich habe kein Recht, dir etwas zu raten. Ich verlasse das Land.« Ingrimmsch setzte sich wieder. »Es ist nicht leicht, Gelehrter. Ginsgars Ansichten tragen zu einem Teil Wahrheit in sich, andererseits ist er ein Kriegstreiber. Er wird ein gnadenloser Großkönig sein.« Ingrimmsch fuhr sich über den kurzen schwarzen Zopf.

»Denke an meine Worte: die Freien und die Dritten werden seine nächsten Feinde sein.« Tungdil schnitt sich ein Stück Käse ab. »Wenn du dich auf seine Seite stellst, wirst du bald aus dem Kämpfen nicht mehr herauskommen. Ich weiß, dass sich dein Blut wieder danach sehnt, aber sollten es nicht die Köpfe von Orks und Monstren anstelle von Zwergen sein?« Er schob sich das Stückchen in den Mund und erhob sich. »Bedenke es bei deiner Entscheidung. Ginsgar Ungewalt wird als berüchtigter Großkönig in die Chroniken eingehen. Nicht als guter.« Er berührte ihn an der Schulter. »Gute Nacht, Ingrimmsch. Rede mit Goda darüber und finde eine Entscheidung. Du hast noch Zeit, bis du ins Geborgene Land zurückkehrst.« Er nahm die Waffe und schritt an ihm vorbei hinaus.

Unterwegs strich er über die Klinge und fühlte die ungebrochene Schärfe, die sich wie ein raues Reiben an der Haut anfühlte. In einem unachtsamen Augenblick schnitt er sich. Nicht tief, aber es genügte, um Blut austreten zu lassen.

»Es ist der richtige Name für dich«, sagte er zu seiner Waffe. »Von heute an heißt du Blutdürster. Du wirst das Blut vieler Scheusale zu trinken bekommen und dich daran satt saufen dürfen, das verspreche ich dir. Dafür wirst du mir gute Dienste leisten.« Er betrachtete den roten Tropfen auf der Klinge. »Aber du wirst niemals mehr das Blut eines Zwergs schmecken. Tust du es dennoch, schlage ich dich in tausend Stücke.«

Ein sanfter Schimmer glitt die Schneide entlang. Auch wenn es nur der Lichtreflex einer Lampe gewesen war, Tungdil verstand es als Zustimmung. Der Pakt war geschlossen.

Das Geborgene Land, Das Reich der Vierten, Braunes Gebirge, Silberfeste, 6241. Sonnenzyklus, Frühherbst.

Bylanta reichte Tungdil die Hand. »Möge dich Vraccas vor allen Gefahren des Jenseitigen Landes beschützen und dich gesund zurückkehren lassen.«

»Das wird er«, erwiderte er freundlich und schüttelte die feingliedrige Hand der Königin. Er würde ihr nicht sagen, dass er keinesfalls beabsichtigte zurückzukehren.

Sie standen vor den vier intakten Türmen und den Mauern der Silberfeste, vor denen die Acronta ihre Scheinbelagerung lange aufrecht gehalten hatten. Von den Wesen fehlte jede Spur. Zurückgeblieben war ein Meer von abgenagten Orkknochen, welche die Vierten zur Abschreckung liegen ließen.

»Und ich wünsche dir, dass Ginsgar Ungewalt bald dem Tod erliegt«, sprach er seine Gedanken offen aus. »Wird er das nicht, kommt es schrecklich für die Stämme.«

»Ehrliche Worte.« Bylanta sah ihn mit aufrichtiger Bewunderung an. »Dann lass uns frei sprechen: Die Stämme benötigen jemanden, der sich Ginsgar entgegenstellt, Tungdil Goldhand. Nach seinem Erfolg in Älandur ist das nicht leicht. Er hat unzählige Gefolgsleute und etliche heimliche Freunde in den Zwergenreichen.«

»Glaimbar...«

»Nein, du wärst der Richtige, denke ich. Balendilin aus dem Stamm der Zweiten ist nicht mehr kräftig genug und ihm mit einem Arm unterlegen. Niemand wird Malbalor Gehör schenken, weil er ein Dritter ist und die Worte Ginsgars über die Dritten wie Gift in den Verstand vieler getröpfelt sind.«

»Ich bin auch ein Dritter...«

Bylanta blieb stur wie gehärtetes Gold. »Du bist ein Held, Tungdil. Niemand zweifelt dich mehr an. Dafür hast du zu große Taten vollbracht. Und Glaimbar hat aus seiner Anerkennung von Ginsgar keinen Hehl gemacht, auf ihn kann ich mich nicht verlassen.« Sie lächelte. »Bleiben Xamtys und ich. Zwei Zwerginnen gegen hundertfache Unvernunft. Wir könnten noch einen Helden an unserer Seite gebrauchen.« Sie drückte seine Hand und legte die andere auf seinen Unterarm. »Also, kehre schnell zurück, Tungdil.«

Er verbeugte sich und stieg auf sein Pony, um zu seinen Freunden aufzuschließen, die an der Spitze des Zuges ritten. Tungdil wünschte sich, dass er die Worte, die mit Sanftheit, aber enormer Wirkung in ihn eingedrungen waren, lieber nicht vernommen hätte. Sie bohrten dort weiter, wo die Wirkung von Bramdals Rede geendet hatte. Bylanta packte ihn erneut bei seinem Verantwortungsgefühl, die Dinge im Geborgenen Land so anzugehen, wie es sich für einen Zwerg wie ihn gebührte.

»Verdammt«, fluchte er laut und trat dem Pferdchen die Fersen in die Seite, dass es einen erschrockenen Satz nach vorn machte und angaloppierte, als sei eine Horde Wölfe hinter ihm her. Der Geruch der Ubariu und ihrer Reittiere stellten sein Gemüt ohnehin auf eine harte Probe.

»Da hat es aber jemand sehr eilig, zu neuen Landen aufzubrechen«, kommentierte Rodario das ungestüme Heranbrausen. Er legte sich den Mantel, den er von Ortger bekommen hatte, enger um den Leib. »Meine Güte, in den Bergen Urgons war es schon eisig, aber hier herrscht beinahe Winter.«