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Sirka starrte Lot-Ionan an. »Er ist nicht seelenrein«, verstand sie und schaute entsetzt dorthin, wo die Schlacht tobte. »Was wird jetzt?«

Die Ubariu und die Untergründigen hielten beinahe überall stand, aber vereinzelt gelang es den Kreaturen, durch die Linien zu brechen. Und diese Ausgeburten der Schwarzen Schlucht hielten auf das Artefakt zu. Sie wussten genau, was Schuld an ihrer langen Gefangenschaft trug, und wollten es einreißen.

»Ich weiß es nicht«, gab Tungdil leise zurück. Er hob Blutdurstes stieg auf den Befün und ritt den Scheusalen entgegen. »Ich halte sie auf, danach sehen wir weiter. Beschütze den Magus.«

Ingrimmsch hatte die Frau erreicht und zerschlug ihren Bogen in dem Augenblick, als sie ihn spannte und auf ihn richten wollte. Der Pfeil fiel auf die Erde, wütend sprang sie zurück und zog ihr Schwert. Seine Augen leuchteten. »So, du feige Mörderin. Lass sehen, was deine Kampfkunst hergibt, nachdem ich dein Spielzeug kaputt gemacht habe.« Er schlug mit dem Krähenschnabel nach ihr.

Sie wich behände aus und versetzte ihm einen Tritt, den er aber mit dem Stiel seiner Waffe abfing. Der gezackte Stumpf, wo sich einst der Dorn befunden hatte, fuhr ihr in die Seite und riss eine schwere Wunde. Aufkeuchend stürzte sie und rutschte rückwärts, weg von dem Zwerg.

»Das war nichts, heimtückisches Weib«, griente er und wirbelte den Krähenschnabel um die Achse, riss ihn aus der Bewegung hoch und wollte zuschlagen, um sie zu töten, da warf sie ihr Schwert. Es flog an ihm vorbei, er hörte Godas leisen Schrei. Bis vor kurzem hatte es nichts gegeben, was ihn aus seinem Kampffieber reißen konnte, aber die Sorge um Goda vermochte es. Er drehte den Kopf, um nach ihr zu schauen. Das Schwert der Frau steckte tief in ihrem linken Oberarm, der Einschlag hatte sie einen Schritt nach hinten machen lassen - genau gegen einen der Eisenringe des Artefaktes.

»Vraccas, nein!«, schrie Boindil, weil er sich an die Worte Flagurs erinnerte. Er sah Goda zu Asche zerfallen, von Blitzen zerrissen werden, in Flammenlohen vergehen... Doch es geschah nichts.

Bevor er sich weiter wundern konnte, bekam er einen Stich in die Seite, der höllisch brannte. Er drehte sich um und sah die Faust der Frau auf sein Gesicht zufliegen.

»Ho, so nicht!«, rief er und schlug die flache Seite des Krähenschnabels nach ihrer Hand. Es knackte laut, als der Zusammenstoß erfolgte, und die Fingerknochen brachen. Ohne abzuwarten, was sie tat, schlug er ihr den zackigen Stumpf von unten gegen das Kinn und zerschmetterte es.

Sie fiel wieder auf den Boden, stieß aber nochmals mit dem Dolch zu.

Ingrimmsch sprang zur Seite, die feucht glitzernde Spitze ver fehlte ihn. »Jetzt ich«, lachte er und hob den Krähenschnabel hoch über den Kopf, um ihn mit seiner gesamten Kraft nach unten zu schlagen. »Wie macht ein Schädel, wenn er birst?«

Die Frau konnte nicht mehr antworten, ihr Kopf gab unter der stumpfen Seite der Zwergenwaffe die passende Auflösung des Rätsels.

Furgas' lauter Schrei hallte von oben auf sie herab. Er hatte sich inzwischen auf die Strebe geschwungen und saß dort, dazu verdammt, zuzuschauen und abzuwarten. Wie er es von den anderen verlangt hatte. »Zu dir kommen wir auch gleich«, rief Ingrimmsch hinauf und eilte zu Goda. »Geht es dir gut?« »Ja«, sagte sie. »Ich war unvorsichtig, Meister.« Zerknirscht schaute sie auf das Schwert, das in ihrem Arm steckte.

»Aber du kannst etwas von der Frau lernen.« Er packte den Griff und zog die Klinge mit einem schnellen Ruck heraus; Goda stöhnte nur leise. Er hob das Schwert vor ihre Augen. »Wirf niemals deine Waffe, wenn du keine zweite dabei hast«, schärfte er ihr ein. »Sie hatte noch ihren kleinen Zahnstocher.«

Goda entdeckte das Blut, das aus seiner Seite sickerte. »Ich sehe es.«

»Das?« Er winkte ab. »Nicht schlimm. Die Spitze hat mich nur gepiekst.« Er betrachtete ihren Rücken, ob er eine versengte oder schwarze Stelle an der Rüstung erkennen konnte. Nichts. Ein leichter Schwindel brachte ihn dazu, sich fest gegen die Erde zu stemmen.

»Goda, Ingrimmsch«, rief Sirka. »Kommt her. Der Magus möchte etwas sagen.«

Erst jetzt sahen die beiden Zwerge, dass Lot-Ionan neben Rodario auf der Erde lag. »Oh, nein. Er ist abgestürzt«, sagte Boindil düster. »Jetzt brauchen wir ein Katapult, um ihn nach oben zu bekommen.«

Sie liefen zu dem Magus, der sehr schnell atmete und mit starken Schmerzen zu kämpfen hatte; Schweiß glänzte auf seiner Stirn. »Ich bin nicht gestürzt. Das Artefakt hat mich abgelehnt«, erklärte er ihnen. Ingrimmsch blickte zu Furgas hinauf. »Ein schönes Artefakt ist das. Wieso grillt es nicht ihn anstatt Euch?« Lot-Ionan richtete seine hellblauen Augen auf Goda. »Du musst gehen und es zu Ende bringen.« »Ich?« Die Zwergin hob wie zur Entschuldigung ihren Nachtstern. »Ich bin eine Kriegerin und...« »Der Runenmeister hat es erkannt, und ich habe es eben mit eigenen Augen gesehen«, unterbrach er sie heiser. »Goda, du trägst die Fähigkeit in dir, Magie zu wirken. Und im Gegensatz zu mir bist du hoffentlich seelenrein und voller Unschuld.«

»Voller Unschuld?«, brach es aus Rodario hervor. »Wie gut, dass das Artefakt keine Ohren hatte, um in Dreigipfelburg zu hören, was ich gehört habe.«

Goda errötete. Ingrimmsch schaute den Mimen an. »Wir haben das Ringen geübt, Schauspieler. Sie besitzt ihre Unschuld sehr wohl noch.«

Lot-Ionan sah Goda fest in die braunen Augen. »Ich weiß nicht, wie es vonstatten ging. Vielleicht geschah es, als du die magische Quelle berührt hast, vielleicht trägst du die Veranlagung auch seit deiner Geburt in dir.« »Darüber habt ihr am Lagerfeuer gesprochen?« Rodario entsann sich an den Abend, als er mit Flagur dieses seltsame Gewürz geteilt und den Magus in der Unterredung mit dem Runenmeister vertieft gesehen hatte.

»Ja. Ich wollte es Goda erst sagen, nachdem wir unsere Mission zu Ende gebracht hatten. Du wärst meine Famula geworden.« Er schloss die Augen, seine Zähne klapperten laut und knirschten. »Klettere hinauf, Goda«, ächzte er kaum mehr verständlich. »Töte Furgas, lege den Diamanten in die Fassung und rette das Geborgene Land.«

»Und meine Heimat«, fügte Sirka leise hinzu. Sie schaute nach links.

Immer mehr Bestien durchbrachen die Reihen und strömten auf das Artefakt zu. Tungdil ritt hin und her, fällte eine Kreatur nach der anderen, doch es waren längst zu viele. Drei Dutzend hielten auf sie zu. Sirka bettete Lot-Ionans Kopf auf ihren Mantel, dann hob sie ihren kurzen Kampfstab und nickte Ingrimmsch zu. »Ich schätze, wir bekommen gleich etwas zu tun.«

Rodario brach den Schaft des Pfeils knapp über der Wunde ab und stand auf. »Da darf ich nicht fehlen. Ein drittes Mal zum Helden zu werden, kann nichts schaden.« Ingrimmsch küsste Goda innig. »Beeile dich. Aber nicht zu sehr. Lass noch ein paar für meinen Krähenschnabel und mich durch«, griente er und wandte sich den Feinden zu. Wieder verschwamm die Welt vor seinen Augen, verwischte und benötigte ein kräftiges Blinzeln, um mit der gewohnten Schärfe vor ihm aufzutauchen. »Unverbesserlich«, sagte Goda nur. Sie ging auf den nächsten Ring zu, suchte mit den Fingern in den Kerben Halt und begann mit dem Aufstieg.

»Versuch es«, rief Furgas ihr zu. »Ich werde dich töten.«

Sirka wirbelte ihre Waffe herum und schaute zu Ingrimmsch. »Darf ich dich um einen Gefallen bitten?« »Sicher.«

»Würdest du mir den Witz von dem Ork und dem Zwerg erzählen?«

»Jetzt?«

»Vielleicht ist es deine oder meine letzte Gelegenheit«, grinste Sirka und wandte sich nach vorn. Das erste Ungeheuer befand sich zehn Schritte von ihr entfernt und schwang ein großes Schwert. »Beeil dich.« »Also, eines Umlaufs begegnete ein Zwerg bei seinem Rundgang am Steinernen Torweg einem Ork.« Ingrimmsch hob den Krähenschnabel, um bereit zu sein. »Der Ork sah ihn und fragte: ›Kannst du kleiner Mann mir sagen, wie ich ...‹ « Sirkas Gegner war heran und erzwang sich mit einem gewaltigen Schlag ihre Aufmerksamkeit. »Später«, rief sie zu Ingrimmsch und setzte sich aus Leibeskräften zur Wehr.