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Abrupt endete ihr Geschniefe, sie schaute zwischen den Fingern hindurch. »Zu schnell?«

»Mehr Übergang, sonst nimmt man es dir nicht ab.« Er zog ihre Hände zur Seite und küsste sie auf die Stirn. »Ansonsten, begnadete Tassia mit dem Leib und dem Antlitz einer verführerischen Elbengöttin, gefiel mir deine kleine Vorstellung sehr gut. Du brauchst jedoch noch ein wenig Übung.«

Sie lachte und rollte sich auf ihn, sodass er in ihren Ausschnitt schauen durfte. Es gefiel ihm, was er sah. »Eines Tages wird mir das Curiosum gehören, und du wirst nach meinen Anweisungen springen«, drohte sie ihm scherzhaft.

»Daran hege ich keinerlei Zweifel. Reimar hast du schon auf deiner Seite, und die anderen wirst du auch mit Leichtigkeit verführen. Sogar die alte Gesa«, nickte er und warf sie herunter. Sie quietschte auf und landete mit dem Hintern in der einzigen Pfütze auf der ganzen Wiese. Rodario stand auf. »Oh, das tut mir aber Leid.« »Komm und rette mich!«, verlangte sie quengelnd.

Aber da, genau da kam ihm die Eingebung. »Hilf dir selbst raus, Tassia, ich muss unbedingt etwas aufschreiben.« Er eilte zu den Stufen, wo Papier und Tinte lagen. »Geistesblitze verglühen zu schnell, als dass man sich erlauben könnte, sie nicht gleich zu notieren.«

Die Frau fluchte und stemmte sich in die Höhe, stellte sich an seine Seite und wrang den nassen Rock über seinem Kopf aus. »Du sollst auch etwas davon haben.«

»Nicht jetzt, Tassia.« Er arbeitete wirklich. »Ich habe einen Einfall für eine Komödie.«

»Ach?« Sie setzte sich neben ihn. »Wovon handelt sie?« Sie wischte die Tropfen von seinen Haaren und seinem Gesicht.

»Von einem Mann und einer Frau.«

»Wie originell.«

Er hielt mit dem Schreiben inne und schaute sie an. »Besser gesagt, es geht um dich und mich.« Tassia wirkte plötzlich neugierig. »Dann klingt es nach einer Liebeskomödie.«

»Exakt, meine blonde Schönheit. Das, was wir bisher erlebt haben, soll die Vorlage sein: ein Mann, eine Frau mit einem männerbevorzugenden Gatten, ein böser Vater, ein Fechtkampf, eine Beziehung voller Feuer, Leidenschaft, mit Witz und...«

»Einem Schatz!«, fiel Tassia ihm ins Wort.

Rodario ließ die Feder über das Papier huschen. »Sehr gut, sehr gut«, lobte er. »Aber wo bekommen wir den her?«

Sie funkelte ihn an. »Ich könnte ihn doch von dem bösen Vater meines männerbevorzugenden, einstigen Gemahls gestohlen haben«, meinte sie.

Er verstand sofort. »Oh, Tassia, nein.«

»Doch«, lächelte sie übermütig.

»Sag, dass das nicht wahr ist!«

»Aber es ist so.« Sie nahm ihn bei der Hand, zerrte ihn in seinen Wohnwagen und hob eines der Dielenbretter an. Darin lag ein zusammengedrückter Lappen, den sie herausnahm und auseinander schlug. Rodario wusste ganz sicher, dass er dieses Versteck nicht angelegt hatte. »Schließ die Tür«, sagte sie und wartete mit dem vollständigen Auspacken, bis sie sicher war, dass niemand sie beobachten konnte.

In ihren Händen funkelte es golden. Es war eine Halskette aus dünnen Goldplättchen, und in der Mitte prangte ein Anhänger mit einem Edelstein, der in den durch das Fenster hereinfallenden Son nenstrahlen glitzerte und funkelte. Tassia hielt die Kette Rodario hin. »Was sagst du dazu? Ist das ein Schatz?« »Ach du liebe Güte«, flüsterte er. »Ist das... ein Diamant?« Ehrfürchtig nahm er den Schmuck und drehte und wendete ihn.

»Nein. Dafür wäre Noliks Vater viel zu geizig, obwohl er in Geld erstickt. Es ist ein Imitat aus geschliffenem Bergkristall, wie mir Nolik sagte.«

»Hat er dir die Kette geschenkt?«

»Schon.« Tassia grinste. »Aber zuerst hat er sie seinem Vater gestohlen und mir als Entschädigung für die schlechte Behandlung gegeben. Er wird nicht einmal merken, dass sie ihm fehlt.«

Rodario sah das anders. Er schätzte das Gold als sehr rein ein, und ein derartiger Bergkristall besaß einen beträchtlichen Wert. »Es wäre besser, wenn wir die Kette zurücksenden«, meinte er.

Sie entwand ihm den Schmuck. »Niemals«, sagte sie unnachgiebig. »Außerdem brauchen wir die Kette für dein Theaterstück. Und unsere Auseinandersetzung darüber kannst du gleich mit einbauen.« Sie streichelte seine Wange. »Liebster, wenn Noliks Vater seine Leute uns bisher nicht auf den Hals gehetzt hat, wird er es auch nicht mehr tun. Wir haben mehr als dreihundert Meilen hinter uns gebracht, ohne dass wir aufgehalten wurden. Du musst nichts befürchten.«

Er ließ sich von ihr einwickeln und fand es zudem reizvoll, den Schatz in das Stück einzubauen. »In meinem Stück werden wir Besuch von Bösewichtern erhalten, die uns die Kette stehlen wollen«, grinste er sie an und drückte ihr einen wilden Kuss auf die Lippen. »Oh, ich sehe es schon vor mir.« Er hob die ausgestreckte Hand, führte sie von rechts nach links, als könne er damit in die Luft malen. »Wir, umzingelt von Schurken, kämpfen uns den Weg frei. Denn in Wirklichkeit... ist die Kette viel mehr als nur ein Kleinod!« Er redete sich warm, seine Gedanken glühten förmlich, und er stand auf, um sich seine Einfälle fieberhaft zu notieren. »Ja, natürlich! Die Kette ist ein Schlüssel! Der Kristall öffnet... eine geheime Grotte, in der eine Kammer voller Diamanten und Geschmeide lagern.« Seine Augen nahmen einen verträumten Ausdruck an, und er nahm eine seiner berühmten heroischen Bühnenposituren ein. »Tassia, ich bin ein Genie! Niemand kann es bezweifeln, nicht einmal die Götter! Und es wird ein großartiges Abschlussgefecht! Ich gegen eine Überzahl von drei, ach, was sage ich, sieben!«

»Bei dem ich natürlich mitmachen werde«, warf sie ein. »Bringst du mir das Fechten bei?«

Rodario grinste dreckig. »Welches Fechten meinst du, Liebste?« Er beugte sich zu ihr herunter und streichelte ihr Haar. »Dieses Stück wird einschlagen wie ein Komet.« Mit einem Mal dämpfte sich seine Hochstimmung. »Wir brauchten Furgas«, sagte er leiser, nachdenklicher. »Er allein ist in der Lage, meine Vorstellung in die Tat umzusetzen.«

Tassia wickelte die Kette wieder in die Lappen, versteckte sie und stellte sich vor ihn. »Du machst dir große Sorgen um ihn«, sagte sie, erstaunt über die Ernsthaftigkeit, die man ansonsten meist vergeblich bei dem Mimen suchte.

Er nickte. »Seit fünf Zyklen suche ich ihn und habe niemals aufgegeben, weil ich die feste Überzeugung hege, dass mein Freund noch lebt und sich in den größten Schwierigkeiten befindet«, erklärte er ihr, setzte sich und zog sie mit aufs Bett. »Nicht körperlich, sondern seelisch. Er hat seine Gefährtin und seine beiden Kinder in der Schlacht in Porista verloren. Und in der Verbitterung dieser schwärzesten Stunde ist er voller Wut und Hass auf alles Lebendige gegangen. Einfach so, ohne sich zu verabschieden oder zu sagen, was er zu tun und wohin er sich zu wenden gedenkt.«

Sie nahm seine Hand und drückte sie mitfühlend.

Rodario schenkte ihr ein gequältes Lächeln. »Seitdem suche ich ihn überall, und als du mir von ihm berichtet hast, ist die Hoffnung in mir aufgeblüht wie ein Mohnfeld im Sommer. Ich werde Mifurdania auf den Kopf stellen, bis mir jemand sagen kann, wo er abgeblieben ist.«

»Du wirst ihn finden«, sagte Tassia und fuhr liebevoll über seinen Handrücken.

Rodario küsste ihre nackte Schulter. Er sagte ihr nicht, dass ihm zugleich ein wenig vor dem Wiedersehen mit seinem besten Freund bangte. Er konnte nicht voraussehen, wie sich Furgas verhalten würde. Tungdil hatte ihm seine damalige Unterredung geschildert und Furgas als einen Mann beschrieben, den er so nicht kannte. Irgendjemand hatte einmal gesagt, dass der Tod auch die Lebenden veränderte. Vielleicht wollte er gar nichts mehr mit ihm zu tun haben.