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Er blickte zu den Sternen, vor denen dünne Wolken vorüberzogen und sie in Milch tauchten. »Oh, ihr Götter! Da habt ihr mir eine Frau geschickt«, grinste er. »Sie soll mir wohl heimzahlen, was ich in der Vergangenheit mit anderen Weibsbildern getrieben habe, was?« Er leerte sein Glas. »Ich habe euer Spiel durchschaut. Warst du das, Samusin, Gott des Ausgleichs?«, rief er laut, nahm die Flasche und prostete den Gestirnen zu. »Ich danke dir! So viel Inspiration habe ich schon lange nicht mehr erfahren.« Kühl rann der Rotwein seine Kehle hinab; er stellte das Gefäß ab, danach schrieb er weiter.

Die Zeit verrann, doch er war wie im Rausch. Er strich Szenen, schrieb und formulierte an Akten und Aufzügen herum. Die Arbeit machte Durst. Ohne hinzuschauen, streckte Rodario die Hand nach der Weinflasche aus, da klirrte es laut, und die Lampe, die ihm Licht gespendet hatte, zersprang.

Verdutzt blickte er auf. Er konnte sie unmöglich herabgeworfen haben, seine Hand befand sich viel zu tief. Ein Irrtum, wie sich herausstellte. Die Lampe stand immer noch am selben Fleck, schräg hinter ihm, auf der obersten Stufe. Rodario starrte auf den Pfeil, der ihr Glas durchschlagen und sich in das Holz der geschlossenen Tür gebohrt hatte. Eine halbe Elle weiter links, und die Spitze wäre ihm ins Auge geflogen! Die Bogenschützin aus Mifurdania!, durchzuckte es ihn, und er ließ sich zur Seite fallen. Schnell kroch er unter seinen Wagen und lauschte.

Insekten summten um ihn herum, das Zirpen der Grillen erklang hier und dort; die Pferde standen dösend auf ihrer behelfsmäßigen Koppel aus Tauen, und der grauschwarze Rüde Hui lag schnarchend im Gras, den Kopf entspannt auf die Pfoten gelegt.

Im Grunde klang es nach einer sehr friedlichen Nacht - wenn da nicht das leise Stöhnen Tassias, das etwas lautere Ächzen Reimars und das Quietschen der strapazierten Wagenfedern gewesen wären. Unglaublich! Die lieben sich den Verstand aus den Köpfen, und ich werde Opfer eines Attentäters!, dachte er mit Galgenhumor und sah zu dem Wagen, in dem sich die Frau und der Arbeiter dermaßen vergnügten, dass die Lampe neben der Treppe in ihrer Halterung hin und her schwankte. Es hatte nichts mit dem Akt zu tun, den er und Tassia vollzogen. Aber wie hatte sie so schön gesagt? Manchmal reichten Frauen ein paar ordentliche Muskeln.

Mit einem leisen Tock bohrte sich ein zweiter Pfeil knapp neben ihm in die hölzerne Speiche, ein dritter prallte gegen die eisenbeschlagene Radnarbe und barst.

Rodario legte sich flach hin und starrte angestrengt in die Dunkelheit, aus deren Schutz heraus man auf ihn schoss. Er wollte die anderen Leute nicht wecken. Die Gefahr, dass einer aus seiner Truppe - absichtlich oder zufällig - verletzt oder gar getötet wurde, war ihm zu hoch. »Pst, du so genannter Wachhund!«, zischte er dem Hund zu. »Ksch! Ssst! Hoch mit dir, Köter!«

Der Rüde hob den Kopf, schaute zu ihm und wedelte mit dem Schwanz.

»Nein, nicht freuen! Sei ein böser Hund!«, raunte er. »Beißen! Fass! Such und fass!«

Der Hund erhob sich, streckte sich ordentlich und trottete zu Rodario unter den Wagen, um ihm das Gesicht zu lecken.

»Hör auf damit«, wehrte der Mime die Liebesbeweise der langen, nassen Zunge ab. »Hörst du? Du sollst angreifen! Töten!« Er zeigte auf die andere Seite. »Such!«

Endlich hatte Hui ihn verstanden. Er witterte in die Richtung, in die Rodario gezeigt hatte, und schlenderte davon, die Nase am Boden und die Rute nach oben gestreckt.

Es tat dem Mimen ein bisschen Leid, den Hund losgehetzt zu haben. Er spähte nach vorn und sah bald weder Hund noch Meuchelmörder. Dafür hatte Reimars Wagen aufgehört zu wippen. Anscheinend hatten sie genug. Eine kühle Klinge legte sich an seinen Hals. »Du wirst verschwinden«, sagte eine raue Stimme, der Geruch von kaltem Rauch, Ruß und glühendem Eisen stieg in Rodarios Nase. »Gleich morgen packst du deinen Krempel, Schauspieler, und fährst mit deinen bunten Wägelchen irgendwoanders hin, ja?«

»Mit Verlaub, warum...«

Ein stechender Schmerz brannte an seiner Kehle, die Schneide hatte die Haut geritzt. »Du wirst verschwinden und nie wieder Fragen über den Verbleib des Magisters stellen, verstanden?«, raunte die Stimme in sein Ohr. »Wir beobachten dich, Schauspieler.«

Die Tür von Reimars Wagen öffnete sich einen Spalt, Tassia schaute herüber, um zu sehen, ob er noch immer auf den Stufen saß. Da sie ihn nicht mehr erblickte und das Licht der Lampe verlöscht war, huschte sie aus dem Wagen.

»Sieh dir dein Liebchen genau an, Schauspieler. Wenn du nämlich weiter hinter dem Magister herschnüffelst, wird sie sterben«, drohte der Mann neben ihm. Eine Hand packte sein Haar und zog ihm den Kopf zurück, bis seine Stirn den Unterboden des Wohnwagens berührte. »Und danach du, deine Truppe und der Magister!« Es stach wieder unangenehm in seinem Hals. Dieses Mal hatte das Messer tiefer geschnitten; warme Flüssigkeit sickerte über den Adamsapfel, und Rodario wurde übel. Ihm wollte nichts einfallen, wie er sich aus dieser misslichen Lage aus eigenen Kräften befreien könnte. Er war ganz auf den Großmut desjenigen angewiesen, der hinter ihm kauerte und ihm das Leben durch eine einfache Handbewegung nehmen konnte. »Ja«, krächzte er, weil die Angst und die Haltung ihm das Sprechen erschwerten.

»Sehr gut«, lachte der Unbekannte. »Denk daran: Wir beobachten dich, ja?« Die Hände ließen seinen Schopf los, und er bekam einen mächtigen Schlag gegen den Hinterkopf, vermutlich mit dem Griff der Waffe. Es genügte, um ihm den klaren Blick vorübergehend zu rauben. Dann hörte er, wie der Mann von ihm wegkroch, aufstand und davonrannte. Die Gefahr war gebannt.

Stöhnend kroch Rodario unter dem Wagen hervor, taumelte die Treppe hinauf in seinen Wagen und besah sich den Schnitt an seinem Hals im Spiegel.

Die rote Linie zog sich über die ganze vordere Hälfte seiner Kehle, der Schnitt blutete heftig und ging tief. Mit etwas mehr Druck wäre die Wunde schwer zu versorgen gewesen, aber so reichte es aus, dass er sich einen dicken Lappen mit einem langen Schal festband. Morgen würde er eine Heilerin aufsuchen. Nachdem sie aufgebrochen waren.

»Allmählich wird es etwas zu viel Abenteuer. Selbst für meinen Geschmack«, murmelte er, prüfte den Sitz des Verbandes und betrachtete seine Finger, an denen sein eigenes Blut klebte. Schwindel ergriff ihn, rasch setzte er sich. »Viel zu viel.«

Die Schmerzen betäubte er mit dem restlichen Rotwein aus der halbvollen Flasche. Nur gut, dass die Bogenschützin die Lampe und nicht die Flasche getroffen hatte.

VI

Das Geborgene Land, Königreich Idoslän, 6241. Sonnenzyklus, Frühsommer.

Galoppierende Ponys sah man im Geborgenen Land selten. Das Donnern der kleinen Hufe klang nicht wirklich bedrohlich, aber zusammen mit den grimmig blickenden Zwergen im Sattel, dem Klirren der Waffen und Rüstungen reichte es, dass die Wanderer auf den Straßen freiwillig Platz machten.

»Ist es noch weit?« Boindil vermisste die Tunnel und die rasche, einfache Art, unter dem Geborgenen Land hindurch zu reisen. Er war kein besonders guter Reiter, sein Rücken schmerzte von dem unentwegten Druck, der durch die Bewegungen des Tieres auf ihn weitergegeben wurden. Außerdem hatte er versehentlich schon etliche Fliegen verschluckt.

»Du wirst es aushalten.« Tungdil kannte kein Mitleid, weder für sich noch für die Ponys oder seinen Freund. Seine Eile war mehr als verständlich. Neben dem Leben seiner Gefährtin Balyndis stand ein Diamant auf dem Spiel. Ihm war klar, dass der Stein weitaus wertvoller war, als sein vollkommener Schliff vermuten ließ. »Höchstens noch einen halben Umlauf.«

Hufschlag näherte sich ihnen von hinten. Ein Pferd kam auf die gleiche Höhe ihrer Ponys - nur dass im eigenwillig geformten Sattel kein Mensch, sondern ein kräftiger Zwerg saß! Aus den Satteltaschen, die vor den Augen Tungdils auf und nieder sprangen, ragten die Griffe verschiedener Äxte, und es klirrte gelegentlich metallisch.