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Die Augen des Orks wurden schmal. »Warum sollten sie mir folgen?«

»Weil ich Euch unterstütze.«

Flagur bekam einen Lachanfall. Das verächtliche Gelächter platzte förmlich aus ihm heraus, und Kamdra stimmte mit ein. Sie vergaß sogar, Gronsha für das vergessene »Erlaucht« zu strafen. »Das ist köstlich«, grölte er. »Sag, wie willst du erreichen, dass sie einem neuen Herrn folgen? Ihren Verstand benebeln? Selbst mein bester Runenmeister vermag das nicht zu tun. Nicht bei fünftausend.«

Gronsha schwieg überrascht, blinzelte. »Runenmeister?«, fragte er.

Kamdra dachte nach. »Ein Runenmeister wirkt unsichtbare Kräfte«, half sie ihm, das Wort besser zu verstehen. »Das verstehst du nicht, Phottör.«

Gronsha verstand sehr gut. Er hatte es mit Orks zu tun, die einen Magus in ihren eigenen Reihen besaßen. Einen Magus.

Nun stand es für ihn fest, dass er sich mit ihnen zum Herrscher des Geborgenen Landes krönen würde. Doch dazu brauchte er die Herrschaft über den Stamm.

Sein Plan war schlicht, aber wirkungsvolclass="underline" Er würde Flagur bei sich bietender Gelegenheit töten und sich gemäß dem Brauch zum neuen Fürsten ausrufen. Niemand würde mehr an seiner Überlegenheit zweifeln, wenn er diesen Giganten von Ork besiegte. »Erlaucht, bekomme ich Eure Krieger oder nicht?«, fragte er noch einmal mit Nachdruck in der Stimme.

Flagur, der sich eben beruhigt hatte, wurde von einem neuerlichen Lachanfall erfasst und sank schließlich japsend auf die Teppiche und Kissen.

Darauf hatte Gronsha gehofft. Er warf sich nach vorn und langte nach seinem Dolch; die Schneide zielte genau auf das Herz des Fürsten.

Immer noch lachend, langte Flagur blitzschnell hinter sich, griff nach seinem Kurzschwert und schlug damit nach dem Angreifer.

Der Hieb in die Brust war brutal.

Nicht nur, dass er Gronsha aus der Bahn warf, er zerteilte die Rüstung und das Fleisch darunter; sein dunkelgrünes Blut ergoss sich augenblicklich in Strömen, und er fiel neben Flagur auf die Lagerstatt. »Ich wusste genau, dass er es versuchen würde«, grinste der Fürst, die Waffe an der Kleidung des Toten reinigend. »Es ist eine ihrer klassischen Handlungsweisen. Pure Gewalt. Mehr kennen sie nicht.« Kamdra stach Gronsha zur Sicherheit mit der Lanze in den Rücken, hakte die Widerhaken fest und zog den Leichnam in Richtung Ausgang. »Erlaucht waren brillant wie immer«, sagte sie und verneigte sich. Doch Gronsha war keineswegs tot. Er schlug mit dem Dolch hinter sich, durchtrennte den Stiel der Lanze und sprang auf die Beine. Die klaffende Wunde auf der Brust hatte sich geschlossen, das Blut des Toten Landes hatte seine Wirkung getan. Er schleuderte den Dolch gegen Kamdra und traf sie in die linke Schulter. Mit drei schnellen Schritten kam er neben Flagur zum Stehen. Dann zog er eines der Schwerter aus der Halterung und reckte es gegen ihn. Der Fürst schlug mit dem Kurzschwert nach ihm, und zum Beweis der unbeschränkten Überlegenheit ließ sich Gronsha in den Unterarm treffen.

Der Schnitt war tief und schmerzhaft, sehr schmerzhaft, aber er verheilte vor den Augen Flagurs. Das hatte Gronsha gewollt.

»Sieh, was ich vermag!« Grunzend wandte er sich an Kamdra. »Na, was ist? Zieh meinen Dolch aus der Schulter und mach es mir nach, wenn du kannst.«

Flagur rollte sich über die Schulter von den Teppichen neben die Wandhalterung und wählte einen Morgenstern, den er zusätzlich zum Kurzschwert führte. »Es hat ein kleines Geheimnis«, knurrte er begeistert, und die rosafarbenen Augen blitzten. »Du bist nicht etwa unsterblich, oder?«

»Doch«, quiekte Gronsha vor Aufregung zu hoch und zu laut. Ein, zwei Streiche, und er hätte sich selbst zum Fürsten gemacht. »Im Gegensatz zu dir!«

Sein Gegner lächelte wie ein Raubtier. »Lass es uns herausfinden.«

Er griff Flagur an, der zur Seite auswich und ihn mit dem Morgenstern in den Rücken schlagen wollte. Gronsha hatte die Bewegung vermutet, tauchte darunter hinweg und rammte seinem Gegner das Schwert bis zum Heft in den Bauch. »Stirb!«, juchzte er. »Ich bin der neue Herrscher!«

Die Freude erstarb abrupt, als Flagur die Waffen fallen ließ und Kehle des Gegners mit beiden Händen umfasste. Er hob ihn langsam an den ausgestreckten Armen in die Höhe, bis unters Zeltdach. An dem Schwert in seinem Leib störte er sich nicht.

Gronsha trat gegen den Griff. Sein Feind hätte eigentlich vor Schmerzen schreien müssen, aber dieser zuckte nicht einmal.

»Lasst uns verhandeln, Erlaucht«, röchelte er in Todesfurcht und sah davon ab, sich aus eigener Kraft aus dem Schraubstock befreien zu wollen. Er fummelte seine Trinkflasche vom Gürtel ab. »Fürst, darin steckt mein Geheimnis. Die Schwarze Unsterblichkeit!«

Die Finger pressten weiter zu, seine Wirbel knirschten aufbegehrend.

Gronsha warf die Flasche zu Boden. »Bei der Dunkelheit Tions, nehmt es! Nehmt es, aber lasst mich am Leben!«, fistelte er. »Ich möchte ein...« Seine Stimme versagte, sie bekam nicht mehr genügend Luft. Plötzlich brach sein Genick unter dem enormen Druck. Das untote Leben von Gronsha, dem letzten Späher des Vorauskommandos von Fürst Ushnotz, verging in den starken Händen Flagurs.

Achtlos warf der Fürst den Kadaver auf den Boden. »Kamdra, hole den Heiler und den Runenmeister«, sagte er mit fester Stimme und setzte sich vorsichtig, darauf bedacht, dass das Schwert sich nicht in die Kissen hinter ihm bohrte und sich verfing. Erst jetzt erlaubte er sich, Schwäche zu zeigen, und verzog das Gesicht. Die Lust am Töten und am Kampf erlosch.

»Was ist mit ihm, Erlaucht?«, wollte Kamdra wissen und zeigte auf den Leichnam.

Flagur nahm sein Kurzschwert vorsichtig auf, schnitt sich einen Streifen Fleisch vom Unterschenkel des endgültig gestorbenen Gronsha und schwenkte es in einer Schüssel Wasser, um es vom Schmutz zu reinigen. Danach steckte er es sich in den Mund und kaute. Das Aroma war einzigartig. »Es schmeckt ausgezeichnet«, befand er und lud sie ein, sich ebenfalls vom Fleisch zu nehmen.

Kamdra kostete, und ihre Augen weiteten sich. »Das hätte ich niemals vermutet. Er stank derart, dass ich glaubte, wir müssten sein Fleisch sieben Monde wässern.« Sie eilte mit einer Verbeugung hinaus, um den Runenmeister und den Heiler zu ihrem Fürsten zu bringen.

»Warte«, rief er sie zurück. »Sende den Ubariu eine Nachricht, dass wir Neuigkeiten haben. Sie werden darauf brennen, von den Vorgängen im Geborgenen Land zu erfahren.« Sie nickte und ging.

Flagur konnte sich nicht beherrschen und aß einen weiteren Streifen von der selbst erlegten Köstlichkeit. Bei einer solchen Beute wurde das Geborgene Land für ihn und seine Gefolgschaft durchaus anziehend. Er streckte die Hand nach der Trinkflasche aus, öffnete sie und roch daran. Es stank schrecklich, stach durch die Nase bis hinter die Augen. Angewidert leerte er den Inhalt in den Abfalleimer und warf das Behältnis gleich hinterher. Das Schwert in seinem Bauch bereitete ihm grässliche Qualen, doch er würde es überstehen. Er vertraute auf den Beistand seines Gottes Ubar, den Schöpfer seines Volkes. Die Welt verschwamm allmählich um ihn herum. Seine rosafarbenen Augen glitten zum Zelteingang, durch die mehrere dunkle Schemen traten und sich ihm näherten. Eine Stimme raunte in sein Ohr: »Erlaucht, wir beginnen. Seid stark, und möge Ubar Euch beistehen.«

»Er wird es«, presste Flagur halb ohnmächtig hervor und spannte die Muskeln an. »Macht schnell.«

I

Das Geborgene Land, im Grauen Gebirge an der Südgrenze des Reichs der Fünften, 6241. Sonnenzyklus, Frühling.

»Als ich das letzte Mal hier war, lag alles in Trümmern, Spitzohr. Aber das... das hätte ich niemals vermutet.« Tungdil Goldhand tätschelte das graue Pony, zu dem er gesprochen hatte. Staunend ritt er die letzte Serpentine des Weges entlang, hielt an und legte den Kopf in den Nacken, um hinauf zur Spitze des fünfeckigen Turmes zu sehen, der sich imposant und uneinnehmbar neben dem Gebirgspfad in den Himmel reckte. »Nicht nach nur fünf Sonnenzyklen.« Er nutzte die kurze Rast, um den beinahe leeren Trinkschlauch an die Lippen zu setzen und den letzten Rest Branntwein seine Kehle hinabrinnen zu lassen. Der Alkohol brannte auf seinen rissigen Lippen. An dem Bauwerk vorbei, das selbst einen Oger hätte klein wirken lassen, gelangte er auf das Plateau vor dem Eingang in das Reich der Fünften, der Nachfahren Giselbart Eisenauges.