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»Dann würde nie wieder etwas zwischen Max und mir stehen«, entgegnete die Französin mit einem hysterischen Lachen. »Dann würde Max mich nämlich umbringen!«

Enttäuscht sackte Irene, die eben noch Hoffnung geschöpft hatte, in sich zusammen.

»Dann sagen Sie mir wenigstens, wo mein Kind ist«, murmelte sie. »Geht es Jacob-Martin gut?«

»Dein Kind?«

»Quidor hat es mir weggenommen.«

Jeanette schien nichts davon gewußt zu haben und blickte nachdenklich in die Ferne.

»Du bist nicht die erste, der ihr Kind weggenommen wird«, sagte sie dann mit unbeteiligter Stimme. »Die Frauen hier im Haus haben keine Verwendung für Kinder. Max dagegen findet immer jemanden, dem er sie verschachern kann.«

Die Französin drehte sich um und verließ den Raum. Irene achtete darauf, ob sie die Tür verschloß; sie tat es.

Bald verhallten die Schritte auf dem Gang, aber nicht das Wort, das wie ein Echo in Irenes Kopf hin und her geworfen wurde: Verschachern.

Bei dem Gedanken an Jacob-Martins Schicksal holten die Tränen Irene wieder ein.

*

Erste Runde:

Jacob und Griff Hodges tasteten sich ab, umtänzelten einander und versuchten, eine schwache Stelle des Gegners zu entdecken. Der Deutsche merkte gleich, daß der muskulöse Schwarze ein ganz anderes Kaliber war als Will Perry. In Hodges' Augen stand keine Wut, kein Haß, nur die kalte Taktik. Die Überlegung, wie er Jacob am besten ausschalten konnte. Als es schließlich zum ersten Schlagabtausch kam, ertönte der Pausengong, und der Ringrichter trennte die beiden Kontrahenten.

In der Pause ließ Jacob seine Augen über den vollbesetzten Saal schweifen. In den Augen der Besucher leuchtete die Gier. Die Gier nach Blut und Geld. Vielleicht hatte ein Teil dieser Gier auch Jacob befallen, daß er sich doch zu dem Kampf bereit erklärt hatte? Nachdem Max Quidor seine Siegesprämie auf einhundert Dollar verdoppelt hatte, wäre es die reine Dummheit gewesen, nicht gegen »Black Griff«, wie Hodges genannt wurde, anzutreten.

Zweite Runde:

Black Griff hatte genug von der Spielerei und griff massiv an. Immer wieder schoß er ganze Serien von Schlägen auf Jacob ab. Jacob gab nach, wich den Schlägen aus und bewegte sich tänzelnd durch den Ring, dicht gefolgt von Hodges. Er hatte keine Angst vor dem Schwarzen, aber er wollte erst seine schwache Stelle herausfinden und nicht seine Kräfte mit sinnlosen Schlägen vergeuden. Das hatte Sam Rockwood ihm geraten.

Rockwood, der ihn auch in der zweiten Pause betreute, ihm einen Schluck Wasser gab und sein Gesicht mit einem feuchten Tuch abwischte.

»Du machst das gut, Junge«, lobte er Jacob. »Laß die anderen ruhig denken, du hättest keinen Mumm. Auch Hodges soll das denken. Dann wird er leichtsinnig und begeht Fehler. Das wird deine Gelegenheit zum Zuschlagen sein.«

Jacob nickte, als auch schon der Gong durch den Ring scholl.

Dritte Runde:

Black Griff beschimpfte Jacob, nannte ihn einen Feigling, den Sohn einer läufigen Hündin und derlei Dinge mehr. Jacob wußte, daß dies nur Berechnung war, und ließ sich davon nicht beeindrucken. Sein Gegner wollte ihn aus der Reserve locken, aber Jacob behielt weiter seine defensive Taktik bei und wich den Schlägen des Schwarzen aus. Jacobs mangelnde Übung machte sich am Ende der Runde schmerzhaft für ihn bemerkbar, als ihn eine Serie von Treffern am Kopf erwischte und in die Seile trieb.

In der Pause freuten sich alle Zuschauer, die auf Hodges, den klaren Favoriten, gewettet hatten. Die Wetten für ihn standen zwanzig zu eins. Die wenigen, die in der Hoffnung auf eine gute Quote und einen enormen Gewinn ihre Dollars auf »German Jake«, so Quidors Kampfname für seinen Boxer, gesetzt hatten, machten ein saures Gesicht und dachten schon daran, ihre Wettscheine zu zerreißen.

Auch Quidor, der in der Nähe von Jacobs Ecke saß, sah alles andere als zufrieden aus. Jacob wußte nicht, wie groß die Summe war, die der Inhaber des Golden Atlantic auf ihn gesetzt hatte. Aber seinen Worten hatte er entnommen, daß es ein kleines Vermögen sein mußte.

Vierte Runde:

Black Griff genoß den Jubel der Menge jedesmal, wenn er einen Schlag landen konnte. Er begann mit Jacob zu spielen, tätschelte ihn wie ein kleines Kind und wandte sich zwischendurch beifallheischend an die vor Begeisterung johlende Menge, die klatschend von den Holzbänken aufsprang. Als er ein paar Sekunden zu lange den Jubel genoß, nutzte Jacob diese Unachtsamkeit und ließ seine Fäuste in einem wahren Wirbel auf Hodges' Schädel krachen. Der Schwarze stieß einen dumpfen Schrei aus, taumelte und fiel in die Seile. Er wollte sich an ihnen festhalten, aber dann ließen seine kraftlosen Finger los, und Black Griff rutschte zu Boden.

Die eben noch rasende Menge verstummte und sah gelähmt in den Ring, in dem sich das Unglaubliche abgespielt hatte:

Black Griff war von dem Neuling und absoluten Außenseiter zu Boden geschickt worden und war so schwer angeschlagen, daß er nicht wieder auf die Füße kam.

Der Ringrichter begann damit, Black Griff auszuzählen. Täuschte Jacob sich, oder geschah das besonders langsam? Während der Mann in dem weißen Hemd noch zählte, stöhnte der Schwarze laut und zog sich langsam an den Seilen hoch. Schließlich stand er wieder, und der Pausengong bewahrte ihn vor einer neuen Attacke durch German Jake.

»Gut gemacht, Junge!« lobte ein begeisterter Sam Rockwood seinen Schützling. »Jetzt hast du ihn! Hast du die Angst in Hodges' Augen gesehen? Die Angst und die Verwirrung? Er ist reif für den Abschuß, Junge. Hol ihn dir! Das wird eine Sensation!«

Fünfte Runde:

Black Griff näherte sich nur zögernd seinem Herausforderer. Zögernd und vorsichtig. Aber Jacob tat nichts, um diese Vorsicht zu rechtfertigen. Wie zu Beginn des Kampfes tänzelte er um den Schwarzen herum, schien großen Respekt vor ihm zu haben und auf einen Angriff zu warten. Als der schließlich kam, wich der Deutsche blitzschnell aus, tauchte an Hodges' Seite wieder auf und landete erneut eine ganze Schlagserie an dessen Kopf. Black Griff taumelte, riß schützend die Hände hoch und konnte Jacobs Schlägen doch nicht entgehen. Schließlich stürzte er wie ein nasser Sack zu Boden und blieb dort einfach liegen, bewegte sich keinen Zoll mehr.

Der Ringrichter mochte noch so langsam zählen, der Favorit kam nicht wieder hoch. Schließlich mußte der Mann im weißen Hemd Jacobs rechten Arm hochreißen und ihn zum Sieger erklären.

Die Stimmung war plötzlich umgeschlagen. Selbst die Zuschauer, die auf Black Griff gewettet hatten, jubelten Jacob begeistert zu. Sie stürmten den Ring und trugen den Sieger auf ihren Schultern davon, machten mit ihm dreimal eine Ehrenrunde durch den ganzen Boxsaal.

Endlich ließen sie von ihm ab, und er konnte sich mit Sam Rockwood in einen Nebenraum zurückziehen. Dort streckte er sich auf einer Pritsche aus, um sich ein wenig auszuruhen.

Aber die Ruhe dauerte nicht lange. Ein begeisterter Max Quidor trat ein und schlug seinem Kämpfer auf die Schulter.

»Das war eine erstklassige Vorstellung«, lachte er und zog ein Geldbündel aus der Tasche, dem er einen großen Schein entnahm. »Hier ist Ihre Prämie, Jacob. Die haben Sie sich wirklich verdient!«

Jacob steckte das Geld ein und fragte nach Griff Hodges.

»Der kommt langsam wieder zu sich«, sagte Quidor zu Jacobs Erleichterung. »Allerdings hat er seinen Kredit gründlich verspielt. In Zukunft stehen die Quoten zwanzig zu eins gegen ihn. Sie sind der neue Favorit, Jacob. Die Quoten für den nächsten Kampf stehen bereits zwölf zu eins für Sie!«

»Der nächste Kampf?«

»Ja, morgen abend.«

»So schnell?«

»Man muß die Taschen aufhalten, solange das Geld hereinfällt. Hammer-Joe hat sein Interesse bekundet, gegen den Sieger des heutigen Kampfes anzutreten.«