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»Also habt Ihr Soneas magisches Potenzial bemerkt, nachdem der Stein den Schild durchbrochen hatte, und bevor Ihr getroffen wurdet.«

»Ja«, antwortete Fergun.

Lautes Stimmengewirr hallte daraufhin durch den Raum. Rothen knirschte mit den Zähnen und widerstand dem Drang, Fergun wütend anzustarren. Die Geschichte des Kriegers war eine Lüge. Fergun hatte zu keiner Zeit zu Sonea hinübergesehen. Rothen warf ihr einen verstohlenen Blick zu. Sie stand still und mit herabhängenden Schultern in der Dunkelheit. Er hoffte, dass ihr klar war, wie wichtig ihre Darstellung für die Bestätigung seiner Version sein würde.

»Lord Fergun.«

Als diese neue Stimme erklang, senkte sich abermals Schweigen über die Halle. Es war Lady Vinara, die sprach. Die Heilerin sah Fergun mit ihrem berühmten, unbewegten Blick an.

»Wenn Ihr Sonea beobachtet habt, wie kommt es dann, dass Euch der Stein an der rechten Schläfe getroffen hat? Für mich würde das darauf schließen lassen, dass Ihr zu dieser Zeit Rothen angesehen habt.«

Fergun nickte. »Es ist alles sehr schnell gegangen, Lady«, sagte er. »Ich habe den Blitz gesehen und aus den Augenwinkeln zu Sonea hinübergeschaut. Es war nur ein flüchtiger Blick – und ich erinnere mich daran, dass ich meinen Partner fragen wollte, ob er beobachtet habe, was dieses Mädchen getan hatte.«

»Ihr habt nicht einmal versucht, dem Stein auszuweichen?«, fragte Lord Balkan mit ungläubigem Tonfall.

Fergun lächelte kläglich. »Ich bin es nicht gewohnt, dass man mit Steinen nach mir wirft. Ich vermute, in dem Moment war die Überraschung einfach stärker als der Instinkt, den Kopf einzuziehen.«

Lord Balkan sah die Magier neben sich an, erhielt aber als Antwort nur ein Achselzucken. Als keine weiteren Fragen mehr kamen, nickte Osen und wandte sich wieder Rothen zu.

»Lord Rothen, könnt Ihr bestätigen, dass Fergun zu Sonea hinübergesehen hat, nachdem der Stein die Barriere durchbrochen hatte und bevor er getroffen wurde?«

»Nein«, erwiderte Rothen und gab sich alle Mühe, den Ärger aus seiner Stimme herauszuhalten. »Er hat mit mir gesprochen. Der Stein hat ihn mitten im Satz unterbrochen.«

Osen zog die Augenbrauen in die Höhe. Er sah zu den Höheren Magiern hinüber, bevor er sich wieder an das Publikum wandte. »Kann irgendjemand eine Darstellung beisteuern, die dem Gehörten widerspricht oder es ergänzt?«

Stille antwortete ihm. Osen nickte langsam und drehte sich zu Sonea um.

»Dann möchte ich Sonea als Zeugin des Vorfalls aufrufen.«

Sonea trat aus der Dunkelheit am Rand der Halle und blieb einige Schritte entfernt von Fergun stehen. Sie sah zu den Höheren Magiern auf, dann verbeugte sie sich hastig.

Ein Stich des Mitleids durchzuckte Rothen. Noch vor wenigen Wochen hatte Sonea furchtbare Angst vor ihm gehabt, und jetzt stand sie in einer Halle voller Magier, die sie alle eindringlich betrachteten.

Osen lächelte ihr aufmunternd zu. »Sonea«, sagte er. »Bitte erzähl uns deine Version der Ereignisse, über die wir hier sprechen.«

Sie schluckte. »Ich war mit den anderen Jungen und Mädchen zusammen. Sie haben Steine geworfen. Ich beteilige mich normalerweise nicht daran – im Allgemeinen bin ich bei solchen Gelegenheiten bei meiner Tante geblieben.« Sie errötete und sprach dann hastig weiter. »Irgendwie bin ich in die Sache hineingeraten. Am Anfang habe ich selbst keine Steine geworfen. Ich habe die anderen beobachtet und die Magier. Ich erinnere mich daran, dass ich… dass ich wütend war, und als ich dann doch einen Stein warf, habe ich all meine Wut in diesen Stein hineingelegt. Erst später wurde mir klar, dass ich irgendetwas getan hatte, aber in dem Moment war alles so … so verwirrend.« Sie brach ab, als müsse sie um Fassung ringen.

»Als ich den Stein warf, hat er die Barriere durchdrungen. Lord Fergun sah mich an, dann wurde er getroffen, und Ro… Lord Rothen fing ihn auf. Die übrigen Magier schauten in andere Richtungen, und dann sah ich, dass Lord Rothen mich beobachtete. Danach bin ich weggelaufen.«

Eine kalte Woge der Ungläubigkeit schlug über Rothen zusammen. Er starrte Sonea an, aber diese hielt den Blick fest auf den Boden gerichtet. Er wandte sich zu Fergun um, um dessen Lippen ein hinterhältiges Lächeln spielte. Als der Krieger spürte, dass er beobachtet wurde, erlosch das Lächeln.

Rothen konnte nur hilflos die Fäuste ballen, während die übrigen Mitglieder der Gilde ihrer Zustimmung Ausdruck verliehen.

Das Bild von der Gildehalle, das Dannyl von Rothen auffing, verschwamm, als Wut, Ungläubigkeit und Kränkung in Dannyls Geist fluteten. Erschrocken blieb er stehen.

— Was ist passiert, Rothen?

— Sie hat gelogen! Sie hat Ferguns Lüge bekräftigt!

— Vorsicht!, warnte Dannyl seinen Freund. Man wird dich hören.

— Das ist mir egal. Ich weiß, dass er lügt!

— Vielleicht hat sie die Dinge auf dem Nordplatz so erlebt.

— Nein. Fergun hat niemals in ihre Richtung gesehen. Ich habe mich mit ihm unterhalten, erinnerst du dich?

Dannyl seufzte und schüttelte den Kopf. Endlich hatte Rothen Ferguns wahren Charakter durchschaut. Er hätte sich darüber freuen sollen, aber wie konnte er das in dieser Situation? Fergun hatte einmal mehr gewonnen.

Oder vielleicht nicht?

Dannyl trommelte mit den Fingern an eine Mauer.

— Hast du schon irgendetwas gefunden?

— Nein, aber ich setze meine Suche fort.

— Wir brauchen mehr Zeit. Nachdem Sonea Fergun unterstützt hat, werden sie wahrscheinlich bereits in den nächsten Minuten eine Entscheidung treffen.

— Du musst sie irgendwie aufhalten.

-Wie?

— Bitte darum, dass man dich mit ihr sprechen lässt.

Rothens Aura verschwand, als er seine Aufmerksamkeit wieder der Anhörung zuwandte. Dannyl schnitt eine Grimasse und besah sich die Mauern, die ihn umgaben. Jeder Magier wusste, dass es innerhalb der Universität Eingänge zu den unterirdischen Tunneln gab. Ihm war klar, dass diese Eingänge gut versteckt sein mussten, denn anderenfalls hätten die Novizen ständig gegen die Vorschrift verstoßen.

Wie erwartet, hatte eine einfache Durchsuchung der Flure und Gänge keinerlei Ergebnisse gezeitigt. Er war zwar davon überzeugt, dass er irgendwann etwas finden würde, wenn er die Mauern nur gründlich genug untersuchte, aber dafür blieb keine Zeit mehr.

Er brauchte irgendeinen Fingerzeig. Fußspuren vielleicht. Die unterirdischen Tunnel waren wahrscheinlich sehr staubig. Fergun musste irgendwelche Spuren hinterlassen haben. Den Blick auf den Boden geheftet, ging Dannyl noch einmal durch den Korridor.

Als er um eine Ecke bog, stieß er mit einer kleinen, rundlichen Frau zusammen. Die Frau keuchte überrascht auf, dann trat sie zurück, eine Hand aufs Herz gedrückt.

»Verzeiht mir, Mylord!« Sie verbeugte sich, und das Wasser in ihrem Eimer schwappte über. »Ich habe Euch gar nicht kommen hören!«