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»Wir haben viele Novizen hier, die noch nie vor Mittag aus dem Bett gekommen sind«, fügte Dannyl hinzu. »Es ist immer ein ziemlicher Schock für sie, wenn sie erfahren, wie früh sie zum Unterricht erscheinen müssen. Wenn sie weiter zu Hause leben würden, hätten wir keine Chance, sie rechtzeitig zum Unterricht hier in Empfang nehmen zu können.«

Er zeigte auf das runde Gebäude auf dem Plan. »Das ist das Quartier der Heiler. Einige der Heiler leben dort, aber die meisten Räume dienen der Behandlung und dem Unterricht.« Sein Finger bewegte sich zu einem kleineren Kreis innerhalb des Gartens. »Das hier ist die Arena. Dort trainieren die Krieger. Die Arena ist mit einem Schild umgeben, der von den Masten gestützt wird. Diese Masten absorbieren die Magie, die innerhalb des Schildes freigesetzt wird, und schützen gleichzeitig alles außerhalb des Schildes. Ab und zu lassen wir ein wenig von unserer Kraft in den Schild einfließen, damit er mit der Zeit nicht schwächer wird.«

Sonea besah sich den Plan, und Dannyl machte sie als Nächstes auf das gewölbte Gebäude neben dem Magierquartier aufmerksam.

»Das ist das Badehaus. Es steht praktisch in einem Flussbett. Wir haben das Wasser in das Gebäude geleitet, wo man es in Badezuber fließen lassen und erhitzen kann. Neben dem Badehaus siehst du die Sieben Bögen, unsere drei großen Säle, in denen wir uns treffen oder besondere Feste begehen.«

»Was sind die Residenzen?«, fragte Sonea und zeigte auf den Rand der Karte, wo ein Pfeil über das Gelände hinauswies.

»Das sind mehrere kleine Häuser, in denen unsere ältesten Magier leben«, erklärte Dannyl. »Ich habe noch eine ältere Karte, auf der die Häuser eingezeichnet sind.«

Sie durchquerten den Raum und traten vor einen vergilbten Stadtplan. Dannyl deutete auf eine Reihe winziger Quadrate. »Die Residenzen befinden sich neben dem alten Friedhof.«

»Auf dieser Karte sind in der Gilde nur wenige Gebäude eingezeichnet«, bemerkte Sonea.

Dannyl lächelte. »Die Karte ist über dreihundert Jahre alt. Wie viel weißt du über die kyralische Geschichte? Hast du schon einmal etwas von dem Sachakanischen Krieg gehört?«

Sonea nickte.

»Nach dem Sachakanischen Krieg war von Imardin nicht mehr viel übrig. Als die Stadt wieder aufgebaut wurde, nutzten die größeren Häuser die Chance, die Stadt neu zu planen. Du kannst hier gut erkennen, dass man sie in konzentrischen Kreisen angelegt hat.« Er deutete auf die Mitte der Karte. »Zuerst erbaute man eine Mauer um die Überreste des alten Königspalastes herum, dann eine weitere um die Stadt. Der Äußere Wall wurde einige Jahrzehnte später errichtet. Die alte Stadt nannte man von diesem Zeitpunkt an den Inneren Ring, und die neuen Gebiete teilte man in die vier Viertel ein.«

Er zeichnete mit dem Finger die Umrisse der Gilde nach. »Aus Dankbarkeit für die Vertreibung der sachakanischen Eindringlinge wurde den Magiern das gesamte Ostviertel zugesprochen. Das war keineswegs eine willkürliche Entscheidung«, fügte er hinzu. »In jenen Tagen bezogen der Palast und der Innere Ring Wasser aus den Quellen, und indem man die Gilde um diesen Wasservorrat herumbaute, verringerte sich die Gefahr, dass ihn jemand vergiftete – wie es während des Krieges häufig geschehen war.«

Er machte Sonea auf das kleine Rechteck innerhalb des Grundstücks aufmerksam. »Das erste Gebäude, das man damals errichtete, war die Gildehalle«, setzte Dannyl seine Erklärungen fort. »Man erbaute es aus dem harten, grauen Stein, den man hier in der Gegend findet. In der Gildehalle fanden die Magier und ihre Lehrlinge Unterkunft, und gleichzeitig hatten sie genug Platz für den Unterricht und für ihre Debatten. Den Geschichtsbüchern zufolge herrschte zu jener Zeit starke Einigkeit unter unseren Vorgängern. Dadurch, dass sie sich mit anderen zusammenschlossen, entdeckten sie neue Wege zur Benutzung und Formung von Magie. Es dauerte nicht lange, bis die Gilde zur größten und mächtigsten Schule für Magier in der gesamten bekannten Welt geworden war.« Er lächelte. »Und sie ist weiter gewachsen. Als Lonmar, Elyne, Vin, Lan und Kyralia sich zu einer starken Allianz zusammenschlossen, gehörte zu ihrem Abkommen die Vereinbarung, dass Magier aller Länder hier unterrichtet werden würden. Plötzlich war die Gildehalle nicht mehr groß genug, und man musste mehrere neue Gebäude errichten.«

Sonea runzelte die Stirn. »Was passiert mit den Magiern aus anderen Ländern, wenn sie mit der Ausbildung fertig sind?«

»Im Allgemeinen kehren sie in ihre Heimat zurück«, erwiderte Rothen. »Manchmal bleiben sie auch hier.«

»Wie schafft Ihr es dann, sie im Auge zu behalten?«

»Wir haben Botschafter in allen Ländern, die die Aktivitäten ausländischer Magier beobachten«, erklärte Dannyl. »Genau, wie wir schwören, dem König zu dienen und Kyralia zu schützen, leisten die ausländischen Magier ihrem eigenen Herrscher einen Eid.«

Sonea blickte zu einer Landkarte hinüber, die die Region um Imardin herum zeigte. »Es erscheint mir nicht besonders klug, Magier aus anderen Ländern zu unterrichten. Was ist, wenn sie Kyralia überfallen?«

Rothen lächelte. »Wenn wir ihnen nicht gestatteten, der Gilde beizutreten, würden sie eigene Organisationen gründen, wie sie es in der Vergangenheit getan haben. Ob wir sie unterrichten oder nicht, eine Invasion könnten wir in keinem Fall verhindern, aber auf diese Weise haben wir zumindest die Kontrolle darüber, was man sie lehrt. Wir unterrichten unsere eigenen Leute nicht anders als sie, so dass sie wissen, dass sie nicht ungerecht behandelt werden.«

»Außerdem würden sie es ohnehin nicht wagen, uns anzugreifen«, ergänzte Dannyl. »Kyralier haben starke magische Blutlinien. Wir bringen mehr Magier und stärkere Magier hervor als jede andere Rasse.«

»Die Vindo und die Lan sind die schlechtesten Magier«, warf Rothen ein. »Deshalb gibt es nur wenige von ihnen bei uns. Wir bekommen mehr Novizen aus Lonmar und Elyne, aber auch deren Kräfte sind selten beeindruckend.«

»Die Sachakaner waren früher einmal mächtige Magier.« Dannyl blickte zu der Karte auf. »Aber dem hat der Krieg ein Ende bereitet.«

»Was bedeutet, dass wir die mächtigste Nation in der Region sind«, beendete Rothen ihre Erklärungen.

Soneas Augen wurden schmal. »Warum fällt der König dann nicht in andere Länder ein?«

»Die Allianz wurde eigens zu dem Zwecke geschaffen, so etwas zu verhindern«, antwortete Rothen. »Wie du mir bei unserem ersten Gespräch so scharfsinnig ins Gedächtnis gerufen hast, hat König Palen sich anfangs geweigert, den Vertrag zu unterzeichnen. Die Gilde hat daraufhin laut darüber nachgedacht, dass sie ihre politische Neutralität eventuell aufgeben könnte, falls Palen an seinem Nein festhalten sollte.«

Soneas Mundwinkel zuckten. »Was hindert die anderen Länder daran, gegeneinander zu kämpfen?«

Rothen seufzte. »Viele diplomatische Bemühungen – die nicht immer funktionieren. Seit der Gründung der Allianz hat es mehrere geringfügige Konflikte gegeben. So etwas ist für die Gilde immer sehr unangenehm. Im Allgemeinen geht es bei diesen Streitigkeiten um Grenzen und –«

Ein schüchternes Klopfen an der Tür unterbrach ihn. Er sah Dannyl an, und der Gesichtsausdruck seines Freundes sagte ihm, dass sie das Gleiche dachten. Hatte Fergun bereits davon erfahren, dass Sonea Rothens Quartier verlassen hatte?

»Erwartest du irgendjemanden?«

Dannyl schüttelte den Kopf und ging zur Tür hinüber. Als er sie öffnete, hörte Rothen Tanias Stimme und atmete erleichtert auf.

»Ich habe Euch Euer Essen heruntergebracht«, sagte die Dienerin, als sie eintrat. Zwei andere Diener folgten ihr mit Tabletts. Nachdem sie ihre Last auf den einzigen freien Tisch gestellt hatten, verneigten sie sich und verschwanden wieder.

Als der Duft von Gebratenem durch den Raum wehte, schnalzte Dannyl anerkennend mit der Zunge. »Mir war gar nicht klar, dass schon so viel Zeit verstrichen ist«, sagte er.