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Hazel hackte wie von Sinnen auf die leblosen Körper vor sich ein, wild und atemlos lachend, das Gesicht von Schweiß bedeckt, die Augen weit aufgerissen und auf ein inneres privates Walhalla gerichtet. Owen rief ihren Namen, doch sie hörte ihn nicht. Er trat einen Schritt auf Hazel zu. Sie wirbelte herum, das Schwert bereit, ihr Grinsen voll schrecklicher Blutgier.

Owen steckte sein eigenes Schwert ein, schaltete den Schild ab und streckte die Hände mit den Handflächen nach oben aus, damit sie sehen konnte, daß er keine Waffen trug. Hazel neigte den Kopf leicht zur Seite, während Owen beruhigend auf sie einredete. Dann trat er einen weiteren Schritt auf sie zu, und Hazel spannte sich. Sie schoß vor, das Schwert auf seinen Unterleib gerichtet. Owen beschwor den Zorn, nur für eine Sekunde. Nur eben lange genug, um Hazels Angriff auszuweichen, so daß das Schwert ihn verfehlte, weniger als einen Zentimeter an seiner Seite vorbei. Er schlang die Arme um Hazel, doch sie wehrte sich mit aller Kraft. Owen wußte, daß er sie höchstens für ein paar Sekunden halten konnte. Sein Blick traf den ihren, die wild brennenden Augen, und er griff durch das mentale Band nach ihr, die Verbindung, die das Labyrinth des Wahnsinns ihnen zum Geschenk gemacht hatte. Seine Worte drangen nicht in ihr Bewußtsein, nur die einfache Tatsache seiner Anwesenheit, wer und was er war und was er für sie fühlte. Hazels Verstand war hell und blendend, pfeilschnell wie Quecksilber, scharf und tödlich. Owen griff nach ihr, und langsam, ganz langsam antwortete sie, beruhigte sich Stück um Stück. Ihre Augen klärten sich, und Owen spürte die ersten schwachen Regungen ihrer eigenen Gefühle, als sich plötzlich eine Barriere zwischen ihnen aufbaute und Hazel die Verbindung unterbrach, während sie gleichzeitig den Zorn verließ.

Beinahe wäre sie zusammengebrochen, doch Owen hielt ihren zitternden Körper an sich gepreßt, bis sie genügend Kraft getankt hatte, um ihn wegzustoßen und aus eigener Kraft zu stehen. Hazel atmete tief durch und nickte Owen brüsk zu. Es war das einzige Zeichen, das sie je wegen des kurzen Augenblicks ihrer innigen Verbindung von sich geben würde; das wußte Owen. Hazels Hände hatten beinahe zu zittern aufgehört, als sie sich mit dem gleichen schmutzigen Lappen den Schweiß aus der Stirn wischte, mit dem sie zu einem früheren Zeitpunkt das Schwert gereinigt hatte.

»Das… das war… unbeschreiblich«, sagte sie schließlich.

»Ich habe noch nie so etwas in mir gespürt, und ich habe schon eine Menge Dinge in meinem Leben ausprobiert. Ich fühlte mich… so lebendig… Ich hätte dich getötet, wenn du mich nicht aufgehalten hättest. Ist der Zorn immer so unberechenbar?«

»Meistens«, antwortete Owen. »Man gewöhnt sich niemals so richtig an ihn. Deswegen benutze ich ihn nur, wenn es gar nicht anders geht. Ruht Euch für einige Minuten aus, Hazel.

Der Körper benötigt seine Zeit, um die Energie zu ersetzen, die der Zorn ihm geraubt hat.«

»Und damit hast du die meiste Zeit deines Lebens gelebt?«

Hazel blickte Owen mit neu erwachtem Respekt an. »Du bist viel härter, als du aussiehst, Todtsteltzer. Ich war ein Plasmakind, süchtig nach Wampyrblut, aber der Zorn ist die stärkste Droge, der ich jemals begegnet bin. Wie hältst du das nur aus?«

»Indem ich ihn nur einsetze, wenn es wirklich unbedingt sein muß«, erwiderte Owen. »Und ich besitze eine Ausbildung, die Ihr nicht habt. Mit der Zeit wird es ein wenig leichter, wenn auch nicht viel. Ich habe versucht, Euch davor zu warnen, aber Ihr wolltet nicht hören.«

»Ja, das hast du.« Hazel wandte sich ab und musterte die Leichen, die im ganzen Raum verteilt lagen. Der Boden war von einer einzigen großen Blutlache bedeckt. Hazel erschauerte kurz, doch sie hatte sich rasch wieder unter Kontrolle. »Glaubst du, daß das alle waren?«

»Das wage ich stark zu bezweifeln. Das hier war nur die Vorausabteilung, die die Situation überprüfen sollte. Seht Euch die Toten an; sie tragen alle Kurzstreckensensoren. Ihre Vorgesetzten wissen genau, was hier geschehen ist. Und das bedeutet, wir können den Überraschungsvorteil jetzt abschreiben.

Und wir können davon ausgehen, daß als nächstes ein Angriff von schwer bewaffneten Wachen folgt, viel stärker als der erste. Erfahrene Kämpfer. Allmählich wird es interessant.«

Owen unterbrach sich, und sie sahen beide zu der geschlossenen Tür. Irgend jemand näherte sich, sie fühlten es.

Owen zog die Tür auf und trat auf den Korridor hinaus, die Waffen einsatzbereit in den Händen. Hinter ihm lud Hazel fieberhaft ihre Projektilwaffe nach. Owen trat langsam an das Treppengeländer heran. Wer es auch immer sein mochte, irgend jemand kam die Treppe herauf und seine langsamen Schritte echoten laut durch die unnatürliche Stille.

Hazel trat neben Owen. Sie stieß ihm den Ellenbogen in die Rippen, damit er auf sie aufmerksam wurde, und formte mit ihrem Mund die Frage: Nur ein Mann? Owen zuckte die Schultern, und beide beugten sich vor, um hinabzusehen. Der Neuankömmling nahm sich Zeit, um den vorletzten Treppenabsatz zu ersteigen, dann blieb er stehen und blickte ausdruckslos zu Owen und Hazel hinauf. Es war ein großer, schwer gebauter Mann mit mächtigen Muskeln und einem breiten, düsteren Gesicht. Seine Haut war dunkel, das kurzgeschnittene Haar schneeweiß, und seine kalten Augen waren unglaublich grün.

Er trug keinerlei Rüstung, nur den langen, grünen, mit Drachensymbolen bestickten Kimono des Chojiro-Clans. In jeder Hand hielt er ein gekrümmtes Schwert.

»Ach du Scheiße«, fluchte Owen inbrünstig.

Hazel blickte ihn fragend an. »Du kennst diesen Burschen?«

»Unglücklicherweise, ja. Das ist Razor, ein ehemaliger Investigator. Er hat in den Diensten des Wolf-Clans gestanden, als Killerschoßhund und um die anderen Clans einzuschüchtern, aber nachdem die Wolfs gestürzt worden sind und er jetzt diesen vollkommen geschmacklosen Kimono trägt, vermute ich, daß er inzwischen eine ähnliche Position bei den Chojiros bekleidet. Wenn Ihr einer Religionsgemeinschaft anhängt, dann ist jetzt der Zeitpunkt für ein paar Gebete gekommen, Hazel.«

»Er scheint keine Pistolen zu tragen. Warum erschießen wir ihn nicht einfach aus sicherer Entfernung?«

»Erstens, weil er ganz ohne Zweifel einen Schild besitzt, und zweitens, weil wir ihn damit wirklich wütend machen würden.«

Hazel steckte ihre Pistolen weg und zog das Schwert. »Dann machen wir uns eben die Hände schmutzig.«

»Hazel, das ist ein Investigator! Eine Mordmaschine. Das beste mit jeder Waffe, die Euch einfällt!«

»Also schön. Was schlägst du vor?«

»Ich würde sagen, wir geben auf – aber ein Investigator macht keine Gefangenen. Also werden wir wohl oder übel kämpfen müssen. So eine verdammte Scheiße! «

»Jetzt hör endlich auf damit, Todtsteltzer! Er ist nur ein Mann! Ich werde ihn zuerst angreifen.«

»Nein, Hazel. Das werdet Ihr nicht! Ihr habt Euch noch nicht von Eurem letzten Zorn erholt!«

»Ich kann ihn schaffen! Wirklich!«

»Entschuldigung«, meldete sich der Investigator zu Wort.

»Ihr haltet den Mund«, erwiderte Owen. »Wir kommen gleich zu Euch. Hazel, ich fange an, und damit basta. Ich dulde keinen Widerspruch.«

»Seit wann hast du denn das Kommando bei dieser Mission?

Wenn ich mit ihm Kämpfen will, dann kämpfe ich!«

»Hazel, das ist wirklich keine gute Idee.«

»Entschuldigung«, sagte der Investigator erneut.

»Haltet den Mund!«

»Halt die Klappe!« sagten Owen und Hazel gleichzeitig und funkelten sich wütend an.

Investigator Razor zuckte die Schultern und nahm die letzten Stufen mit beinahe unglaublicher Geschwindigkeit. Seine beiden Schwerter waren nur ein Flirren. Owen und Hazel beschworen den Zorn. Sie erwarteten Razors Ansturm, die Schwerter bereit. Das Blut rauschte in ihren Köpfen. Unbändige Kraft brannte in ihren Armen wie lebendiges Feuer, doch Razor brach über sie herein wie ein Orkan, und seine Schwerter bewegten sich so schnell wie der Blitz. Die Luft dröhnte vom Klirren des Stahls, und Owen und Hazel wurden Schritt für Schritt zurückgetrieben. Sie hatten der schieren Wildheit von Razors Angriff nichts entgegenzusetzen.