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»Gewiss. Ich würde sie mit auf meine Reise nehmen und danach mit ihr in meine Heimat zurückkehren.«

»Was meinst du dazu, Arusa?«, fragte der Alte.

»Ich bin dazu gern bereit, allerdings nur unter der Bedingung, dass du mich, wenn es mein Wunsch ist, wieder ins Maschrikland zurückbringst.«

Ohne zu zögern, entgegnete ich: »Versprochen.«

»Allerdings liegt die Entscheidung nicht bei mir, weil wir ja alle unserem Gebieter gehören. Er ist unser gesetzmäßiger Herr. Geh zum Palast und erkläre dem Kammerherrn, dass du mich kaufen willst.«

Mit einem solchen Hindernis hatte ich nicht gerechnet, doch war mir klar, dass ich es überwinden musste. Aber zunächst verbrachte ich den halben Tag mit Arusa in höchstem Glück und seligster Entspannung. Ins Gasthaus zurückgekehrt, erzählte ich Fam von dem schwierigen Unterfangen. Er bot mir an, mich zu begleiten. So kam es, dass ich durch das Tor des Palastes schritt und einen Blick auf die Blumenpracht und die stolzen Palmen werfen konnte. Wir betraten einen großen Saal, in dessen Mitte ein gewaltiges, mit Kissen und Schlummerrollen übersätes Sofa aus Rosenholz stand. Darauf thronte der Kammerherr. Er musste über sechzig Jahre alt sein und war ziemlich beleibt. Sein mürrischer Blick sprach von hochmütiger Verschlossenheit. Herr Fam küsste seine Hand, und kaum hatte er mein Anliegen vorgebracht, winkte der Kammerherr ab und sagte: »Der Verkauf von Sklaven ist untersagt, weil wir nicht genug haben.« Er sah mich an. »Sie können sich uns jedoch anschließen, so wie Fam. Dann gehören Sie zur Schar der Sklaven und haben alles auf einmal — Sicherheit, Wohlergehen und das Mädchen.«

Ich dankte ihm für seine Güte und zog enttäuscht und niedergeschlagen von dannen.

Unterwegs sagte Fam: »Ach, Bruderherz, genieß doch einfach dein Mädchen, bis du satt bist. Und du wirst dich wundern, wie schnell das geht.«

Diese Art Trost machte mich nur noch trauriger.

»Wir haben einen schlechten Zeitpunkt erwischt«, fuhr er fort. »Es gibt Anzeichen, dass uns das Hairaland angreifen will.«

»Und warum?«

Er stieß ein bitteres Lachen aus. »Weil sie nach den Schätzen der Gebieter und Großgrundbesitzer gieren. An einem Vor wand wirds ihnen nicht mangeln.«

Nicht nur, dass mir das Herz schwer war, jetzt überkam mich auch noch Besorgnis. In der Nähe des Markts trennten wir uns, ich wollte sofort mit Arusa reden.

Ihr Vater sah mich prüfend an. »Heiliger Mond, du hast nichts erreicht.«

»So ist es«, erklärte ich traurig und schaute Arusa befremdet an, weil sie lachte. Der Alte zwinkerte mir zu. »Nun geh schon, sie wartet auf dich.«

»Es tut mir weh, dass unsere Beziehung nur vorübergehend sein soll.«

»Jede Beziehung ist vorübergehend.«

»Aber ich hätte sie gern für immer gehabt.«

Er lachte laut los. »Was bist du doch für ein Egoist! Hüte dich, die Dinge unnötig zu erschweren, denn wir sind einfache Menschen und mögen es, wenn uns das Leben leicht gemacht wird.«

»Mir scheint, ihr wisst nicht, was Liebe ist.«

»Wir wissen, dass sie einen für eine Nacht, eine Woche, einen Monat oder ein Jahr vor Wonne verrückt macht. Was willst du mehr?«

Ich sah ihn mit großem Ernst an. »Und was schlagen Sie einem Verrückten wie mir vor?«

»Verding sie dir für eine Weile, und läuft die Frist ab, erneuerst du den Vertrag.«

»Muss ich dafür wieder zum Kammerherrn gehen?«

»Nein, das kann ich als Vater selbst entscheiden. Für wie lange willst du Arusa haben?«

»So lange es nur irgend geht.«

»Gut, dann erneuern wir monatlich den Vertrag.«

»Einverstanden.«

»Allerdings wird der Vertrag, falls Arusa das wünscht, sofort gekündigt, Fremder.«

Ich nickte.

»Du zahlst pro Monat drei Dinar.«

Damit trat der Vertrag in Kraft, und ich nahm Arusa ins Gasthaus mit. Nichts sollte mir mein Glück zerstören, jede Stunde würde ich auskosten, als bedeute sie das Leben. Als ich Arusa bat, ihren wunderbaren Körper zu verhüllen, reagierte sie verärgert. Sie habe nicht die Absicht, sich zum Gespött der Leute zu machen, sagte sie. Von da an fügte ich mich ergeben in alles. Arusa war für mich der Traum vom Glück, der nicht enden sollte — eine Gefahr, die im Verborgenen lauerte. Ich kostete das Vergnügen mit all meinen Sinnen aus, doch die Angst vor dem drohenden Abschied ließ nicht von mir ab. Jeder Tag, den ich mit diesem bezaubernden Mädchen verbringen durfte, machte mich glücklich. Herz und Verstand wiegten sich mehr und mehr in dem beruhigenden Gefühl, dass das Leben immer so weitergehen würde. Arusa liebte es, draußen herumzutollen und auf dem Markt spazieren zu gehen.

Eines Tages begegnete uns Al-Kani Ibn Hamdis. Die Karawane, sagte er, breche am nächsten Morgen in aller Frühe auf.

»Ich bleibe«, erwiderte ich ein wenig verschämt.

Er lachte. »Nun gut, alle zehn Tage gibt es eine andere Karawane, der du dich anschließen kannst.«

Ich ging in meiner Liebe so auf, dass ich die Zeit nicht mehr wahrnahm. Meine Mission, das Reisen -all das hatte seine Bedeutung verloren. Selbst wenn ich bis ans Ende meines Lebens bliebe, würde es mich, dessen war ich mir sicher, nicht danach verlangen.

Wieder kam die Nacht des Vollmonds. Die Menschen eilten zum Gebetsplatz. Wie ein altes Ehepaar machten auch wir uns auf den Weg. Als wir mitten im Gedränge standen, sagte Arusa: »Das ist die Nacht Gottes, in der sich Mann und Frau trennen.« Wie ein Pfeil schoss sie davon, und im gleichen Augenblick war sie auch schon in der Menge untergetaucht. Wütend und verstört blieb ich zurück, allen Willens und aller Freude beraubt. Das Ritual nahm seinen Lauf, und die Frage, was Arusa mit einem völlig fremden Menschen treiben würde, ließ mich nicht los. Als die Zeit des Umarmens kam, stellte sich eine etwa vierzigjährige, recht gut aussehende Frau mit ausgebreiteten Armen vor mich hin. Was dir jetzt hier geschieht, schoss mir durch den Kopf, das passiert auch irgendwo mit Arusa. Mundschenke reichten Dattelwein, ich trank ein Glas. Meines Verstands beraubt, stimmte ich in das Gebet ein. Als der Morgen dämmerte, fand ich mich vor dem Gasthaus wieder. Offenbar war ich hingefallen, denn ich hockte auf dem Boden. Arusa kam schwankend auf mich zu. Ohne etwas zu sagen, stand ich auf. Sie hakte mich unter und zog mich in unsere Kammer.

»Hast du eine nette Frau gefunden?«, fragte sie.

»Wir haben eine heilige Beziehung besudelt, Arusa«, stieß ich bitter hervor.

Sie verzog das Gesicht. »Du bist eben kein richtiger Gläubiger, was soll ich da machen?« Sie trat näher, lächelte. »Ich liebe dich noch immer, nur du bist mein Mann.«

Ich muss gestehen, dass meine Liebe zu Arusa kein bisschen weniger geworden war und die Angst vor der Trennung sie noch mehr entfachte. Arusa bedeutete beides für mich — Glück und Elend.

Die ersten Boten der Mutterschaft kündeten sich an. Das Herz jubilierte, der Körper litt. Um den Wechselfällen der Gefühle und der unbändigen Lust zu entkommen, flüchtete ich mich in den Stolz, Vater zu werden. Es erschien mir höchst erstrebenswert, ein beständiges Leben zu führen, selbst wenn das bedeutete, dass ich bis ans Ende meiner Tage im Maschrikland leben und meine Mission und meine Träume aufgeben musste. Offenbar bist du, witzelte ich über mich selbst, nicht fürs Reisen, sondern für die Liebe geschaffen.

Es wurde Sommer, und ich litt unter der quälenden Hitze. Es war die Hölle. Da die Weiden verdorrten, musste das Vieh Heu fressen. Der Herbst brachte ein wenig Linderung, und von Zeit zu Zeit gab es sogar einen kleinen Schauer. Erst mit dem Winter kamen angenehmere Temperaturen. Es goss in Strömen. Die Erde lebte auf, das Vieh freute sich, und die Menschen liefen weiterhin nackt herum. Arusa brachte einen Jungen zur Welt. Als hätte ich nichts mit dem Kind zu tun, entschied sie, wie es heißen sollte: Ram Ibn Arusa.