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Dabei tat der Bucklige alles, um mich zu ärgern. Er rückte mir zu Leibe und fuchtelte mit seinem jämmerlichen Werkzeug herum. Ich vermute, seine Überzeugung, er könne mich und Melifaro mit seinen harmlosen Utensilien umbringen, war letztlich der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Von Zorn allerdings konnte noch immer nicht die Rede sein. Dafür war ich nun in geradezu ausgelassener Stimmung.

Darum wollte ich den Koch lediglich erschrecken und zugleich Melifaro aufheitern, der erstaunlicherweise sehr ernst war.

Verschwörerisch zwinkerte ich in die Dunkelheit und spuckte unserem freundlichen Wirt genüsslich ins wutverzerrte Gesicht. Dann fuhr ich dem Fallenden mit der Handkante über den Hals, denn mir war klar geworden, dass es ohne Schläge heute nicht abgehen würde.

Was eine Schlange spüren mochte, deren Giftzähne sich im Leib ihres langsam schwächer werdenden Opfers verbeißen, ahnte ich inzwischen: nichts Besonderes.

Dann geschah, was früher oder später geschehen musste. Die wundervolle Gabe des Großen Magisters Machligl Anoch zeigte sich mit voller Kraft. Entgegen der Prognose von Sir Juffin passierte das, als ich weder erschrocken noch zornig war. Trotzdem brach der Koch bewusstlos zusammen: Meine Spucke hatte sich als zweifelsfrei giftig erwiesen.

»Wunder geschehen, Max, das weiß ich jetzt!«, rief Melifaro und sah mich total begeistert an. »Sündige Magister - du lässt ja die besten Traditionen der Ordensepoche Wiederaufleben! Ohne dich wäre es unglaublich langweilig.«

»Hab ich ihn tatsächlich umgebracht?«, fragte ich unsicher.

••Zweifelst du daran? Meinst du, du hast bloß »Hau ab« gesagt?«

Zum Glück war Melifaro nicht der Nervenschwächste und lächelte nun breit.

»Ich bin sehr froh«, erklärte ich stolz. »Ich habe noch nie so eine Schweinerei gesehen. Gäste zu wahnsinnig überzogenen Preisen mit derart ekligem Zeug abzuspeisen! Der Alte hat mir für längere Zeit den Appetit verdorben, aber er hat seine gerechte Strafe bekommen. Übrigens hab ich deinen Geldbeutel geschont. Vorausgesetzt, du hast noch nicht bezahlt.«

»Das ist ein guter Trick, die Zeche zu prellen. Ich vermute, der Große Magister des Ordens der Riesenwurst wollte dich in Scheiben geschnitten servieren. Und vermutlich hätte es dazu eine Soße aus meinem Blut gegeben.«

»Ich wüsste nur gern, warum Karwen Kowareka sich zu Hause und nicht hier im Käfig in eine Pastete verwandelt hat.«

»Ach, lass den Quatsch doch auf sich beruhen, Max. Du hast unschuldige Leute umzubringen - ich kümmere mich um den Rest. Und glaub mir: In zwei, drei Tagen kann ich all deine Fragen beantworten. Ich melde mich jetzt bei Lonely-Lokley und sage ihm, dass er ruhig ins Fressfass gehen kann. Du hast dem armen Mann Arbeit weggeschnappt. Was ich jetzt allerdings bräuchte, wäre ein Dutzend Leute von Bubuta Boch. Die könnten mir nämlich beim Verhör helfen.«

»Du hast Probleme! Ich glaube, du musst alles mit dem Chef der Polizei besprechen«, sagte ich und lächelte bitter. »Bist du darauf noch nicht gekommen, du Genie?«

»Du denkst ...«

»Ich denke gar nichts. Das ist schließlich deine Arbeit. Meine Aufgabe ist es, Unschuldige zu töten. Aber General Bubuta Boch hat hier zu Mittag gegessen und ist danach verschwunden. Nimm also meine Pfeife, solange sie noch glüht, und schau dich nach ihm um. Wenn er schon zur Pastete geworden ist, überraschen wir Sir Juffin damit - vielleicht, indem der Ehrwürdige Leiter etwas Besonderes zum Abendbrot bekommt.«

»Zu den Magistern mit dir, Max. Du bist wirklich hundsgemein! Gib mir lieber deine Pfeife.«

Nach ein paar Minuten rief Melifaro nach mir.

»Bubuta liegt hier hinten und sieht ganz gut aus. Ich glaube, er fühlt sich nicht wie eine Wurst - er schläft nur.«

»Er ist ja auch erst seit vorgestern hier, und es dauert ein paar Tage, sich in eine Pastete zu verwandeln. Schade - ohne mein wahnsinniges Glück hätten wir Juffin eine große Freude machen können. Aber das ist anscheinend Schicksal.«

»Was geht hier vor? Sind Sie das, Sir Melifaro?«, drang die Stimme von Leutnant Schichola durchs Dunkel. Er war der beste Polizist von Echo und ein Freund von uns.

»Ja, ich bin hier. Meine Herren, seien Sie bitte still -Ihr Chef schläft.«

»Unser Chef?«

Schichola beschleunigte seinen Schritt und stolperte über die Leiche des Kochs. Ich konnte ihn gerade noch auffangen, sonst wäre er mit dem Gesicht auf den Boden geschlagen. Ein Kollege von ihm wich dem Hindernis rechtzeitig aus, und ein paar Polizisten fluchten erschrocken. Melifaro dagegen quietschte vor Lachen.

»Meine Herren, passen Sie bitte auf!«, rief ich und versuchte, möglichst ernst zu klingen. »Ich empfehle Ihnen, nicht zu schießen. Der Tod kann sehr gefährlich werden, wenn man ihn erschrickt.«

»Vielen Dank, Sir Max«, murmelte Schichola und befreite sich aus meinem Griff. »Worüber bin ich eigentlich gestolpert?«

»Über die Leiche eines Verbrechers. Was Sie hier sehen, ist ein Giftmörder und Kannibale. Und er ist der Entführer von General Bubuta. Herr Itulo hat sich sehr bemüht, Ihnen das Leben leicht und angenehm zu machen, meine Herren, Ehrenwort. Sir Melifaro und ich bedauern sehr, Ihren Chef gerettet zu haben. Wir stehen schuldbewusst vor Ihnen. Nehmen Sie ihn also bitte unversehrt wieder mit.«

»Nicht wir, sondern nur du, Max, stehst schuldbewusst vor Leutnant Schichola«, mischte Melifaro sich ein. »Ich bin bloß zum Essen hergekommen. Also, meine Herren - falls Sie die Retter Ihres Chefs vermöbeln wollen, wenden Sie sich bitte ausschließlich an Sir Max. Und bitte nacheinander!«

Die anwesenden Polizisten sahen Melifaro mit großen Augen an. So über einen Menschen zu reden, der den Todesmantel trug, war für sie nicht mehr kühn, sondern grenzte an Selbstmord. Ich zog eine schreckliche Fratze und zeigte Melifaro die Faust, damit die Polizisten keinen allzu lockeren Eindruck von mir bekamen. Wie hätte ich ihnen sonst weiterhin Angst und Respekt einflößen können?

»Meine Herren, ich will Sie nicht weiter stören«, sagte ich und verbeugte mich vor Melifaro. »Arbeiten Sie ruhig weiter.«

»Und du?-, fragte Melifaro erstaunt.

»Was soll ich noch hier? Ich werde Juffin die gute Nachricht überbringen. Bis du zu uns stößt, hat er mich bestimmt umgebracht. Danach beruhigt er sich gewiss wieder. Ich rette hier also dein Leben - schließlich bin ich unsterblich.»

Als die armen Polizisten das hörten, klappte ihnen endgültig die Kinnlade runter.

An der Türschwelle erreichte mich Melifaro per Stummer Rede: »Meinst du das mit der Unsterblichkeit ernst, Max?“ Ich seufzte und gab per Stummer Rede - vor der ich mich fast den ganzen Tag erfolgreich gedrückt hatte -zurück: »Vielleicht. Ich hab dir doch schon früher gesagt, dass ich nicht weiß, welche Eigenschaften ich besitze.«

Dann brach ich zum Haus an der Brücke auf. Ich wollte unbedingt meinen Chef treffen. Und auch Lady Melamori hatte ich seit dem frühen Morgen nicht mehr gesehen.

Ich setzte mich ans Steuer unseres Dienst-A-Mobils und stand schon zehn Minuten später im Büro von Sir Juffin.

»Max, ich hätte nicht gedacht, dass du Bubuta schon Sekunden nach Sonnenuntergang findest. Das ist Geschwindigkeitsrekord für unsere Dienststelle. Du hast den Fall in kaum einer Minute gelöst - jedenfalls, wenn man davon ausgeht, wann er uns offiziell übergeben wurde. Es gibt also etwas zu feiern - darum ab ins Fressfass Du brauchst dich übrigens nicht umzuschauen: Lady Melamori ist schon vor zwei Stunden nach Hause gegangen. Ich habe sie heimgeschickt. Weißt du, zuerst war da die Sache mit ihren Verwandten, und dann kam dein lästiger Einsatz im Morgengrauen. Vielleicht war ich zu gutmütig mit ihr, aber gehen wir.«

»Hat Melifaro sich per Stummer Rede bei Ihnen gemeldet, als ich hierher unterwegs war?«, rief ich und sah ihn überrascht an. »Ich befürchtete schon, meine Zunge würde Muskelkater bekommen, weil ich Ihnen so viel erzählen müsste.«