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»Der Teufel? Wer ist denn das?«, unterbrach mich Melamori.

Solche Fragen hatte ich oft mit Engelsgeduld beantwortet, winkte diesmal aber nur ab.

»Das spielt jetzt keine Rolle. Immerhin ist dir nun klar, dass ich keine Magie angewandt habe. Ich weiß noch immer nicht, wie das alles passieren konnte.«

»Ich glaube dir«, sagte Melamori und nickte bekräftigend. »Und ich weiß nun, dass du keine Vorstellung von deinen Fähigkeiten hast. Aber das zählt nicht mehr.«

»Warum?«

»Weil ... Was geschehen ist, ist geschehen. Wir gehen aber zu dir, nicht zu mir. Ich wohne in der Nähe und will, dass unser letzter Spaziergang wirklich lang ist.«

»Unser letzter Spaziergang? Bist du verrückt geworden? Oder denkst du, ich würde dir vor Leidenschaft den Kopf abbeißen?«

Heiter zu wirken, schien mir vorläufig das Beste.

»Natürlich nicht - mein Kopf wird schon nicht in deinem Rachen landen«, sagte Melamori und lächelte matt. »Es geht um etwas anderes. Ist dir nicht klar, wo wir uns getroffen haben?«

»Im Stadtteil Rendezvous. Auch wenn du mir nicht glauben wirst: Ich hatte nicht die Absicht, dorthin zu gehen - ich bin dort gelandet, weil ich einen Mann in perlmuttfarbenem Gürtel verfolgt habe. Du hast doch vom Gürtelfall gehört?«

Melamori nickte, und ich fuhr fort: »Wir haben uns auf der Straße einen kleinen Kampf geliefert, ich habe ihn verhaftet, und nun sitzt er hier drin.« Dabei zeigte ich ihr meine Linke.

»Du willst mir also weismachen ...«, begann Melamori und lachte dann los.

Jetzt war sie es, die sich auf den Gehsteig setzte. Ich ließ mich neben ihr nieder und legte ihr den Arm um die Schultern. Melamori keuchte vor Lachen.

»Ich dachte, du ... Ach, ich kann nicht mehr! Du bist wirklich der verrückteste Junge der Welt, Max! Ich vergöttere dich!«

Schließlich konnten wir weitergehen.

»Bist du wirklich noch nie im Stadtteil Rendezvous gewesen?«, fragte Melamori unvermittelt.

»Nein. Bei uns in den Leeren Ländern läuft alles einfacher. Oder komplizierter - je nachdem, aus welcher Perspektive man das betrachtet.«

»Dann weißt du also auch nicht, dass Menschen, die sich in diesem Stadtteil getroffen haben, nur eine Nacht miteinander verbringen dürfen und sich dann trennen müssen?«, fragte Melamori flüsternd.

»Das ist bei uns schier unmöglich«, sagte ich lächelnd, obwohl mir nicht heiter zumute war. »Wir haben doch nicht vor, den Dienst zu quittieren, oder?«

Melamori schüttelte den Kopf. »Das ist auch nicht notwendig. Wir können uns so oft sehen, wie wir wollen, müssen uns aber fremd bleiben. Das ist in Echo so Sitte, und dagegen kann man nichts machen. Ich bin selbst schuld, denn ich bin aus Ärger hierhergekommen, um jemandem etwas zu beweisen - inzwischen weiß ich nicht mal mehr, wem. Wir hätten beide zu Hause bleiben sollen. Aber wer von uns hat schon Schuld? Menschen entscheiden nicht über den Zufall.«

»Aber ...«, begann ich, verstummte jedoch, so verwirrt war ich. In meinem Kopf herrschte unbeschreibliches Durcheinander.

»Wir sollten vielleicht das Thema wechseln, Max. Bis morgen früh sind noch ein paar Stunden, und man sagt, das Schicksal sei klüger als der Mensch.«

»Gut, wechseln wir das Thema. Aber ich glaube, das alles ist Quatsch. Wir können selbst entscheiden, was wir tun. Wozu brauchen wir all die merkwürdigen Sitten und Gebräuche? Wenn du willst, können wir weiter miteinander spazieren gehen, als wäre nichts geschehen. Wir erzählen einfach niemandem davon, und vielleicht wird sich später ...«

»Nein, Max, das geht nicht«, seufzte Melamori, lächelte dann und legte mir ihre kleine Hand auf den Mund. »Wie gesagt: Wir sollten das Thema wechseln.«

Schweigend gingen wir weiter. Die Straße der alten Münzen kam immer näher. Ein paar Minuten später landeten wir in meinem dunklen Haus. Kaum hatten wir die Tür geöffnet, kamen uns Ella und Armstrong mit forderndem Miauen entgegen. Ob es Tag ist oder Nacht, ob du mit einer Frau nach Hause zurückkehrst oder allein - wenn du schon kommst, dann gib uns auch zu fressen, schienen die beiden zu sagen. Also verschwand ich kurz in der Küche. Melamori beobachtete staunend meine Tiere.

»Das sind also die künftigen Ahnen der königlichen Katzen? Woher hast du sie eigentlich, Max?«

»Von Melifaros Landgut.«

»Und warum hält der ganze Hof die Viecher für eine unbekannte Tierart?«

»Das mögen die Magister wissen! Vielleicht, weil meine beiden Süßen so gepflegt sind. Melamori, willst du wirklich das, was du hier tust? Auch wenn du es nicht glauben magst: Ich hasse nichts mehr als Zwang.«

»Ich hab dir doch schon gesagt, dass das Schicksal entschieden hat. Von uns hängt nichts mehr ab. Wir können nur eins tun: die wenigen Stunden nutzen, die uns bleiben.«

»Na gut. Verlieren wir also keine Zeit«, seufzte ich ergeben und nahm das Naturwunder Melamori am Arm.

»Aber pass auf, dass der Verhaftete dir nicht entwischt. Das Einzige, was ich heute Nacht garantiert nicht will, ist, ihn im ganzen Haus zu suchen.«

Ich stellte mir vor, wie wir den Däumling gemeinsam jagten, und musste lachen. Auch Melamori hatte sich ausgemalt, wie wir den Zwerg durch alle Zimmer verfolgten, und lachte nun so sehr, dass wir beinahe von der Treppe gefallen wären. Wir verhielten uns bestimmt nicht romantisch, aber das war auch besser so. Lachen ist der beste Katalysator der Leidenschaft - viel besser als der dunkle Ernst, mit dem sich die Helden in den mir verhassten Melodramen aufeinanderstürzen.

Das Einzige, was mir die Lebensfreude vergällte, waren all die Gespräche, die darum kreisten, dass Melamori und ich uns nie wieder nahekommen durften. Angeblich steigert die Trennung der Liebenden Vorfreude und Genuss, aber daran glaube ich nicht. Diese Nacht hätte mir sehr gefallen, hätte es nicht den Gedanken daran gegeben, dass ich meinen frisch gewonnenen Schatz am nächsten Morgen von seinen falschen Vorstellungen würde befreien müssen. Diese strapaziöse Aussicht verhinderte, dass ich mich wirklich glücklich fühlte.

»Es ist seltsam«, sagte Melamori. »Ich hatte so große Angst vor dir, Max, und dann habe ich mich mit dir so wohl gefühlt, als hätte ich mich mein Leben lang danach gesehnt. Wie dumm das alles gelaufen ist!« Sie brach in Tränen aus. Ich war verwirrt und versuchte minutenlang, sie zu beruhigen.

Die Sonne, die ich die ganze Nacht über gefürchtet hatte, ging pünktlich auf. Melamori schlief auf meinem angenähten Kissen und lächelte im Traum.

In diesem Moment wurde mir klar, was ich tun musste. Mein Plan war einfach und strahlte wie der Morgenhimmeclass="underline" Ich lasse sie einfach nicht gehen, dachte ich mir - sie schläft weiter, und wenn sie erwacht, sitze ich neben ihr und nehme sie in die Arme, und sie erzählt mir alles über diese dummen Traditionen. Ich höre ihr zu und warte, bis sie endlich schweigt. Dann sage ich: »Liebste, während du schliefst, hab ich mit dem Schicksal gesprochen. Es hat nichts dagegen, wenn wir noch ein wenig zusammenbleiben.« Und wenn sie weitere Einwände hat, gehe ich einfach nicht darauf ein.

Ich fühlte mich besser und hätte beinahe gekichert, beherrschte mich aber, weil Lady Melamori in meinem Arm lag. Stattdessen nahm ich einen großen Schluck Kachar-Balsam. An Schlaf war nun nicht mehr zu denken. Ich hatte nur ein kleines Problem: Ich musste mal kurz verschwinden.

Nach einer halben Stunde begriff ich, dass sich manche Dinge nicht allzu lange aufschieben lassen, und musterte Melamori behutsam. Sie schlief - daran gab es keinen Zweifel. Auf Zehenspitzen schlich ich aus dem Zimmer und ging runter ins Bad. Es dauerte nicht lange, doch als ich wieder ins Schlafzimmer kam, spürte ich einen Stich im Herzen und dachte: Das war's.

Ich hörte, wie die Haustür zugezogen wurde und jemand mit meinem A-Mobil verschwand, und begriff, dass alles vorbei war. Wirklich alles.

Ich wollte mich per Stummer Rede bei Melamori melden, wusste aber, wie sinnlos das war - so wie alles Übrige. Am schlausten war es, gar nichts zu tun. Das Schicksal, mit dem ich mich angeblich verständigt hatte, zeigte mir einmal mehr sein unfreundlichstes Gesicht.