Als ich ins Haus an der Brücke zurückkam, erwartete mich Juffin in seinem Arbeitszimmer.
»Sie hatten mich doch gebeten, Ihnen ein Souvenir aus der Heimat mitzubringen«, begann ich schon auf der Türschwelle und zog ein Päckchen aus der Tasche meines Todesmantels. »Ich habe Ihnen das hier besorgt, weil es mich mehr als alles andere erschüttert hat. Wenn es Ihnen nicht gefällt, nehmen Sie mir das bitte nicht krumm.«
»Krumm? Warum sollte ich das tun, Max?«
Erstaunt sah ich, dass Juffin begeistert an dem Päckchen schnupperte, das eindeutig nach Tilsiter Käse roch. »Du kennst dich ja wunderbar mit den Delikatessen dort aus. Du kannst dir nicht vorstellen, welche Freude du mir damit bereitet hast.«
Eigentlich bin ich kein schlechter Mensch und spürte deshalb keine Enttäuschung. Wenn Juffin von dem Päckchen begeistert war, musste ich das eben hinnehmen.
»Ausgezeichnet«, sagte ich lächelnd. »Dann darf ich ja hoffen, mir die Gunst meines Chefs nicht verscherzt zu haben.«
»Wie man's nimmt. Hat Machi dir nicht gesagt, dass alle Hoffnung trügt?«
»Sie haben mich bei dieser Gelegenheit beobachtet, stimmt's? Ich habe das gespürt - Ehrenwort.«
»Red kein Blech, Max. Ich war hier und hatte Wichtigeres zu tun«, sagte Juffin, lächelte dabei aber gefährlich schief.
»Wenn Sie nächstes Mal meine atemberaubenden Abenteuer erleben wollen, vergessen Sie bitte nicht, mich im richtigen Moment ausgiebig zu loben. Das ist eine Kleinigkeit, aber es würde mich sehr freuen.« Bei diesen Worten machte ich genüsslich die berühmte Geste aus Kettari und tippte mir mit dem rechten Zeigefinger zweimal an die Nasenspitze. Die lange Übung ließ mich diese Bewegung fast automatisch vollführen.
»Mein Wunder!«, seufzte Juffin. »Du kannst mich manchmal wirklich rühren, aber jetzt solltest du vielleicht eine Tasse Kamra mit Lady Melamori trinken. Sie ist nicht schlimmer als die anderen. Kofa Joch wird dich sicher in der Nacht besuchen, und Sir Lukfi Penz meldet sich bei Sonnenaufgang bei dir, wenn er seinen Buriwuchen Gute Nacht gesagt hat. Gefällt dir dieser Dienstplan? Schaffst du das?«
»Das denk ich doch. Und Sie, Juffin - sind Sie schon fertig?«
»Fast. Ich gehe gleich nach Hause. Ihr könnt machen, was ihr wollt, aber ich muss mich erholen. Ich habe nur noch einen Termin im Cholomi-Gefängnis. Ein langjähriger Insasse wollte fliehen, und die Mithäftlinge kratzen nun seine Reste von der Wand. Ich muss dabei sein, weil einem meiner Vorgesetzten die Sache wichtig scheint. Na ja«, sagte Juffin leichthin und erhob sich aus seinem Sessel, in dem ich umgehend Platz nahm.
Der Rest des Abends lief genau nach Sir Juffins Plan. Ich schaffte es sogar, mit Lady Melamori eine Tasse Kamra zu trinken, worauf ich ehrlich gesagt nicht zu hoffen gewagt hatte. Und wir unterhielten uns wie gute alte Freunde.
So kehrte mein Leben langsam in seine gewohnten Bahnen zurück.
Die nächsten Tage verbrachte ich damit, herauszufinden, dass keiner meiner Kollegen kubanische Zigarren mochte. Nur Lady Melamori paffte ihren Stumpen zu Ende, aber einzig aus Pflichtgefühl - in ihrem Gesicht stand kein Vergnügen, sondern eingefleischter Eigensinn. Ich versteckte die Kiste in meiner Schublade. Mir blieb nur eine Hoffnung: Wenn General Bubuta Boch wieder gesund wäre, würde ich ihm eine anbieten. Eine Zigarre im Mundwinkel würde ihm sicher stehen. Zum Glück hatte ich - den Magistern sei dank! - keine anderen Probleme.
»Sehnst du dich noch nicht nach Wundern?«, fragte Juffin Halli mich am vierten Tag nach meiner Rückkehr in aller Unschuld.
»Nein«, antwortete ich entschieden und fragte dann neugierig: »Worum geht's denn?«
»Die Wunder jedenfalls sehnen sich nach dir«, meinte er lächelnd. »Ich wollte nur fragen, ob du mir nicht Gesellschaft leisten magst. Ich möchte Maba Kaloch besuchen.«
»Da fragen Sie noch?«
Diesmal empfing uns Sir Maba im Korridor seines Hauses.
»Ich glaube, heute können wir das Zimmer wechseln«, schlug er vor. »Oder haben die Herrschaften etwas dagegen?«
Wir irrten kurz über den Flur, und man hätte glauben können, Sir Maba wüsste nicht genau, wo die Tür zu dem anderen Gemach war. Schließlich landeten wir in einem kleinen Raum.
»Machi verwöhnt dich, Max«, verkündete unser Gastgeber und zog unter einem kleinen Tisch ein Tablett mit seltsamem Geschirr hervor. »Er hat dich fast bis an dein Lebensende mit diesen kleinen Räucherdingern versorgt, damit du sie dir nicht mehr mühsam unter dem Kopfkissen zusammenangeln musst.«
»Das ist eine wunderbare Methode, Geld zu sparen. Ich kaufe nichts ein, sondern schiebe einfach die Hand irgendwo drunter! Nicht nur Sie mögen Geld - auch ich bin geizig.«
»Das will ich hoffen«, seufzte Maba. »Juffin, stimmt das?«
»Absolut. Weißt du, was er manchmal findet, wenn er die Hand unter einen Stuhl oder ein Sofa schiebt? Ein seltsames kleines Würstchen zum Beispiel, das in einem Brötchen steckt. Ekelhaft sieht das aus, aber er isst es.«
»Mein Leben lang habe ich Hotdogs abgöttisch geliebt«, meinte ich. »Das zeigt, wie hungrig ich in meiner Jugend war, und so weiter. Aber Sie, Sir Juffin, sind auch nicht besser. Denken Sie nur an die Delikatesse, die ich Ihnen mitgebracht habe.«
»Wie ähnlich ihr euch seid, Jungs - es ist zum Verrücktwerden. Weißt du was, Max? Juffin befürchtet, du hast unser kleines Geheimnis geknackt. Ich glaube, du kannst jetzt etwas sauer auf uns sein.«
»Keinesfalls!-, rief ich entschieden. »Ich habe Besseres zu tun. Außerdem habe ich mich hier bereits an allen möglichen Schabernack gewöhnt.«
Sir Maba stand auf und ging zum Fenster. »Das werden wir ja sehen. Komm her.«
Ich trat zu ihm, und mir stockte der Atem. Ich blickte nicht mehr auf den Obstgarten hinaus, sondern in eine mir gut bekannte Gasse. Verwirrt sah ich eine Brücke und dann den kleinen Springbrunnen, dessen Wasser in allen Regenbogenfarben im Sonnenlicht schillerte.
»Ist das die Hohe Straße?«, fragte ich leise. »In Kettari?«
»Auf alle Fälle sind es nicht die Grenzgebiete der Grafschaft Wuk«, hörte ich Juffin hinter meinem Rücken belustigt sagen.
»Erzähl deinem Freund Machi Ainti davon aber bitte kein Wort«, sagte Sir Maba und zwinkerte mir zu. »Der alte Sheriff kann beruhigt sein: Juffin hat nicht vor, unser Miniatur-Kettari zu betreten.« Nach diesen Worten tippte Sir Maba sich zweimal mit dem rechten Zeigefinger an die Nasenspitze.
Zwei vernünftige Menschen können sich immer verständigen - das wenigstens ist wirklich wahr.