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Louis kicherte. (Aber im Hinterstübchen seines Verstandes dachte er: tanj!) »Chmeee ist fremdartiger, als du dir vielleicht vorstellst. Jedenfalls findet er genau so wenig Geschmack daran, mit dir Rishathra auszuüben wie an einer frischen Salatplatte. Wenn du bei ihm schläfst, bist du vollkommen sicher, außer er braucht das ganze Bett für sich, was durchaus möglich sein könnte. Du mußt nur aufpassen, daß du ihn nicht wachrüttelst. Oder du kannst auch die Schlafplatten benützen.«

»Schläfst du zwischen diesen Platten?«

»Ja.« Er erriet an dem zweifelnden Ton ihrer Stimme, was sie dachte. »Das Schlaffeld kann so eingestellt werden, daß zwei Körper sich nicht berühren.« (Tanj! Hemmte sie vielleicht die Gegenwart des Jungen?)

Sie sagte: »Luweewu. Es tut uns leid, daß wir dich mitten in einer wichtigen Mission gestört haben. Bist du nur in unsere Stadt gekommen, um unser Wissen zu stehlen?«

Die korrekte Antwort hätte ja lauten müssen. Louis' Erwiderung war keine Lüge: »Wir sind hier, um die Ringwelt zu retten.«

Nachdenklich sagte sie: »Aber wie kann ich.?« Und dann starrte sie auf eine Stelle hinter Louis' Rücken.

Der Hinterste wartete hinter dem Achterschott. Er sah hinreißend aus. Seine Klauen waren mit Silber überzogen, und seine Mähne bestand aus geflochtenen Gold- und Silbersträhnen. Das kurze blasse Haar, das seine übrigen Körperpartien bedeckte, war so sorgfältig gebürstet, daß es schimmerte wie Seide. »Harkabeeparolyn, Kawaresksenjajok, seid willkommen an Bord«, sang der Hinterste. »Wir benötigen dringend eure Hilfe. Wir sind von sehr weit hergekommen in der Hoffnung, eure Brüder und Schwestern und eure Welt vor einem feurigen Tod zu retten.«

Louis schluckte seinen Lachreiz hinunter. Glücklicherweise hatten seine Gäste nur Augen für den Pierson-Puppetier.

»Wo kommst du denn her?« fragte der Junge erstaunt. »Wie sieht deine Welt aus?«

Der Puppetier versuchte, ihm seine Welt zu erklären. Er sprach von Planeten, die fast mit Lichtgeschwindigkeit durch den Raum rasten — fünf Welten, die in einem Fünfeck angeordnet waren, als Kemplerer-Rosette. Künstliche Sonnen umkreisten vier dieser Welten, damit dort die Nahrungsmittel wuchsen für die Puppetiers, die den fünften Planeten bewohnten. Die fünfte Welt wurde nur von dem Licht ihrer Straßen und Gebäude erhellt. Die Kontinente strahlten in einem gelbweißen Glanz, während die Meere als dunkle Masse die Zwischenräume ausfüllten. Isolierte gleißend helle Sterne, die von Nebelschwaden umgeben waren, waren schwimmende Fabriken, deren überschüssige Wärme das Wasser zum Kochen brachte. Die überschüssige Wärme der Industrieabwässer bewahrte die Welt vor der Kältestarre.

Der Junge vergaß beim Zuhören das Atmen. Nur die Bibliothekarin sagte leise zu sich selbst: »Er muß von den Sternen gekommen sein. Er gleicht keinem uns bekannten lebenden Wesen.«

Der Puppetier sprach von gigantischen Gebäuden, überfüllten Straßen und von Parkanlagen, der letzten Zuflucht der heimischen Tierwelt. Er sprach von dem Tansportscheiben-Verkehrssystem, mit dem man in wenigen Minuten um die ganze Welt gehen konnte.

Harkabeeparolyn schüttelte den Kopf. Ihre Stimme klang fast heftig: »Bitte, wir haben jetzt dafür keine Zeit. Es tut mir leid, Kawa! Wir wollen wirklich mehr davon wissen, müssen das sogar — aber diese Welt und diese Sonne stehen auf dem Spiel! Louis, ich hätte nie an dir zweifeln sollen. Was können wir tun, um bei der Rettung zu helfen?«

Der Hinterste sagte: »Du kannst mir vorlesen.«

Kawaresksenjajok lag auf dem Rücken und beobachtete die Rückseite seiner Welt, die über ihm vorbeirollte. Die Heiße Nadel flog unter einem konturlosen schwarzen Dach, in das der Hinterste zwei Hologramm-»Fenster« eingerichtet hatte. Das eine breite Rechteck zeigte einen leicht vergrößerten Ausschnitt; das andere Fenster untersuchte die Unterseite der Ringwelt mit infrarotem Licht. Im Infra zeigte sich die Unterseite des Tages immer noch heller als das vom Schatten der Nacht bedeckte Land. Und die Flüsse und Meere waren dunkel am Tag und hell in der Nacht.

»Wie die Rückseite einer Maske, verstehst du?« Louis sprach mit leiser Stimme, um Harkabeeparolyn beim Vorlesen nicht zu stören. »Siehst du dort die sich verzweigenden Nebenflüsse, wie sie hervorstehen wie Adern? Und die Meere zeigen sich hier als Kuppen oder Beulen. Dort haben wir eine Reihe von Vertiefungen — das ist eine Gebirgskette.«

»Sehen deine Welten auch so aus?«

»Oh, nein. Auf meinen Welten würde alles auf der Unterseite aus festem Material bestehen, und die Oberseite verdankt ihre Form dem Zufall. Hier wurde die Welt wie ein Relief gemeißelt. Hier haben die Meere alle die gleiche Tiefe, und sie sind so verteilt, daß es überall auf der Welt genügend Wasser gibt.«

»Diese Welt ist ein versenktes Relief?«

»Ja. Ich könnte sie mit nichts anderem vergleichen.«

»Luweewu, das klingt unheimlich. Wie muß man sich die Schöpfer dieser Welt vorstellen?«

»Sie dachten in großartigen Dimensionen, und sie liebten ihre Kinder. Ihre Gestalt glich einer Panzerrüstung.« Louis gab mit Absicht eine vage Beschreibung der Protektoren. Mehr wollte er nicht über sie sagen.

Der Junge deutete auf die durchsichtige Rumpfwand: »Was ist das?«

»Ich weiß nicht.« Es war eine Delle auf der Unterseite der Ringwelt, die mit Nebel gefüllt war. »Ich glaube, hier hat ein Meteor die Außenhaut durchschlagen. Auf der anderen Seite bildet sich ein Wirbelsturm.«

Der Leseschirm stand auf dem Kommandodeck, die Schirmseite war Harkabeeparolyn zugewandt. Der Hinterste hatte den Schaden repariert und ein geflochtenes Kabel an der Maschine befestigt, das mit seiner Steuerkonsole verbunden war. Harkabeeparolyn stand vor dem Schott und las laut vor. Der Schiffscomputer las gleichzeitig das Band ab, verglich es mit ihrer Stimme und seinem gespeicherten Wissen von Halrloprillalars Sprache. Diese Sprache mußte sich im Verlauf der Jahrhunderte gewandelt haben, aber nicht zu sehr, nicht in einer gebildeten Gesellschaft. Es stand zu hoffen, daß der Computer bald die Lesebänder selbst übersetzen konnte.

Was den Hintersten betraf, so hatte er sich in seine versteckte Privatkabine zurückgezogen. Das fremde Wesen hatte mehrere Schocks hintereinander erlebt. Louis gönnte ihm die Erholungspause für seine hysterischen Anfälle.

Die Heiße Nadel beschleunigte jetzt stetig. Die in das Bodenmaterial eingeprägte Landschaft glitt nun so rasch über dem Schiff dahin, daß man keine Einzelheiten mehr zu erkennen vermochte. Und Harkabeeparolyns Stimme klang etwas gepreßt. Höchste Zeit für eine Mittagspause, dachte Louis.

Dabei tauchte ein neues Problem auf. Louis wählte Filets Mignons, Bratkartoffeln, Briekäse und Französisches Weißbrot. Der Junge starrte das Menü entsetzt an. Auch die Frau machte entsetzte Augen, die allerdings auf Louis Wu gerichtet waren.

»Entschuldigung. Ich vergaß rechtzeitig daran zu denken, daß ihr Allesesser seid.«

»Allesesser, ja. Wir essen pflanzliche und tierische Produkte«, erwiderte die Bibliothekarin. »Aber wir essen kein verwestes Fleisch oder verdorbene Nahrungsmittel!«

»Regt euch nicht auf. Die Nahrungsmittel sind nicht mit Bakterien verseucht.« Ein abgehangenes Steak und Milch, die Schimmelpilzen ausgesetzt war. Louis warf die Teller mit dem Menü in die Toilette und wählte erneut. Früchte, crudites, dazu eine Schüssel mit Sauercreme, die ebenfalls wieder in die Toilette wanderte. Als Hauptgericht Meeresfrüchte, zu denen auch sashimi gehörten. Seine Gäste hatten noch nie in ihrem Leben einen Salzwasserfisch gegessen. Er schmeckte ihnen, aber er machte sie auch durstig.

Und daß sie Louis beim Essen zusehen mußten, machte sie unglücklich. Aber sollte er ihretwegen vielleicht hungern?