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Ihre Stimme klang heiser: »Ich begreife überhaupt nicht, was ihr beide miteinander besprecht.«

Wie sollte er ihr das erklären? »Unsere Maschine kann alles im Gedächtnis behalten, was auf deinen Lesebändem steht. Wir befehlen ihr, in ihrem Gedächtnis die Antworten auf bestimmte Fragen zu suchen.«

»Fragt die Maschine, wie wir die Ringwelt retten können.«

»So allgemein dürfen wir diese Frage nicht stellen. Die Maschine kann sich zwar erinnern, vergleichen und zusammenrechnen; aber sie kann nicht selbständig denken. Dafür ist sie nicht groß genug.«

Die Bibliothekarin schüttelte den Kopf.

»Und wenn die Antworten, die wir bekommen, falsch sind?« sagte der Hinterste. »Wir können nicht mehr von dieser Welt fliehen.«

»Dann werden wir einen anderen Ausweg suchen.«

»Ich habe darüber nachgedacht. Wir müssen in eine polare Umlaufbahn um die Sonne fliegen, um das Risiko, von einem Fragment der explodierenden Ringwelt getroffen zu werden, auf ein Minimum zu beschränken. Ich werde die Heiße Nadel im Stasisfeld einbetten und dann auf Rettung warten. Die Möglichkeit, daß wir gerettet werden, ist natürlich außerordentlich gering. Aber immerhin ist diese Chance besser als das, was uns jetzt droht.«

Es konnte sein, daß sie diese Anregung des Hintersten aufgreifen mußten, dachte Louis. »Schön. Wir haben immerhin noch zwei Jahre Zeit, etwas Besseres zu finden.«

»Weniger als das. Wenn.«

»Halt deine Schnäbel.«

Die erschöpfte Bibliothekarin ließ sich auf das Wasserbett fallen. Das imitierte Kzin-Fell bewegte sich wellenartig unter ihr. Sie blieb einen Moment ganz steif liegen und bewegte sich dann vorsichtig auf den Rücken. Das Fell begann wieder zu schwanken. Endlich gab sie ihren Widerstand auf und ließ sich von den Wellen des Wasserbettes tragen. Kawaresksenjajok murmelte etwas im Halbschlaf und drehte sich dann auf die andere Seite.

Die Bibliothekarin sah außerordentlich attraktiv aus. Louis unterdrückte den Impuls, sich zu ihr auf das Wasserbett zu legen. »Wie fühlst du dich?«

»Furchtbar müde. Und niedergeschlagen. Werde ich in meinem Leben noch einmal meine Heimat sehen? Wenn das Ende kommt — wenn es kommt — würde ich es gerne auf dem Dach der Bibliothek erwarten. Aber die Blumen werden bis dahin längst verbrannt sein, nicht wahr? Entweder verbrannt oder erfroren.«

»Ja.« Louis war gerührt. Ganz bestimmt würde er seine Heimat nie wiedersehen. »Ich werde versuchen, dich in die Stadt zurückzubringen. Aber jetzt brauchst du unbedingt deinen Schlaf. Und eine Rückenmassage.«

»Nein.«

Seltsam. Gehörte Harkabeeparolyn nicht zu den Städtebauern, zu Halrloprillalars Artgenossen, die vor allem mit ihrem Sex-Appeal die Ringwelt beherrscht hatten? Manchmal war es nicht einfach, sich daran zu erinnern, daß die Individuen einer fremden Rasse auch so verschieden ausfallen konnten wie bei den Menschen.

Er sagte: »Mir scheint, daß die Angehörigen des Bibliotheks-Clans sich eher wie Priester, denn als Wissenschaftler gebärdeten. Habt ihr ein Gelübde der Enthaltsamkeit abgelegt?«

»Während wir in der Bibliothek arbeiten, gilt für uns das Gebot der Enthaltsamkeit. Aber ich habe mich freiwillig für die Enthaltsamkeit entschlossen.« Sie stemmte sich auf einem Ellenbogen hoch, um ihn ansehen zu können. »Wir lernen in der Schule, daß alle anderen Spezies sich darum reißen, Rishathra mit den Städtebauern zu treiben. Gilt das auch für dich?«

Er gab es zu.

»Ich hoffe, du kannst dich beherrschen.«

Er seufzte. »Oh, tanj, ja. Ich bin tausend Falans alt. Ich hatte genug Zeit, zu lernen, wie ich mich von solchen Dingen ablenken kann.«

»Wie?«

»In der Regel suche ich mir eine andere Frau.«

Die Bibliothekarin lachte nicht über seine Antwort. »Und wenn eine andere Frau nicht verfügbar ist?«

»Oh. dann treibe ich Leibesübungen bis zur Erschöpfung. Ich betrinke mich mit dem Zeug, das ihr ›Treibstoff‹ nennt. Gehe auf eine Sabbats-Reise, fliege in einem Ein-Mann-Raumschiff in den interstellaren Raum. Oder ich suche mir irgendein anderes Vergnügen, das mich zerstreut. So ein Vergnügen kann sogar die Arbeit sein.«

»Du solltest dich nicht betrinken«, sagte sie, und damit hatte sie vollkommen recht. »Was für eine Zerstreuung stünde dir sonst noch offen?«

Der Wonnestrom-Stecker! Ein kleiner Stromstoß, und es würde ihm egal sein, ob sich Harkabeeparolyn vor seinen Augen in grünen Schleim verwandelte. Warum sollte es ihn jetzt stören, wenn das geschah? Er bewunderte sie nicht. nun, vielleicht doch, eine winzige Kleinigkeit. Aber sie hatte ihre Heldenrolle bereits ausgespielt. Er konnte die Ringwelt retten oder untergehen sehen, ohne daß es ihrer weiteren Hilfe bedurfte.

»Trotzdem wirst du deine Massage bekommen«, sagte er. Er machte absichtlich einen weiten Bogen um sie herum, ehe er einen Hebel an der Schalttafel des Wasserbettes umlegte. Harkabeeparolyn sah ihn überrascht an, lächelte dann und legte sich entspannt zurück, als die sonaren Vibrationen in ihrer wassergefüllten Unterlage sich auf ihren Körper übertrugen. In ein paar Minuten war sie eingeschlafen. Er stellte die Zeituhr so ein, daß die Massage in zwanzig Minuten aufhörte.

Dann brütete er vor sich hin.

Wenn er nicht ein Jahr mit Halrloprillalar verbracht hätte, würde er Harkabeeparolyn mit ihrem Kahlkopf, der platten kleinen Nase und den Messerrücken-Lippen bestimmt nicht attraktiv gefunden haben. Ganz im Gegenteil. Aber er hatte nun einmal ein Jahr mit Halrloprillalar zusammengelebt.

Er hatte dort Haare, wo kein Städtebauer behaart war. Lag es daran? Oder an dem Geruch seiner Mahlzeiten und seines Atems? Oder an einem sozialen Signal, von dem er keine Kenntnis hatte?

Ein Mann, der ein Puppetier-Raumschiff in seine Gewalt gebracht hatte, sein Leben auf die Chance setzte, daß er Billiarden andere Lebewesen retten konnte, der das non plus ultra aller Drogensüchte überwunden hatte, sollte sich doch nicht von so einer Lächerlichkeit aus dem Konzept bringen lassen, daß er auf eine attraktive Zimmergenossin scharf war. Er brauchte sich doch nur ein paar Minuten an den Wonnestrom zu hängen, um zu erkennen, wie lächerlich seine Leidenschaft für dieses Wesen war.

Ja.

Louis ging bis zur Wand, die ihn vom Kommandostand trennte: »Hinterster!«

Der Puppetier trottete aus seiner Kabine ins Blickfeld.

»Ich möchte alle Aufzeichnungen über die Pak-Protektoren haben. Die Interviews und medizinischen Gutachten von Jack Brennan, die Forschungsberichte von der Obduktion des Pak-Leichnams — alles, was du an Unterlagen hast.«

Er würde es mit der Arbeit versuchen.

Louis Wu verharrte im schwebenden Zustand zwischen den Schlafplatten in der Lotusstellung. Sein Gewand bauschte sich schwerelos um seinen Körper. Auf dem Schirm, der bewegungslos vor dem durchsichtigen Rumpf der Heißen Nadel verharrte, hielt ein längst verstorbener Mann eine Vorlesung über die Ursprünge der Menschheit.

»Protektoren verfügen über einen sehr kleinen Spielraum des freien Willens«, erklärte er gerade. »Wir sind zu intelligent, um nicht auf Anhieb die richtigen Lösungen zu erkennen. Außerdem gibt es ja noch Instinkte. Wenn ein Pak-Protektor keine lebenden Nachkommen hat, stirbt er in der Regel. Er hört einfach auf zu essen. Manche Protektoren können sich auf ein Ideal einstellen und finden dann einen Weg, ihrer ganzen Rasse einen Dienst zu leisten. Und das erhält sie am Leben. Ich glaube, das fiel mir leichter als Phssthpok.«