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Louis erwiderte: »Da kann ich nur eine Vermutung aussprechen. Ich würde sagen, wir befinden uns auf dem Grund des Großen Ozeans.«

»Du hast recht«, mischte sich die Altstimme des Hintersten ein. »Ich habe eine recht gute Sicht auf meinem Tiefenradarschirm. Soll ich die Scheinwerfer einstellen?«

»Natürlich.«

Das Wasser war schlammig. Die Heiße Nadel lag so tief unter dem Wasser, wie es nur irgend ging. Fische glotzten neugierig durch die durchsichtige Zellenwand. In der Nähe bewegten sich die Zweige eines Seetang-Waldes.

Der Junge ließ Louis' Arm wieder los und drückte sich die Nase an der Rumpfwand platt. Auch Harkabeeparolyn starrte nach draußen, aber sie flog noch am ganzen Körper. Sie fragte: »Luweewu, kannst du mir erklären, was passiert ist? Gibt es dafür eine logische Ursache?«

»Wir werden versuchen, eine zu finden«, erwiderte Louis. »Hinterster, heb uns wieder aus dem Wasser. Bring uns wieder auf eine Flughöhe von tausend Meilen.«

»Aye, aye.« »Wie lange befanden wir uns im Stasisfeld?«

»Das kann ich dir noch nicht sagen. Alle Uhren an Bord blieben natürlich stehen. Ich werde die Sonde per Funk auffordern, uns Daten zu übermitteln. Aber die Lichtgeschwindigkeit-Verzögerung beträgt jetzt sechzehn Minuten.«

»Wie schnell flogen wir?«

»Fünf Komma einundachtzig Meilen pro Sekunde.«

»Dann beschleunigst du das Raumschiff auf fünf Meilen pro Sekunde und behältst diese Geschwindigkeit bei, während wir feststellen, was passiert ist.«

Die Signale des Landungsbootes erschienen wieder auf den Monitoren, als die Heiße Nadel sich der Wasseroberfläche näherte. Immer noch waberten die Flammen um das Landungsboot. Auch der Deckel des Autodock war noch geschlossen. Inzwischen hätte Chmeee eigentlich geheilt sein können, dachte Louis.

Lichtes Blau umgab sie jetzt. Die Heiße Nadel durchbrach die Wasseroberfläche und stieg über den Ozean ins Sonnenlicht hinauf. Das Deck zitterte leicht, als der Ozean bei einer Beschleunigung von zwanzig g unter ihnen zurückblieb.

Der Blick nach achtern war sehr instruktiv.

Vierzig oder fünfzig Meilen hinter ihnen wälzten sich riesige Brecher auf den flachen Strand zu, der sich unter dem Wasser zu einem Kontinentalblock auswuchs. Eine rillenförmige Linie lief von der Küste zurück ins Meer. Die Heiße Nadel war dort nicht auf das Wasser aufgeschlagen. Der Feuerball war auf das Land gefallen und weitergerollt.

Ein Stück weiter nach achtern ging die Küste in ein Grasland über. Noch ein paar hundert Meilen dahinter begann der Wald. Das alles brannte lichterloh. Tausende von Quadratmeilen standen in Flammen. Der Feuersturm raste von allen Seiten auf einen Mittelpunkt zu wie der Wasserdampf, der im Sog der Windströmung sich über dem Sonnenblumenfeld gesammelt hatte. Heiße Nadels Aufschlag auf dem Meer konnte so einen riesigen Brand unmöglich hervorgerufen haben.

»Jetzt wissen wir Bescheid«, sagte der Hinterste. »Die Meteor-Verteidigungsanlage ist so programmiert, daß sie auch auf bewohntes Land schießen kann. Louis, das versetzt sogar mich in Staunen. Die Kraft, die hier aufgewendet wurde, läßt sich nur mit dem Projekt vergleichen, mit dem wir unsere Planetenflotte in Gang setzten. Doch die Automatik kann diese gewaltigen Kräfte mehrmals mobilisieren.«

»Wir wissen bereits, daß die Pak nur in großen Dimensionen dachten. Aber wie wurde der Feuerball ausgelöst?«

»Laß mich eine Weile rechnen. Ich werde dir dann Bescheid sagen.«

Der Hinterste verschwand hinter der grüngestrichenen Wand.

Das war unbefriedigend. Der Puppetier verfügte über alle Instrumente. Vielleicht steckte er die Köpfe in den Bauchnabel und kümmerte sich nicht mehr um seine Daten. Woher konnte Louis das wissen? Er war und blieb auf die Nerven oder die Mitarbeit des Puppetiers angewiesen.

Harkabeeparolyn zupfte ihn am Ärmel. Er knurrte: »Was ist los?«

»Louis, ich möchte dich nicht mit überflüssigen Fragen belästigen. Aber ich habe Angst, ich verliere noch meinen Verstand. Kräfte stürmen auf mich ein, von denen ich nichts verstehe. Bitte, was ist mit unserem Schiff passiert?«

Louis seufzte. »Dann muß ich weit ausholen. Ich muß dir die Stasisfelder erklären und die Meteor-Verteidigungsanlage der Ringwelt. Außerdem die Pierson-Puppetiers und die General-Products-Raumschiffzellen. Und schließlich auch noch die Pak-Protektoren.«.

»Ich bin bereit, dir zuzuhören.«

Und er redete und erklärte, und sie nickte und stellte Fragen. Er war sich nicht sicher, wieviel sie verstand, und selbstverständlich wußte er selbst bei weitem nicht so viel, wie er sich das gewünscht hätte. Und deshalb legte er besonders Wert darauf, ihr zu versichern, daß Louis Wu ganz genau wußte, wovon er redete. Und als sie davon überzeugt war, wurde sie ruhiger, und das war schließlich seine Absicht gewesen.

Als er geendet hatte, nahm sie ihn bei der Hand und führte ihn zum Wasserbett. Es schien ihr gleichgültig, daß Kawaresksenjajok als Zeuge zugegen war und sie über die Schulter hinweg angrinste — nur einmal —, um sich dann wieder in die Beobachtung des Großen Ozeans zu vertiefen.

Rishathra gab ihnen die Ruhe und das Selbstbewußtsein zurück. Vielleicht nur ein trügerisches Selbstbewußtsein. Immerhin besser als nichts.

Da gab es ja wahrhaftig eine Menge Wasser zu sehen.

Aus einer Höhe von tausend Meilen hatte man eine weite Übersicht, ehe die Atmosphäre sich wie eine Decke über den Horizont legte. Und während sich der Blick in dieser unglaublich großen Wasserwüste verlor, fand er nicht eine einzige Insel als Ruhe. Aus dieser Höhe vermochten sie die Konturen des Meeresbodens zu erkennen. An manchen Stellen war das Wasser ziemlich flach. Doch die wenigen Inseln, die sie bisher entdeckt hatten, waren weit hinter ihnen zurückgeblieben. Vermutlich waren das Untiefen oder Riffe gewesen, ehe der Meteor, der die »Faust Gottes« formte, den Seeboden angehoben hatte.

Und sie sahen Stürme unter sich. Doch sie suchten vergebens nach den Spiralmustern, die für Hurrikans und Taifune typisch waren. Dafür gab es Wolkenformationen, die wie Himmelsflüsse aussahen. Die Wolkengebilde bewegten sich, wenn man sie mit dem nackten Auge betrachtete: Obwohl sie die Wolken aus einer Höhe von tausend Meilen betrachteten, bewegten sie sich noch.

Kzinti, die sich auf ein so unglaublich großes Meer hinauswagten, waren bestimmt keine Feiglinge. Und wer von so einer Reise zurückkam, mußte über große Geistesgegenwart verfügen. Das Muster der Inselgruppe am Steuerbordhorizont — man mußte ein paarmal blinzeln, um sich zu überzeugen, daß diese Inseln tatsächlich existierten — symbolisierte die Weltkarte der Erde. Und diese Inselgruppe sah wie verloren aus in dieser blauen Fläche.

Ejne kühle, gemessene Altstimme unterbrach seinen Gedankengang: »Louis? Ich habe unsere Geschwindigkeit auf vier Meilen pro Sekunde reduziert.«

»Okay.« Vier oder fünf Meilen — was machte das hier für einen Unterschied?

»Louis, wo befindet sich deiner Meinung nach die Meteor-Verteidigungsanlage?«

Da war ein seltsamer Unterton in der Stimme des Puppetiers.» Ich kann mich nicht mehr erinnern.«

»Auf den Sonnenblenden, hattest du behauptet. So ist es auf den Bändern festgehalten. Die Verteidigungsanlage müsse sich auf den Schattenblenden befinden, wenn sie die Außenhaut der Ringwelt nicht gegen Meteore verteidigen kann.«

Keine Obertöne diesmal. Die Stimme klang leidenschaftslos. »Willst du sagen, ich habe mich getäuscht?«

»Hör mir gut zu, Louis. Als wir eine Geschwindigkeit von vier Komma vier Meilen pro Sekunde überschritten, entstand eine Sonnenfackel. Ich habe hier eine Bandaufzeichnung davon. Wir sahen die Fackel nicht, weil die Schutzschicht auf dem Rumpf das Licht ausblendete. Die Sonne hat einen Plasmastrahl ausgestoßen, der ein paar Millionen Meilen lang ist. Es war sehr schwierig, den Plasmastrahl zu beobachten, weil er direkt auf uns zukam. Er verlief nicht in einer Kurve, wie das eigentlich bei Sonnenfackeln der Fall zu sein pflegt, weil er von dem Magnetfeld der Sonne beeinflußt wird.«