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Dem Schwarzen Lorren gefiel das nicht. »Nur Blut kann Blut wegwaschen«, sagte er. »Ritter halten ihren Frieden vielleicht mit anderen Rittern, aber jenen gegenüber, die sie für Gesetzlose halten, sind sie nicht so sehr auf ihre Ehre bedacht. «

Theon reagierte ungehalten. »Ich bin der Prinz von Winterfell und Erbe der Eiseninseln. Jetzt hol das Mädchen und tu, was ich dir aufgetragen habe.«

Der Schwarze Lorren warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Aye, Prinz.«

Auch er hat sich gegen mich gewendet, erkannte Theon. In letzter Zeit erschien es ihm, als lehnten sich selbst die Steine von Winterfell gegen ihn auf. Wenn ich sterbe, dann ohne Freunde und verlassen. Was blieb ihm also übrig, als zu überleben?

Er ritt zum Torhaus, mit seiner Krone auf dem Kopf. Eine Frau holte Wasser aus dem Brunnen, und Gage der Koch stand in der Küchentür. Sie verbargen ihren Hass hinter mürrischen Mienen und leeren Gesichtern, trotzdem konnte er ihn spüren.

Als die Zugbrücke herabgelassen wurde, pfiff ein kühler Wind über den Graben, und Theon fröstelte. Das ist nur die Kälte, mehr nicht, redete er sich ein, ein Schauder, kein Zittern. Sogar tapfere Männer schaudern in der Kälte. In diesen Wind hinein ritt er unter dem Fallgitter hindurch und dann über die Zugbrücke. Die äußeren Tore schwangen auf und ließen ihn passieren. Während er aus der Burg ritt, spürte er, wie ihn die Jungen aus den leeren Höhlen beobachteten, in denen früher ihre Augen gesessen hatten.

Ser Rodrik wartete am Marktplatz auf seinem grauen Hengst. Neben ihm wehte der Schattenwolf der Starks an einem Stab, den der junge Cley Cerwyn trug. Sie waren allein auf dem Platz, wenngleich Theon auf den Dächern der umgebenden Häuser Bogenschützen sah, Speerträger zu seiner Rechten und zu seiner Linken eine Reihe Ritter auf Pferden unter dem Wassermann-und-Dreizack-Banner des Hauses Manderly. Sie alle miteinander wollen meinen Tod. Manche von ihnen waren Jungen, mit denen er getrunken, gewürfelt und sogar gehurt hatte, bloß würde ihn das nicht retten, wenn er ihnen in die Hände fiel.

»Ser Rodrik.« Theon zügelte das Pferd. »Es dauert mich, dass wir uns hier als Feinde gegenüberstehen.«

»Ich bedaure lediglich, dass ich noch eine Weile warten muss, bis ich Euch hängen kann.« Der alte Ritter spuckte auf den matschigen Boden. »Theon der Abtrünnige.«

»Ich bin ein Graufreud von Peik«, erinnerte Theon ihn. »Der Mantel, in den mein Vater mich gehüllt hat, trug einen Kraken, keinen Schattenwolf.«

»Zehn Jahre lang wart Ihr das Mündel der Starks.«

»Ihre Geisel und ihr Gefangener, würde ich es nennen.«

»Dann hätte Lord Eddard Euch besser an die Wand eines Kerkers ketten sollen. Stattdessen zog er Euch zusammen mit seinen eigenen Söhnen auf, jenen lieben Jungen, die Ihr ermordet habt, und zu meiner unauslöschlichen Schande habe ich Euch selbst in der Kriegskunst unterrichtet. Hätte ich Euch das Schwert nur in den Leib gestoßen, statt es Euch in die Hand zu drücken.«

»Ich bin zu einer Unterhandlung gekommen, nicht um Beleidigungen über mich ergehen zu lassen. Sagt, was Ihr zu sagen habt, alter Mann. Was wollt Ihr von mir?«

»Zwei Dinge«, antwortete der alte Mann. »Winterfell und Euer Leben. Befehlt Euren Männern, die Tore zu öffnen und die Waffen niederzulegen. Jene, die keine Kinder ermordet haben, sollen freies Geleit erhalten, aber Ihr werdet gefangen gesetzt, bis König Robb Recht über Euch sprechen wird. Mögen die Götter Euch gnädig sein, wenn er zurückkehrt.«

»Robb wird Winterfell nicht wiedersehen«, versprach Theon ihm. »Er wird am Maidengraben untergehen wie jede andere Armee aus dem Süden in den letzten zehntausend Jahren. Der Norden ist jetzt unser, Ser.«

»Ihr habt drei Burgen«, entgegnete Ser Rodrik, »und diese werde ich mir zurückholen, Abtrünniger.«

Theon ignorierte das. »Hier sind meine Bedingungen. Ihr habt Zeit bis zum Abend, um abzuziehen. Wer Balon Graufreud als seinem König und mir als Prinz von Winterfell die Treue schwört, soll seine Rechte und seine Ländereien behalten und kein Leid erdulden müssen. Wer sich uns entgegenstellt, wird zermalmt.«

Der junge Cerwyn starrte ihn ungläubig an. »Seid Ihr wahnsinnig, Graufreud?«

Ser Rodrik schüttelte den Kopf. »Nur eitel, Junge. Theon hatte schon immer eine hohe Meinung von sich, fürchte ich.« Der alte Mann deutete mit dem Finger auf ihn. »Glaubt nicht, dass ich warten müsste, bis Robb sich seinen Weg die Eng hinauf freigekämpft hat, um sich mit Euch zu befassen. Ich habe fast zweitausend Mann bei mir … und wenn die Geschichten stimmen, habt Ihr keine fünfzig.«

Siebzehn in Wahrheit. Theon zwang sich zu lächeln. »Ich habe etwas Besseres als Männer.« Damit hob er die Faust über den Kopf und gab so das Signal für den Schwarzen Lorren.

Die Mauern von Winterfell waren hinter ihm, doch Ser Rodrik hatte sie genau vor Augen und musste es demnach sehen. Theon beobachtete sein Gesicht. Als das Kinn unter dem steifen weißen Schnurrbart zu zittern begann, wusste Theon, was der alte Mann erblickte. Überrascht ist er nicht, dachte er traurig, aber er hat Angst.

»Das ist feige«, sagte Ser Rodrik. »Ein Kind so zu missbrauchen … abscheulich.«

»Oh, ich weiß«, erwiderte Theon. »Ich weiß es nur zu gut, oder habt Ihr das schon vergessen? Ich war zehn, als ich aus dem Hause meines Vaters entführt wurde, um sicherzustellen, dass er nie wieder rebellieren würde.«

»Das ist nicht das Gleiche!«

Theons Gesicht zeigte keine Regung. »Die Schlinge, die um meinen Hals lag, war nicht aus Hanf geflochten, das stimmt, trotzdem habe ich sie gespürt. Und sie scheuerte, Ser Rodrik. Sie scheuerte mich blutig.« Bis zu diesem Moment war ihm das nicht klar gewesen, doch während die Worte aus ihm heraussprudelten, erkannte er ihre Wahrheit.

»Euch ist nie ein Leid zugefügt worden.«

»Und Eurer Beth wird ebenfalls kein Leid geschehen, wenn Ihr …«

Ser Rodrik ließ ihm keine Chance, den Satz zu beenden. »Vipernbrut«, rief der Ritter mit vor Wut gerötetem Gesicht. »Ich habe Euch Gelegenheit gegeben, Eure Männer zu retten und mit einem Hauch von Ehre zu sterben, Abtrünniger. Ich hätte wissen müssen, dass selbst das von einem Kindermörder zu viel verlangt ist.« Er legte die Hand auf den Griff seines Schwertes. »Ich sollte Euch hier an Ort und Stelle niedermachen und Euren Lügen und Listen ein Ende bereiten. Bei den Göttern, das sollte ich tun.«

Theon fürchtete sich nicht vor einem zitternden alten Mann, die Ritter und Bogenschützen waren allerdings eine andere Sache. Falls die Schwerter gezogen wurden, waren seine Chancen, die Burg lebend zu erreichen, verschwindend gering. »Brecht Euren Eid und ermordet mich, dann werdet Ihr zusehen können, wie Eure kleine Beth in dieser Schlinge stirbt.«

Ser Rodrik umklammerte sein Schwert so fest, dass seine Knöchel weiß wurden, doch schließlich ließ er die Waffe los. »Wahrlich, ich habe schon zu lange gelebt.«

»Dem will ich nicht widersprechen, Ser. Nehmt Ihr meine Bedingungen an?«

»Ich habe Pflichten gegenüber Lady Catelyn und dem Hause Stark.«

»Und Euer eigenes Haus? Beth ist die Letzte von Eurem Blute.«

Der alte Ritter richtete sich auf. »Ich biete mich an Stelle meiner Tochter an. Lasst sie frei und nehmt mich als Geisel. Der Kastellan von Winterfell ist sicherlich mehr wert als ein Kind.«

»Mir nicht.« Eine noble Geste, alter Mann, doch ein so großer Narr bin ich auch nicht. »Und auch nicht für Lord Manderly oder Leobald Tallhart, möchte ich wetten.« Eure armselige alte Haut ist denen nicht mehr wert als die jedes anderen Mannes. »Nein, ich behalte das Mädchen … sie ist in Sicherheit, solange Ihr meinen Befehlen Folge leistet. Ihr Leben liegt in Euren Händen.«

»Bei den guten Göttern, Theon, wie könnt Ihr das tun? Ihr wisst, dass ich angreifen muss, ich habe geschworen …«