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Ein paar Tage nach Bierbauchs Waschung kehrte Ser Rodrik mit seinem Gefangenen nach Winterfell zurück, einem dicklichen jungen Mann mit dicken feuchten Lippen und langem Haar, der schlimmer roch als ein Abtritt. »Stinker heißt er«, erklärte Heukopf, als Bran fragte, wer das sei. »Seinen richtigen Namen kenne ich nicht. Er hat dem Bastard von Bolton gedient und ihm beim Mord an Lady Hornwald geholfen, wird überall erzählt.«

Der Bastard selbst war tot, erfuhr Bran an diesem Abend beim Essen. Ser Rodriks Männer hatten ihn auf dem Land der Hornwalds erwischt, als er gerade etwas Schreckliches anstellte (Bran war sich nicht ganz sicher, was, aber offensichtlich war es etwas gewesen, das man ohne Kleider machte) und ihn mit Pfeilen erschossen, als er davonreiten wollte. Für Lady Hornwald hingegen war jede Hilfe zu spät gekommen. Nach ihrer Heirat hatte der Bastard sie in einen Turm gesperrt und ihr jegliche Nahrung verweigert. Bran hörte Männer berichten, Ser Rodrik hätte sie hinter der Tür ihres Gefängnisses mit blutigem Mund und abgenagten Fingern gefunden.

»Dieses Ungeheuer hat uns ein hübsches Problem hinterlassen«, sagte der alte Ritter zu Maester Luwin. »Ob es uns nun gefällt oder nicht, Lady Hornwald war seine Frau. Er hat sich vor einem Septon und einem Herzbaum das Gelübde von ihr geben lassen und sich in der gleichen Nacht vor Zeugen zu ihr ins Bett gelegt. Sie hat ein Testament unterzeichnet und mit ihrem Siegel versehen, in dem sie ihn zum Erben erklärt.«

»Gelübde unter vorgehaltenem Schwert sind nicht gültig«, wandte der Maester ein.

»Roose Bolton wird da nicht zustimmen. Nicht, wenn es um Land geht.« Ser Rodrik wirkte unglücklich. »Am liebsten würde ich seinem Dienstmann ebenfalls den Kopf abschlagen, er ist nicht besser als sein Herr. Aber ich fürchte, bis Robb aus dem Krieg zurückkehrt, muss ich ihn am Leben lassen. Er ist der einzige Zeuge der schlimmsten Verbrechen dieses Bastards. Vielleicht wird Lord Bolton seinen Anspruch fallen lassen, nachdem er die Geschichte gehört hat. Inzwischen jedoch bringen sich in den Hornwald’schen Wäldern die Ritter von Manderly und die Männer von Grauenstein gegenseitig um, und mir fehlt es an Stärke, sie daran zu hindern.« Der alte Ritter drehte sich um und warf Bran einen ernsten Blick zu. »Und was habt Ihr getrieben, während ich fort war, Mylord Prinz? Habt unseren Wachen befohlen, sich nicht zu waschen? Sollen sie vielleicht riechen wie dieser Stinker?«

»Das Meer kommt zu uns«, erwiderte Bran. »Jojen hat es in einem Grünen Traum gesehen. Bierbauch wird ertrinken.«

Maester Luwin zupfte an seiner Kette. »Der Reetjunge glaubt, er könne in seinen Träumen die Zukunft sehen, Ser Rodrik. Ich habe mit Bran über die Fehlbarkeit solcher Prophezeiungen gesprochen, aber um die Wahrheit zu sagen, an der Steinigen Küste gibt es Schwierigkeiten. Banditen in Langbooten plündern die Fischerdörfer. Sie schänden und brandschatzen. Leobald Tallhart hat seinen Neffen Benfred losgeschickt, um sich mit ihnen zu befassen, allerdings werden sie vermutlich beim ersten Anzeichen einer bewaffneten Streitmacht auf ihre Schiffe fliehen und das Weite suchen.«

»Ja, und anderswo zuschlagen. Die Anderen sollen diese Feiglinge holen. Das würden sie niemals wagen, auch dieser Bastard von Bolton nicht, wenn unsere Hauptstreitmacht nicht viele Meilen weit im Süden läge.« Ser Rodrik blickte Bran an. »Was hat Euch der Junge noch erzählt?«

»Er hat gesagt, Wasser würde unsere Mauern überfluten. Er hat Bierbauch gesehen, ertrunken, und Mikken und Septon Chayle auch.«

Ser Rodrik runzelte die Stirn. »Nun, wenn ich gegen diese Banditen ausziehen muss, sollte ich Bierbauch dann wohl lieber nicht mitnehmen. Er hat doch mich nicht ertrinken sehen, oder? Nein? Gut.«

Es ermutigte Bran, dies zu hören. Vielleicht ertrinken sie ja doch nicht, dachte er, wenn sie vom Meer fortbleiben.

Meera meinte das Gleiche, als sie sich später am Abend in Brans Zimmer trafen, um zu dritt ein Spiel mit Steinen zu spielen, doch ihr Bruder schüttelte den Kopf. »Die Dinge, die ich im Traum gesehen habe, kann man nicht ändern.«

Daraufhin wurde seine Schwester wütend. »Warum schicken uns die Götter eine Warnung, wenn wir uns vor der Gefahr nicht schützen und das, was auf uns zukommt, verändern können?«

»Ich weiß es auch nicht«, antwortete Jojen traurig.

»Wenn du Bierbauch wärest, würdest du vermutlich in den Brunnen springen, damit du es hinter dir hast! Er sollte kämpfen, und Bran ebenso.«

»Ich?« Plötzlich hatte Bran Angst. »Warum sollte ich kämpfen? Werde ich auch ertrinken?«

Meera blickte ihn schuldbewusst an. »Ich hätte das nicht sagen sollen …«

Er ahnte, dass sie etwas vor ihm verbarg. »Hast du mich in einem Grünen Traum gesehen?«, fragte er Jojen nervös. »Bin ich auch ertrunken?«

»Nicht ertrunken.« Jojen sprach, als würde ihn jedes Wort fürchterlich schmerzen. »Ich habe von dem Mann geträumt, der heute angekommen ist, von dem, den ihr Stinker nennt. Du und dein Bruder, ihr habt tot zu seinen Füßen gelegen, und er hat euch mit einem langen roten Messer die Haut vom Gesicht abgezogen.«

Meera stand auf. »Wenn ich in den Kerker gehe, könnte ich ihm das Herz mit einem Speer durchbohren. Wie sollte er dann noch Bran ermorden, wenn er tot wäre?«

»Die Kerkermeister würden dich zurückhalten«, antwortete Jojen. »Die Wachen. Und wenn du ihnen erklärst, weshalb du seinen Tod willst, würden sie dir niemals glauben.«

»Ich habe auch Wachen«, erinnerte Bran ihn. »Bierbauch und Pickeltym und Heukopf und die anderen.«

Jojens moosfarbene Augen waren voller Mitleid. »Sie werden ihn nicht aufhalten können, Bran. Ich habe nicht geträumt, wieso, aber ich habe gesehen, wie die Geschichte ausgeht. Ich habe dich und Rickon in eurer Gruft gesehen, unten in der Dunkelheit, bei den toten Königen und ihren Steinwölfen.«

Nein, dachte Bran. Nein. »Und wenn ich fortlaufe … nach Grauwasser oder zur Krähe, irgendwohin, wo mich niemand findet …«

»Das würde keinen Unterschied machen. Der Traum war grün, Bran, und die Grünen Träume lügen nicht.«

TYRION

Varys stand vor dem Kohlenbecken und wärmte sich die Hände. »Es scheint, als sei Renly auf furchtbare Weise inmitten seiner Armee ermordet worden. Man hat ihm die Kehle von Ohr zu Ohr aufgeschlitzt, die Klinge ist durch Stahl und Knochen gegangen wie durch weichen Käse.«

»Von wessen Hand wurde sie geführt?«, wollte Cersei wissen.

»Habt Ihr jemals darüber nachgedacht, dass zu viele Antworten das Gleiche aussagen wie gar keine? Meine Spione befinden sich leider nicht immer an so hohen Stellen, wie wir es uns wünschen würden. Wenn ein König stirbt, breiten sich Legenden aus wie Pilze im Dunkeln. Ein Stallbursche behauptet, Renly sei von einem Ritter seiner eigenen Regenbogengarde getötet worden. Eine Waschfrau sagt, Stannis habe sich mit seinem magischen Schwert durch die ganze Armee seines Bruders geschlichen. Mehrere Soldaten glauben, eine Frau habe die niederträchtige Tat begangen, aber sie können sich nicht darauf einigen, welche Frau. Eine Jungfrau, die Renly verschmäht habe, wollen manche wissen. Eine Marketenderin, die am Vorabend der Schlacht zu seinem Vergnügen bei ihm war, sagen andere. Wieder andere meinen sogar, es sei Lady Catelyn Stark gewesen.«

Der Königin gefiel das gar nicht. »Müsst Ihr unsere Zeit mit allen möglichen dummen Gerüchten verschwenden?«