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Torian strampelte hilflos mit den Beinen. Er fühlte, wie er irgend etwas traf und dieses Etwas schmerzhaft zusammenzuckte, aber der tödliche Griff um seinen Nacken lockerte sich nicht. Im Gegenteil – sein Gesicht wurde nur noch heftiger in den Schlamm gepreßt, und ein Knie traf ihn mit fürchterlicher Wucht in den Rücken und trieb ihm auch noch den letzten Rest von Luft aus den Lungen.

Torian bäumte sich noch einmal auf, krallte die rechte, freie Hand in den Boden – und hörte auf, sich zu wehren. Sein Gesicht wurde weiter unter Wasser gedrückt, aber das Knie verschwand von seinem Rücken. Er widerstand im letzten Moment der Versuchung, tief durchzuatmen.

Seine Lungen schienen zu platzen. Ein dumpfer, würgender Schmerz machte sich in seiner Kehle breit; feurige Ringe blitzten vor seinen geschlossenen Augen auf, und in seinem Schädel war mit einem Male ein dumpfes, an- und abschwellendes Rauschen. Der Druck auf seinen Brustkorb wurde unerträglich. Aber er rührte sich noch immer nicht, sondern blieb weiter reglos liegen und stellte sich tot.

Schließlich – nach Sekunden, die Torian wie Jahrhunderte vorkamen — löste sich die Hand von seinem Nacken; der Druck verschwand, und auch sein linker Arm kam frei. Trotzdem blieb Torian weiter liegen, obwohl der Druck in seiner Brust die Grenzen des Vorstellbaren überstiegen hatte und sich weiter verstärkte. Hinter seinen Gedanken begann eine tiefe, bodenlose Dunkelheit aufzuklaffen.

Torian zählte in Gedanken bis drei, raffte das letzte bißchen Kraft, das noch in seinem geschundenen Körper war, zusammen, und stieß sich mit einer blitzschnellen Bewegung mit den Armen ab. Sein Mund öffnete sich zu einem keuchenden Atemzug, während seine Beine blind und ungezielt nach hinten traten. Er traf, und er spürte, wie hart er traf. Ein krächzender Schrei erklang, und dicht hinter Torian stürzte ein schwerer Körper zu Boden, im selben Moment, in dem er selbst zum dritten Mal in den Fluß klatschte. Prustend und spuckend arbeitete er sich wieder hoch, fuhr herum und atmete abermals tief ein. Seine Lungen schmerzten, und die Gestalt des Gegners schien sich vor seinen Augen auf unmögliche Weise zu drehen und zu verbiegen, als betrachtete er sie durch einen Zerrspiegel.

Der Mann stemmte sich bereits wieder auf die Füße. Torians Tritt mußte ihn vollkommen unvorbereitet getroffen haben, aber er war kaum kräftig genug gewesen, ihn ernsthaft zu verletzen. Trotzdem wankte er, und sein Gesicht war vor Schmerz und Anstrengung verzerrt. Seine linke Schulter war schwarz von eingetrocknetem Blut, und der Arm hing nutzlos und steif herab. Er trug weder Mantel noch Kettenhemd, und sein dunkles, ehemals schulterlanges Haar war verkohlt und an manchen Stellen bis auf die Kopfhaut abgesengt. Sein Gesicht und sein nackter Oberkörper waren übersät mit Brandwunden.

Torian stemmte sich hoch, wich schweratmend vor seinem zwei Köpfe größeren Gegner zurück und sah sich verzweifelt nach einer Waffe um. Der andere war verletzt, aber der Zorn gab ihm zusätzliche Kräfte, und Torian fühlte, wie seine eigenen mit jeder Sekunde weiter schwanden. Einen Kampf, der länger als ein paar Augenblicke dauerte, würde er nicht mehr durchstehen.

»Bleib... stehen, du Hund«, keuchte der andere. »Stell dich... zum Kampf.«

Torian lachte schrill, wich rasch zwei, drei Schritte zurück und bückte sich nach einem Schwert. Aber sie standen auf einem Schlachtfeld, und der Boden war übersät mit Waffen. Als er sich aufrichtete, war auch die Hand des anderen nicht mehr leer.

Torian verfluchte zum x-ten Male in dieser Nacht sein Schicksal. Er schien das Pech gepachtet zu haben, seit er vor vier Monaten durch Unterzeichnung des Söldnervertrages in den Dienst von Scrooth getreten war. Er hatte die erstbeste Waffe, die er sah, an sich gerissen – ein schlankes, nur einseitig geschliffenes Rapier, gut für einen ritterlichen Kampf nach feststehenden Regeln, aber kaum geeignet, einen tobenden Riesen wie den, dem er gegenüberstand, aufzuhalten. Vor allem nicht, wenn der ein fast anderthalb Meter langes Zweihänderschwert schwang...

Der halbnackte Riese kam mit wiegenden Schritten näher. Torian fiel erneut auf, daß seine Schritte unsicher und wankend waren. Sein Atem ging sehr schnell, und die Wunde an seiner linken Schulter schien ihn mehr zu behindern, als er selbst glaubte. Sein Gesicht zuckte vor Schmerz, während er Torian Schritt für Schritt vor sich hertrieb. Unter seinem Schlüsselbein glitzerte etwas Schmales, Silbernes ...

Die Erkenntnis traf Torian wie ein Schlag.

Der Riese war niemand anderer als der Krieger, den er angegriffen hatte, um sich seiner Kleider zu bemächtigen! Er hatte ihn für tot gehalten, aber er lebte, und irgendwie war es ihm gelungen, sich aus dem Lager zu schleppen, bevor das Höllenfeuer dort jedes Leben ausgelöscht hatte.

Der andere schien den betroffenen Ausdruck auf seinen Zügen richtig zu deuten.

»Du irrst dich nicht, du Hund«, knurrte er. Das Schwert in seiner Hand zitterte. Er hielt es nur mit der Rechten, und selbst einem Giganten wie ihm mußte das Gewicht zu schaffen machen.

»Du... hättest dich davon überzeugen sollen, daß ich wirklich tot bin«, fuhr er fort. »Denn jetzt werde ich dich töten.«

Torian machte einen verzweifelten Satz, als der Riese seine Waffe schwang, um seine Ankündigung unverzüglich in die Tat umzusetzen. Das Zweihänderschwert klirrte über den Boden, kam in einer unmöglich erscheinenden Kreisbewegung wieder hoch und hackte nach Torians Beinen. Torian parierte den Hieb mit seinem Rapier. Er spürte, wie die zerbrechliche Waffe in seinen Händen vibrierte, obwohl sich die Klingen kaum berührt hatten. Ein wirklicher Treffer, und die Waffe würde zerbrechen wie Glas.

Auch der andere schien dies erkannt zu haben. Mit einem triumphierenden Brüllen sprang er weiter vor, schwang seine Waffe und schlug wie ein Rasender auf Torian ein. Seine Hiebe waren kaum gezielt, aber voll ungestümer Kraft, und ihr Sinn war einzig und allein, seinen Gegner weiter vor sich herzutreiben und ihn seiner Waffe zu berauben.

Torians Gedanken überschlugen sich. Er spürte instinktiv, daß es sinnlos wäre, zu fliehen – aber seine Kraft war der dieses tobenden Titanen auch nicht gewachsen. Er duckte sich, tauchte unter einem wuchtig geführten Streich hindurch und stach nach dem Bein des Riesen. Das Rapier schlitzte dessen Hose auf und hinterließ eine handlange klaffende Wunde auf seinem Oberschenkel, aber jener schien die Verletzung nicht einmal zu spüren. Und wenn, dann stachelte sie seine Wut höchstens noch mehr an. Torian wich hastig weiter zurück, verlor auf dem morastigen Untergrund den Halt und fiel schwer auf den Rücken. Der andere stieß einen gellenden Schrei aus und warf sich auf ihn.

Torians Klinge blockierte die seine im letzten Moment. Das Rapier zerbrach unter dem wuchtigen Streich des gewaltigen Schwertes, aber die aufwärts gebogenen Zinken des Handschutzes verkanteten sich an der Klinge; die beiden Schwerter entglitten unter der Wucht des mit aller Kraft geführten Hiebes den Händen ihrer Besitzer und verschwanden in der Dunkelheit.

Torian bäumte sich auf, spreizte Zeige- und Mittelfinger und stieß damit nach den Augen seines Gegners. Der aber fegte seine Hand beiseite, ballte die Faust und schlug mit aller Kraft zu. Torian drehte im letzten Moment den Kopf weg, und die gewaltige Faust des Mannes hämmerte dicht neben seiner Schläfe in den Boden.

»Ich bringe dich um«, keuchte der Riese. »Ich zerquetsche dich wie eine Wanze! Ich kann dich in den Boden stampfen wie eine Laus!«

Torian glaubte es ihm. Der andere hockte wie ein Berg aus Fleisch auf seiner Brust und zerquetschte ihm allein mit seinem Gewicht allmählich die Rippen. Torian wehrte sich verzweifelt, aber der Tremoner schien seine Hiebe nicht einmal zu registrieren. Im Gegensatz zu Torian konnte er nur seinen rechten Arm benutzen – aber dieser Nachteil wurde durch seine gewaltige Körperkraft mehr als wettgemacht. Seine Schläge prasselten immer heftiger auf Torian herab, beinahe ungezielt, aber mit mörderischer Wucht.