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»Mein Mann wollte sie nicht umbringen«, fügte seine Frau hinzu. »Er hat versucht, dafür mit Schnitzwerk in St. Swithin zu bezahlen; er zahlt den Kirchenzins großzügig, hilft den Armen und ist nach Glastonbury und nach Walsingham gewallfahrt.« Mit Tränen in den Augen schaute sie Athelstan an. »Was kann er noch tun? Warum soll er sich wegen Mordes an dieser hinterhältigen, schrecklichen Dirne vor Gericht stellen lassen?« Sie lachte. »Eine Märtyrerin! Eine Heilige! Bruder Athelstan, mein Mann hat Unrecht getan, als er die Hure erstickte, und auch, als er mit den Hoffnungen Eurer leichtgläubigen Pfarrgemeinde spielte. Aber als er von Eurer Arbeit im Altarraum erfuhr, geriet er in Panik.« Athelstan wandte sich um und sah Cranston an. »Sir John, ich glaube, daß Master D'Arques und seine Frau die Wahrheit sagen. Was sollen wir tun?« Der Coroner, der das Geständnis aufmerksam angehört hatte, lächelte. »Ich bin Coroner der Stadt London«, verkündete er. »Mein Urteil ist immer richtig und gut. Ihr, Raymond D'Arques, seid schuldig des ungesetzlichen Mordes an der Frau namens Aemelia. Dies ist Eure Strafe: Erstens werdet Ihr vor die Richter des Königlichen Oberhofgerichts treten und den Mord beschwören.« Die scharfen Augen des Coroners richteten sich jetzt auf das bange weiße Gesicht der Mistress D'Arques. »Ihr wart nach der Tat seine Komplizin. Auch Ihr müßt Euch läutern. Wenn die Läuterung geschehen ist, gelobe ich, daß ein Pardon mit königlichem Siegel ergehen wird.«

Der Tischler und seine Frau entspannten sich und lächelten. »Zweitens«, fuhr Cranston fort, »seid Ihr schuldig der Schändung einer Kirche und der ungesetzlichen Bestattung der verstorbenen Aemelia. Ihr werdet für ein ordnungsgemäßes christliches Begräbnis ihrer sterblichen Überreste aufkommen, einschließlich Sarg, Grabgebühr und Gottesdienst.

Und Ihr werdet einem Priester Geld geben, daß er Messen für ihre arme Seele liest. Außerdem habt Ihr sowohl Pater Athelstan als auch der Pfarrgemeinde von St. Erconwald Ungelegenheiten und Unannehmlichkeiten bereitet. Ihr, Raymond D'Arques, seid Tischler. Mein letzter Urteilsspruch ist folgender: Ihr werdet eine Statue schnitzen, einen Yard hoch, aus feinstem Holz. Sie soll St. Erconwald darstellen. Ihr werdet für ihre Aufstellung auf einem Sockel im neuen Chor bezahlen. Bruder Athelstan, bist du einverstanden?« Der Ordensbruder erhob sich. »Gerechtigkeit ist geübt worden«, sagte er leise. Er schaute D'Arques und seine Frau an und sah die Dankbarkeit in ihren Augen. »Fahrt fort in Euren guten Werken«, sagte er. »Liebet einander. Ein letztes noch: Sucht Euch einen guten Priester, jemanden außerhalb von Southwark. Beichtet ihm, was Ihr getan habt und wie Ihr dafür büßt, und er wird Euch die Absolution erteilen.« Er klopfte Sir John auf die Schulter. »Mylord Coroner, unsere Arbeit hier ist getan.«

Sie verließen das Haus und gingen durch die jetzt lärmerfüllten Gassen von Southwark zurück. »Ein gutes Urteil, Sir John.«

»Sie haben genug bezahlt«, antwortete der Coroner und sah sich um. »Bruder, wohin jetzt?«

»Zu Benedicta. Sie wird die Botschaft inzwischen erhalten haben, die ich ihr von Crim habe bringen lassen.« Er zuckte die Achseln. »Das ist das mindeste, was ich tun kann.« Sie fanden Benedicta blaß und mit roten Augen zusammengesunken an ihrem Tisch. Der Brief, den Athelstan gesandt hatte, lag ausgebreitet vor ihr. Tapfer lächelnd begrüßte sie die beiden und zog ihren Morgenmantel fester um die Schultern. Trotz der Tränen war sie schön; ihr dichtes, schwarzes Haar fiel zerzaust und ungekämmt über ihre Schultern herab, denn Crim, gestand sie, hatte sie mit der Nachricht geweckt.

»Es tut mir leid«, entschuldigte Athelstan sich. »Ich wollte dich mit solchen unwillkommenen Nachrichten nicht wecken, aber ich dachte mir, je eher, desto besser.«

»Nein, nein«, sagte Benedicta, »ich bin ja ganz zufrieden.« Sie setzte sich und schlug die Hände vors Gesicht. »Das Warten war das Schlimmste.« Sie deutete auf die Schemel neben sich. »Um Gottes willen, Sir John, Pater, setzt Euch doch. Ihr steht ja da wie zwei Büttel, die mich verhaften wollen. Möchtet Ihr Wein?«

»Nein«, antwortete Athelstan hastig und sah sie aus schmalen Augen an. »Sir John und ich haben heute noch viel zu tun.« Er beugte sich vor und berührte ihre Hand. »Benedicta, es tut mir wirklich leid.«

Die Frau blinzelte und wandte den Blick ab. »Es macht nichts, es macht nichts«, murmelte sie und lächelte Sir John unter Tränen an. »Mylord Coroner, ich danke Euch für Eure Hilfe. Was immer dieser strenge Priester sagt, ich denke, Ihr habt einen Becher vom feinsten Roten verdient.« Cranston ließ sich nicht zweimal bitten, und sein Grinsen wurde breiter, als Benedicta aus der Speisekammer zurückkam; sie brachte einen großen Becher mit zwei Henkeln und einen Zinnteller voll Rindfleischstreifen, bedeckt von einer dicken braunen Tunke und mit kleinen Erbsen zierlich bestreut. Beides stellte sie vor Sir John auf den Tisch und küßte ihn dann leicht auf die Schläfe, wobei sie boshaft zu Athelstan hinüberlächelte. »Bitte sehr, Mylord Coroner.«

Athelstan funkelte sie wütend an. Wenn es so weiterginge, würde Sir John am Ende des Tages nicht mehr zu gebrauchen sein. Benedicta machte tapfere Miene zum traurigen Spiel; sie warf den Kopf zurück und entschwebte nach oben. Athelstan mußte sitzen bleiben und zuschauen, wie Sir John mampfend wie Philomel sein Essen verschlang; Rindfleisch, Tunke und Wein verschwanden zwischen gemurmelten Entzückensrufen wie »köstlich!«, »fabelhafte Frau!« und »großartiges Mädel!«

Als Cranston fertig war und sich rülpsend den Mund mit einem Leintuch betupfte, war Benedicta angekleidet und war mit einem kleinen Holzkasten heruntergekommen, der ihre Toiletten-Utensilien enthielt. Sie wusch und cremte sich das Gesicht, während Athelstan ihr vom Besuch im Hause D'Arques erzählte. Sie hörte aufmerksam zu und nickte beifällig. Athelstan schaute fasziniert zu, wie sie ihre Lippen behutsam rot schminkte, die Wimpern dunkel tuschte und dann nach einem Puderquast aus Schwanendaunen griff und sich das Gesicht leicht damit betupfte. Dann warf sie Athelstan einen schelmischen Blick zu.

»Wenn ihr Männer nur wüßtet, wie eine Frau sich mühen und plagen muß, wenn sie sich für den Tag zurechtmacht.«

»In Eurem Fall, Mylady«, erwiderte Cranston galant, »ist es aber, als wollte man eine Rose bemalen oder eine Lilie vergolden.«

Benedicta beugte sich vor und machte in gespielter Unschuld große Augen. »Sir John«, flüsterte sie, »Ihr seid ein wahrer Höfling und ein Gentleman.«

Cranston plusterte sich auf wie ein Pfau. Er war in seinem Element. Er hatte gut gegessen, schweren Rotwein getrunken und bekam jetzt Komplimente von einer schönen Frau. Er trommelte mit den Fingern auf seinem breiten Wanst. »Wäre ich unverheiratet und zehn Jahre jünger …«

»Dann gäbe es noch viel mehr zu essen und zu trinken«, fiel Athelstan ihm schnippisch ins Wort. Aber zur Antwort erhielt er nur wieder ein boshaftes Lächeln von Benedicta und dem immer überschwenglicher werdenden Sir John. Benedicta betupfte sich die Wangen ein letztes Mal mit dem Puderquast; Athelstan sah, wie der feine Staub aufstieg.

»Ach du lieber Gott!« flüsterte er plötzlich. »Was ist los?«

»Nichts, Sir John. Benedicta, darf ich diesen Puderquast einmal ausborgen?«

Sie reichte ihn herüber, und während sie ihn neckte, untersuchte Athelstan den Quast sorgfältig und drückte ihn zwischen den Fingern, bis seine Kutte von feinem Puder bedeckt war. Cranston beugte sich vor und rümpfte die Nase. »Du mußt dich vorsehen, wenn du jetzt hinausgehst, Bruder. Du duftest wie ein weibisches Knäblein!« Der Bruder entschuldigte sich und reichte Benedicta den Quast zurück; dann stand er auf und klopfte sich sorgfältig die Kutte ab.