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Ich war heilfroh, endlich aus dem Badeanzug zu steigen, den ich nicht leiden konnte, mich abzutrocknen, ein sauberes T-Shirt und Shorts anzuziehen, meine Füße abzuwischen und in Baumwollsocken und meine Turnschuhe zu schlüpfen, die nicht so blank waren wie Leroys.

Als ich zurückkam, stand das Essen, das über die Ränder der Pappteller quoll, auf dem Picknicktisch. An Krebsbuden und in Strandlokalen gab es gewöhnlich Pappteller, Wegwerfgeschirr, um dem Personal Zeit zu sparen. Es sparte auch Geld. Man brauchte nur die Töpfe und Pfannen zu spülen und die Holztische mit einem dicken Kratzer und heißem Wasser zu schrubben. Mutter und Louise zerteilten ihre Krebse. Die vielen Beine, es sah irgendwie widerlich aus. Die kleinen toten Stielaugen waren mir unheimlich, aber vor Leroy ließ ich mir das natürlich nicht anmerken.

Als wir fertig gegessen hatten, kam der Besitzer, ein gutaussehender junger Mann, an unseren Tisch. «Hat's geschmeckt, Herrschaften?» «Köstlich.» Louise lächelte ihn an.

Seine Haare waren gewellt und sonnengebleicht, und sein gebräuntes Gesicht stach von den weißen Zähnen ab.

«Das waren die besten Soft Shell Crabs, die ich je gegessen habe», erklärte Mutter.

Er blieb noch ein bisschen und flirtete mit Mutter -das taten die Männer häufig. Dann ging er.

«Wieso sprechen die Männer immer mit dir?» Leroy faltete sorgsam seine Serviette zusammen. Er war sich nicht bewusst, dass eine solche Frage Louises Gefühle verletzen könnte.

«Oh, ich tu so, als würde mich alles interessieren, was sie sagen. Das ist das ganze Geheimnis bei Männern.» Sie nahm Leroys Teller und Serviette. «Im Grunde ist es das ganze Geheimnis bei allen Menschen. Zuhören.»

«Ich hör nicht auf Nickel. Sie ärgert mich immer.» Er sah ernst von Mutter zu Louise. «Sie hat gesagt, wenn ich meine Hose auszieh, kommt ein großer Vogel angesaust und packt meinen Pimmel.»

«Nickel?» Mutter nahm auch meinen Teller. «Ist doch wahr.»

«Wieso?» Louise machte sich ebenfalls ans Zusammenräumen.

«Weil der Vogel denkt, Leroys Schniepel ist ein saftiger Wurm.»

Louise runzelte die Stirn. «Ich weiß nicht, was in deinem Kopf vorgeht, aber so

was darfst du nicht sagen. Das gehört sich nicht.»

«Ja, Ma'am.»

Leroy freute sich hämisch.

Als Mutter aufstand, hatte sie unsere Teller noch nicht zusammengeknüllt. Ich schnappte mir eine große Schere von dem Krebsgerippe. Verstohlen hielt ich sie Leroy vor die Augen.

«Hat einem toten Mann das Auge rausgerupft.»

Schreiend schlug Leroy meine Hand weg, sodass die Krebsschere hochflog und dann auf den zerstoßenen Muscheln landete. «Gar nicht wahr.» «Hm-m-m, lecker.» «Lass mich in Ruhe.»

Die zwei Schwestern, die es gewohnt waren, dass Kinder zwischen Tränen, Lachen und Wut hin und her schnellten, ließen uns gewähren, zumal die Kabbelei erstarb, sobald sie uns ansahen.

Als Leroy zum Auto lief, hob ich die Schere auf; weder Mutter noch Louise hatten sie fallen gesehen. Ich wischte sie ab, wickelte sie in eine Serviette, die auf einem anderen Tisch gelegen hatte, und steckte sie heimlich in meine Shortstasche. Im Auto setzte Louise sich auf das zusammengefaltete Handtuch, ließ den Motor an, der einen starken Klang hatte. «Juts, lass uns kurz zurückfahren und gucken, ob unsere Burg noch steht.» «Klar. Wenn wir nur um sieben zu Hause sind.»

«Wenn's keinen Unfall gibt, sollten wir das schaffen.» Louise parkte aus und fuhr noch einmal in Richtung Point Lookout.

Die kleinen Schindelhäuser, die meisten ein Stück von der Straße zurückgesetzt, wurden weniger, je näher wir dem Point kamen. Jedes Haus zierten gestrichene Blendläden, Beweise für die Stürme, die von der Bucht hereinbrausten. Die Leute verließen allmählich den Strand, weil die Schatten länger wurden. «Leroy, ich möchte, dass du die Badehose ausziehst, bevor wir nach Hause fahren. Wasch dich und zieh deine Shorts an, ja?» «Ja, Ma'am. Wenn wir von der Burg zurückkommen.»

Die Burg stand noch, kein Wimpel fehlte. «Was sagt man dazu?» Mutter berührte

Louises Hand.

«Das ist unsere schönste.»

«Das sagst du jedes Jahr.» Mutter hakte Louise unter.

«Komisch. Wie viele Sandburgen haben wir wohl gebaut, seit wir Kinder waren? Es vergeht so schnell, Juts, so schnell.» «Ich weiß.»

«Das macht mir Angst.» «Mir auch.»

So standen sie da, als Leroy sich hinkniete, um die Zugbrücke zu betrachten. «Du kannst sie hochziehen und runterlassen, aber sei vorsichtig. Du musst es mit der Hand machen, weil ich keine Winde gebaut habe», sagte Mutter zu ihm. Ich kniete mich neben ihn. Er schob die Fingernägel unter den oberen Teil der Zugbrücke und ließ sie herunter.

In der Burg hatte sich ein kleiner Krebs im Sand eingegraben. Wir hatten es nicht gemerkt, aber er hatte auch nicht auf sich aufmerksam gemacht. Die herabgelassene Zugbrücke störte ihn auf, er huschte seitwärts drüber und krabbelte über Leroys Hand. Er schrie und kippte nach hinten, und der kleine Krebs kippte mit ihm um und flitzte in seine Badeshorts mit den weiten Beinen. «Uu-uu», brüllte Leroy mit Tränen in den Augen.

Ich beachtete ihn nicht und dachte nur, er stellt sich an wie ein großes Baby, weil er nach hinten gekippt ist. Wie kann er sich im Sand wehtun? Er schrie jetzt richtig laut.

Mutter und Louise kamen, um ihn aufzuheben, aber er hielt seine Badehose fest. Mutter kniete sich hin. «Leroy, was ist?» «Uu-uu.»

Louise kniete sich jetzt auch hin und zog an seinem Hosenbund. «Julia, ein Krebs hat sich an ihm festgeklammert.»

Die zwei zogen ihm schnell die Badehose aus. Der Krebs, der vermutlich genauso verstört war wie Leroy, hielt seinen Schniepel in der Schere und machte keine Anstalten loszulassen.

Mutter packte den Krebs von hinten, den Daumen am Bauch, den Zeigefinger auf dem gelblichen Panzer mit dem blauen Rand. «Schwesterherz, sieh zu, ob du die Schere aufstemmen kannst.»

Louise griff nach der Schere, aber der Krebs wedelte drohend mit der großen anderen. «Nickel, reiß einen Wimpel aus der Sandburg. Mach schon!» Ich gehorchte und reichte ihr den Eisstiel mit dem Buntpapier. Sie hielt ihn vor den Krebs hin, der danach schnappte.

«Soll ich es machen, und du hältst den Krebs fest?», fragte Mutter Louise. «Nein, ich glaube, ich kann's.»

Leroy weinte und schluchzte so heftig, dass er nicht mal mehr schreien konnte. Louise legte die Finger an beide Seiten des Krebses. «Verdammt. Nickel, noch einen Wimpel.» Ich holte einen.

Schweiß glänzte auf ihrer Stirn.

«Herzchen, du musst den Eisstiel in dem Moment in die Schere stecken, wenn sie loslässt», befahl Mutter.

Endlich hatte Louise die Schere aufgestemmt, und ehe der Krebs sie kneifen konnte, steckte ich den Eisstiel zwischen die Zangen. Das kleine Tier schnappte nach dem Stiel, just als Mutter es in den Sand warf, wo es seitwärts mit zwei bewimpelten Eisstielen davon-rannte. Es wäre lustig gewesen, wenn Leroy nicht so gelitten hätte.

«Herzchen, Herzchen, nimm die Hände weg.» Sachte versuchte Louise, seine Hände von seinem Penis zu ziehen, nachdem der Krebs entfernt war. «Nein.»

«Leroy, tu, was man dir sagt.» Louises Stimme wurde strenger. «Mit so was ist nicht zu spaßen.»

Er krümmte sich zusammen und nahm die Hände weg.

Mutter sagte: «Gott sei Dank hat sie ihn nicht durchgeschnitten, aber sie hat ihn ganz schön geritzt.»

«Er wird anschwellen, und es wird wehtun. Juts, wir tragen ihn zum Auto, und lass uns sehen, dass wir Eis auftreiben.»

«Ich kann laufen.» Er weinte, und er konnte kaum stehen, als sie ihm aufhalfen. «Gib mir meine Badehose.»

«Ist ja gut. Ist ja gut.» Sie gab ihm die Badehose. Als er mit einem Bein einstieg, fiel er vornüber.

«Ich lauf zur Dusche und mach ein Handtuch nass. Wir können ihn abreiben», erbot ich mich.

«Mach schnell.» Mutter bückte sich, um Leroy erneut aufzuhelfen. «Ich laufe.»