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Lord Rahl hakte einen Daumen hinter seinen breiten Gürtel. »Dafür habe ich durchaus Verständnis, Friedrich. Aber wir befinden uns mitten in der Alten Welt. Sollte Euch hier jemand dabei hören, wie Ihr den Namen ›Lord Rahl‹ aussprecht, geraten wir alle vermutlich in größte Schwierigkeiten, ich wäre Euch deshalb überaus dankbar, wenn Ihr Euch angewöhnen könntet, mich Richard zu nennen.«

»Ihr werde mich bemühen, Lord Rahl.«

Lord Rahl stellte ihm die Frau mit einer Handbewegung vor. »Dies ist die Mutter Konfessor – Kahlan, meine Gemahlin.«

Friedrich ließ sich erneut auf ein Knie sinken und verneigte sein Haupt. »Mutter Konfessor.« Er war etwas unsicher, wie er eine solche Frau zu begrüßen hatte.

»Aber Friedrich«, sagte sie im selben tadelnden Tonfall wie zuvor Lord Rahl, jedoch mit einer Stimme, die, wie er fand, eine Frau von seltenem Charme, von ungewöhnlicher Gewandtheit und Herzlichkeit verriet, »auch dieser Titel dürfte uns hier eher schlechte Dienste leisten.« Friedrich hatte selten eine so liebreizende Stimme gehört, ihre Klarheit nahm ihn völlig gefangen. Er war ihr ein einziges Mal im Palast begegnet, die Stimme paßte perfekt zu dem Bild, das er von ihr in Erinnerung behalten hatte.

Friedrich nickte. »Ja, Ma’am.« Lord Rahl mit »Richard« anzusprechen, das schien gerade noch im Bereich des Möglichen zu liegen, aber er war sich ziemlich sicher, daß er diese Frau nie würde anders nennen können als »Mutter Konfessor«. Das vertrauliche »Kahlan« erschien ihm ein Privileg, das ihm einfach nicht zustand.

Lord Rahl wies auf die Person neben der Mutter Konfessor. »Und das ist unsere gemeinsame Freundin Cara. Laßt Euch von ihr nicht einschüchtern; sie wird es ganz bestimmt versuchen. Sie ist in erster Linie eine Freundin, aber außerdem unsere geschätzte Beschützerin, die stets vor allem eins im Auge hat, unsere persönliche Sicherheit.« Er sah kurz zu ihr hinüber. »Auch wenn sie in letzter Zeit mehr Ärger gemacht hat als sonst etwas.«

»Lord Rahl«, brummte Cara, »wie ich Euch bereits sagte, war es nicht meine Schuld. Ich hatte nichts damit zu tun.«

»Ihr wart es, die es angefaßt hat.«

»Ja, schon ... aber woher hätte ich das denn wissen sollen!«

»Ich bat Euch, die Finger davon zu lassen, aber Ihr mußtet es unbedingt trotzdem anfassen.«

»Einfach die Finger davon lassen konnte ich ja wohl schlecht, oder?«

Friedrich hatte nicht den leisesten Schimmer, wovon bei dein Wortwechsel die Rede war. Doch selbst in der nahezu völligen Dunkelheit konnte er sehen, wie die Mutter Konfessor Cara lächelnd auf die Schulter klopfte.

»Schon gut, Cara«, flüsterte sie begütigend.

»Wir werden uns etwas einfallen lassen, Cara«, fügte Lord Rahl seufzend hinzu. »Noch ist es nicht zu spät.« Dann wurde er plötzlich ernst und wechselte das Thema mit der gleichen Plötzlichkeit, mit der er die Schlagrichtung seines Schwertes veränderte. Er wedelte mit dem Buch. »Die Hunde hatten es hierauf abgesehen.«

Friedrich zog erstaunt die Brauen hoch. »Tatsächlich?«

»Ja. Ihr wart nichts weiter als die Belohnung für einen erfolgreich durchgeführten Auftrag.«

»Woher wißt Ihr das?«

»Herzhunde kamen nie auf die Idee, sich um ein Buch zu balgen. Normalerweise hätten sie sich erst einen Kampf auf Leben und Tod um Euer Herz geliefert, offenbar sind sie aber aus einem anderen Grund hergeschickt worden. Wie auch immer, mir ist noch nie zu Ohren gekommen, daß ein Herzhund sich auf ein Buch gestürzt hätte, wenn er auch ein Herz hatte haben können.«

Friedrich deutete auf das Buch. »Lord – Verzeihung – Richard, es war Nathan, der mich mit diesem Buch losgeschickt hat. Offenbar hielt er es für sehr wichtig. Ich schätze, er hatte Recht.«

Lord Rahl löste seinen Blick von den überall auf der Erde herumliegenden Hunden und drehte sich wieder um. Wäre es nicht so finster gewesen, hätte Friedrich einen mißbilligenden Ausdruck auf seinem Gesicht bemerkt, dessen war er sicher, der unterdrückte Zorn in seiner Stimme war jedenfalls nicht zu überhören. »Nathan hält so manches für sehr wichtig – meistens sind es Prophezeiungen.«

»Aber in diesem Fall war Nathan wirklich sicher.«

»Das ist er immer. Er hat mir früher gelegentlich geholfen, das will ich gar nicht bestreiten.« Lord Rahl schüttelte entschlossen den Kopf. »Aber von Anfang an hatten wir so viel Ärger mit Prophezeiungen, daß ich gar nicht mehr daran denken mag. Herzhunde bedeuten in erster Linie eines: Auf einmal haben wir es mit einer unmittelbaren, tödlichen Gefahr zu tun. Ich weiß, manche Menschen halten die Fähigkeit, Prophezeiungen zu erstellen, für einen Segen, ich dagegen betrachte sie als einen Fluch, um den man am besten einen großen Bogen macht.«

»Ich verstehe«, meinte Friedrich, versonnen lächelnd. »Meine Frau war Hexenmeisterin. Es war ihre Gabe, Prophezeiungen abzugeben. Manchmal nannte sie es auch einen Fluch.« Sein Lächeln geriet ins Wanken. »Ich habe sie manches Mal in die Arme genommen, wenn sie über eine Weissagung betrübt war, die sie gesehen hatte, ohne etwas daran ändern zu können.«

In dem verlegenen Schweigen, das darauf folgte, sah Lord Rahl ihn an. »Dann ist sie also verschieden?«

Friedrich vermochte nur zu nicken.

»Das tut mir leid für Euch, Friedrich«, meinte Lord Rahl in gedämpftem Tonfall.

»Mir auch«, meinte die Mutter Konfessor mit leiser, trauriger, von aufrichtigem Mitgefühl erfüllter Stimme. Sie wandte sich zu ihrem Gemahl und packte ihn beim Oberarm. »Ich weiß, Richard, wir haben keine Zeit, uns mit Nathans Prophezeiungen abzugeben, trotzdem können wir die Bedeutung der Herzhunde wohl kaum einfach außer acht lassen.«

Aus Lord Rahls schwerem Seufzer sprach Verzweiflung. »Ich weiß.«

»Euch mache ich einen Vorschlag, Friedrich«, sagte die Mutter Konfessor dann mit fester Stimme. »Wir waren gerade im Begriff, unser Nachtlager aufzuschlagen. Solange die Herzhunde ihr Unwesen treiben, wäre es besser, Ihr bleibt bei uns, bis wir in ein oder zwei Tagen auf Freunde von uns stoßen und besser geschützt sind. Im Lager könnt Ihr uns dann erzählen, worum es überhaupt geht.«

»Ich werde mir anhören, was Nathan zu sagen hat«, meinte Lord Rahl, »aber mehr kann ich nicht versprechen. Nathan ist ein Zauberer, er wird seine Probleme allein lösen müssen; wir haben selbst schon genug davon. Schlagen wir also erst einmal irgendwo an einer sicheren Stelle unser Lager auf. Ich kann mir das Buch ja zumindest mal ansehen – falls es überhaupt noch lesbar ist. Inzwischen könnt Ihr mir erzählen, warum Nathan es für so wichtig halt, aber verschont mich bitte mit Prophezeiungen.«

»Es geht nicht um Prophezeiungen, Lord Rahl. Tatsächlich besteht das eigentliche Problem eher in einem Mangel an Prophezeiungen.«

Lord Rahl wies auf die überall herumliegenden Kadaver. »Das unmittelbare Problem sind sie. Es wäre besser, wir suchen uns eine von Wasser umgebene Stelle hier unten im Sumpf, wenn wir den morgigen Tag erleben wollen. Wo die hergekommen sind, gibt es mit Sicherheit noch mehr.«

Friedrich ließ den Blick nervös durch die Dunkelheit schweifen. »Und wo sind sie hergekommen?«

»Aus der Unterwelt«, erwiderte Lord Rahl.

Friedrich klappte der Unterkiefer herunter. »Aus der Unterwelt? Aber wie ist das möglich?«

»Dafür gibt es nur eine mögliche Erklärung«, sagte Lord Rahl mit leiser, vom Grauen dieses Wissens erfüllter Stimme. »Herzhunde sind in gewisser Hinsicht die Wächter der Unterwelt – die Hunde des Hüters. Für ihr Hiersein kann es nur einen Grund geben, Der Schleier zwischen Leben und Tod ist zerrissen worden.«

55

Zu viert machten sie sich auf und marschierten den Pfad entlang, während Friedrich über die äußerst beunruhigende Tatsache nachsann, daß der Schleier zwischen der Welt des Lebens und dem Reich des Todes zerrissen worden war. Althea hatte sich in der letzten Phase ihres Lebens vorwiegend mit der Huldigung befaßt, die sie für ihre Weissagungen benutzte, daher war er über diesen Schleier bestens informiert. Sie hatte sich im Laufe der Jahre oft mit ihm darüber unterhalten und ihm vor allem kurz vor ihrem Tod noch einmal ausführlich dargelegt, zu welchen Überzeugungen sie mittlerweile bezüglich der Wechselwirkung zwischen den beiden Welten gelangt war.