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Plötzlich war Latheas Gesicht verzerrt vor lauter Haß, vor Wut und Anstrengung. Sie warf ihre zu Krallen gebogenen Hände nach vorn, in seine Richtung, und schleuderte ihm ihre Kraft mit aller Macht entgegen.

Begleitet von einem heftigen Donnerschlag flammte ein Lichtblitz auf, dessen gleißende Helligkeit alles im Raum einen Lidschlag lang weiß aufleuchten ließ.

Er sah ein gelblich-weißes Licht auflodern, das die Luft zerteilte und auf ihn zugefaßt kam – ein todbringender Lichtblitz, ausgesandt, um zu töten.

Doch Oba spürte nichts.

Hinter seinem Rücken sprengte das Licht ein mannsgroßes Loch in die hölzerne Wand, schleuderte brennende Splitter in die Nacht hinaus; die Flammen erloschen jedoch ohne Ausnahme zischend im Schnee.

Oba faßte sich an die Brust, an die Stelle, auf die die volle Wucht ihrer Kraft gerichtet gewesen war: kein Blut, kein zerfetztes Fleisch. Er war unverletzt.

Dann fiel ihm auf, daß Lathea noch verwunderter darüber zu sein schien als er selbst. Sie hatte den Mund staunend geöffnet und starrte ihn mit großen Augen an.

Und diese Vogelscheuche hatte er sein Leben lang gefürchtet!

Aber Lathea hatte sich schnell wieder erholt, und abermals verzerrte sich ihr Gesicht vor Anstrengung, als sie die Hände nach oben riß. Diesmal bildete sich ein gespenstisch zischendes, bläuliches Licht, woraufhin die Luft nach versengtem Haar roch. Lathea kehrte die Handflächen nach oben, verströmte ihre tödliche Magie, schickte ihm den Tod. Eine Kraft, der vermeintlich kein Mensch zu widerstehen vermochte, schoß kreischend auf ihn zu.

Das blaue Licht verkohlte die Wände hinter ihm, er aber spürte wieder nichts. Oba grinste.

Abermals ließ Lathea die Arme kreisen, doch diesmal murmelte sie einen leisen Sprechgesang dazu aus halb verschluckten Worten, die er nicht verstand – blitzschnell leierte sie eine magische Drohung herunter. Eine Lichtsäule erstrahlte, bewegte sich schlängelnd vor ihm durch die Luft, eine Giftschlange von außergewöhnlicher Macht, zweifellos dazu bestimmt, zu töten.

Oba hob die Hände, um den sich windenden Strang knisternden Todes zu befühlen, den sie erzeugt hatte. Er fuhr mit den Fingern hindurch, spürte aber nichts. Es war, als ob er ein Wesen aus einer anderen Welt betrachtete.

Es war, als wäre er... unbesiegbar.

Begleitet von wütendem Geheul, riß sie abermals die Hände hoch.

Blitzschnell packte Oba sie bei der Kehle.

»Oba!«, kreischte sie. »Nicht, Oba, bitte!«

Das war neu. Nie zuvor hatte er Lathea »bitte« sagen hören.

Mit seiner fleischigen Hand zog er sie quer über den Tisch zu sich herüber. Flaschen und Krüge wurden umgeworfen, polterten zu Boden; manche prallten auf und rollten fort, andere zerbrachen wie rohe Eier.

Oba krallte eine Faust in Latheas strähniges Haar. Sie schlug ihm ihre Krallen ins Gesicht, versuchte verzweifelt von ihren Talenten Gebrauch zu machen; dabei sprach sie Worte, die eine flehentliche Bitte an die Magie selbst, an ihre Gabe, an ihre Macht als Hexenmeisterin sein mußten. Obwohl ihm die Worte selbst nichts sagten, begriff er ihre tödliche Absicht.

Doch Oba hatte sich hingegeben und war unbesiegbar geworden. Er hatte zugesehen, wie sie ihren Zorn entfesselt hatte, jetzt ließ er dem seinen freien Lauf.

Mühelos hob er sie hoch und stieß sie krachend gegen den Schrank; ihr Mund klaffte auf zu einem stummen Schrei.

»Warum wolltet Ihr, daß Mama mich beseitigt?«

Ihre einzige Antwort war eine rasche Folge keuchend vorgebrachter Schreie.

»Warum? Warum?«

Oba riß ihr das Kleid vom Leib; dabei fielen Münzen aus der Tasche, regneten auf den Fußboden.

»Warum?«

Er krallte seine Hand in das weiße Untergewand.

»Warum?«

Sie versuchte das Unterhemd an ihren Körper zu pressen, doch er riß es ihr gnadenlos herunter. Mit ausgezehrten Brüsten, schlaff wie welke Euter, stand die ehemals so mächtige Hexenmeisterin nun nackt vor ihm – und sie war ein Nichts.

Endlich fand sie ihre Stimme wieder und fing aus Leibeskräften an zu schreien. Mit zusammengebissenen Zähnen packte er sie bei den Haaren und stieß sie unbarmherzig gegen den Schrank, so daß das Holz splitterte und eine Flut von Flaschen herauspolterte. Eine herauspurzelnde Flasche schnappte er sich und zerschlug sie am Schrank.

»Warum, Lathea?« Er preßte ihr den abgebrochenen Flaschenhals an den Bauch. »Warum?« Mit einer schraubenden Bewegung bohrte er ihn in ihre weiche Körpermitte, woraufhin ihr Geschrei noch lauter wurde. »Warum?«

»Bitte ... oh, gütiger Schöpfer... bitte nicht.«

»Warum, Lathea?«

»Weil du«, jammerte sie, »der uneheliche Sohn eines Ungeheuers mit Namen Darken Rahl bist.«

Oba zögerte. Das war eine verblüffende Neuigkeit – vorausgesetzt, sie stimmte.

»Mama wurde vergewaltigt, das hat sie mir selbst einmal erzählt. Sie sagte, ich sei von irgendeinem Kerl gezeugt worden, den sie gar nicht kannte.«

»Oh, und ob sie ihn kannte. Als sie noch jünger war, arbeitete sie im Palast. Damals hatte deine Mutter große Brüste und noch viel größere Ideen, ziemlich unausgegorene Ideen. Sie war nicht klug genug, um zu erkennen, daß sie nichts weiter war als die Zerstreuung eines Mannes für eine einzige Nacht, eines Mannes, der über einen unerschöpflichen Vorrat an Frauen verfügte – solche, die willig waren, wie sie, und solche, die es nicht waren.«

Das war ganz entschieden etwas Neues. Darken Rahl galt damals als der mächtigste Mann der Welt. War es möglich, daß das edle Blut der Rahls in seinen Adern floß? Was das bedeutete, war so Schwindel erregend, daß sich ihm der Kopf drehte.

Vorausgesetzt, die Hexenmeisterin sagte die Wahrheit.

»Meine Mutter wäre dort geblieben, im Palast des Volkes, wenn sie Darken Rahls Sohn zur Welt gebracht hatte.«

»Du bist nicht ein mit der Gabe gesegneter Nachkomme.«

»Aber trotzdem, wenn ich sein Sohn wäre ...«

Trotz ihrer Schmerzen gelang es ihr, ihn auf diese gewisse Weise anzulächeln, die ihm zu verstehen gab, daß er in ihren Augen nichts als Dreck war. »Du bist nicht mit der Gabe gesegnet, deinesgleichen war für ihn stets nur Ungeziefer. Er hat alle, die er fand, unerbittlich ausgemerzt. Auch dich und deine Mutter hätte er zu Tode gefoltert, wenn er von deiner Existenz gewußt hätte. Nachdem sie das erfahren hatte, ist deine Mutter geflohen.«

Oba wurde geradezu überschwemmt mit Neuigkeiten; sie begannen bereits, sich in seinem Kopf zu einem wirren Durcheinander zu vermischen.

Er zog die Hexenmeisterin ganz nah zu sich heran. »Darken Rahl war ein mächtiger Zauberer. Wenn es stimmt, was Ihr sagt, dann hatte er uns nachgestellt.« Abermals stieß er sie heftig gegen den Schrank, rüttelte sie dann, um eine Antwort aus ihr herauszubringen. »Ganz bestimmt!«

»Hat er auch, nur konnte er die Lücken in der Welt gar nicht sehen.«

Sie verdrehte die Augen, denn ihr zerbrechlicher Körper war Obas Kräften nicht gewachsen; Blut sickerte aus ihrem rechten Ohr.

»Was?« Oba kam zu dem Schluß, daß Lathea mittlerweile offenbar wirres Zeug daherredete.

»Nur Althea kann ...«

Ihr Kopf kippte zur Seite. »Ich hätte ... uns alle retten sollen ... als ich noch die Gelegenheit dazu hatte. Althea hat sich getäuscht...«

Er rüttelte sie erneut, versuchte sie so zum Weitersprechen zu bewegen, doch aus ihrer Nase schäumte in roten Bläschen Blut. Obwohl er sie anbrüllte, sie aufforderte weiterzureden, sie schüttelte, brachte sie kein Wort mehr heraus. Voller Wut starrte er in ihre leeren Augen.

Oba mußte an all das brennende Pulver denken, das er hatte trinken müssen, an die Tränke, die sie ihm zusammengemischt hatte, an die Tage, die er im Verschlag zugebracht hatte; er mußte an die zahllosen Male denken, die er sich die Eingeweide aus dem Leib gekotzt und das Brennen immer noch nicht nachgelassen hatte.

Knurrend hob Oba die hagere Frau hoch, schleuderte sie mit einem wütenden Aufschrei gegen die Wand, schleuderte sie auf den schweren, aufgebockten Tisch, zerbrach diesen – und sie gleich mit. Mit jedem Aufprall wurde ihr Körper schlaffer, floß mehr Blut. Ihre Schreie waren Öl auf die Flammen seiner Rache, und er weidete sich an ihrer hilflosen Qual. Dabei hatte Oba gerade erst angefangen, sich an ihr auszutoben.