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Wolfgang Hohlbeins neuestes Projekt: Fantasy goes Horror!

Eigentlich soll die schöne, magiebegabte Vivian ihren Mann nur auf eine harmlose Geschäftsreise nach New York begleiten, dann aber gerät sie in eine dämonische Verschwörung. Der undurchsichtige Bürgermeister Conelly versucht, Vivian in seine Gewalt zu bringen, um mit Hilfe ihrer übersinnlichen Fähigkeiten die ganze Stadt zu kontrollieren. Doch der wahre Herr ist Ulthar, der Meister der Spiegelschatten. Er allein weiß, daß sich hinter Vivians Fähigkeiten ein Geheimnis verbirgt - das ihm den Sieg über die Stadt bringen oder ihn vernichten kann!

Als einfallsreicher Fantasy-Autor hat WOLFGANG HOHL-BEIN die Anerkennung eines großen Lesepublikums gewonnen. Die Schatten des Bösen bietet einen ganz neuen Aspekt seines Schreibens: Fantasy-Motive in Verbindung mit den Elementen eines Horror-Romans.

Non-profit ebook by tigger

August 2003

Kein Verkauf!

BASTEI-LÜBBE-TASCHENBUCH

Fantasy

Band 20172

Erste Auflage: Januar 1992

© Copyright 1992 by

Bastei-Verlag Gustav H. Lübbe GmbH & Co., Bergisch Gladbach

All rights reserved

Lektorat: Reinhard Rohn

Titelillustration: Mark Harrison

Umschlaggestaltung: Quadro Grafik, Bensberg

Satz: Fotosatz Schell, Bad Iburg

Druck und Verarbeitung: Brodard & Taupin, La Fleche, Frankreich

Printed in France

ISBN 3-404-20172-8

~ ~ ~

Es war immer der gleiche Alptraum, und obwohl sich Vivian vollkommen bewußt war, daß sie träumte, den gleichen, absurden Traum wie in der vergangenen Nacht und der davor und der davor, konnte sie sich der Angst und dem Schrecken, die dieser Traum mit sich brachte, nicht entziehen. Das Bewußtsein, nichts von alledem wirklich zu erleben, machte es eher noch schlimmer:

Es war ein Fehler gewesen, das Mädchen zu töten, zumindest das wußte sie nun. Aber die Erkenntnis kam zu spät. Das Mädchen war für ihr Vorhaben wie geschaffen gewesen, das perfekte Opfer, zumal ihr nicht mehr viel Zeit blieb. Wie eine Anfängerin hatte sie den ihr hingeworfenen Köder geschluckt, doch ihre Verfolger hatten sie aufgespürt, noch bevor sie die Beschwörung beenden konnte.

Immer härtere Schläge brachten das Holz der Tür zum Erbeben. Es war nur noch eine Frage von Sekunden, bis es dem Ansturm der fanatischen Meute nachgeben würde.

Gehetzt schaute sie sich in dem kleinen Apartment des Mädchens um. Es gab keinen weiteren Ausgang, die perfekte Falle. Die einzigen Türen, die von dem Wohnraum abzweigten, führten ins Bad, ins Schlafzimmer und auf einen winzigen Balkon hinaus, aber um von dort zu fliehen, müßte sie schon fliegen können.

Krachend brach die Tür aus den Angeln. Fünf junge Männer kamen hereingestürmt, halbe Kinder noch, aber dennoch fanatisch genug, sich auf einem Kreuzzug zu wähnen, der die Welt vom Bösen befreien sollte. Drei von ihnen trugen Fackeln in den Händen, der vierte einen alten Revolver, der noch aus der Zeit des Bürgerkriegs zu stammen schien, und der fünfte hielt mit beiden Händen ein armlanges Kreuz umklammert, das er ihr entgegenstreckte.

Sie wich zurück. Das Kreuz schreckte sie nicht, es war nicht mehr als ein albernes, nutzloses Symbol, dessen Magie sich darauf beschränkte, dem Narren, der es trug, ein trügerisches Gefühl von Sicherheit und Macht vorzugaukeln. Anders jedoch sah es mit den Fackeln aus, und angesichts des schlechten Zustandes, in dem sie sich befand, mochte ihr sogar der Revolver gefährlich werden.

»Das ist dein Ende, Hexe!« zischte einer der Männer. Seine Stimme bebte vor Haß.

Sie wich ein paar Schritte zurück und bemühte sich, alle Kräfte zu sammeln, die sie noch aufbringen konnte. Sie spürte, daß es zuwenig war, um die Männer ausreichend beeinflussen zu können, dafür war ihr Körper schon zu alt und ausgezehrt, und auch die begonnene Beschwörung hatte sie bereits viel Kraft gekostet. Dennoch versuchte sie es, griff mit aller ihr noch verbliebenen geistigen Macht nach dem Willen der Männer.

Es war, als schlüge sie mit bloßen Fäusten gegen eine Felswand. Ihre schwache Magie verpuffte wirkungslos.

Und im gleichen Moment begannen die Gestalten der Männer vor ihren Augen zu zerfließen, wurden zu milchigen, wabernden Schemen, um dann ihr wahres Aussehen anzunehmen. Sie schrie auf, als sie erkannte, mit wem sie es wirklich zu tun hatte. Ihre Gegner waren nicht die närrischen Hexenjäger, für die sie sie gehalten hatte. Sie waren nicht einmal Menschen.

Vor ihr standen fünf gedrungene, echsenhafte Alptraumkreaturen mit messerscharfen Klauen und einer geschuppten Panzerhaut aus grünlich schimmerndem Horn. Ihre krokodilartigen Schädel verzogen sich höhnisch zu einer schreckenerregenden Karikatur eines Lächelns und gaben dabei dolchartige Reißzähne frei. Langsam, fast gemächlich traten die Gestalten näher.

Sie wich weiter zurück, bis sie die Wand im Rücken spürte und taumelte dann von panischer Angst erfüllt durch die Balkontür ins Freie. Der Balkon war ein von einer niedrigen Brüstung umgebenes Rechteck, unter dem ein zwanzig Stockwerke tiefer Abgrund gähnte.

Eines der Ungeheuer folgte ihr auf den Balkon, drängte sie bis in die äußerte Ecke zurück und musterte sie einige Momente lang ausdruckslos mit seinen kalten Reptilienaugen. Wieder begann sie zu schreien. Sie schrie immer noch, als die Klauen der Kreatur blitzartig vorschossen und ihr einen Stoß versetzten, der sie über die Brüstung schleuderte und haltlos ins Nichts stürzen ließ. Die Welt verwandelte sich in ein irres Kaleidoskop durcheinanderhuschender Farben und Formen. Himmel und Erde führten einen rasenden Tanz um sie herum auf, und der Wind schlug mit eisigen Krallen nach ihr, während sie in immer rasenderer Geschwindigkeit fiel, tiefer und tiefer, bis ...

1

Mit einem erstickten Schrei fuhr Vivian hoch, riß die Augen auf und schlug einen Augenblick blindlings um sich, bis sie begriff, daß sie nicht länger fiel, sondern aufrecht in ihrem Bett saß und wie all die unzähligen Male zuvor aus ihrem Alptraum aufgeschreckt war. Einige Sekunden starrte sie in die Dunkelheit, die nur von schwachem Mondlicht durchbrochen wurde, das durch Ritzen in der Jalousie hereinfiel, und wartete darauf, daß sich ihr keuchender Atem und der wild rasende Puls wieder beruhigten.

Dann wurde das Nachttischlämpchen auf der anderen Seite des Bettes angeknipst. Mark blinzelte und schaute besorgt zu ihr hinüber. »Was ist los, Darling?« erkundigte er sich. »Wieder der gleiche Alptraum?«

Vivian nickte. »Ja«, preßte sie hervor. Sie zitterte am ganzen Körper, und das Nachthemd klebte ihr feucht vom Schweiß am Körper. Das schlimmste an dem Traum war das Gefühl des Fallens, das sie auch nach dem Aufwachen immer noch hartnäckig verfolgte, da sie an einer geradezu panischen Höhenangst litt. »Aber diesmal ...«

Mark legte die Arme um sie und zog sie an sich. Sie brauchte ihm den Inhalt des Traumes nicht zu erzählen, das hatte sie schon mehr als ein dutzendmal getan.

»Beruhige dich erst einmal«, sagte er mit sanfter Stimme. »Jetzt kann dir ja nichts mehr passieren. Du brauchst nicht darüber zu sprechen, wenn du nicht willst.«

Vivian schmiegte sich an ihn und schloß die Augen. Der Traum verfolgte sie bereits seit ihrer Pubertät. Sie würde niemals vergessen, wann er sie zum ersten Mal gequält hatte - es war in der Nacht nach ihrer ersten Periode gewesen, dem Zeitpunkt, in dem sie erstmals auch die seltsamen Fähigkeiten in sich gespürt hatte, als wäre durch die Umstellung ihres Körpers vom Mädchen zur Frau auch in ihrem Geist etwas freigelegt worden, das bis zu diesem Moment tief in ihrem Inneren verborgen geschlummert hatte. Seither kehrte der Traum immer wieder, manchmal nur im Abstand von wenigen Tagen, manchmal aber auch mehreren Wochen, und einmal hatte es sogar fast drei Monate gedauert, so daß sie bereits gehofft hatte, ihn endgültig abgeschüttelt zu haben. Seit fast einer Woche jedoch quälte er sie nun schon jede Nacht.