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«Livesey, «sagte der Squire,»Sie werden diese erbärmliche Praxis sofort aufgeben. Morgen fahre ich nach Bristol. In Zeit von drei Wochen — ach was, drei Wochen! in zwei Wochen, in zehn Tagen! — haben wir das beste Schiff, Doktor, und die beste Mannschaft in ganz England. Hawkins kommt als Kajütsjunge mit. Du wirst einen famosen Kajütsjungen abgeben, Hawkins. Sie, Livesey, sind Schiffsdoktor, ich bin Admiral. Wir nehmen Redruth, Joyce und Hunter mit. Wir werden günstige Winde haben, eine schnelle Überfahrt und nicht die geringste Schwierigkeit, die Stelle zu finden. Und dann gibt's Geld — scheffelweise, genug, um sich darauf zu wälzen, und Guineen zum Fenster hinauszuwerfen, wenn Sie Lust haben.«

«Trelawney, «sagte der Doktor,»ich will mit Ihnen gehen; Jim kommt auch mit, dafür stehe ich ein, und er wird bei der Unternehmung von Nutzen sein. Nur vor einem einzigen Mann habe ich Angst.«

«Und wer ist das?«rief der Squire.»Wie heißt der Hund, Doktor?«

«Sie sind es, «antwortete der Doktor;»denn Sie können Ihren Mund nicht halten. Wir sind nicht die einzigen, die etwas von diesem Papier wissen. Diese Kerle, die heute abend den Angriff auf den ›Admiral Benbow‹ machten, waren ganz gewiß mutige, verzweifelte Burschen, und die übrigen, die auf dem Ewer an Bord waren und ganz sicher noch andere, die nicht weit sind, die werden alle miteinander durch dick und dünn gehen, um das Geld zu kriegen! Deshalb darf keiner von uns allein sein, bis wir in See stechen. Jim und ich werden in der Zwischenzeit beisammen bleiben; Sie nehmen Joyce und Hunter mit, wenn Sie nach Bristol fahren, und vom ersten bis zum letzten Augenblick darf keiner von uns ein Wort von unserem Fund verlauten lassen.«

«Livesey, «antwortete der Squire,»Sie treffen immer den Nagel auf den Kopf. Ich werde stumm sein wie das Grab!«

II

Der Schiffskoch

Siebentes Kapitel

Ich gehe nach Bristol

Bis wir segelfertig waren, dauerte es länger, als der Squire sich's vorgestellt hatte, und keiner von unseren Plänen konnte so ausgeführt werden, wie wir es uns ursprünglich gedacht hatten — nicht einmal des Doktors Absicht, mich bei sich zu behalten, bis wir nach Bristol gehen konnten. Dr. Livesey mußte nach London reisen, um einen Arzt zu finden, der seine Praxis übernehme; der Squire war in Bristol eifrig an der Arbeit; und ich hielt mich im Schloß unter der Obhut des alten Försters Redruth auf; ich war beinahe ein Gefangener, aber voll von Träumen von der Seefahrt und von allerlei entzückenden Vorstellungen von Wunderinseln und Abenteuern.

Stundenlang beschäftigte ich mich in Gedanken mit der Karte der Insel, deren ich mich in allen Einzelheiten erinnerte. Wenn ich im Zimmer des alten Redruth am Kaminfeuer saß, näherte ich mich in meinem Gedanken der Insel aus allen möglichen Himmelsrichtungen. Ich durchforschte ihre ganze Oberfläche; tausendmal stieg ich auf den hohen Berg hinauf, der das Fernrohr genannt wurde, und hatte von dessen Gipfel die wunderbarste und abwechselungsreichste Aussicht. Zuweilen wimmelte die Insel von Wilden, mit denen wir kämpften, zuweilen von gefährlichen Raubtieren, die uns verfolgten; aber in allen meinen Träumen begegnete mir nichts so Seltsames und Tragisches wie später in der abenteuerlichen Wirklichkeit.

So vergingen die Wochen, bis eines schönen Tages ein Brief an Dr. Livesey ankam, dessen Aufschrift den Zusatz trug:»Im Falle seiner Abwesenheit von Tom Redruth oder dem jungen Hawkins zu öffnen. «Diesem Befehl folgend, fanden wir — oder vielmehr fand ich, denn der Förster konnte geschriebene Schrift nicht gut lesen, sondern nur Gedrucktes — folgende wichtige Nachrichten:

«Gasthof zum Anker, Bristol, 1. März 17..

«Lieber Livesey — Da ich nicht weiß, ob Sie auf dem Schloß oder noch in London sind, schicke ich diesen Brief in doppelter Ausfertigung nach beiden Orten.

«Das Schiff ist gekauft und ausgerüstet. Es liegt seefertig vor Anker. Einen famoseren Schoner können Sie sich gar nicht vorstellen; ein Kind könnte ihn steuern. Zweihundert Tonnen; Name: Hispaniola.

«Ich bekam ihn durch meinen alten Freund Blandly, der mir die ganze Zeit in liebenswürdigster Weise zur Hand gegangen ist. Der wundervolle alte Bursche hat für meine Zwecke tatsächlich wie ein Sklave geschuftet, und ich kann wohl sagen, dasselbe taten alle und jeder in Bristol, sobald sie Wind davon kriegten, nach welchem Hafen wir segelten — nämlich auf die Schatzsuche.«

«Redruth, «sagte ich, indem ich meine Vorlesung unterbrach:»Das wird Herrn Dr. Livesey nicht gefallen! Der Squire hat also doch geplaudert.«

«Na, und wer hätte denn dazu ein besseres Recht als er, «brummte der Förster.»Das wäre ja ein schöner Quatsch, wenn mein Squire nicht reden dürfte, weil es dem Dr. Livesey nicht paßt!«

Infolge dieser Bemerkung unterließ ich jeden weiteren Kommentar und las den Brief ohne Unterbrechung bis zum Ende:

«Blandly selber fand die Hispaniola und bekam sie durch seine außerordentliche Geschicklichkeit für ein Ei und Butterbrot. Gewisse Leute in Bristol haben merkwürdige Vorurteile gegen Blandly. Sie reden überall davon, dieser ehrliche Mensch wäre für Geld zu allem fähig, die Hispaniola hätte ihm selber gehört, und er hätte sie mir zu einem lächerlich hohen Preis verkauft. Das sind ganz offenbare Verleumdungen. Die Güte des Schiffes wagt übrigens keiner von ihnen zu bestreiten.

«So weit ging also alles gut. Die Arbeitsleute — Zimmerleute und so weiter, die das Schiff ausrüsten sollten — waren allerdings zum Verzweifeln saumselig; aber mit der Zeit wurde das besser. Meine große Sorge war die Mannschaft.

«Ich wollte zwanzig Mann haben — nämlich für den Fall, daß wir mit Eingeborenen, Piraten oder den ekligen Franzosen zu tun kriegen — und ich hatte eine Teufelsarbeit, auch bloß ein halbes Dutzend aufzutreiben, bis ein außerordentlicher Glückszufall mir gerade den Mann zuführte, den ich brauchte.

«Ich stand am Dock und kam durch reinen Zufall mit ihm ins Gespräch. Ich bekam von ihm heraus, daß er ein alter Seemann wäre. Jetzt hätte er eine Gastwirtschaft, kennte alle Seeleute in ganz Bristol, hätte in der Landluft seine Gesundheit verloren und suchte eine gute Stelle als Schiffskoch, um wieder auf See zu kommen. Er wäre an dem Morgen, so sagte er, nach dem Dock hinuntergehumpelt, um mal wieder Salzwassergeruch in die Nase zu kriegen.

«Seine Erzählung rührte mich ganz außerordentlich — es wäre Ihnen ebenso gegangen —, und rein aus Mitleid nahm ich ihn auf der Stelle als Schiffskoch an. Long John Silver wird er genannt und hat ein Bein verloren; aber das war in meinen Augen nur eine Empfehlung für ihn, denn er verlor es im Dienste seines Landes, unter dem unsterblichen Hawke. Er hat keine Pension, Livesey! In was für einer abscheulichen Zeit leben wir doch!

«Nun, lieber Doktor, ich dachte, ich hätte nur einen Koch gefunden; aber in Wirklichkeit hatte ich eine ganze Schiffsmannschaft entdeckt. Silver und ich bekamen in ein paar Tagen eine Mannschaft von den wundervollsten alten Teerjacken zusammen, die man sich nur denken kann — nicht gerade schön anzusehen, aber Kerle mit Gesichtern, daß man auf den ersten Blick merkt, sie nehmen es mit dem Teufel auf. Ich versichere Ihnen, wir könnten uns mit einer Fregatte in ein Gefecht einlassen.

«Long John schaffte mir sogar noch zwei von den sechs oder sieben, die ich schon angenommen hatte, wieder vom Halse. Er machte mir sofort klar, daß sie gerade solche Süßwassermatrosen wären, wie wir sie bei einer so bedeutenden Unternehmung nicht gut brauchen könnten.

«Ich erfreue mich der prächtigsten Gesundheit und der besten Laune, esse wie ein Scheunendrescher, schlafe wie ein Stück Holz; trotzdem habe ich keine wahre Freude, bis ich meine alten Teerjacken auf Deck herumtrampeln höre! Auf in See! Hol' der Teufel den Schatz! Die Herrlichkeit der See hat mir ganz den Kopf verdreht. Also, Livesey, kommen Sie mit Extrapost! Verlieren Sie keine Stunde, wenn Sie mich liebhaben.