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»Ach ja?« fragte Elemak.

»Nur deshalb hat die Überseele uns aus Basilika gebracht«, sagte Nafai.

»Vielleicht bekommt die Überseele aber gar nicht ihren Willen«, sagte Elemak. »Sie ist schließlich nur ein Computer — das hast du doch selbst gesagt.«

Nafai hätte fast erneut etwas erwidert, irgendeinen scharfen Kommentar, der darauf hinauslief, daß Elemak ›nur‹ ein haarloser Pavian war, wenn die Überseele ›nur‹ ein Computer war. Vor einem halben Jahr hätte Nafai es gesagt, und Elemak hätte ihn wieder gegen eine Wand geworfen oder niedergeschlagen. Doch Nafai hatte seitdem ein wenig gelernt, und nun hielt er seine Zunge im Zaum. Grußlos schritt er von dannen.

Luet wartete im Zelt auf ihn. Sie hatte wahrscheinlich etwas geschlafen — seitdem sie die Reise angetreten hatte, hatte sie hart gearbeitet, und im Gegensatz zu den Faulen würde sie morgen schon früh wieder auf den Beinen sein. Aber sie grüßte ihn wortlos mit geöffneten Augen und einem Lächeln, das ihn trotz des Frostes wärmte, den Elemak in sein Herz gebracht hatte.

Nafai zog sich schnell aus und begab sich zu ihr unter die Decken. »Du bist warm«, sagte er.

»Ich glaube, der genaue Ausdruck lautet heiß«, antwortete sie.

»Elemak hat vor, mich zu töten«, flüsterte er.

»Ich wünschte, die Überseele würde ihn einfach aufhalten«, flüsterte sie.

»Das kann sie wahrscheinlich nicht. Elemaks Wille ist zu stark, als daß die Überseele ihn bewegen könnte, es sich anders zu überlegen, wenn er sich erst etwas in den Kopf gesetzt hat.« Er sagte ihr nicht, daß die Überseele angedeutet hatte, er müsse seinen Bruder irgendwann vielleicht töten. Da Nafai nicht die Absicht hatte, je wieder einen Menschen zu töten, bestand keine Veranlassung, Luet darauf hinzuweisen. Er hätte sich sowieso geschämt, so etwas zu sagen, weil sie vielleicht glaubte, er könne es tatsächlich in Betracht ziehen.

»Huschidh glaubt zu spüren, daß Elemak sich enger mit denen zusammenschließt, die umkehren wollen — Kokor und Sevet, Vas und Obring, Meb und Dol. Sie bilden jetzt eine Art Gemeinschaft und sondern sich fast völlig von den anderen ab.«

»Schedemei?«

»Sie will zurückkehren, aber es gibt keine Verbindung zwischen ihr und den anderen.«

»Also wollen nur du und ich und Huschidh und Mutter in die Wüste ziehen.«

»Und Eiadh. Sie will überall dorthin, wohin du gehst.«

Beide lachten, doch Nafai war klar, Luet brauchte die Beruhigung, daß Eiadhs Begehren nicht erwidert wurde. Also beruhigte er sie gründlich, und dann schliefen sie.

Als am Morgen die Kamele bepackt waren, rief Elemak sie zusammen. »Zwei Dinge«, sagte er. »Den ersten Punkt haben Rasa und Schedemei vorgeschlagen, und ich stimme völlig mit ihnen überein. Solange wir in der Wüste leben, können wir uns die sexuellen Freiheiten, die wir in Basilika hatten, nicht leisten. Sie würden nur Groll und Untreue hervorrufen, und das ist für eine Karawane das Todesurteil. Solange wir also in der Wüste sind — und das schließt Vaters Lager ein sowie jedes andere, das wir danach aufschlagen und in dem die Bevölkerung nur aus uns und den dreien besteht, die auf uns warten —, gilt dieses Gesetz: Ein jeder schläft nur mit seinem Ehemann oder seiner Ehefrau, und alle Ehen, die derzeit bestehen, gelten auf Dauer.«

Mehrere Anwesende keuchten erschrocken auf; Luet sah sich um und stellte fest, daß genau diejenigen, von denen sie es erwartet hatte — Kokor und Obring und Mebbekew —, sich am meisten aufregten.

»Du hast kein Recht, so eine Entscheidung zu treffen«, sagte Vas sanft. »Wir sind alle Basilikaner, und wir leben nach dem Recht Basilikas.«

»Wenn wir in Basilika sind, leben wir nach dem Recht Basilikas«, sagte Elemak. »Aber wenn wir in der Wüste sind, leben wir nach dem Recht der Wüste, und das Wüstenrecht besagt, daß das Wort des Karawanenführers endgültig ist. Ich werde mir alle Vorschläge anhören, bis ich eine Entscheidung treffen muß, doch sobald ich die Entscheidung getroffen habe, ist jeder Widerstand Meuterei. Habt ihr mich verstanden?«

»Niemand befiehlt mir, mit wem ich schlafen muß und mit wem ich nicht schlafen darf«, sagte Kokor.

Elemak ging zu ihr und musterte sie; sie sah im Vergleich zu der schieren Masse von Elemaks großem, muskulösem Körper so zerbrechlich aus. »Und ich sage dir, in der Wüste werde ich nicht dulden, daß jemand von Zelt zu Zelt kriecht. Es wird so oder so zu Mord und Totschlag führen, und bevor ich zulasse, daß ihr euch gegenseitig umbringt, sage ich euch lieber direkt: Wenn jemand in einer Situation erwischt wird, die auch nur so aussieht, als ließen sich zwei Personen, die nicht miteinander verheiratet sind, sexuell miteinander ein, werde ich die Frau auf der Stelle töten.«

»Die Frau!« rief Kokor.

»Die Männer brauchen wir, um die Kamele zu beladen«, sagte Elemak. »Außerdem sollte dir die Vorstellung kaum befremdlich vorkommen, Koja, denn als du das letzte Mal der Ansicht warst, jemand müsse für das Verbrechen des Ehebruchs sterben, hast du genau dieselbe Entscheidung getroffen.«

Luet sah, daß sowohl Kokor als auch ihre Schwester Sevet sich gleichzeitig an die Hälse faßten — denn Kokor hatte versucht, Sevet die Kehle durchzuschneiden, und sie dabei fast getötet. Seitdem hatte Sevet kaum noch Stimme. Kokors Gatte Obring hingegen, der sich genauso fröhlich in einem fremden Bett vergnügt hatte, als Kokor die beiden überraschte, war ohne einen Kratzer davongekommen. Es war boshaft unfreundlich und sah Elemak ähnlich, sie alle an diesen Zwischenfall zu erinnern, denn diese Erwähnung beendete jeden Widerstand von drei der vier Personen, die sich dem Gesetz am wahrscheinlichsten widersetzen würden : Kokor, Sevet und Obring hatten nichts darauf zu sagen.

»Du hast nicht das Recht, so eine Entscheidung zu treffen«, sagte Mebbekew. Er war natürlich der vierte — aber Luet wußte, daß Elemak keine Schwierigkeiten haben würde, ihn an die Kandare zu nehmen. Die hatte er bei Meb nie.

»Ich habe nicht nur das Recht«, sagte Elemak, »ich habe auch die Pflicht. Dieses Gesetz ist für das Überleben unserer kleinen Gruppe in der Wüste unerläßlich, und so wird man es befolgen, oder ich werde die einzige Strafe durchsetzen, die ich hier, so viele Kilometer von der Zivilisation entfernt, durchsetzen kann. Wenn ihr das nicht begreift, wird Herrin Rasa es euch sicher gern erklären.«

Er drehte sich um und sah Rasa mit der stillen Forderung an, sie möge ihn unterstützen. Sie enttäuschte ihn nicht. »Ich habe die ganze Nacht hin und her überlegt, um auf eine andere Lösung zu kommen«, sagte sie, »aber wir können ohne dieses Gesetz nicht überleben, und wie Elja sagt, ist die einzige Strafe, die in der Wüste etwas bedeutet … die, die er genannt hat. Aber wir werden niemanden sofort töten«, sagte sie. Sie verabscheute eindeutig das gesamte Thema. »Wir werden die betreffende Person nur fesseln und zurücklassen.«

»Nur?« sagte Elemak verächtlich. »Das ist bei weitem der grausamere Tod.«

»Damit geben wir die Frau in die Hände der Überseele«, sagte Rasa. »Vielleicht wird sie ja gerettet.«

»Du solltest nicht darauf hoffen«, sagte Elemak. »Die Tiere sind freundlicher als alle Retter, die sie hier draußen finden würde.«

»Eine Gesetzesbrecherin wird gefesselt und zurückgelassen, aber nicht getötet!« beharrte Rasa.