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Vas keuchte und jammerte. Der Schmerz zwischen seinen Beinen war, falls dies überhaupt möglich war, noch schlimmer geworden, und auch sein Hals schmerzte, als er Luft einsog.

»Ich habe das nicht vor den anderen getan«, sagte Elemak, »weil ich will, daß du nützlich bleibst. Ich will dich nicht vor den anderen zerbrechen oder erniedrigen. Aber ich will, daß du dich an eins erinnerst. Wenn du deinen nächsten Mord planst, wird Luet dich beobachten, Luet und die Überseele. Und was für dich noch wichtiger ist: Ich werde dich beobachten. Ich lasse dich jetzt keinen Millimeter mehr von der Leine, Vasja, mein Freund. Wenn ich irgendeinen Hinweis entdecke, daß du eine weitere Sabotage oder einen weiteren spitzfindigen kleinen Mord planst, werde ich nicht abwarten, wie die Dinge sich entwickeln, dann komme ich einfach mitten in der Nacht zu dir und breche dir den Hals. Du weißt, du kannst mich nicht aufhalten. Solange ich lebe, wirst du keine Rache nehmen, weder an Sevet und Obring noch an mir. Ich werde dir keinen Eid abverlangen, denn dein Schwur ist Pisse aus deinem Mund. Ich erwarte einfach, daß du mir gehorchst, denn du bist ein verschlagener kleiner Feigling, der schreckliche Angst vor Schmerzen hat, und du wirst dich mir nie, nie wieder entgegenstellen, weil du dich immer daran erinnern wirst, wie du dich jetzt fühlst, in diesem Augenblick.«

Vas hörte all das und wußte, daß Elemak recht hatte, er würde sich ihm nie mehr entgegenstellen, weil er es nicht ertragen konnte, den Schmerz und die Furcht, die er gerade durchgestanden hatte, noch einmal zu erleiden.

Aber ich werde dich hassen, Elemak. Und eines Tages! Eines Tages, wenn du alt und schwach und hilflos bist, werde ich die Dinge wieder ins Lot bringen. Ich werde Sevet und Obring töten, und du wirst mich nicht aufhalten können. Du wirst nicht einmal wissen, daß ich es war. Und dann werde ich eines Tages zu dir kommen und sagen, siehst du, ich habe es doch getan. Und du wirst wütend auf mich sein, und ich werde nur lachen, weil du dann hilflos bist. Und in deiner Hilflosigkeit wirst du fühlen, was ich gerade gefühlt habe, den Schmerz, die Furcht, die Panik, wenn du nicht mehr atmen, nicht einmal einen Schmerzensschrei ausstoßen kannst — oh, du wirst es fühlen Und wenn du dann sterbend dort liegst, werde ich dir sagen, wie der Rest meiner Rache aussieht — daß ich auch all deine Kinder töten werde. Und deine Frau und alle und jeden, den du liebst, und du kannst mich nicht aufhalten. Dann wirst du sterben, und erst dann werde ich zufrieden sein, weil ich weiß, daß dein Tod der schrecklichste war, den man sich nur vorstellen kann.

Aber es besteht kein Grund zu Eile, Elemak. Ich werde jede Nacht davon träumen. Ich werde nie vergessen. Du wirst vergessen. Bis zu dem Tag, an dem ich dich daran erinnere, ganz gleich, wie viele Jahre es auch dauern mag.

Als Vas wieder gehen konnte, zerrte Elemak ihn auf die Füße und schob ihn den Pfad hinauf, der zum Lager führte.

Bei Anbruch der Dämmerung waren alle wieder zurück, und nur diejenigen, die daran teilgenommen hatten, wußten von der Szene, die sich bei Mondschein auf halber Strecke den Berg hinab abgespielt hatte.

Die Sonne war gerade aufgegangen, als Nafai über die Wiese zum Lager schritt. Luet war wach und stillte Schveja, während Zdorab zum Frühstück Zwieback verteilte, den er mit in Zucker eingelegten Früchten bestrichen hatte. Luet sah auf, und da kam er, und das erste Sonnenlicht fing sich in seinem Haar. Sie dachte daran, wie er in ihrem seltsamen Traum ausgesehen hatte, in dem Licht seiner unsichtbaren Metallrüstung funkelnd. Was hatte das zu bedeuten? fragte sie sich. Und dann dachte sie: Was spielt es schon für eine Rolle, was es zu bedeuten hat!

»Warum kommst du zurück?« rief Issib, der auf seinem Stuhl saß und Dazja auf dem Schoß hatte, während Huschidh pinkeln war, oder was auch immer.

Als Antwort hob Nafai den Bogen mit der einen und fünf Pfeile mit der anderen Hand.

Luet sprang auf und lief zu ihm, das Baby noch immer haltend — wenngleich Schveja kurz darauf Luets Brust loslassen mußte und lautstark über all dieses Auf- und Abspringen protestierte, wo sie doch gerade hatte trinken wollen. Das Baby weinte ziemlich laut, doch Luet schenkte ihm keine Beachtung, während sie ihren Mann küßte und ihn mit der freien Hand an sich drückte.

»Du hast den Bogen«, sagte sie.

»Was ist schon ein Bogen?« fragte er. »Die Überseele hat mir erklärt, wie man ihn macht — dazu bedurfte es keinerlei Fertigkeiten. Aber was du zustande gebracht hast …«

»Du weißt es also?«

»Die Überseele hat es mir in einem Traum gezeigt — ich wachte auf, als er endete, und kam sofort zurück.«

»Also weißt du, daß wir nicht darüber sprechen.«

»Ja«, sagte er. »Nur untereinander. Also darf ich dir sagen, daß du eine großartige Frau bist, die stärkste, tapferste Person, die ich kenne.«

Sie hörte diese Worte gern von ihm, wenngleich sie wußte, daß sie nicht stimmten — sie war gar nicht tapfer gewesen, sondern hatte schreckliche Angst gehabt, daß Vas sie mit den anderen töten würde. Deshalb war sie so erleichtert gewesen, als Elemak kam, daß sie fast geweint hätte. All das würde sie ihm bald erzählen. Doch im Augenblick hörte sie seine Worte der Liebe und der Ehre gern und wußte es auch zu schätzen, daß er den Arm um sie legte, als sie zusammen zum Lager zurückgingen.

»Wie ich sehe, hast du den Bogen, aber kein Fleisch«, sagte Issib.

»Also hast du aufgegeben?« fragte Mebbekew hoffnungsvoll.

»Ich habe bis zum Sonnenuntergang Zeit«, sagte Nafai.

»Warum bist du dann hier?« fragte Elemak.

Alle waren mittlerweile aus den Zelten gekommen, scharten sich um sie und beobachteten sie.

»Ich bin gekommen, weil es keine Leistung ist, einen Bogen gemacht zu haben — das hätte die Überseele jedem von uns beibringen können. Jetzt brauche ich Vater. Er muß mir sagen, wo ich das Wild finde.«

Volemak war überrascht. »Und woher soll ich das wissen, Nafai? Ich bin kein Jäger.«

»Ich muß wissen, wo ich eine Beute finden kann, die so zahm ist, daß ich mich ganz nah an sie heranschleichen kann«, sagte Nafai. »Und wo es so viele Tiere gibt, daß ich mehr finde, wenn ich bei meinen ersten Versuchen nicht treffe.«

»Dann nimm Vas mit, damit er dir eine Fährte sucht«, sagte Volemak.

»Nein«, sagte Elemak schnell. »Nein, Nafai hat recht. Weder Vas noch Obring werden ihn heute morgen als Fährtensucher begleiten.«

Luet wußte genau, warum Elemak darauf bestand — aber Volemak war noch immer völlig verwirrt. »Dann soll Elemak dir sagen, wo man eine solche Beute findet.«

»Elemak kennt dieses Land nicht besser als ich«, sagte Nafai.

»Und ich kenne es überhaupt nicht«, sagte Volemak.

»Trotzdem«, sagte Nafai, »werde ich nur dort jagen, wohin du mich schickst. Dies ist zu wichtig, um es dem Zufall zu überlassen. Alles hängt davon ab, Vater. Sag mir, wo ich jagen soll, oder ich habe keine Hoffnung.«

Volemak stand schweigend da und betrachtete seinen Sohn. Luet begriff einfach nicht, warum Nafai dies tat – Volemak hatte ihm noch nie zuvor sagen müssen, wo er nach Wild suchen mußte. Und doch spürte sie, daß es sehr wichtig war — aus irgendeinem Grund hing der Erfolg der Expedition davon ab, daß Volemak entschied, wo die Jagd stattfinden würde.

»Ich werde den Index fragen«, sagte Volemak.

»Danke, Vater«, sagte Nafai. Er folgte seinem Vater in dessen Zelt.

Während sie warteten, betrachtete Luet die Gruppe. Was halten sie davon? Ihr Blick begegnete dem Elemaks. Er lächelte verkniffen. Sie erwiderte das Lächeln, wußte aber noch immer nicht, was er von der Sache hielt.

Huschidh klärte sie auf. »Dein Mann ist sehr klug«, flüsterte sie.

Luet drehte sich überrascht um — sie hatte gar nicht bemerkt, daß Huschidh neben sie getreten war.