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Also fällten sie Bäume, rollten sie in die Bucht und banden sie dort mit Tauen zusammen, die sie aus Schilfrohr geflochten hatten. Sie brauchten eine Woche, um die Flöße zu bauen, und zwei Tage, um die Kamele überzusetzen, immer nur eins pro Fahrt, und dann die Ladung. Zum Schluß kamen die Frauen und Kinder. Sie schlugen an dem Ufer, auf dem sie gelandet waren, ein Lager auf, während die Männer die Flöße um die Insel zu ihrer südwestlichen Spitze stakten, wo sie sie brauchten, um alles und jeden auf die größere Insel zu bringen. Nach einer weiteren Woche hatte die Gruppe die kleine Insel überquert und auf die große übergesetzt; sie stießen die Flöße ins Wasser und sahen ihnen nach, wie sie davontrieben.

Die Nordspitze der großen Insel war gebirgig und dicht bewaldet. Doch allmählich wichen die Berge Hügeln und dann weiten Savannen. Sie standen auf dem Kamm der weiten, flachen Ebene und sahen das Reinigende Meer im Westen und die See der Feuer im Osten, so schmal war die Insel hier. Und je weiter südlich sie zogen, desto besser verstanden sie, wie die See der Feuer zu ihrem Namen gekommen war. Vulkane erhoben sich aus ihr, und in der Ferne konnten sie gelegentlich den Rauch einer kleinen Eruption sehen. »Bis vor fünf Millionen Jahren war diese Insel Teil des Festlands«, erklärte Issib ihnen. »Bis zu dieser Zeit erstreckte sich das Tal der Feuer bis auf diese Insel, bis weit in den Süden von uns — und diese Feuer blieben bis zum heutigen Tag in der See bestehen, die den Raum zwischen den beiden Tälern ausgefüllt hat.«

Da sie in Basilika aufgewachsen waren, hatten die meisten von ihnen die Naturkräfte nie verstanden — Basilika war ein Ort, an dem sich nie etwas veränderte und der stolz auf sein Alter war. Doch obwohl die Zeit hier in Millionen von Jahren gemessen wurde, sahen sie deutlich die gewaltige Kraft des Planeten und begriffen, wie unwichtig das menschliche Leben auf seiner Oberfläche war.

»Und doch sind wir nicht unwichtig«, sagte Issib. »Weil wir diejenigen sind, die die Veränderungen sehen, und erkennen und verstehen, daß es Veränderungen sind, daß die Dinge früher anders waren. Alles andere im Universum, ob es nun lebt oder nicht, existiert im unendlichen Jetzt, das sich niemals verändert, das immer so ist, wie es ist. Nur wir erkennen den Verlauf der Zeit und daß das eine das andere verursacht und wir von der Vergangenheit verändert werden und die Zukunft ändern werden.«

Die Insel wurde breiter, und das Gelände zerklüfteter. Sie alle erkannten, daß es sich um dasselbe Terrain handelte, das sie auch schon im Tal der Feuer gesehen hatten — die Fortsetzung dieses Tals, wie Issib es vorausgesagt hatte. Doch es war ruhiger — sie fanden keine einzige Stelle, an der Gas aus dem Erdinnern an der Oberfläche verbrannte —, und das Wasser war größtenteils rein. Und je tiefer nach Süden sie zogen, desto trockener wurde es, obwohl sie wieder in Bergland aufstiegen.

»Dieses Gebirge hat einen Namen«, sagte Issib, nachdem er den Index befragt hatte. »Dalatoi. Hier lebten Menschen, bevor die Insel sich vom Festland abtrennte. Hier befand sich sogar die größte und älteste der Städte des Feuers.«

»Skudnoij?« fragte Luet, die sich an die Geschichte der Stadt der Geizhälse erinnerte, die sich von der Welt zurückgezogen hatten und angeblich das meiste Gold auf Harmonie in verborgenen Grüften unter ihrer verborgenen Stadt aufbewahrten.

»Nein, Raspjatny«, sagte Issib. Und sie alle erinnerten sich an die Geschichten über die Stadt aus Stein und Moos, in der Bäche durch jedes Zimmer flössen und die so hoch wie ein Berg war, so daß die oberen Zimmer gefroren und die, die dort wohnten, die Bäche schmelzen mußten, damit die unteren Zimmer das ganze Jahr über Wasser hatten.

»Werden wir sie sehen?« fragten sie.

»Was von ihr übriggeblieben ist«, sagte Issib. »Sie wurde vor zehn Millionen Jahren aufgegeben, aber sie bestand tatsächlich aus Stein. Die alte Straße, der wir folgen, führt dorthin.«

Erst da bemerkten sie, daß sie tatsächlich einer alten Straße folgten. Es war keine Spur einer Bepflasterung zu sehen, und die Straße wurde manchmal von Schluchten unterbrochen oder war einfach verfallen. Aber sie kehrten immer wieder zum Weg des geringsten Widerstands zurück. Und dann und wann sahen sie, daß Hügel durchschnitten worden waren, um Platz für die Straße zu schaffen, und gelegentlich ein Tal teilweise mit Steinen aufgefüllt worden war, die noch nicht zerfallen waren. »Hätte es hier öfter geregnet«, sagte Issib, »wäre nichts mehr übrig. Doch die Insel ist nach Süden gewandert und liegt nun auf einer Breite mit der Großen Südlichen Wüste, und deshalb ist die Luft trockener, und es gibt weniger Erosion. So haben einige der Werke von Menschenhand selbst nach dieser langen Zeit noch Spuren hinterlassen.«

»Jemand muß diese Straße in den letzten zehn Millionen Jahren benutzt haben«, sagte Elemak.

»Nein«, sagte Issib. »Seit die Insel sich vom Festland abgetrennt hat, hat kein Mensch mehr einen Fuß auf sie gesetzt.«

»Woher weißt du das?« spottete Mebbekew.

»Weil die Überseele verhindert hat, daß Menschen hierher kommen. Niemand erinnert sich mehr daran, daß es sie überhaupt gibt. So hat die Überseele es gewollt. Um alles sicher und bereit zu halten … für uns, vermute ich.«

Sie sahen Raspjatny einen vollen Tag, bevor sie die Stadt erreichten. Zuerst sah sie einfach aus wie ein seltsam geformter Berg, doch je näher sie ihr kamen, desto deutlicher erkannten sie, daß sie Fenster sahen, die in den Stein gemeißelt worden waren. Es war wirklich ein hoher Berg, so daß die Stadt, die in ihn hineingeschnitten worden war, gewaltig gewesen sein mußte.

Sie schlugen ihr Lager nordöstlich von der Stadt auf, in der Nähe eines Baches. Sie folgten dem Lauf des Baches und stellten fest, daß er genau durch die Stadt floß. In der Stadt bildete er tatsächlich kleine Wasserfälle, neben denen die Mauern dick mit Moos bewachsen waren; dort war es viel kälter als draußen in der Wüste.

Sie erforschten die Stadt abwechselnd in großen Gruppen; einige blieben zurück und paßten auf die Kinder und die Tiere auf, während die anderen durch die Überreste kletterten. Etwas vom Bach entfernt war die Stadt nicht so stark verfallen wie in dessen unmittelbarer Nähe, wenngleich die Außenmauern am besten erhalten geblieben waren. Sie stellten den Grund dafür fest, als sie ein paar Überbleibsel eines Aquäduktsystems fanden, das tatsächlich, wie die Legenden behaupteten, Wasser in jeden Raum der Stadt beförderte. Sie stellten jedoch überrascht fest, daß es innerhalb der Stadt keinerlei Gänge und Korridore gab. Ein Raum führte einfach zum nächsten. »Hatten sie denn gar keine Privatsphäre?« fragte Huschidh. »Wie hatten sie je Zeit für sich selbst, wenn jeder Raum eine Straße war, die alle anderen Bewohner benutzen konnten?«

Niemand hatte darauf eine Antwort.

»In den alten Zeiten haben hier über zweihunderttausend Menschen gelebt«, sagte Issib. »Damals lag diese Gegend viel weiter nördlich und war viel besser bewässert — das gesamte Land draußen war kilometerweit bebaut, und doch konnten ihre Feinde die Stadt nie einnehmen, weil sie innerhalb der Mauern Vorräte für zehn Jahre aufbewahrten und es ihnen nie an Wasser mangelte. Ihre Feinde konnten zwar die Felder abbrennen und die Stadt belagern, doch sie waren schon längst verhungert, bevor in Raspjatny jemand die geringste Not litt. Nur die Natur selbst könnte diese Stadt entvölkern.«

»Warum wurde sie nicht von den Erdbeben im Tal der Feuer vernichtet?« fragte Nafai.

»Wir haben den östlichen Hang noch nicht gesehen. Der Index sagt, die halbe Stadt wäre von zwei großen Erdbeben zerstört worden, als der Riß sich öffnete und das Meer hindurchströmte.«

»Es wäre ein atemberaubendes Erlebnis gewesen, eine solche Flut zu sehen«, sagte Zdorab. »Natürlich von einer sicheren Stelle aus.«