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»Vuissaschivat’h«, antwortete der Index.

Und welche Bedeutung hatte dieses Wort damals?

»Von Bord gehen.«

Von welchem Bord?

»Von einem Schiff«, sagte der Index.

Aber warum hatte man diesem Ort in den Bergen einen Namen gegeben, der mit einem Verb verwandt war, das »ausschiffen« bedeutete? War dort einmal eine Küstenlinie verlaufen?

»Das sind sehr alte Berge — diese Berge waren schon alt, bevor diese Spalte das Tal der Feuer schuf.«

Also lag dieses Land Vusadka nie an einer Küste?

»Nie«, sagte der Index. »Nicht, seit Menschen von Bord ihrer Sternenschiffe gegangen sind und Harmonie betreten haben.«

Da die Überseele den Begriff ›von Bord gehen‹ im Zusammenhang mit den ursprünglichen Sternenschiffen benutzt hatte, wußte Nafai sofort, daß sie versuchte, ihm zu bestätigen, was er bereits vermutete: daß die Sternenschiffe vor vierzig Millionen Jahren in Vusadka gelandet waren und es sich daher um den Ort handeln mußte, wo die Existenz von Sternenschiffen am wahrscheinlichsten war — falls es sie überhaupt noch gab.

Und noch ein Gedanke: Du bist auch dort, nicht wahr, Überseele? Du bist dort, wo die Sternenschiffe gelandet sind. All deine Speicher, all deine Prozessoren, all das befindet sich an diesem Ort.

»An welchem Ort?« fragte der Index.

Nafai stand auf; jetzt war er hellwach. Das Scharren seines Stuhls über den Holzboden riß die anderen aus ihrer Tagträumerei. »Ich werde die Überseele suchen«, sagte Nafai zu ihnen.

»Ja«, sagte Issib. »Die Überseele hat uns ihr Gespräch mit dir mitgeteilt.«

»Sehr geschickt gemacht«, sagte Zdorab. »Ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, mit einer Karte der Jagdexpeditionen anzufangen.«

Nafai hätte ihnen fast nicht gesagt, daß er dies nicht absichtlich getan hatte; es war ein schönes Gefühl, für klug gehalten zu werden. Aber dann wurde ihm klar, daß es eine Art Lüge wäre, wenn sie weiterhin davon ausgingen. »Ich habe nur gedöst«, sagte er. »Die Jagdausflüge waren nur eine verrückte Idee am Rand eines Traums. Die Überseele wußte, daß sie mir nicht mitteilen konnte, was sie selbst nicht weiß. Sie hat lediglich begriffen, daß sie durch die Karte mit mir kommunizieren kann. Mehr steckt nicht dahinter. Sie mußte sich selbst täuschen, um es mir sagen zu können.«

Issib lachte. »Na schön, Njef«, sagte er. »Wir sind uns also einig, daß du gar nicht so klug bist.«

»Ganz genau«, sagte Nafai. »Ich habe nur zugehört, während die Überseele einen Umweg suchte, um mich an Barrieren in ihrem Verstand vorbeizuführen. Falls jemand fragen sollte, sagt ihr, ich sei auf die Jagd gegangen. Aber Luet und euren Frauen könnt ihr natürlich die Wahrheit sagen — daß ich nach der Überseele suche. Beide Behauptungen sind wahr.«

Zdorab nickte einsichtig. »Wir haben all diese Jahre lang Frieden gehabt«, sagte er, »weil es ein gutes Land ist, wir genug Platz haben und im Überfluß leben. Niemand wird versessen darauf sein, die Reise nun fortzusetzen. Einige werden weniger begeistert sein als andere — wir können durchaus damit warten, es ihnen zu sagen, bis wir wirklich etwas wissen.«

Issib verzog das Gesicht. »Ich befürchte, daß es zu einer richtigen Auseinandersetzung kommen wird. Ich wünschte fast, wir hätten hier nicht so lange und so glücklich gelebt. Das wird die Gruppe spalten, und ich weiß nicht, was noch alles geschehen wird, bevor wir zur Erde aufbrechen werden.«

Nafai schüttelte den Kopf. »So muß es nicht kommen«, sagte er. »Die Überseele hat uns alle auf diese Reise geführt. Und auch der Hüter der Erde ruft uns alle.«

»Alle hören den Ruf«, sagte Zdorab, »aber wer wird ihm folgen?«

»Zuerst einmal«, sagte Nafai, »werde ich jetzt gehen.«

»Dann vergiß nicht, Pfeil und Bogen mitzunehmen«, sagte Issib. »Nur für den Fall, daß du unterwegs ein Abendessen für uns findest.« Er sagte nicht: Damit man dir glaubt, daß du auf die Jagd gehst.

Es war auf jeden Fall eine gute Idee, und so ging Nafai bei seinem Haus vorbei, um den Bogen und die Pfeile zu holen.

»Und falls du die nicht gebraucht hättest«, sagte Luet, »wärst du gar nicht vorbeigekommen, um dich zu verabschieden oder mir alles zu erklären, nicht wahr?« Sie klang ziemlich verärgert.

»Natürlich wäre ich gekommen«, sagte er.

»Nein«, sagte sie. »Du hast wahrscheinlich schon die beiden anderen gebeten, mir zu sagen, was du vorhast.«

Nafai zuckte die Achseln. »So oder so, du hättest es erfahren.«

»Obwohl es mein Traum war. Und Schvejas«, sagte sie.

»Weil du den Traum hattest, gehört dir auch das Ergebnis?« fragte er. Langsam wurde er genauso wütend wie sie.

»Nein, Njef«, sagte sie und seufzte ungeduldig. »Weil ich den Traum hatte, sollte ich bei dieser Sache auch dein Partner sein. Dein gleichberechtigter Partner. Statt dessen behandelst du mich wie ein Kind.«

»Ich habe Issib und Zdorab doch nicht gebeten, Schveja Bescheid zu sagen, oder? Also habe ich dich doch wohl kaum wie ein Kind behandelt.«

»Kannst du nicht einfach eingestehen, daß du dich wie ein Pavian benommen hast, Nafai?« fragte Luet. »Kannst du nicht einfach zugeben, daß du mich behandelt hast, als wären in unserer Gemeinschaft nur die Männer wichtig, als wären die Frauen nichts, und daß es dir leid tut, mich so behandelt zu haben?«

»Ich habe mich nicht wie ein Pavian benommen«, sagte Nafai. »Ich habe mich wie ein Mann benommen. Und wenn ich mich wie ein Mann benehme, werde ich dadurch nicht weniger menschlich, sondern nur weniger weiblich. Sage mir nie wieder, ich würde zu einem Tier, weil ich mich nicht so verhalte, wie eine Frau es will!«

Nafai war von der Wut in seiner Stimme selbst überrascht.

»Also kommt es auch in unserem Haus dazu?« sagte Luet leise.

»Nur, weil du das Thema zur Sprache gebracht hast«, sagte Nafai. »Nenne mich nie wieder ein Tier!«

»Dann benimm dich auch nicht wie eins«, sagte Luet. »Zivilisiert zu sein bedeutet, die tierische Natur zu überwinden, ihr nicht nachzugeben, sich nicht in ihr zu sonnen. Deshalb erinnerst du mich an ein Pavianmännchen — weil du so lange nicht zivilisiert sein kannst, solange du glaubst, Frauen tyrannisieren zu können. Du kannst nur zivilisiert sein, wenn du uns wie Freunde behandelst.«

Nafai stand auf der Schwelle, und die Ungerechtigkeit ihrer Worte brannte heiß in ihm. Nicht, weil sie nicht die Wahrheit sprach, sondern weil sie ihm diese Vorwürfe machte. »Ich habe dich als Freund behandelt. Und als meine Frau«, sagte er. »Ich nahm an, du würdest mich so sehr lieben, daß wir uns nicht darüber streiten müssen, wem die Träume gehören.«

»Ich war nicht wütend, weil du dir meinen Traum angeeignet hast«, sagte Luet.

»Ach?«

»Ich war verletzt, weil du deinen Traum nicht mit mir geteilt hast. Ich bin nicht aus dem Bett gesprungen und zu Huschidh und Schedemei gelaufen, um ihnen meinen Traum zu erzählen und sie dann zu bitten, dir später Bescheid zu geben.«

Erst als sie es so ausdrückte, verstand er, warum sie so wütend war. »Oh«, sagte er. »Es tut mir leid.«

Sie war noch immer wütend, und seine Entschuldigung kam etwas zu spät. »Geh!« sagte Luet. »Geh und suche die Überseele! Geh und suche die Ruinen des uralten Sternenschiffs auf dem uralten Landeplatz! Geh und sei der alleinige Held unserer Expedition! Wenn ich heute nacht schlafe, wirst du in meinen Träumen wohl die Hauptrolle spielen. Hoffentlich spiele ich in den deinen auch eine winzige Rolle. Vielleicht darf ich deinen Mantel halten.«