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Sie verscheuchte den Gedanken und warf einen Blick auf den Geigerzähler. Die Strahlung war hoch, aber nicht gefährlich. Trotzdem war es wahrscheinlich nicht ratsam, sich länger als unbedingt nötig hier aufzuhalten.

Sie warf Hartmann einen fragenden Blick zu, und der Leutnant deutete auf eines der rostigen Autowracks, die überall in der Tiefgarage herumstanden. Erst als sie sich ihm näherten, sah Charity, daß es kein Autowrack war. Was auf den ersten Blick wie ein verbeulter, von Rost und Verfall zerfressener Kleinbus aussah, entpuppte sich bei näherem Hinsehen als ein gepanzertes Fahrzeug, das Platz für zehn oder zwölf Personen bieten mußte.

Hartmann löste eine kleine Fernbedienung von seinem Gürtel, und an der Seite des vermeintlichen VW-Transporters öffnete sich eine Tür aus Panzerstahl. Dahinter kam ein hell erleuchteter, beinahe klinisch sauberer Innenraum zum Vorschein.

Die Rebellen von Köln brauchten sich offensichtlich über einen Mangel an technischem Equipment nicht zu beklagen.

Sie bestiegen den Wagen, und Kyle bettete den verletzten Techniker behutsam über die hinteren vier Sitze. Der Mann regte sich nicht, und für einen Moment glaubte Charity, er wäre nicht mehr am Leben. Aber Kyle beantwortete ihren erschrockenen Blick mit einem knappen, beruhigenden Nicken, und so setzte sie sich auf die Bank neben Hartmann und wartete, bis Felss hinter das Steuer geklettert war und den Motor startete. Der Wagen setzte sich beinahe lautlos in Bewegung. Die Scheiben waren zerkratzt und blind vor Schmutz, aber vor Felss glomm eine ganze Reihe kleiner Monitore auf, auf denen er seine Umgebung beobachten konnte. Nicht alle davon zeigten ihre unmittelbare Umgebung. Das Fahrzeug schien über verschiedene Ortungs- und Radarsysteme zu verfügen.

Hartmann bemerkte ihren forschenden Blick und sagte mit hörbarem Stolz: »Ein umgebauter Panzerspähwagen, Captain Laird. Lassen Sie sich nicht von seinem Äußeren täuschen. Felss hat fast zwei Jahre lang daran herumgebastelt, um ihn so hinzukriegen.«

»Dazu hätte Skudder keine zehn Minuten gebraucht«, sagte Gurk mit einer spöttischen Geste auf das verbeulte Dach. Hartmann ignorierte ihn, aber über Felss' Gesicht huschte ein flüchtiges Lächeln.

»Es hat sich gelohnt«, antwortete Charity. Der junge Mann hinter dem Steuer lächelte noch ein wenig geschmeichelter, und Hartmann fuhr fort: »Das Ding ist vollkommen abgeschirmt - weder mit Radar oder Infrarot oder sonst einer bekannten Ortungsmethode auszumachen.«

»Sie sagen es«, sagte Kyle. »Mit keiner Ihnen bekannten Methode.«

Hartmann ignorierte auch ihn und fuhr fort: »Wenn sie nicht zufällig sehen, daß wir uns bewegen, dann können sie mit ihren verdammten Gleitern praktisch auf unserem Dach landen, ohne zu merken, daß sie mehr als ein Wrack unter sich haben.«

Das hielt Charity für leicht übertrieben, aber sie verstand, was Hartmann meinte. Offensichtlich war es nicht das erste Mal, daß er oder einer seiner Kameraden sich auf der Flucht vor den Moroni befanden.

Sie verließen die Tiefgarage, und Charity sah, daß sie sich getäuscht hatte - draußen herrschte noch immer heller Tag, nur daß das Sonnenlicht durch gewaltige Staubfahnen verdunkelt wurde.

Eine Zeitlang saß sie schweigend da und beobachtete die Bildschirme vor Felss, dann stand sie auf und ging gebückt zu den anderen zurück, die es sich auf den beiden hinteren Bänken des Transporters bequem gemacht hatten. Helen lag mit angezogenen Knien auf der Seite und schlief. Gurk hockte wie eine Harlekinpuppe neben ihr und starrte ins Leere, während sich Net und Skudder um den verletzten Techniker bemühten. Der Mann war immer noch ohne Bewußtsein, aber er bewegte sich jetzt unruhig. Seine Hände fuhren scharrend über den Kunststoffbezug des Sitzes, und seine Lippen formten krächzende, unverständliche Wortfetzen.

Ein Netz glitzernder Schweißperlen bedeckte seine Stirn und seinen Hals.

Charity blickte einen Moment lang nachdenklich auf ihn herab, dann wandte sie sich an Kyle. »Bitte kümmere dich um Hartmann«, sagte sie bewußt so laut, daß Hartmann die Worte hören mußte und Gelegenheit hatte, zu protestieren. Er tat es nicht, und so fuhr sie fort: »Vielleicht kannst du wenigstens etwas gegen seine Schmerzen tun.«

»Das ist nicht nötig«, knurrte Hartmann vom vorderen Sitz her. Aber es klang nicht besonders überzeugt, und Kyle stand nach kurzem Zögern auf und ging zu ihm. Charity sah, wie sich Hartmanns Züge verhärteten, als sich der Megamann über ihn beugte und mit geschickten Fingern an seiner Schulter zu hantieren begann.

»Ich wollte, ich wüßte wenigstens, wohin wir fahren«, sagte Skudder, als sich Charity neben ihn setzte und mit einem erschöpften Seufzer die Augen schloß.

»Ich auch«, murmelte sie.

»Allmählich werde ich sauer«, sagte der Hopi. »Sie behandeln uns wie Gefangene.« Aber die Worte klangen eigentlich nur müde.

Charity hob die Lider, sah erst ihn und dann Hartmann an. Skudder hatte leise gesprochen, doch der Blick des Soldaten verriet ihr, daß er die Worte trotzdem verstanden hatte. »Wahrscheinlich sind wir das auch«, sagte sie nach einer Weile und mit einem müden Achselzucken.

»Ja«, sagte Skudder. Er lächelte humorlos. »Allmählich bekommen wir ja Übung darin, nicht wahr?«

Charity schloß wieder die Augen und ließ sich zurücksinken. Müdigkeit schlug wie eine schwere, warme Woge über ihr zusammen, und sie schlief ein - und wachte im nächsten Moment wieder auf, als der Wagen mit einem so harten Ruck zum Stehen kam, daß sie beinahe aus dem Sitz geschleudert worden wäre.

»Was ist passiert?« rief sie alarmiert.

Keiner der drei Soldaten antwortete, aber sie sah, wie sich Felss und Hartmann aufgeregt über die Monitore beugten und die Bilder gebannt verfolgten. Als sie sich auf den Weg nach vorn machte, drückte Felss einige Schalter, und der Motor und die Innenbeleuchtung des Wagens erloschen. Das einzige Licht kam jetzt von den kleinen Monitoren vor dem Soldaten, und auch sie schaltete er einen nach dem anderen ab, bis nur noch ein einziger Bildschirm in Betrieb war.

»Was ist los?« fragte Charity noch einmal.

Hartmann winkte hastig mit der Hand, ohne zu ihr aufzusehen. »Still!« flüsterte er. »Keinen Laut mehr!«

Charity blickte alarmiert auf den winzigen Monitor - und fuhr erschrocken zusammen. Der Bildschirm zeigte einen Ausschnitt der verwüsteten Straße, über die der Wagen sich bewegt hatte. Eine Unzahl schwarzer Ameisengestalten bewegte sich in weniger als hundert Meter Entfernung vor ihnen, und über den Insektenkriegern schwebte eine gewaltige Silberscheibe.

»Sie suchen uns immer noch.«

Hartmann nickte abgehackt, antwortete aber nicht.

Die Ameisen bewegten sich langsam die Straße entlang. Immer wieder drangen sie einzeln oder in kleinen Gruppen in die zerstörten Häuser ein.

»Da kommen wir nicht durch«, sagte Hartmann zornig. »Sie drehen jeden Stein herum.«

»Ich denke, das Ding ist völlig isoliert?« fragte Kyle spöttisch.

Hartmann warf ihm einen zornigen Blick zu. »Das ist es auch«, sagte er. »Solange sie nicht versuchen, die Tür aufzubrechen.« Er überlegte einen Moment, dann machte er eine befehlende Handbewegung. »Wir nehmen die Westroute.«

Charity sah aus den Augenwinkeln, wie Felss erschrocken zusammenfuhr. »Aber das...«

Hartmann unterbrach ihn. »Ich weiß, was das bedeutet«, sagte er. »Aber dort vorne kommen wir auf keinen Fall durch.«

Schließlich nickte Felss und startete den Motor wieder. Trotzdem vergingen noch fast zehn Minuten, ehe sich das Fahrzeug in Bewegung setzte - Felss wartete geduldig, bis der größte Teil der Ameisen in irgendwelchen Ruinen oder Schutthalden verschwunden war, dann gab er behutsam Gas, lenkte das Fahrzeug nach rechts und drang in eine schmale, fast völlig von Trümmern und Schutt verstopfte Gasse ein.