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»Was ... geht da vor?« flüsterte Hartmann ungläubig.

Ich wollte, ich wüßte es, dachte Charity. Laut, aber mit stockender Stimme sagte sie: »Ich habe Ihnen doch gesagt, Hartmann, sie sind nicht unseretwegen hier.«

»Aber weswegen dann?« murmelte Hartmann.

Ein Geräusch in der Nähe ließ Charity aufsehen. Kyle kam auf Händen und Knien durch das Gebüsch zu ihnen herangekrochen. Ein Ausdruck von Schrecken glitt über sein Gesicht, als er das Gewehr in Hartmanns Händen sah, aber Charity schüttelte rasch und beruhigend den Kopf.

»Die Waffen weg!« flüsterte er. »Sie sind wegen der Königin hier, nicht unseretwegen.«

Hartmann sah den Megamann durchdringend an, senkte das Gewehr aber keinen Millimeter. »Weshalb?«

Kyle deutete mit einer Handbewegung auf den Dom. »Sie wollen zum Nest. Wahrscheinlich wissen sie nicht einmal, daß wir hier sind. Aber wenn wir einen Fehler machen, dann werden sie es sehr schnell herausbekommen.«

»Net ist dort drüben«, sagte Charity, ehe Hartmann Gelegenheit zur Antwort fand. »Kannst du sie holen, ohne daß sie uns bemerken?«

Kyle nickte. Fast lautlos erhob er sich, bog die Zweige vor ihrem Versteck auseinander und richtete sich auf.

»Was haben Sie vor?« fragte Hartmann.

Kyle antwortete nicht, sondern richtete sich weiter auf; er sah sich unauffällig nach allen Seiten um und begann dann langsam auf den gelandeten Gleiter zu zu gehen. Eine gespenstische Veränderung ging mit ihm vor: Sein Haar färbte sich heller, verlor seine glänzende, schwarze Farbe und nahm einen stumpfgrauen, schmutzigen Ton an. Gleichzeitig schien es länger zu werden. Eine zuckende Wellenbewegung lief über seinen schwarzen Anzug. Das Material zog sich zusammen, wurde heller und poröser - und war plötzlich keine hautenge, schwarze Montur mehr, sondern ein zerfetztes Etwas, das sich in nichts von den Lumpen unterschied, die die Jared trugen. Auch Kyles Art zu gehen veränderte sich. Er bewegte sich plötzlich schlurfend und mühsam.

Hartmanns Augen quollen vor Unglaube fast aus den Höhlen, als er sah, was mit Kyle geschah. »Oh, mein Gott!« flüsterte er. »Wie ... wie hat er das gemacht?«

»Das erkläre ich Ihnen später«, antwortete Charity ausweichend. »Jetzt seien Sie bitte still. Er wird versuchen, Net zu warnen und hierher zu bringen.«

»Aber das ... das ist doch nicht möglich«, stammelte Hartmann. Er schien ihre Worte gar nicht gehört zu haben. »Das ist Zauberei!«

»Nicht ganz«, sagte Charity.

Gebannt und mit klopfendem Herzen sah sie zu, wie sich Kyle der Flugscheibe näherte und in weniger als fünf Metern Abstand daran vorbeiging. Die Blicke einer der beiden Ameisen, die neben dem Gleiter Aufstellung genommen hatten, folgten ihm, aber Kyles Verkleidung täuschte auch diese Geschöpfe. Unbehelligt überquerte er den großen Platz, ging die Treppe zur Kathedrale hinauf und trat auf Net zu. Charity konnte nicht genau erkennen, ob er mit ihr redete oder ihr auf andere Weise zu verstehen gab, was er von ihr wollte, aber nach einer Weile drehten sich beide wieder herum und kamen mit langsamen, fast gemächlichen Schritten die Treppe herab.

Leutnant Hartmann starrte sie durchdringend an. »Ich glaube, wenn das alles hier vorbei ist«, sagte er, »sind Sie mir eine Menge Erklärungen schuldig, Captain Laird.«

»Ja«, entgegnete Charity kalt. »Wenn das alles vorbei ist.«

Ohne weiter auf Hartmanns zornige Blicke zu achten, verfolgte sie gebannt, wie Net und Kyle sich ihrem Versteck näherten. Wie von dem gelandeten Gleiter nahmen die Jared auch von ihnen keinerlei Notiz, und auch diesmal passierten Kyle und die Wasteländerin die Flugscheibe in wenigen Metern Abstand, ohne daß die beiden Ameisen ihnen mehr als einen flüchtigen Blick zuwarfen. Sie schlugen einen weiten Bogen zum Fluß hin, bis sie einige Bäume zwischen sich und den Gleiter gebracht hatten und nicht mehr direkt gesehen werden konnten. Die letzten Meter überwanden sie geduckt und in schnellem Tempo. Nets Atem ging schnell, als sie sich neben Charity und Hartmann auf die Knie fallen ließ, während Kyle - der jetzt wieder Kyle war und kein Jared - nicht die geringste Spur von Anstrengung zeigte.

Hartmann musterte den Megamann aus ungläubig geweiteten Augen, ehe er sich wieder an Net wandte. »Wo sind die anderen?«

»Sie sind bei Stern. In einem Raum unter dem Dom. Ich glaube nicht, daß die Ameisen sie sehen.«

»Was tun sie dort drinnen?«

Net schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht«, antwortete sie. »Sie tun irgend etwas ... mit den Eiern. Ich konnte nicht erkennen, was.«

»Und Sie?!« Das Mißtrauen in Hartmanns Stimme war unüberhörbar. »Wieso haben sie Sie in Ruhe gelassen?«

»Woher soll ich das wissen?« antwortete Net gereizt. »Verdammt, ich bin froh, daß ich noch lebe.«

»Wo ist Gyell?« fragte Charity.

Net machte eine Kopfbewegung auf den Turm. »Bei den Ameisen.«

»Konntest du erkennen, was sie tun?«

»Wahrscheinlich ist er gerade dabei, ihnen zu verraten, wo sie uns finden«, sagte Hartmann.

»Ich glaube nicht, daß sie das interessiert«, sagte Net.

»Wieso?«

Net zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Aber ich ... hatte das Gefühl, daß sie sich nicht besonders für uns interessieren. Sie sind kaum einen Meter an mir vorbeigegangen. Sie hätten mich nur zu packen brauchen.«

»Vielleicht wollen sie uns alle zusammen haben«, knurrte Hartmann.

»Kaum«, antwortete Charity, »es sei denn...«

Sie verstummte mitten im Wort, als Kyle die Hand hob und überrascht auf den Gleiter deutete. Die beiden Ameisen, die bisher reglos neben dem gelandeten Fahrzeug gestanden hatten, fuhren plötzlich herum und rannten auf wirbelnden Beinen die Rampe hinauf. Die Tür begann sich zu schließen, und plötzlich drang ein hohes Pfeifen aus dem Rumpf des Fahrzeuges.

»Was geht da vor?« fragte Charity erschrocken.

Sie bekam die Antwort auf diese Frage schneller, als ihr lieb war. Aus dem hellen Pfeifen des Gleiters wurde ein schrilles, in den Ohren schmerzendes Heulen, und plötzlich kam auch in die Ameisen, die mit Eiern beladen aus dem Dom kamen, hektische Bewegung. Der Gleiter sprang mit einem Satz in die Höhe, während die Jared und die Ameisen in allen Richtungen davonstürzten.

»In Deckung!« brüllte Hartmann. Gleichzeitig ließ er sich nach vorn fallen und schlug schützend die Hände über den Kopf. Irgendwo am Himmel hinter ihnen blitzte es rot und unerträglich grell auf, und Charity sah eine dünne Spur aus blutrotem Licht, die einen Riß in den Himmel zu brennen schien, dann warf sich Kyle mit weit ausgebreiteten Armen gleichzeitig auf Net und sie und riß sie beide zu Boden. Im selben Moment traf irgend etwas den Gleiter, warf ihn herum und explodierte. Das Fahrzeug überschlug sich, fand aber wie durch ein Wunder noch einmal auf seinen Kurs zurück und versuchte mit schrill aufheulenden Motoren, erneut an Höhe zu gewinnen. Eine Sekunde lang sah es fast so aus, als würde es dem Piloten tatsächlich gelingen, den Gleiter wieder unter Kontrolle zu bringen, dann gab es eine zweite Explosion, und das Fluggerät stürzte auf die Kathedrale.

Charity schloß geblendet die Augen, als das Fahrzeug explodierte. Trotzdem war der Feuerball so grell, daß sie vor Schmerz aufstöhnte. Der Boden zitterte. Mit einem ungeheueren Donnern und Krachen brach die südliche Wand des Domes zusammen. Charity wälzte sich stöhnend herum, preßte die Hand gegen die Augen und arbeitete sich auf Hände und Knie hoch. In ihren Ohren schien das Donnern der Explosion kein Ende zu nehmen. Erst nach einer Sekunde begriff sie, daß das Krachen und Bersten der Explosion tatsächlich noch anhielt. Überall auf dem weiten Platz vor ihnen flammten grelle, weiße Feuerbälle auf, stießen rote und grüne Laserblitze vom Himmel und rissen die Staubspuren von MG-Salven den Boden auf.