Verzweifelt versuchten die Jared, dem Beschuß auszuweichen, aber Charity sah, wie Dutzende von ihnen getroffen wurden und zu Boden gingen. Und auch unter den Ameisen wütete das Laserfeuer.
Entsetzt hob Charity den Blick und starrte die drei Helikopter an, die über der Lichtung kreisten. Es waren schlanke, grün und erdbraun gefleckte Maschinen, deren Rümpfe die Form stählerner Haifische hatten und aus deren Heckturbinen grelle Flammenzungen schossen, während sie mit ruckhaften, unglaublich schnellen Bewegungen über die Lichtung rasten.
»Hartmann!« schrie sie. »Was bedeutet das?!«
Aber Hartmann antwortete nicht, und als Charity sich zu ihm umwenden wollte, stellte sie fest, daß er zusammen mit seinen beiden Begleitern auf die Lichtung gelaufen war, obwohl das Feuer der drei Hubschrauber so wütend und ungezielt war, daß sie sich damit auch selbst in Gefahr brachten.
»Dieser Idiot!« schrie Skudder. »Das war alles geplant! Er hat uns hereingelegt!«
Eine Granate schlug in unmittelbarer Nähe ihres Verstecks ein. Charity duckte sich hastig und riß die Arme über den Kopf, als ein Regen aus Erdreich und brennendem Holz auf sie herunterprasselte. Dann fuhr sie herum und stürmte hinter Hartmann her, wobei sie beide Hände hoch über den Kopf riß und heftig winkte. Überall rings um sie herum explodierten MG-Salven und grelle Laserblitze, und sie betete, daß die Piloten in den Helikoptern ihre blaue Space-Force-Uniform erkannten.
»Hartmann!« schrie sie, so laut sie konnte. »Aufhören! Sie sollen aufhören! Das ist Wahnsinn!«
Der Leutnant hatte die Mitte der Lichtung erreicht und war stehengeblieben. Charity beobachtete, daß er ein kleines Gerät in der Hand hielt, in das er hastig hineinsprach - und plötzlich erinnerte sie sich wieder daran, daß er etwas versteckt hatte, als sie ihn in dem Gebüsch erreicht hatte. Und jetzt wußte sie auch, was es gewesen war. Sie hatte sich Hartmann bis auf zwanzig Schritte genähert, als eine ganze Salve grellroter Laserblitze den Boden vor ihr aufriß und in einen See aus kochender, rotglühender Lava verwandelte. Mit einer verzweifelten Bewegung warf sie sich zur Seite. Ein betäubender Schmerz schoß durch ihr rechtes Bein und ihre Schulter, und einen Moment lang war sie benommen und hatte kaum die Kraft, sich herumzudrehen, um zu Hartmann zu blicken.
Zwei der drei Helikopter machten noch immer Jagd auf die Jared und die wenigen überlebenden Ameisen, während sich der dritte dem Dom näherte. Charity schrie entsetzt auf, als sie begriff, was der Pilot vorhatte.
Der Helikopter näherte sich mit heulenden Rotoren dem gewaltigen Tor des Domes. Eine Sekunde hing er reglos in der Luft. Dann zuckte es unter seinen Rotoren grell auf. Während der Pilot die Maschine blitzschnell zur Seite riß, zerriß eine ungeheuerliche Explosion das Innere des Domes. Sämtliche Fenster zerbarsten, die riesigen Torflügel wurden aus den Angeln gerissen, und ein weiteres Stück des ohnehin beschädigten Daches sank krachend herab.
Der Anblick erfüllte Charity mit einem solchen Zorn, daß sie ihre Benommenheit auf der Stelle vergaß und aufsprang, um auf Hartmann zu zu rennen. »Nein!« schrie sie, obwohl sie wußte, daß es längst zu spät war. »Nein! Nicht! Helen und Gurk sind noch dort drinnen!«
Beim Klang ihrer Stimme wandte sich Hartmann um und sah ihr kalt entgegen. Er hörte auf, in sein Funksprechgerät zu reden und machte statt dessen eine befehlende Geste mit der linken Hand. Lehmann hob sein Gewehr und zielte auf sie, aber Charity rannte weiter auf ihn zu. Mit wenigen Schritten erreichte sie Hartmann, packte ihn bei den Schultern und schüttelte ihn so heftig, daß er vor Überraschung sein Sprechgerät fallen ließ und einen Schritt zurücktaumelte. »Sind Sie wahnsinnig?« schrie sie.
Hartmann versuchte vergeblich, sich aus ihrem Griff zu befreien, Charity schüttelte ihn immer heftiger, bis Lehmann hinter sie trat und sie gewaltsam von ihm fort zerrte.
Währenddessen fuhren die beiden Helikopter fort, Jagd auf die Jared zu machen. Auf der Lichtung brannten zahllose Feuer, und dazwischen lagen Dutzende regloser Körper. Viele Jared aber versuchten noch immer vor den heulenden Ungeheuern aus Stahl, die über der Lichtung kreisten, zu fliehen. Plötzlich schwirrte ein schwerer Gegenstand durch die Luft und bohrte sich kaum einen Meter neben Hartmann in den Boden, und dann taumelte einer der Helikopter und trieb hilflos zwanzig, dreißig Meter weit durch die Luft, ehe der Pilot die Kontrolle über die Maschine zurückfand. Aus seiner linken Flanke sprühten Funken.
»Hören Sie endlich auf!« schrie Hartmann. »Wir müssen weg hier, ehe sie uns alle umbringen!«
Charitys Antwort ging im Lärm des dritten Helikopters unter, der keine zehn Schritte neben ihnen zur Landung ansetzte. Hartmann duckte sich, drehte das Gesicht aus dem Wind und hob schützend den linken Arm über den Kopf, während er mit der anderen Hand nach ihr zu greifen versuchte.
Charity wich seinem Griff aus, aber Lehmann, der immer noch hinter ihr stand, versetzte ihr einen Stoß, der sie auf Hartmann und den Helikopter zutaumeln ließ. Sie sah aus den Augenwinkeln, wie sich Skudder drohend zu dem Soldaten umwandte, aber er konnte die Bewegung nicht zu Ende führen, denn im selben Moment hob Felss seine Schockwaffe und streckte ihn mit einem gezielten Schuß nieder.
»Kommen Sie!« schrie Hartmann. »Wir müssen weg!«
Lehmann wollte ihr einen weiteren Stoß in den Rücken versetzen, doch mit einer raschen Drehung wich Charity dem Gewehrlauf aus, packte sein Handgelenk und brachte ihn mit einem harten Ruck aus dem Gleichgewicht. Der Soldat stolperte, fiel hilflos auf die Knie und verlor vollends die Balance, als Charity ihm einen gezielten Hieb verpaßte. Blitzschnell drehte sie sich herum und versuchte die anderen in dem Chaos um sie herum zu entdecken. Net kniete neben dem offenbar bewußtlosen Skudder, verzweifelt darum bemüht, ihn herumzudrehen, damit er nicht erstickte, denn sein Gesicht lag in einer morastigen Pfütze. Ein knappes Dutzend Schritte entfernt kam Kyle herangestürmt, aber plötzlich stemmte sich Lehmann auf, schwenkte seine Waffe herum und drückte ab. Ein greller Laserblitz traf den Megamann in die Schulter, wirbelte ihn herum und ließ ihn hilflos zu Boden taumeln.
Als Charity mit einem Schrei herumfuhr, um sich auf den Soldaten zu stürzen, trat Hartmann hinter sie und versetzte ihr einen Schlag in den Nacken, der sie bewußtlos zusammenbrechen ließ.
12
Sie konnte nicht sehr lange ohnmächtig gewesen sein, denn als sie erwachte, lag sie nicht auf einer Pritsche in irgendeiner unterirdischen Betonkammer, sondern auf dem harten, schaukelnden Boden eines Helikopters, der mit heulenden Turbinen über die Dächer der zerstörten Stadt hinwegraste. Ein hämmernder Schmerz saß in ihrem Rücken. Mühsam öffnete sie die Augen. Sie saß zwischen den beiden ungepolsterten Metallbänken, die den hinteren Teil des Helikopters beanspruchten, und dann sah sie die Mündung einer Schockwaffe, die direkt auf ihr Gesicht zielte. Einen halben Meter hinter dieser Mündung gewahrte sie Lehmann, der nervös am Abzug der Waffe spielte und sie aus zusammengekniffenen Augen anschaute.
»Keine Sorge«, erklang plötzlich Hartmanns Stimme. »Ihnen geschieht nichts, wenn sie vernünftig sind.«
Charity stemmte sich umständlich auf dem schwankenden Boden der Maschine in die Höhe. Ohne auf die Waffe in Lehmanns Händen zu achten, die ihren Bewegungen mißtrauisch folgte, drehte sie sich herum und beugte sich über Skudder, der zusammengesunken auf einer der Bänke lag. Net saß, an Händen und Füßen gefesselt, neben ihm und starrte abwechselnd Hartmann und die beiden anderen Soldaten haßerfüllt an.