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Nachdem sie sich davon überzeugt hatte, daß Skudder nicht ernsthaft verletzt war, ließ sie sich auf die Bank sinken und blickte einen Moment aus dem Fenster. Der Helikopter raste so tief über die Ruinenstadt hinweg, daß es Charity fast wie ein Wunder vorkam, daß er nicht längst mit irgend etwas kollidiert war.

Sie löste ihren Blick vom Fenster und sah wieder Hartmann an. »Das war von Anfang an so geplant, nicht wahr?« fragte sie.

»Nein«, antwortete Hartmann. »So war es nicht geplant.«

»Hatten Sie vielleicht nicht vorgehabt, einige von ihnen am Leben zu lassen?«

Hartmann seufzte. »Ich verstehe Ihre Verbitterung, Captain Laird«, sagte er. »Aber ich schwöre Ihnen, daß das nicht geplant war.«

»Ich verstehe«, murmelte Charity. »Ein bedauerlicher Unfall, nicht wahr?«

»Wir haben dieses Nest seit zehn Jahren gesucht«, antwortete Hartmann ernst. »Wir wußten, daß es irgendwo direkt vor unserer Nase sein mußte. Aber wir wußten eben nicht, wo. Und als Ihre Freunde uns mitnahmen, da...«

»Da dachten Sie, es wäre eine gute Gelegenheit, ein bißchen zu spionieren«, unterbrach ihn Charity zornig.

»Wenn Sie es so ausdrücken wollen.«

»Diese Helikopter waren die ganze Zeit über in unserer Nähe«, fuhr Charity fort, »habe ich recht?«

»Ja.«

»Das war Mord, Hartmann«, sagte Charity bitter. »Diese Menschen haben uns nichts getan. Im Gegenteil - sie haben einem Ihrer Männer das Leben gerettet.«

»Ich habe das nicht gewollt!« verteidigte sich Hartmann plötzlich fast schreiend. »Aber als ich den Gleiter sah, da dachte ich, er käme unseretwegen. Und danach war es zu spät.«

Charity wollte auffahren, aber plötzlich begriff sie, daß Hartmann die Wahrheit sagte. Wahrscheinlich hatte er einfach nur Angst gehabt, und dann waren ihm die Dinge schlicht und einfach aus den Händen geglitten.

»Die Sache mit dem Mädchen und dem Zwerg tut mir leid«, sagte Hartmann leise. »Ich hoffe, daß sie noch am Leben sind.«

»Ich auch«, sagte Charity ernst. »Doch wenn nicht, dann werde ich Sie persönlich dafür zur Rechenschaft ziehen, das verspreche ich Ihnen.«

»Leutnant?«

Hartmann drehte den Kopf, als die Stimme des Piloten aus der Kanzel herausdrang. »Ja?«

»Kontakt«, sagte der Pilot. »Zwei, vielleicht auch drei Gleiter. Zwanzig Kilometer voraus.«

Hartmann stand auf, machte einen Schritt und drehte sich dann wieder zu Charity herum. »Möchten Sie mich begleiten?« fragte er. Mit einem flüchtigen Lächeln fügte er hinzu: »Als ehemalige Raumfahrerin dürfte die Maschine Sie interessieren.«

Charity spürte, daß Hartmanns Worte nichts als ein ungeschickter Versuch waren, die Spannung zwischen ihnen zu lösen. Wortlos stand sie auf und folgte dem Leutnant. Die Technologie des Helikopters überraschte sie. Die Maschine war im Inneren wesentlich größer, als ihr schlankes Äußeres vermuten ließ, und das Cockpit erinnerte eher an eine Passagiermaschine denn an eine Kampfmaschine. Die Armaturen von Pilot und Funker lagen hinter schweren, völlig undurchsichtigen Visieren verborgen, und trotz der Unzahl von Instrumenten und kleinen LCD-Bildschirmen auf dem Kontrollpult konnte sie nirgendwo ein Steuer entdecken.

Dann begriff sie auf einmal. Die drei Maschinen, die das Lager der Jared angegriffen hatten, waren Stelth-Copter, düsengetriebene Kampfhubschrauber, von denen selbst sie bisher nur Zeichnungen gesehen hatte. Während ihrer letzten Jahre bei der Space-Force hatten sich die Gerüchte gemehrt, daß einer der europäischen Verbündeten in aller Heimlichkeit begonnen hätte, einen Prototyp dieser Rotorflugzeuge zu bauen. Aber sie hatte es damals nur für ein Gerücht gehalten.

Mit einer Mischung aus Verblüffung und widerwilliger Anerkennung sah sie Hartmann an, und für einen Moment leuchtete in den Augen des Leutnants Stolz.

»Eine phantastische Maschine, nicht wahr?« fragte Hartmann.

»Ja«, antwortete Charity grimmig. »Vor allem ihre Vernichtungskapazität. Wirklich beeindruckend.«

»Das war gar nichts, Captain Laird, glauben Sie mir. Ohne diese Maschinen wären wir alle nicht mehr am Leben.« Er wandte sich abrupt um und beugte sich über die Schulter des Piloten. »Wo sind sie?«

»Zwölf ... jetzt noch elf Kilometer voraus. Sollen wir sie runterholen?«

Hartmann überlegte einen Moment, dann schüttelte er den Kopf. »Nein. Landen Sie irgendwo. Wir haben schon genug Aufsehen erregt.«

Ohne daß der Pilot auch nur einen Finger rührte, verlor die Maschine an Geschwindigkeit und ging gleichzeitig tiefer. Einige Sekunden lang kreiste der Helikopter scheinbar unschlüssig über den Ruinen, dann erspähte der Pilot eine Lücke zwischen zwei niedergebrannten Gebäuden. So schnell und sicher, als fahre er seinen Wagen in die Garage hinter einem Haus, in dem er seit zwanzig Jahren wohnte, lenkte der Pilot den Helikopter in die Lücke und setzte auf. Die Turbinen verstummten mit einem letzten, schrillen Aufheulen, und über ihren Köpfen liefen die gebogenen Rotorblätter langsam aus. Das Licht erlosch wie auch die meisten der leuchtenden Kontrollanzeigen.

»Keine Sorge«, sagte Hartmann. »Es ist alles in Ordnung. Aber sie könnten die Wärmestrahlen der Turbinen anmessen, wenn sie nahe genug vorbeifliegen.«

»Sie müßten uns doch längst auf dem Radarschirm haben«, erwiderte Charity.

Hartmann schüttelte den Kopf. »Die Maschinen sind mit Radar nicht zu erfassen«, erklärte er, und wieder hörte Charity einen deutlichen Unterton von Stolz in seiner Stimme.

»Da wäre ich nicht so sicher«, erwiderte sie.

»Sie überschätzen diese Ameisenungeheuer«, antwortete Hartmann. »Ich glaube, sie sind nicht halb so gefährlich, wie die meisten annehmen.«

»Immerhin waren sie gefährlich genug, uns binnen weniger Tage in die Steinzeit zurückzubefördern«, widersprach Charity.

»Das war nichts als Pech«, erwiderte Hartmann beinahe gelassen. »Wir haben sie unterschätzt, wir wußten nicht, womit wir es wirklich zu tun haben. Glauben Sie mir, Captain Laird - wenn wir eine zweite Chance hätten, würden sie sich eine blutige Nase holen.«

Charity zog es vor, nicht weiter mit Hartmann zu streiten. Vielleicht hatte er ja sogar recht. Und vielleicht hatten sie wirklich eine reelle Chance, sich gegen die Invasoren zu erheben und sie sogar zu schlagen.

Neugierig beugte sich Charity vor und musterte das komplizierte Instrumentenpult des Stealth-Copters. Der Pilot neben ihr nahm den Helm ab. Er war sehr jung, vielleicht Mitte Zwanzig, aber Piloten, die solche Hochleistungsmaschinen flogen, mußten jung sein, denn nur ihre Reaktionen waren schnell genug, mit den Anforderungen fertig zu werden, die diese Geräte an den Menschen stellten.

»Es ist ein hübsches Spielzeug«, sagte der Pilot stolz. »Sie würden sich wundern, was man alles damit anfangen kann.«

Eine kleine Kostprobe davon habe ich gerade bekommen, dachte Charity bitter. Aber sie ließ sich von diesem Gedanken nichts anmerken, sondern fragte: »Wo ist der Steuerknüppel?«

Der Pilot wollte antworten, aber bevor er es tun konnte, machte Hartmann eine rasche, befehlende Handbewegung, die Charity nicht entging. Ganz offensichtlich glaubte Hartmann, daß sie nicht wußte, was ein Alpha-Helm war, in Wahrheit war sie wahrscheinlich der erste Mensch auf der Welt gewesen, der einen solchen Helm getragen hatte. Manchmal, dachte sie, hatte es vielleicht sogar gewisse Vorteile, wenn selbst Verbündete noch Geheimnisse voreinander hatten.

»Die Maschine ... braucht kein Steuer«, antwortete der Pilot ausweichend. »Das machen alles die Computer.«

Charity sah ihn zweifelnd an, und dann deutete er mit einem beinahe verlegenen Lächeln auf ein kleines Schaltkästchen, das in der Armlehne seines Sitzes eingelassen war. »Und den Rest erledige ich damit«, sagte er.