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»Ich habe gefragt, was da passiert ist«, herrschte Hartmann den dunkelhaarigen Techniker an.

»Ich ... bin nicht ganz sicher«, antwortete Stern nervös. Seine Finger glitten über das Pult, betätigten ein paar Schalter und hämmerten nervös auf die Tastatur eines Computers ein. »Aber es sieht aus wie...«

»Wie was?« fragte Hartmann scharf, als Stern zögerte, zu antworten.

Der Techniker sah auf, und der Ausdruck von Betroffenheit in seinen Augen veränderte sich zu blankem Schrecken. »Das war eine Atomexplosion, Herr Leutnant«, sagte er leise.

Hartmann war im Grunde nicht wirklich überrascht; er fragte sich nur, wer um alles in der Welt ein Interesse daran haben sollte, eine Stadt zu bombardieren, in der schon seit einem halben Jahrhundert nichts mehr lebte.

»Sind Sie sicher?« fragte er.

Stern nickte abgehackt. »Völlig. Die Daten lassen keinen anderen Schluß zu. Irgend jemand bombardiert die Stadt.«

Hartmann schwieg einen Moment. Was um alles in der Welt ging dort oben vor? Zuerst diese beiden Raumschiffe, die sich gegenseitig abschössen, und jetzt das...

Aber er war nicht hier, um Vermutungen anzustellen. Er war hier, um zu handeln.

»Welches Kaliber?« fragte er. »Und wo genau ist sie eingeschlagen?«

Stern blickte wieder für einen Moment auf seine Instrumente, dann antwortete er nervös und ohne zu Hartmann aufzusehen: »Nicht besonders groß. Ich schätze fünfzig - maximal sechzig Kilotonnen. Eher eine Granate statt einer Bombe. Aber es waren mehrere Treffer.«

»Mehrere?« vergewisserte sich Hartmann alarmiert.

Stern schluckte trocken und sah ihn nun doch an. »Mindestens drei oder vier«, sagte er, »vielleicht sogar mehr. Genau kann ich das nicht sagen. Die meisten Instrumente sind gestört.«

»Und wo haben sie eingeschlagen?« schnappte Hartmann.

Stern fuhr wie unter einem Hieb zusammen und versuchte, in den Kunststoffbezug seines Sitzes hineinzukriechen, während der neben ihm sitzende Breuer endlich die Hand von den Augen nahm und ihn und Hartmann abwechselnd ansah. Seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen, dachte Hartmann ärgerlich, hat er noch gar nicht mitbekommen, was überhaupt geschehen war. Was hatte er nur verbrochen, daß man ihm zwei solche Flaschen zugeteilt hatte?

»Ungefähr ... zehn Kilometer von hier, Herr Leutnant«, antwortete Stern nach einem weiteren, langen Blick auf seine Instrumententafel. »Deutz. Nicht weit von der Brücke entfernt. Wahrscheinlich ist sie zerstört worden.«

»Verdammt!« Hartmann wandte sich wieder um und blickte vorwurfsvoll die beiden ausgebrannten Bildschirme an, als gäbe er ihnen die Schuld daran, daß er nicht genau wußte, was dort vor sich ging.

»Gibt es sonst noch ein paar schlechte Neuigkeiten?« erkundigte er sich übellaunig.

»Es wimmelt von Schiffen«, sagte Stern leise. Seine Stimme klang fast ängstlich.

»Und was heißt das genau?« erkundigte sich Hartmann gepreßt, in jenem täuschend ruhigen, lauernden Tonfall, den alle, die das zweifelhafte Vergnügen hatten, mit ihm zu arbeiten, kannten und fürchteten.

»Das kann ich nicht genau sagen«, antwortete Stern unsicher. »Die meisten Geräte sind ausgefallen. Es wird ein paar Stunden dauern, bis sie wieder funktionieren. Aber es waren mindestens fünf oder sechs, als ich das letzte Mal auf den Schirm gesehen habe.«

»Fünf oder sechs...« wiederholte Hartmann halblaut. Ein besorgter Ausdruck huschte über sein Gesicht. In den mehr als fünf Jahrzehnten, die er jetzt hier Dienst tat, hatte er niemals mehr als drei der riesigen silbernen Flugscheiben gleichzeitig über der Stadt gesehen - und erst recht keine, die Atomgranaten auf leere Häuser warfen.

»Bombardieren sie noch?« fragte er.

»Im Moment nicht«, antwortete Stern eifrig. »Aber sie scheinen sich noch nicht entfernt zu haben, sonst hätte das Fernradar sie erfaßt.«

»Scharfsinnig geschlossen«, sagte Hartmann spöttisch und wandte sich zu den beiden Technikern um. Breuer senkte hastig den Blick und tat so, als wäre er gar nicht da, während Stern sich nervös mit der Zungenspitze über die Lippen zu fahren begann.

»Sie sind ja doch zu etwas zu gebrauchen, Stern«, fuhr Hartmann fröhlich fort. Dann wurde er übergangslos wieder ernst.

»Die Sache gefällt mir nicht«, sagte er. »Wecken Sie Lehmann und Felss, diese beiden Trottel. Sie sollen sich dort draußen ein bißchen umsehen.«

»Die Strahlung...« begann Stern, wurde aber sofort wieder von Hartmann unterbrochen.

»Ich habe sie nicht nach Ihrer Meinung gefragt, Stern«, brüllte Hartmann. »Leiten Sie den Weckvorgang ein!«

*

Das Bombardement von Steintrümmern auf dem Dach war dem beständigen Rieseln von Staub gewichen. Doch noch immer konnten sie Explosionen vernehmen. Es hörte sich an, als bräche die gesamte Stadt über ihren Köpfen zusammen.

Beiläufig fragte Charity sich, warum sich die Moroni die Mühe machten, die Ruinenstadt mit einem Teppich aus kleineren Sprengkörpern zu belegen, statt einfach eine Wasserstoffbombe zu werfen und die selbsternannten Retter der Welt damit bis ans andere Ende des Sonnensystems zu pusten. Sie hatten trotz allem noch Glück gehabt; Kyle, der offensichtlich im Dunkel sehen konnte wie eine Katze, hatte sie zu diesem uralten, rostigen U-Bahn-Waggon geführt, der seit einem halben Jahrhundert verlassen auf den Schienen stand. Sie hatten ihn kaum betreten, als der halbe Tunnel über ihren Köpfen zusammenzubrechen begann. Vielleicht war die letzte Explosion nicht einmal die schwerste gewesen, sondern nur der letzte Schlag, der die ohnehin erschütterten Fundamente des unterirdischen Stollens zum Einsturz brachte. Charity hatte minutenlang nicht damit gerechnet, die nächsten Augenblicke zu überleben: Das vordere Teil des Wagens war unter Tonnen von Beton und herabstürzender Erde regelrecht plattgedrückt worden. Doch dann war Ruhe eingetreten.

»Was zum Teufel tun die da oben?«

Gurks Stimme klang gepreßt aus der völligen Dunkelheit. Niemand antwortete, aber Charity schob zum wiederholten Mal den linken Ärmel hoch und blickte auf den Geigerzähler. Die kleine, rote Anzeige stellte im Moment ihre einzige Lichtquelle dar. Die Strahlenwerte befanden sich zwar noch nicht im akuten Gefahrenbereich, aber allmählich wurde die Sache mulmig.

Obwohl sie so blind wie die anderen war, spürte sie plötzlich, daß Kyle sie ansah. »Ihre Freunde scheinen ziemlich großen Wert darauf zu legen, uns zu erwischen«, sagte sie.

Kyle antwortete nicht darauf, aber Skudder fügte vom anderen Ende des Waggons aus hinzu: »Ja. Ich frage mich nur, hinter wem sie eigentlich her sind.«

»Hinter mir«, sagte Kyle.

»Und deshalb verseuchen Sie eine halbe Stadt mit radioaktiver Strahlung?« fragte Charity zweifelnd.

»Die Strahlung ist sehr kurzlebig«, sagte der Megamann. »In ein paar Tagen ist die Gefahr vorbei.«

»Ein paar Tage?!« Skudder lachte humorlos. »Na, wenn es weiter nichts ist. Dann schlage ich doch vor, daß wir es uns hier unten gemütlich machen.«

»Hör auf, Skudder«, sagte Charity matt. Dann drehte sie sich wieder in die Richtung, aus der Kyles Stimme in der Dunkelheit erklungen war. »Was haben Sie getan, daß sie sich solche Mühe machen, Sie umzubringen?«

»Nichts«, antwortete Kyle. Sie hörte, wie er aufstand und in der Dunkelheit an irgend etwas zu hantieren begann. »Ich vermute, sie sind nicht besonders glücklich darüber, daß ich mich nicht umbringen lassen wollte.«

»Vielleicht sollten wir ihnen den Gefallen tun und das nachholen«, sagte Gurk giftig.