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Skudder lächelte flüchtig, wurde aber sofort wieder ernst. »Vielleicht ist es wirklich Kyle«, sagte er. »Nach allem, was wir wissen, ist er der erste von diesen Megamännern, der abtrünnig geworden ist. Vielleicht besitzt er Informationen, die auf keinen Fall in die falschen Hände geraten dürfen. Immerhin sind sie so etwas wie ihre Elite-Einheit, wenn ich das richtig sehe.«

Das war eine Möglichkeit, dachte Charity. Aber das konnte nicht der ganze Grund sein. »Es muß ... irgend etwas mit dem Bunker zu tun haben«, murmelte sie. »Der NATO-Zentrale, die wir in Paris gefunden haben.«

»Wieso?« fragte Skudder.

Charity zuckte mit den Achseln. »Es ist nur ein Gefühl«, sagte sie. Sie sah Helen an, ehe sie weitersprach. Das Mädchen war jetzt wieder bei Verstand und blickte mit einer Mischung aus Neugier und Erschrecken zu ihr auf.

»Irgend etwas war in der Zentrale, das ungeheuer wertvoll für sie war«, fuhr sie fort. »Mit Ausnahme Barlers war ich die einzige, die dort unten war. Und ich habe mich eine ganze Weile an den Computern zu schaffen gemacht.«

»Sie meinen...« Helen sog erschrocken die Luft ein und starrte sie aus entsetzt geweiteten Augen an. »Sie glauben doch nicht, daß mein Vater diese Bomber hinter uns hergeschickt hat?!« sagte sie empört.

»Nein«, antwortete Charity; eine Spur zu hastig, um wirklich überzeugt zu klingen. »Er selbst sicher nicht. Wahrscheinlich weiß er nicht einmal etwas davon. Aber jemand, der glaubt, wir hätten irgend etwas erfahren.«

»Aber das ist doch Unsinn!« protestierte Helen. »Mein Vater würde nie...«

»Er ist nicht dein Vater, Kleines«, unterbrach sie Gurk hart. Er machte eine zornige Geste in die Richtung, in der Kyle verschwunden war. »Er ist auch einer wie er.«

In Helens Augen blitzte es kampflustig auf. Aber bevor es zwischen ihr und dem Zwerg wirklich zum Streit kommen konnte, kehrte Kyle zurück und winkte ihnen zu, den Wagen zu verlassen.

Skudder und Charity kletterten rasch durch das zerborstene Fenster ins Freie, während Net Helen dabei half, vorsichtig aufzustehen. Sie konnte jetzt wieder aus eigener Kraft gehen, aber ihr Gesicht verzerrte sich vor Schmerz, als sie den Fuß belastete, und nach kurzem Zögern griff Skudder kurzerhand zu und hob sie wie ein Kind aus dem Wagen.

»Nun?« fragte Charity.

»Der Stollen ist eingestürzt«, sagte Kyle. »Keine Chance, durchzukommen.«

»Und in der anderen Richtung?«

Abermals schüttelte Kyle den Kopf. »Selbst, wenn es einen Weg gäbe, wäre die Strahlung tödlich. Zumindest für euch.«

»Wunderbar!« sagte Gurk. »Dann sitzen wir ja richtig schön in der Falle. Deine Freunde brauchen nur noch zu kommen und uns einzusammeln.«

»Vielleicht gibt es doch einen Weg«, sagte Kyle unberührt. »Ich habe eine Tür entdeckt. Dahinter liegt eine Treppe, die in die Tiefe führt. Ich weiß nicht wohin.«

»Dann finden wir es heraus«, schlug Charity vor.

3

Hartmann drückte seine Zigarette in den Aschenbecher und hustete, während er Breuer dabei zusah, wie er den ausgebrannten Monitor aus der Höhlung in der Wand wuchtete und dabei eine Reihe kleiner zischender Kurzschlüsse verursachte, weil er vergessen hatte, einige Drähte abzuklemmen.

Hartmann seufzte wortlos. Er fragte sich, wen Breuer in seinem früheren Leben bestochen oder erpreßt hatte, um diesen Job zu bekommen. Er war zwar ein Genie an seinen Computern, aber ihn einen Stecker in die Steckdose schieben zu lassen, grenzte schon an Selbstmord.

Er schüttelte wortlos und sehr mißbilligend den Kopf, zündete sich eine neue Zigarette an und blies eine graue Rauchwolke in Sterns Gesicht, der demonstrativ hustete und mit den Händen in der Luft herumzufuchteln begann.

»Irgend etwas Neues?«

Stern schüttelte den Kopf und tat so, als blicke er konzentriert auf seine Monitore. »Nein. Sie sind immer noch da. Und es kommen immer neue. Bis jetzt sind es...« Sein Blick wanderte über drei, vier der kleinen Bildschirme und streifte mißbilligend das glühende Ende der Zigarette in Hartmanns Mundwinkel. »Fünfundzwanzig.«

»Bombardieren sie noch?«

»Nein. Aber sie kreisen über dem Gebiet, das sie beschossen haben. Das gefällt mir nicht.«

Hartmann warf einen flüchtigen Blick zu Breuer hinüber, der gerade versuchte, einen Kabelschuh zu lösen. Hartmann hoffte inständig, daß es ihm gelang. Ersatzteile wurden allmählich knapp. »Glauben Sie, daß sie landen?«

Diesmal schüttelte Stern sofort und sehr entschieden den Kopf. »Unmöglich!« sagte er. »Ich weiß nicht, was für ein Teufelszeug sie da geworfen haben, aber es sind verdammt dreckige Bomben.«

Hartmann legte den Kopf schräg und sah ihn fragend an.

»Kurze Halbwertzeiten«, erklärte Stern. »Vielleicht drei oder vier Tage; maximal. Aber im Moment ist es dort verflucht heiß.«

Hartmann sog so heftig an seiner Zigarette, daß ihr Ende weiß aufglühte und Stern ihm einen weiteren, mißbilligenden Blick zuwarf. Danach fragte er: »Haben Sie schon irgend etwas von diesen beiden Flaschen gehört?«

»Lehmann und Felss?« Stern schüttelte den Kopf. »Nein. Aber sie sind auch erst vor ein paar Minuten los. Ich...«

Er brach mitten im Satz ab, und für einen Moment erschien ein erschrockener Ausdruck auf seinem Gesicht. »Da stimmt irgend etwas nicht«, murmelte er.

»Was stimmt nicht?« fragte Hartmann. Aber Stern antwortete nicht.

Plötzlich glitten seine Finger in rasendem Tempo über die Tasten auf dem Pult vor sich, und ein halbes Dutzend der kleinen Bildschirme begann wie wild zu flackern. Eine Alarmsirene begann zu wimmern und verstummte mit einem Mißton, als Stern mit der Hand auf einen Schalter schlug.

Hartmann sah ihm einen Moment mit einer Mischung aus Interesse und Ärger zu, dann drehte er sich demonstrativ herum und betrachtete weiter Breuers tapfere Versuche, den zerstörten Monitor auszutauschen, ohne dabei sein Leben einzubüßen. Nachdenklich sog er an seiner Zigarette, hustete wieder und drückte sie mit einer ärgerlichen Bewegung in den Aschenbecher.

»Leutnant Hartmann?«

Irgend etwas am Klang von Sterns Stimme gefiel Hartmann nicht. Er drehte sich herum und sah den Techniker fragend an. »Was gibt's?« rief er.

Stern schob seinen Stuhl zurück und stand auf. Er deutete auf das Instrumentenpult vor sich. »Sie sollten sich das selbst ansehen, Herr Leutnant«, sagte er.

Hartmann warf ihm einen unwilligen Blick zu und trat um das Pult herum, aber anders als sonst reagierte Stern nicht darauf, sondern wiederholte nur seine auffordernde Geste. Seine Augen waren dunkel vor Furcht, und auf seiner Stirn erschien plötzlich ein Netz feiner, glitzernder Schweißtropfen, obwohl es in der kleinen Überwachungszentrale eher zu kalt als zu warm war.

»Ich fürchte«, sagte er leise, »wir bekommen Ärger.«

*

Die Treppe führte in engen Windungen in die Tiefe, wie ein Schneckenhaus aus Beton, und Charity hatte schon nach wenigen Dutzend Stufen aufgehört, sie zu zählen. Es gab Licht hier unten; ein rotes, blasses Licht, das alle Bewegungen ruckhaft und abgehackt erscheinen ließ und das aus einer Anzahl winziger, von rostigen Drahtkörben geschützter Lampen unter der Decke stammte.

Sie hatten eine kleine, völlig zerstörte Schleusenkammer durchquert, in der irgend etwas explodiert sein mußte. Die Wände waren geschwärzt, und alles, was nicht aus Beton gewesen war, war bis zur Unkenntlichkeit verschmort oder verkohlt gewesen. Aber ihr war trotzdem aufgefallen, daß die Tür am Ende dieser kleinen Schleusenkammer ungewöhnlich dick und massiv gewesen war: eine Platte aus fast zollstarkem Spezial-Stahl, die selbst einem Schuß aus ihren Lasern standgehalten hätte. Und doch hatte irgend etwas die Tür aus den Angeln gerissen. Die tiefen, schimmernden Kratzer in dem gehärteten Stahl erinnerten Charity auf unangenehme Weise an die Spuren gewaltiger Krallen oder Zähne. Und wem immer diese Krallen oder Zähne auch gehörten - keiner von ihnen verspürte große Lust, diesem Wesen zu begegnen.