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Sie brachte ihr Geschirr in die Küche. Sie hatte kaum etwas gegessen. Sie warf alles in den Müllschlucker. Käsebrot und Suppe und den Teller und die Suppentasse. Dann ging sie in die Halle. Sie hielt die Wasserflasche an sich gepresst. Unter diesen Umständen konnte sie nicht in Ginos Zimmer zurück. Sie würde es nicht ertragen können, wenn Gino kam, die Dildos zu holen. Oder nicht kam. Oder mit Cindy ins Zimmer kam. Sie war nicht prüde, und Gino. Sie war ja befreundet mit ihm. Da konnte eine Cindy nichts zerstören. Aber sehen wollte sie ihn nicht. In ihr Zimmer konnte sie auch nicht. Im pool. Da wurde bis spät in die Morgenstunden noch. Das hielt sie schon gar nicht aus. Sie ging in den Speisesaal zurück. Hinten an der Wand. Sie legte sich auf eine der Bänke da. Sie würde ohnehin nicht schlafen, und wenn es wieder hell war, dann konnte sie in ihr Zimmer zurück. Bei Tageslicht war es nicht so schlimm.

Dezember

Es war wie im Kino. Es war dunkel. Nur vorne beim Eingang Licht und hinter den Glasscheiben der Rezeption. In der Eingangshalle. Die Sesselreihen auf die Anzeigetafel ausgerichtet. Auf der Anzeigetafel tauchten Namen auf. Die Namen waren weiß auf den schwarzen Hintergrund geschrieben. Dann wurden die Namen rot, und die Buchstaben begannen zu blinken. Dann rollte der Namenszug nach links aus dem Bild und rollte von rechts wieder herein. Rote Sternchen fassten die Namen. Immer wieder blieben die Schriftzüge stehen und blinkten. Eine der wartenden Personen schob sich durch die leeren Reihen hinaus und ging an den Schalter gleich beim Eingang. Der Mann da sagte etwas. Die Person ging davon. Nach rechts zum Lift. Einen Gang nach hinten. Einen Gang nach rechts außen. Die beiden Frauen wurden aufgerufen. Das Paar vorne blieb sitzen. Die Anzeigetafel wurde schwarz, und es begann die Werbung für eine Hustenmedizin und ein Aufklärungsvideo über Ernährung. Ein kleines Mädchen war zu sehen. Dann fast food. Schokoladetafeln. Hamburger. Pommes. Ketchup. Eis in allen Farben. Dann sah man das Mädchen wieder und konnte zusehen, wie es älter wurde und immer fetter. So würde diese Person aussehen, wenn sie 20 wäre und das alles gegessen hätte, was zu sehen gewesen war. Dann 40. Dann alt. Das Mädchen sah dann aufgequollen aus und müde. Vor allem müde. Dann kamen Obst und Gemüse und rotes Fleisch, und das Mädchen würde mit 20 strahlend aussehen. Jung. Schlank. Begehrenswert.

Sie wartete auf den Namen. Sie hatte sich Denning genannt. Sie hatte auf den Schein Emily Denning geschrieben. Und dass sie seine Ehefrau wäre. Der Mann hatte sie fragend angeschaut. Dann hatte er auf den Zettel geschaut und mit den Achseln gezuckt. Sie hatte gefürchtet, er würde einen Ausweis verlangen. Die Heiratsurkunde. Ihren Pass. Sie hatte sich beherrscht. Sie war so von Empörung und Angst erfüllt, dass sie sich vor nichts fürchtete und jede Lüge zustande gebracht hätte. Aber es wurde ihr nichts abverlangt. Sie solle warten, hatte der Mann nur gesagt. Ihr Name würde auf dem Bildschirm erscheinen. Dann könne sie in den 2. Stock. Dort würde ihr dann weitergeholfen. Und nein, er könne keine Auskunft geben.

Es war Morgen. Samstagmorgen. Über dem Bildschirm war eine Leuchttafel mit dem Tag und dem Datum. Samstag, stand da. Das Wort Samstag hielt ihren Kopf von ihrem übrigen Körper fern. Das Wort Samstag da auf der Anzeigetafel schob sich in sie hinein, zwischen sie, und ihr Kopf schien ihr weit weg von sich zu sein. Sie fühlte aber auch nichts von sich im Körper, obwohl die Sorge um ihn sie zittern ließ. Seit Kurtchen sie aufgeweckt hatte. Sie hatte gedacht, er wolle sie vertreiben. Sie hatte sich auf der Bank im Speisesaal nur ausruhen wollen, und Kurtchen wollte sie vertreiben. Sie hatte begonnen, ihn anzuschreien, und dass er sie nicht berühren solle. Aber das Gesicht von ihm. Sie war sofort weggefahren. Sie war in ihr Zimmer gerast, den Autoschlüssel holen. Da war er aber nicht, und einen Augenblick dieses Gefühl. Die Wut und die Verzweiflung. Es war nichts anderes da. Sie war zu der Wut und dieser Verzweiflung geworden. Sie war in diese Wut und Verzweiflung verwandelt, und gerade in dem Augenblick, in dem sie dachte, sie müsse zerplatzen. Sich auflösen. Kleine Spritzer von Wut und Verzweiflung in alle Richtungen sprengend, und sie nicht mehr vorhanden.

Der Autoschlüssel war im Auto gewesen. Steckte da, und sie musste sich nur hineinsetzen und losfahren. Ohne Mantel. Die Windschutzscheibe vereist und undurchsichtig, und die Heizung bis lange nach Kötzting gebraucht hatte, das Eis wegzuschmelzen. Sie hatte Antifrostmittel aufgespritzt und einen Matsch auf dem Fenster gehabt. Aber so früh am Morgen war noch niemand auf der Straße gewesen, und die Schneewehen so hoch an den Straßenrändern. Sie war immer wieder in die Spur zurückgeschoben worden, wenn sie zu weit nach außen geriet. Das Krankenhaus dann angeschrieben. Tafeln. Kreiskrankenhaus. Chirurgische Abteilung. Kreiskrankenhaus in der Kreisstadt. Es hatte sich in ihrem Kopf gedreht. 5 Uhr am Morgen. Alles dunkel. Sie war durch immer gleiche schneebegrenzte Straßen, über immer gleiche Schneehügel gefahren. Nichts am Himmel zu sehen. Nur ihr Auto durch die Landschaft. Von den Schildern geführt. Durchgezogen von den Schildern. Die Schilder entlang nach Cham. Kurtchen hatte gerade begonnen, das Frühstücksbuffet herzurichten. Deshalb hatte er das Telefon gehört. Ihr handy.

Sie griff in die Hosentaschen ihrer Adidashose. Nichts. Das handy war sonst immer da. Sie war immer erreichbar. Warum war sie nicht angerufen worden. Aber wo war das handy. Es wurde hell. 7 Uhr am Samstagmorgen. Das Licht in der Halle wurde aufgedreht. Die dritte Kerze auf dem Adventskranz brannte. Eine Glühbirne in der Form einer übergroßen Kerzenflamme. Der Adventskranz riesig. Er hing über der Wartezone.»Wartezone «stand auf einem Pfeil neben der verglasten Rezeption. Der Mann da. Er starrte auf einen Bildschirm. Sie hatte plötzlich das Gefühl. Eine Gewissheit. Sie musste nur schreien, und es ginge ihr besser. Sie würde mit dem Schreien diese Entfernung zwischen ihrem Kopf und dem Druck und Jagen in ihrer Brust schließen können. Dann wusste sie sofort, dass danach alles noch schlimmer sein würde. Man würde aufmerksam auf sie werden. Einer der Ärzte. Die Bilder der Ärzte hingen an der Wand vorne neben dem Lift. Sie konnte nur die kleinen Bildchen sehen und die Überschrift lesen.»Unser Ärzteteam «stand da. Ein Bild in der Mitte unter der Überschrift und dann drei nebeneinander und dann viele Bildchen. Sie wurden immer kleiner nach unten. Damit sie Platz hatten. Eines von diesen Bildern. Sie würde einem von diesen Bildern auffallen. Wenn sie jetzt hier zu schreien begann. Das Unglück darüber, was dann wieder geschehen würde, ließ sie wimmern. Sie hörte sich selbst wimmern. Der Mann und die Frau in der ersten Reihe drehten sich zu ihr um. Schauten sie an. Wandten sich wieder ab. Sie legte die Arme über den Sessel vor ihr und legte den Kopf auf ihre Arme. Was war los. Es stimmte gar nichts. Sie war verwirrt. Sie hatte nicht in ihr Zimmer im Hotel gehen können und daliegen. Sie saß hier im Jogger und heulte herum. Auf der Anzeigentafel war Samstag. Für sie war Freitag. Sie hätte lernen sollen. Sie hätte diese Prüfung längst machen sollen. Dann hätte sie gar nicht mehr hier sein müssen. Jetzt einmal. Wenn sie das correction officer exam abgelegt hätte. Ja. Ablegen. Das nannten die so. Ablegen. Die Unruhe in ihr. Das schaukelte. Schwappte. War es so weit. War es so weit gekommen, und sie war übergeschnappt. War sie die asoziale, verrückte Person geworden, die die Tante Marina ihr prophezeit hatte. Wegen der Betsimammi. Aber auch das Mammerl. Und alle in der Schule. In Stockerau jedenfalls. Und in England dann ja auch. War die schlechte soziale Prognose jetzt eingetroffen, und sie würde in Cham in Bayern in der Wartezone des Kreiskrankenhauses zu schreien beginnen, und eine Fotografie würde von der Wand steigen und sich ihrer annehmen. Infusionen und Tabletten. Ein Bett und alles im Schwindel verschwimmend. War das mit der Zeit. Dass sie einen Tag. Verloren. Sie hatte einen Tag verloren. Wusste nichts. Alkohol. Aber Alkohol war nur das Medium von solchen Störungen. Musste sie sich selbst einliefern. Wäre das das Richtige. Sollte sie die Gelegenheit ergreifen und sich. Ausliefern. Aber sie hätte ihre Manuskripte mitbringen müssen. Als Beweise. Wenn sie vorlegen hätte können, wie sie lernen sollte, warum sie dem Gefangenen Pedro den Gang auf die Toilette verwehren musste. Weil die Gefahr bestand, dass der Gefangene Pedro sich auf der Toilette selbst verletzen könnte und der Gefangene Pedro in die» Safariland-spit-net-transport-Kapuze «gesteckt werden musste und mit den» Hiatt-Thompson-1010-series-stainless-steel-chain-link-handcuffs «versichert in die Isolierzelle gebracht werden und sie ihn dort auf den Box-lock-Sicherheitsstuhl schnallen musste und ihn da festsperren.»Until prisoner makes eye contact and indicates subservience.«