Sie schüttelte den Kopf. Konnte es nicht glauben. Die Situation. Das war alles nicht wahr. Aus dem handy kam Ginos Stimme. Dünn. Sie hob das handy auf. Gino sprach vor sich hin. Er erzählte das Märchen von Hänsel und Gretel. Er war bei der Stelle, bei der Gretel der Hexe das falsche Knöchelchen hinhielt. Er musste schon lange diese Geschichte erzählt haben. Sie hörte ihm zu. Dann fragte er, ob sie wieder da sei. Unter den Lebenden. Er habe sie scheußlich japsen gehört. Und ob sie jetzt endlich von da verschwunden sei. Weglaufen. Das wäre das einzig Richtige. Sie solle jetzt. Ja. Wo sei sie denn gerade.»Ich sitze auf dem Specksteinboden vor dem Konferenzzimmer, das früher sicher das Lehrerkonferenzzimmer war.«»Gut. «sagte Gino. Dann solle sie einmal aufstehen. Könne sie das. Ja? Gut. Dann weiter. Wohin müsse sie gehen. Wie käme sie hinaus.»Ich gehe die Stiegen hinunter und zum Turnsaal zurück. Wahrscheinlich. Alle Türen sonst. Das weiß ich nicht. «Gut. Sie solle anfangen. Was mache sie gerade.»Ich steige die Stiegen hinunter. Jetzt bin ich am Stiegenabsatz. Ich gehe die breite Haupttreppe hinunter. Ich bin gleich an der Tapetentür zum Turnsaal. Zum Gang zum Turnsaal. Ich bin an der Tapetentür. Ich mache sie auf. Ich mache die Tapetentür zu. «Habe sie alles bei sich, fragte Gino. Nicht dass sie noch einmal zurückmüsse. Sie stand still. Konnte sich nicht bewegen. Wenn der Autoschlüssel. Der Schlüsselbund. Wenn das nicht da war. Dann tastete sie nach dem Schlüsselbund. Der war da.»Ich habe alles. Ich gehe jetzt den Gang hinunter. Gino. Ich bin müde. Ich bin sooo müde. Ich möchte mich hinlegen und schlafen. «Das wäre der Schock. Sie müsse da hinaus. Sie solle gar nicht daran denken, dass sie müde wäre. Und was sie denn nun eigentlich gelernt hätte. In ihrer Ausbildung.»Haben die euch nicht ein emergency cope training zukommen lassen?«Das wäre doch das Mindeste. Aber diese Militaristen. Die setzten alle auf Erschöpfung. Das wäre das einzige natürliche Beruhigungsmittel, das die kennten. Aber die wüssten eben nichts. Er. Er könne wiederum das Allerbeste von der Drogenfront berichten. Er. Er wolle sich jeden Tag narkotisieren lassen. Diesmal hätte er die allerbesten Horrorträume gehabt. Besser als der beste Film.»Ich habe das noch nie verstanden. Wie du diese Filme aushalten kannst. «Sie sei eben ein Blümchen und wirklich in der falschen Branche gelandet.»Nein. Das ist genau anders. Nur Leute wie ich gehen umsichtig vor. Jemand wie du. Einer wie du, der Angst zur Steigerung seines Lebensgefühls braucht. Der wäre unzuverlässig. «Das wäre aber allgemein bekannt. Dass er unzuverlässig sei. Wo sie denn nun wäre.»Ich versuche gerade, diesen Türrahmen wegzuschieben. Wenn ich. Ich muss da. «Sie solle nicht so ächzen. Er würde davon nicht beeindruckt. Ob sie es nun schon geschafft habe. Das wäre nun wirklich öde. Wie lange das alles bräuchte. Ob sie wirklich so geschickt sei, wie sie das glaube.
Sie warf sich mit der Schulter gegen Tür mit dem daran hängenden Türrahmen. Sie hätte an der Tür ziehen müssen. Die Mauer war außen verrottet. Sie hätte die Tür nach innen ziehen müssen. Die Vorstellung. Diese Bewegung nach innen. Die Tür nach innen. Völlig unmöglich. Sie hätte davonlaufen müssen. Den Gang zurück. Und was dann. Sie schob und stieß. Sie spürte ihren Kopf rot werden vor Anstrengung. Am Ende gab das Holz nach, und das ganze Schloss brach heraus. Die Tür schwang nach draußen. Der Türrahmen hing schief. Sie stürzte ins Freie. Sie begann zu laufen. Konnte nicht. Sie musste mitten auf dem Platz stehen bleiben. Unter der rechten Rippe ein solcher Schmerz. Sie ging weiter. Steif. Gino hatte schon lange nichts gesagt. Wie sollte sie über die Mauer kommen. Sie suchte die Stelle, an der der Apfelbaum herüberhing. Sie seufzte. Seufzen war gut. Sie ging tief seufzend an die Baracke heran. Sie zog den rechten Schuh aus. Zog ihn über die rechte Hand. Ein Handschuh, schoss es ihr durch den Kopf. Sie begann zu kichern. Sie schlug ein Fensterglas ein. Sie hielt das handy in der linken Hand. Fragte Gino, ob er noch da sei.»Wo sonst. «fragte er. Was sie mache. Wo sie sei. Gino klang schläfrig. Matt.»Ich mache das jetzt schon. «sagte sie.»Ich muss das handy einstecken. Ich brauche beide Hände. Dann ist es gut.«»Good luck. «Sie schaltete auf Lautsprecher. Gino sprach mit sich selber. Das klinge alles nicht gut, was er da höre. Was sie denn mache.»Ich breche ein. «rief sie. Sie zog den Schuh wieder an. Sie hatte das Fenster aufgebracht und kletterte in den Raum. An einem Tisch standen 4 Sessel. Die Betten waren roh gezimmert. Der Tisch und die Sessel. Die waren von Ikea. Sie trug einen Sessel an das Fenster. Sie brauchte drei Sesselhöhen, um da hinaufzukommen.»Ich mache jetzt einen Zirkusakt. «Sie stapelte zwei weitere Sessel übereinander. Brachte sie zum Fenster. Hievte die Sessel durch das Fenster auf das Gras. Sie kletterte aus der Baracke hinaus. Trug die Sessel an die Mauer. Türmte die Sessel aufeinander. Es ging immer nur, 3 Sesselbeine auf der Sitzplatte des unteren Sessels aufzustützen.»Ich weiß jetzt, warum man uns immer verboten hat, zwei Sessel aufeinanderzutürmen und dann darauf herumzuklettern. Es ist wirklich nicht sicher. «Er sei ja dankbar für das Adrenalin, das sie in ihm ausgelöst habe mit diesem Abenteuer. Aber langsam werde er müde. Die Reaktion setzt ein. Er sagte das, wie der George-Clooney-Charakter in» E.R.«. Die ersten Folgen.»Wir verlieren ihn. «Sie wiederholte den Schreckensruf aus dieser Serie. Sie wiederholte es.»Wir verlieren ihn. Wir verlieren ihn. Wir verlieren den Patienten. «Sie stieg auf den ersten Sessel. Turnte auf den zweiten. Sie hielt sich an der Mauer fest. Mit dem dritten Sessel kam sie nicht annähernd in die Höhe der Mauer oben. Aber sie konnte sich hinaufziehen. Ein Klimmzug. Sie suchte eine Stelle, an der die Glasscherben nur Glaskiesel waren. Sie griff hin. Stieß sich von dem Sesselturm ab. Die Sessel fielen um. Polterten ins Gras. Sie hing aufgestützt an der Mauer. Gino fragte aus ihrer Brusttasche, warum sie so schnaufe. Sie musste lachen. Sie hing da und lachte. Dann sah sie das Blut unter der linken Hand herausquellen. Das Lachen hörte auf. Sie zog das rechte Bein hinauf. Verlor fast den Schuh dabei. Der Ballerina zu locker. Rechts. Aber sie konnte den Schuh mit hinaufbalancieren. Sie zerschnitt sich das rechte Knie. Sie richtete sich auf. Bekam einen Ast vom Apfelbaum zu fassen. Zog sich hinauf. Sie musste sich beherrschen, nicht schon zu laufen zu beginnen. Im Rücken. Eine klirrende Verwundbarkeit. Sie stand auf der Mauer. Mit dem Rücken zum Gebäude. Sie begann zu zählen. Gino zählte mit. Sie brauchte bis 14, bis sie über den Ast des Baums zu den Astgabelungen gelangt war und dann hinuntergestiegen. Was sie jetzt noch machen müsse, fragte Gino.»Die Mauer entlang zum Parkplatz. «Dann solle sie das tun. Sie nahm das handy wieder in die Hand. Ans Ohr. Sie keuchte. Gino summte» New York. New York. «Sie keuchte. Hastete. Sie lief um die Mauer auf den Parkplatz. Sie hätte sich umschauen sollen. Sie stürzte zum Auto. Riss am Zippverschluss der Windstopperjacke. Fummelte den Schlüsselbund heraus. Sperrte auf. Die Hände steif und ungelenk. Aufgeschürft und links blutig. Im Auto. Sie startete sofort. Sie drückte die Sicherungsknöpfe herunter. Die Vorstellung. Jemand käme gelaufen und risse die Autotür auf. Sie fuhr hinaus. Gino summte weiter. Sie fuhr genau. Als führe sie das erste Mal. Doch zu wenig Praxis. Gino stimmte ihr zu. Sie kam an die asphaltierte Straße durch das Tal. Sie bog nach links. Wo sie jetzt sei, fragte Gino. Noch in Tschechien.