DIE SCHWARZE RUDERSCHAFTWOLFGANG HOHLBEIN
KAPITÄN NEMOS KINDER
DIE SCHWARZE BRUDERSCHAFT
UEBERREUTER
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Hohlbein, Wolfgang: Kapitän Nemos Kinder / Wolfgang Hohlbein. - Wien: Ueberreuter Die schwarze Bruderschaft. - 1995
ISBN 3-8000-2413-6 J 2215/1 Alle Rechte vorbehalten Umschlag von Doris Eisenburger Copyright (C) 1995 by Verlag Carl Ueberreuter Printed in Germany 1357642
Autor: Wolfgang Hohlbein,geboren in Weimar, lebt heute mit seiner Familie in der Nähe von Düsseldorf. Für sein Erstlingswerk »Märchenmond«, ein phantastischer Roman, den er gemeinsam mit seiner Frau Heike schrieb, erhielt er 1982 den ersten Preis des vom Verlag Ueberreuter veranstalteten Wettbewerbs zum
Thema Science Fiction und Phantasie. Außerdem erhielt dieser Titel 1983 den »Phantasie-Preis der Stadt Wetzlar« und den »Preis der Leseratten«. In der Reihe »Kapitän Nemos Kinder« bisher erschienen: Die Vergessene Insel Das Mädchen von Atlantis Die Herren der Tiefe Im Tal der Giganten Das Meeresfeuer
Die Schwarze Bruderschaft
Weitere Bände in Vorbereitung.
Kurzbeschreibung:
Die Nautilus liegt in Alexandria vor Anker. Mike und seine Freunde erholen sich von ihrem letzten Abenteuer, Trautman und Singh versuchen, das beschädigte U-Boot zu reparieren, der Kater Astaroth hält das Hotelpersonal mit seinen Streichen in Trab. Lady Grandersmith, die sich im Hotel mit den Jugendlichen angefreundet hat, lädt sie in ihr Haus in der Nähe der Pyramiden ein. Doch bald wird ihnen klar, daß sie
Gefangene sind. Lady Grandersmith will so die Besatzung der
Nautilus zwingen, mit ihr zum Wrack der Titanic zu tauchen, um einen geheimnisvollen Schatz zu bergen. Die Nautilus ist soweit wiederhergestellt, daß sie diese Tauchfahrt wagen kann. Mit an Bord gehen auch Hasim und Yasal, die Leibwächter Lady Grandersmith', zwei unheimliche, völlig in Schwarz gekleidete Gestalten, die keiner je sprechen hört und deren Gedanken für Astaroth nicht zu lesen sind. Sie gehören zur Schwarzen Bruderschaft, einem geheimnisvollen Beduinenstamm, und scheinen ebenfalls großes Interesse an der Titanic zu haben. Als sie das Wrack des mächtigen Schiffes erreichen, entdecken Mike und seine Freunde nicht nur, weshalb dieser Schatz so wertvoll ist, sondern auch, wer wirklich hinter der Schwarzen Bruderschaft steckt...
Mike hob die Hand über die
Augen und blinzelte in das grelle, fast weiße Licht der Sonne, die als glühende Scheibe hoch am Himmel über Kairo stand und die Stadt mit unerträglicher Hitze und fast ebenso unerträglicher Helligkeit überschüttete. Obwohl er erst vor wenigen Stunden aufgestanden war, fühlte er sich schon wieder müde. Dabei konnte er sich kaum daran erinnern, jemals so viel geschlafen zu haben wie in den drei Tagen, die seit ihrer Ankunft hier vergangen waren.
Die Zeit, die hinter ihnen lag, war sehr anstrengend gewesen. Seit ihrem Abenteuer am Polarkreis -bei dem es um nicht weniger als die Rettung fast der gesamten menschlichen Zivilisation gegangen war! waren gute zwei Monate verstrichen. Kapitän Nemos berühmtes Unterseeboot war wenig mehr als ein Wrack gewesen, als es Trautman endlich gelungen war, es aus dem unterseeischen Mahlstrom herauszumanövrieren, in den es von der Explosion der LEOPOLD hineingeschleudert worden war. Die NAUTILUS war ein phantastisches Schiff; obwohl mehr als zehntausend Jahre alt, war ihre Technik der der übrigen Menschheit doch um Jahrhunderte, wenn nicht um Jahrtausende voraus. Aber der Kampf gegen Winterfeld und seine Piratenflotte hatte das Schiff stärker in Mitleidenschaft gezogen, als sie im ersten Moment gemerkt hatten. Während der vergangenen Monate hatten Trautman, Singh und alle anderen fast ununterbrochen an der NAUTILUS gearbeitet -sie hatten repariert, ausgetauscht, improvisiert, umgebaut...
Aber nun war es geschafft. Die NAUTILUS war bis auf einige wenige Kleinigkeiten überholt, und was fehlte, das besorgten Singh und Trautman gerade irgendwo dort draußen in der pulsierenden Millionenstadt. Es war Mike zwar ein Rätsel, woher Trautman ausgerechnet in Kairo Ersatzteile für die NAUTILUS bekommen wollte, aber während der letzten drei Tage hatten Singh und er doch Kisten, Kartons und in Tücher gewickelte Bündel voll merkwürdiger Dinge herbeigeschleppt, und Mike hatte schließlich aufgehört zu fragen, woher all dies stammte. Wenn er eines über Trautman wußte, dann, wie sinnlos es war, ihm Fragen über etwas zu stellen, über das er nicht reden wollte. Was zählte, war,daßsie es schafften -und daß er und die anderen die Zeit jetzt nutzen konnten, sich ein wenig von den Strapazen der vergangenen Monate zu erholen. Mike lächelte flüchtig, als ihm klar wurde, daß sie nun endlich den Vorsatz ausführten, mit dem ihr phantastisches Abenteuer vor nunmehr drei Jahren begonnen hatte: Sie machten Urlaub. Zwar nicht auf einem Kriegsschiff der kaiserlich deutschen Marine und auch nicht unter Aufsicht ihrer Klassenlehrerin, sondern in einem der vornehmsten Hotels von Kairo und in Begleitung eines wortkargen Inders, eines um so schwatzhafteren einäugigen Katers und einer leibhaftigen Prinzessin von Atlantis
-aber sie machten Urlaub.Und langweilen uns dabei zu Tode.Mike drehte sich herum, als er die lautlose Stimme in seinem Kopf hörte, und bedachte Astaroth mit einem leichten Kopfschütteln. Der einäugigeKater war das einzige Besatzungsmitglied der NAUTILUS, das den Aufenthalt in Ägypten sichtlich nicht genoß. Mike konnte den Kater verstehen -für einen Menschen war Kairo eine aufregende und interessante Stadt, aber für einen Kater, selbst einen wie Astaroth, einfach zu gefährlich, um sich allein darin zu bewegen. So hatte sich Astaroth in den ersten Tagen damit amüsiert, die Hotelmäuse zu terrorisieren, aber er war dieses Spiels rasch überdrüssig geworden. Jetzt sehnte er sich auf die NAUTILUS zurück und vor allem nach Serena. Astaroth hätte es niemals laut zugegeben, aber Mike wußte, wie sehr er darunter litt, von seiner Herrin getrennt zu sein.
Ich nehme an, Serena ist wieder einmal unterwegs und versucht, den Basar leerzukaufen?fragte Mike auf dieselbe lautlose Art, auf die der Kater gerade zu ihm gesprochen hatte.
Seit dem frühen Morgen,bestätigte Astaroth.Allmählich hat sie unter den Händlern hier einen gewissen Ruf. Wir werden einen zweiten Laderaum an die NAUTILUS anbauen müssen, wenn sie noch ein paar Tage so weitermacht.Mike lachte. Natürlich übertrieb Astaroth -aber nicht sehr. Serena war tatsächlich seit Tagen nur ins Hotel gekommen, um zu schlafen und zu essen, und verbrachte die restliche Zeit fast ununterbrochen in den Basars der Stadt -vorgeblich nur, um sich umzuschauen und die Sitten und Gebräuche der Menschen hier zu studieren. Aber sie war trotzdem noch kein einziges Mal zurückgekommen, ohne von mindestens zwei Trägern begleitet zu werden, die Unmengen von Paketen, Kisten und Tüten schleppten.
Mike hatte es aufgegeben, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wie sie ihre Beute an Bord der NAUTILUS zurückbringen wollte. Das Schiff lag in Alexandria vor Anker, und sie waren mit einer der zahlreichen Fähren den Nil herauf nach Kairo gekommen. Wenn Serena so weitermachte, würden sie wohl einen Lastkahn mieten müssen.
Chris und Juan sind unten,teilte ihm Astaroth mit.Sie langweilen sich wieder mal am Pool.
Mike entging der spöttische Ton in der Stimme des Katers keineswegs, obwohl sie nur in seinem Kopf erscholl, und auch in diesem Punkt konnte er Astaroth sehr gut verstehen -auch ihm war es ein Rätsel, wieso jemand, der die letzten drei Jahre an Bord eines Unterseebootes verbracht hatte und somit ständig von Wasser umgeben war, Spaß daran haben konnte, den ganzen Tag in der Sonne zu liegen und zu schwimmen! Was Chris und den jungen Spanier jedoch keineswegs daran hinderte, genau das zu tun. Aber wahrscheinlich, dachte Mike, wundern sich die beiden umgekehrt genauso über mich, der ich die letzten drei Tage mit nichts anderem als Nichtstun verbracht habe. Jeder hatte eben seine eigene Art, sich zu erholen. Mike sah auf die Uhr, die hinter dem Kater an der Wand hing. Es war fast Mittag. Er war zwar kein bißchen hungrig, aber er wußte, daß Trautman und Singh normalerweise um diese Zeit von ihrem vormittäglichen Beutezug zurückkehrten, ebenso wie Serena - und auch wenn er es vor den anderen niemals laut zugegeben hätte, so gab es zwischen ihm und Astaroth doch noch eine weitere Gemeinsamkeit: Auch er fühlte sich wohler, wenn er in Serenas Nähe war. Bei dem Gedanken, daß sie ganz allein in den Basaren der Stadt herumstrolchte, war ihm am ersten Tag heiß und kalt geworden, und er hatte darauf bestanden, sie zu begleiten. Am zweiten Tag nicht mehr. Kairo war zweifellos ein gefährliches Pflaster für ein fünfzehnjähriges Mädchen, aber nachdem er ihr stundenlang dabei zugesehen hatte, wie sie Stoffe und Kleider bewunderte, Schmuck begutachtete und darum und um anderen vorstellbaren (und unvorstellbaren) Krempel mit wachsender Begeisterung feilschte(dashatte sie überraschend schnell gelernt), hatte der Beschützer in ihm einen gehörigen Dämpfer bekommen. Seitdem teilten sie sich die Aufgabe, Serena auf ihren endlosen Einkaufsbummeln zu begleiten. Heute war Ben an der Reihe.Wofür er dich für den Rest deines Lebens hassen wird,verkündete Astaroth.