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»- jedes Wort verstanden«, bestätigte Lady Grandersmith. Sie blickte stirnrunzelnd auf Astaroth herab, der noch immer in Hasims Griff zappelte, und sah dann wieder Trautman an. »Dieses Tier kann also meine Gedanken lesen. Das ist interessant -aber auch ein wenig beunruhigend. Und daß Sie vorhaben, mich zu hintergehen, enttäuscht mich ein wenig. Auch wenn ich eigentlich damit hätte rechnen müssen. « »Was haben Sie erwartet?« fragte Trautman trotzig. »Daß ich mich einer gemeinen Erpressung beuge?«

»Nein«, sagte Lady Grandersmith. »Auch wenn es schmerzt, daß Sie mich so mißverstehen. Ich bin nicht Ihre Feindin. Und ich hätte niemals zu diesem letzten Mittel gegriffen, hätte ich eine andere Wahl. Aber uns bleibt keine Zeit für lange Verhandlungen. Es tut mir leid, aber nun zwingen Sie mich, etwas zu tun, was ich eigentlich vermeiden wollte. « »Und was?« fragte Trautman.

Lady Grandersmith deutete mit einer Kopfbewegung auf Serena, ließ Trautman dabei aber keinen Moment aus den Augen. »Ich muß darauf bestehen, daß Sie meinen Wunsch erfüllen und zum Wrack der TITANIC hinuntertauchen«, sagte sie. »Und um sicherzugehen, daß Sie nicht versuchen, Ihr Wort zu brechen, werde ich das Mädchen und das Tier hierbehalten. Sobald Sie mit der Ladung an Bord wieder hier sind, bekommen Sie beide unversehrt zurück. « »Sie wollen sie alsGeiselnehmen?« keuchte Mike. »Der AusdruckGastwäre mir lieber«, sagte Lady Grandersmith ernst. »Ich gebe dir mein Wort, daß deiner Freundin kein Haar gekrümmt wird. « »Das lasse ich nicht zu!« sagte Mike. »Niemals!« Lady Grandersmith antwortete nicht darauf. Es gab absolut nichts, was Mike dagegen tun konnte. »Und was geschieht, wenn wir nicht zurückkommen oder zu spät?« fragte Ben. »Was tun Sie dann mit Serena? Wollen Sie sie umbringen? Das traue ich Ihnen nicht zu!«

»Natürlich nicht«, antwortete Lady Grandersmith. »Ich werde weder ihr noch dem Kater ein Leid zufügen. Niemals. Aber ich verspreche auch, daß ihr sie nie wiedersehen werdet. Jedenfalls nicht, solange ich lebe. « »Das werden Sie bereuen«, sagte Mike wütend. »Sie... Sie werden -« »Bitte, Mike«, unterbrach ihn Lady Grandersmith.

»Mach es nicht noch schlimmer. Auch wenn du es mir sicher nicht glaubst, aber es macht mich sehr traurig, so handeln zu müssen. « »Dann lassen Sie es!«

»Das kann ich nicht«, antwortete Lady Grandersmith. »Ich habe keine Wahl. Die Ladung der TITANICmußhierher zurückgebracht werden, ganz egal, unter welchen Umständen oder Opfern. Vielleicht werdet ihr später verstehen, warum ich so handeln mußte. « Es war seltsam -Mike war so wütend wie niemals zuvor im Leben, und trotzdem fiel es ihm immer schwerer, zornig auf Lady Grandersmith zu sein. Aus einem Grund, den er selbst nicht verstand,glaubteer ihr. Lady Grandersmith klatschte in die Hände, worauf Hasim sich herumdrehte und die sich noch immer heftig wehrende Serena und den noch heftiger um sich schlagenden Astaroth aus dem Zimmer brachte. »Der Wagen steht unten vor der Tür«, sagte Lady Grandersmith. »Er ist vollgetankt und beladen, und im Hafen wartet ein Schiff auf Sie, das Sie nach Alexandria bringen wird. Bis morgen abend werden sämtliche Teile, die Sie für die Reparatur der NAUTILUS noch benötigen, an Bord Ihres Schiffes sein, so daß Sie unverzüglich auslaufen können. «

»Warten Sie!« rief Mike. Lady Grandersmith hatte sich bereits herumgedreht, um das Zimmer zu verlassen, aber jetzt hielt sie

noch einmal inne und sah zu ihm zurück.

»Ich... ich will mich wenigstens noch von Serena verabschieden«, sagte Mike. »Bitte!« »Ihr wird nichts geschehen«, sagte Lady Grandersmith. »Du hast mein Wort. Mach dir keine Sorgen!« »Aber ich will doch nur auf Widersehen sagen!« beharrte Mike. »Mehr nicht!« Lady Grandersmith sah auf den Gang hinaus, dann schüttelte sie den Kopf. »Ich fürchte, das geht nicht«, sagte sie. »Es tut mir leid. «

Irgend etwas stimmte nicht.Astaroth?rief Mike in Gedanken.Astaroth! Hörst du mich? Wo bringt er euch hin?

Mike!Astaroths Antwort klang fast panisch.Ich weiß nicht, was hier geschieht! Ich kann nichts tun! Er -Die Worte hörten auf wie abgeschnitten, und in Mikes Kopf herrschte plötzlich eine schreckliche Leere. Es war, als wäre in seinen Gedanken eine Tür zugeschlagen worden. Irgend etwas Furchtbares war passiert. »Serena!« schrie Mike. Die Angst gab ihm plötzlich Riesenkräfte. So schnell, daß selbst Yasals rasche Bewegung zu spät kam, raste er los, duckte sich unter den zupackenden Händen des Beduinen hindurch, rannte auf den Gang hinaus und blieb wie vom Donner gerührt stehen. Hasim war verschwunden.

Der Korridor zog sich gute sechs oder sieben Meter weit vor ihm entlang, und es gab auf dieser Strecke weder eine Tür noch ein Fenster oder irgendeinen anderen Ausgang. Und die Zeit, die vergangen war, seit Hasim das Zimmer verlassen hatte, hätte einfach nicht ausgereicht, um das Ende des Korridors und damit die Treppe nach unten zu erreichen; nicht einmal, wenn Hasim gerannt wäre.

Und trotzdem war er nicht mehr da. Er war verschwunden, zusammen mit Serena und Astaroth. So spurlos, als hätte es ihn nie gegeben.

Das Geräusch der Maschinen hatte sich im Laufe der letzten halben Stunde verändert. Aus dem monotonen, gleichmäßigen Stampfen, das im Verlauf der vergangenen Jahre beinahe zu einem festen Bestandteil seines Lebens geworden war, war ein unregelmäßiges Stöhnen und Rumoren geworden, und manchmal glaubte er bedrohlich mahlende Laute wahrzunehmen, wie von Zahnrädern, die gegen einen immer größer werdenden Widerstand anzukämpfen hatten. Zuerst hatte Mike versucht, sich damit zu beruhigen, daß er sich das alles nur einredete und ihm seine Nerven einen Streich spielten. Aber das stimmte nicht. Keiner der anderen hatte es direkt ausgesprochen, aber Mike sah an ihren Gesichtern, daß sie es ebenfalls hörten. Irgend etwas war mit der NAUTILUS nicht in Ordnung. Er wußte sogar, was.

Mikes Blick glitt zu dem kleinen Gerät, das die Tauchtiefe anzeigte. Er fuhr zusammen, als er sah, auf welcher Ziffer der verschnörkelte Zeiger stand. Sie hatten die Tausendfünfhundert-Meter-Marke überschritten und sanken langsam, aber gleichmäßig weiter. Und der Meeresboden lag noch unendlich tief unter ihnen. Die Geräte, die ihnen normalerweise auf den Meter genau gesagt hätten, welche Entfernung noch vor ihnen lag, versagten hier. Zum Teil lag das daran, daß die NAUTILUS noch nicht vollständig instand gesetzt war, aber auch an der Beschaffenheit des Meeresbodens. Es gab gewaltige Schluchten und Täler, so daß die Unterschiede oft Tausende von Metern betrugen. Es mochte sein, daß sie noch fünfhundert Meter tief tauchen mußten, um auf Grund zu stoßen, ebensogut konnten es aber auch drei oder vier Meilen sein.

Wie immer, wenn er hier im Salon der NAUTILUS war -der zugleich auch die Steuer- und Navigationskontrollinstrumente enthielt -, wanderte Mikes Blick hin und wieder zu der schwarzgekleideten Gestalt neben der Tür. Diesmal war es Hasim, der hier Wache stand, während sein Bruder Yasal durch das Schiff patrouillierte. Seit sie ausgelaufen waren, wechselten sich die beiden Beduinen darin ab -einer stand immer hier und überwachte den Teil der Mannschaft, der das Schiff steuerte, während der andere durch das Schiff ging. Weder Mike noch einer der anderen hatte die beiden jemals schlafen sehen, obwohl sie seit mittlerweise fünf Tagen unterwegs waren. Und wie immer, wenn er Yasal oder Hasim sah, packte ihn brodelnde Wut. Er hatte Serena nicht wiedergesehen, und Lady Grandersmith hatte ihm nicht gesagt, wohin sie und Astaroth gebracht worden waren.

Wenn das alles hier vorbei ist, dachte er, werde ich eine Gelegenheit finden, mich an den beiden zu rächen. Falls wir dann noch am Leben sind, heißt das. »Da ist etwas!«