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Hain machte sich bereits gierig über seine Portion her, während Vardia das Essen verwirrt anstarrte.

»Was ist los?«fragte Brazil zwischen zwei Bissen. »Probleme?«

»Es ist ganz ungefährlich«, versicherte ihr Ortega. »Es gibt keine Mikroorganismen, die Ihnen Schwierigkeiten machen können — jedenfalls nicht, bis Sie hinausgehen. Das Zeug ist biologisch verträglich.«

»Nein, nein — es ist —«, stammelte sie. »Nun, ich habe noch nie solche Nahrung gesehen. Wie macht man…?«

»Sehen Sie mir zu und machen Sie dasselbe«, sagte Brazil lachend. »Sehen Sie? Man schneidet das Fleisch mit Messer und Gabel so, dann —«

Sie machten sich über die Portionen her, und Vardia fand sich schnell zurecht, obwohl sie mehrmals behauptete, es schmecke gräßlich. Aber sie waren alle zu hungrig, um zu protestieren.

Ortegas Blick fiel auf Wu Julee, die das Essen anstarrte und es nicht berührte.

»Ist sie krank?«fragte er die anderen.

Brazil hörte plötzlich auf zu essen und starrte Hain an, der schon fertig war und laut rülpste.

»Sie ist schwammabhängig«, sagte Brazil leise.

Hain zog die Brauen hoch, sagte aber nichts.

Ortegas Miene wurde ernst.

»Wie weit fortgeschritten?«fragte er.

»Ziemlich weit, würde ich sagen«, erwiderte Brazil. »Rückentwicklung auf vielleicht fünf Jahre, bewußtes Handeln praktisch nur aus dem Gefühl.«Er fuhr plötzlich auf seinem Sessel herum und funkelte Hain mit eisigen Augen an. »Wie ist es, Hain?«fauchte er. »Würden Sie das bestätigen?«

Hains Schweinsgesicht blieb ausdruckslos, und seine Stimme klang beinahe erleichtert, als er sagte:»Sie sind also dahintergekommen. Habe mir beinahe gedacht, daß ich es bei dem Abendessen übertrieben habe.«

»Wenn wir nicht auf Dalgonia in die Falle geraten wären, hätte ich Sie und sie auf Arkadrian abgesetzt, bevor Sie zum Nachdenken gekommen wären«, erklärte Brazil.

Hains Gesicht verriet Erschrecken und Überraschung. Dann kam ihm ein Gedanke, und seine alte Selbstsicherheit kehrte zurück.

»Offenbar bin ich also durch diesen — äh — Zwischenfall nicht in eine schlimme, sondern in eine sehr günstige Lage geraten«, sagte er gelassen. »Schade um die junge Dame, versteht sich.«

»Sie Dreckskerl!«Brazil sprang auf und packte den dicken Mann am Hals. Hain war einen Kopf größer und doppelt so schwer wie er, aber die Wut verlieh Brazil Kräfte. Die beiden rollten am Boden umher, und der Kapitän würgte Hain, bis sein Gesicht blutrot wurde.

Vardia beobachtete sie mit offenem Mund. Sie hatte kaum etwas begriffen und fand Brazils Verhalten, jetzt und vorher, unverständlich. In ihrer Welt gab es keine Menschen, nur Zellen, die sich zu einer Gemeinschaft fügten. Eine kranke Zelle wurde einfach ausgemerzt.

Wu Julee sah teilnahmslos zu.

Plötzlich sprang Ortega über seinen Schreibtisch und packte Brazil mit kraftvollen Armen. Das Riesenwesen bewegte sich so schnell, daß man mit dem Auge kaum folgen konnte.

Brazil versuchte sich loszureißen, und Ortegas mittlerer Arm schoß plötzlich vor und traf den kleinen Mann hart am Kinn. Er erschlaffte.

Hain, von seinem Angreifer befreit, rang keuchend nach Luft, rollte sich auf den Rücken und blieb dort liegen. Er betastete seinen Hals.

Ortega untersuchte den Bewußtlosen. Nachdem er sich überzeugt hatte, daß nichts gebrochen war, legte er Brazil auf den Boden.

»Ich danke Ihnen, Sir«, ächzte Hain und massierte seine Kehle. »Sie haben mir gewiß das Leben gerettet.«

»Das wollte ich nicht und hätte es in normalen Zeiten auch nicht getan«, fauchte Ortega ihn an. »Und wenn Nate Sie draußen jemals in die Hände bekommt, werde ich nicht da sein, um Sie zu retten — und wenn doch, dann helfe ich gerne mit, Sie in Stücke zu reißen. Aber hier lasse ich so etwas nicht zu.« Er widmete sich wieder Brazil, der langsam zu sich kam.

Hain schien entgeistert zu sein, sah aber, wo seine Pulspistole hingefallen war und griff unauffällig danach.

»Nein!«schrie Wu Julee plötzlich auf, aber Hain hatte die Waffe schon ergriffen und richtete sie auf den Schlangenmann und Brazil, der sich aufsetzte, sein Kinn rieb und den Kopf schüttelte. Ortega hatte Hain den Rücken zugedreht, aber Brazil hob plötzlich den Kopf und sah die Waffe. Ortega bemerkte, wie er die Augen aufriß, und drehte sich um.

»Ihr benehmt euch jetzt beide, dann tue ich nichts Überstürztes«, sagte Hain ruhig. »Aber ich verlasse diesen reizenden Ort auf der Stelle.«

»Wie denn?«fragte Serge Ortega.

Die Frage schien Hain zu beunruhigen.

»So — so, wie wir hereingekommen sind«, antwortete er.

»Die Tür führt zu einem Korridor. Der Korridor führt in einer Richtung zum Schacht — und das ist eine Sackgasse«, erklärte ihm Ortega. »In der anderen Richtung gibt es noch mehr Räume wie diesen — siebenhundertachtzig sind es, in einem Wabenlabyrinth. Dahinter kommen Unterkünfte und Erholungseinrichtungen für die Wesen, die dieses Büro benutzen — siebenhundertachtzig verschiedene Arten, Hain. Manche davon atmen nicht dasselbe wie Sie. Manche davon werden Sie überhaupt nicht mögen und Sie vielleicht umbringen.«

»Es gibt einen Weg nach draußen«, fauchte Hain, aber seine Stimme klang verzweifelt. »Es muß einen geben. Ich finde ihn.«

»Und dann?«sagte Ortega gelassen. »Dann sind Sie auf einer Welt, die relativ groß ist. Die Oberfläche läßt sich am ehesten mit Fünfkommaeins mal zehn hoch acht Kilometern im Quadrat angeben. Und Sie wissen nicht einmal, wie der Planet aussieht, kennen keine Sprachen, nichts. Sie sind ein kluger Mann, Hain. Wie stehen die Chancen

Hain wirkte verwirrt und zögerte. Dann warf er einen Blick auf seine Pistole, und sein Gesicht hellte sich auf.

»Damit bin ich im Vorteil«, sagte er.

»Darauf sollten Sie sich nicht verlassen, bis Sie die Spielregeln kennen«, sagte Ortega leise und ging langsam auf ihn zu.

»Ich drücke ab«, drohte Hain und seine Stimme war eine Oktave höher als sonst.

»Nur zu«, sagte Ortega, während sein riesiger Schlangenkörper auf den anderen zuglitt.

»Gut, verdammt noch mal!«schrie Hain und zog den Abzug durch.

Nichts geschah.

Hain drückte immer wieder ab. Die Waffe knackte, das war alles.

Ortega stieß plötzlich mit der unfaßbaren Geschwindigkeit zu, und die Waffe schien aus der Hand des erschrockenen Mannes zu verschwinden.

»In diesem Raum funktioniert keine Waffe«, sagte Ortega. »Alles in Ordnung, Nate?«fragte er.

»Ja, Sie Saukerl«, erwiderte Brazil dumpf. »Mann! Das war vielleicht ein Schlag!«

Ortega lachte leise.

»Ich war in einer Bar auf Siprianos einmal der einzige, der kleiner war als Sie. Ich war voll Schnaps und Drogen und wollte es mit dem ganzen Laden aufnehmen, in dem jeder einzelne mir mit Vergnügen die Kehle durchgeschnitten hätte. Ich fing gerade Streit mit dem Rausschmeißer an, als Sie mich packten und k.o. schlugen. Ich brauchte zehn Wochen, bevor mir klar wurde, daß Sie mir das Leben gerettet hatten.«

Brazils Unterkiefer klappte herunter.

»Sie sind wirklich Serge Ortega«, sagte er staunend. »Das hatte ich völlig vergessen…«

»Ich hab' es doch gesagt, Nate«, erklärte Ortega lächelnd.

»Aber wie haben Sie sich verändert«, meinte Brazil kopfschüttelnd.

»Ich sagte doch, daß diese Welt die Leute verwandelt, Nate. Sie wird auch Sie verändern. Euch alle.«

»Früher hätten Sie mich nicht daran gehindert, das Schwein kaltzumachen, Serge.«

»Das wohl nicht. Und jetzt eigentlich auch nicht — aber das ist Zone. Und wenn Sie sich da drüben hinsetzen, von Hain weit entfernt«, er wies auf eine Sitzbank ohne Rückenlehne, »und wenn Sie«, fuhr er fort, »Ihre kleinen Spielchen unterlassen und versprechen, ruhig zu sein, erkläre ich euch, wie es hier steht — die Regeln, wo sie gelten, und wo nicht, und ein paar andere Dinge, die eure Zukunft betreffen.«