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»Ich habe den Eindruck, daß ihr hier eigentlich völlig übervölkert sein müßtet«, sagte Brazil. »Schließlich gehe ich davon aus, daß alle Wesen sich hier fortpflanzen — und dann befördert das markovische Gehirn noch zusätzlich Leute hierher.«

»Dazu kommt es einfach nicht«, erwiderte Ortega. »Zum einen kann man hier, wie gesagt, sterben und tut es auch. Manche Hexe haben sehr billiges Leben, manche Arten leben vergleichsweise kurze Zeit. Die Fortpflanzungsraten sind der Todesrate angeglichen. Wenn Übervölkerung droht und natürliche Faktoren wie Katastrophen, die es hier geben kann, oder Kriege, die auch vorkommen, wenngleich sie nicht übermäßig häufig und in der Regel lokal begrenzt sind, die Zahlen nicht vermindern, nun, dann wird der Großteil der folgenden Nachkommenschaft in jeder Beziehung normal, aber unfruchtbar geboren, mit nur einer ganz kleinen Zahl, die für den Fortbestand der Art sorgen kann. Wenn die Bevölkerung zurückgeht, werden wieder fruchtbare Nachkommen geboren. In jedem Hex ist die Bevölkerung tatsächlich ziemlich stabil — von einer Untergrenze bei ungefähr zwanzigtausend bis zu einer Obergrenze von über einer Million. Was Neuzugänge wie euch angeht — nun, die Markovier hatten sich, wie gesagt, weit ausgedehnt, aber viele ihrer alten Gehirne sind tot und manche der Portale aus dem einen oder anderen Grund für immer geschlossen. Andere sind so gut getarnt, daß es ein so absurdes Danebentappen wie das meine braucht, damit man den Eingang findet. Wir haben insgesamt im Jahr nicht mehr als um die hundert Neuzugänge. Wenn der Schacht aktiviert wird, haben wir ein Auslösesignal, und einige von uns wechseln sich täglich ab, um auf die Alarmsignale zu reagieren. War reines Glück, daß ich auf euch gestoßen bin, aber ich mache auch oft Dienst. Manche von den Leuten hier schätzen Neulinge gar nicht und behandeln sie schlecht, also übernehme ich ihren Dienst, und sie sind mir verpflichtet.«

»Es gibt hier also Vertreter aller Rassen der südlichen Halbkugel?«fragte Vardia.

Der Schlangenmann nickte.

»Von den meisten. Zone ist eigentlich eine Art Botschafterstation. Die Entfernungen sind hier riesig, die Reisen dauern lange, so daß hier in Zone Vertreter aller Arten sich treffen und gemeinsame Probleme besprechen können. Das Portal — zu dem wir bald kommen — bringt mich schlagartig nach Hause, obwohl es, hol's der Teufel, niemanden hin- und herbefördert außer von hier zu seinem eigenen Hex. Ah, ja, es gibt eine besondere Kammer für die aus dem Norden, und in der Nord-Zone eine für uns, nur für den Fall, daß wir etwas zu besprechen haben — was selten vorkommt. Sie haben gelegentlich etwas, das bei uns knapp ist, oder unsere Wissenschaftler und die ihren wollen Vergleiche anstellen oder irgend etwas in dieser Art. Aber sie sind von uns so verschieden, daß das ganz selten vorkommt.«

Brazil starrte den anderen an und sagte:»Serge, Sie erklären uns die Welt, so gut Sie können, aber eines haben Sie nicht erwähnt — wie ist aus einem kleinen romanischen Burschen wie Ihnen eine sechsarmige Walroß-Schlange geworden?«

Ortegas Miene wirkte resigniert.

»Ich dachte, das ergibt sich von selbst. Wenn man das erstemal zum Portal hinauskommt, entscheidet das Gehirn, welches Hex eine Person oder auch vier aufnehmen kann, und das wird man dann. Ihr werdet natürlich auch im richtigen Hex landen.«

»Und was dann?«fragte Hain nervös.

»Nun, dann kommt natürlich eine Zeit der Anpassung. Ich bin durch das Portal so gekommen, wie Nate mich in Erinnerung hat, und tauchte im Land der Uliks so auf, wie ich jetzt aussehe. Ich brauchte eine Weile, um mich an alles zu gewöhnen, und noch länger, um in meinem Kopf mit den Dingen fertigzuwerden, aber, na ja, die Verwandlung führt auch zu einer Anpassung. Ich stellte fest, daß ich die Sprache beherrschte, jedenfalls alle Entsprechungen zu meiner alten, und begann, mich in meiner neuen körperlichen Rolle immer behaglicher zu fühlen. Ich bin zu einem Ulik geworden, Nate, während ich geblieben bin, der ich war. Jetzt kann ich mich kaum noch erinnern, wie es gewesen ist, anders zu sein. Theoretisch, ja, gewiß — mein Verstand ist nie klarer gewesen. Aber die fremden Wesen seid jetzt ihr

Es blieb lange still, als sie die Informationen verdauten. Dann sagte Braziclass="underline" »Aber wenn es siebenhundertachtzig Lebensformen mit entsprechenden Biosphären gibt, Serge, warum hat es dann hier im Süden kein Weltbürgertum gegeben? Ich meine, warum sitzt jeder in seinem kleinen Bereich fest?«

»Es gibt natürlich eine gewisse Vermischung«, erwiderte Ortega. »Manche Hexagons sind vereinigt worden, andere nicht. Die Leute bleiben aber meist in ihren Gebieten, weil jedes anders ist. Außerdem haben die Leute Andersartige nie gut leiden können. Die Menschheit — die unsere und offenbar auch die aller anderen — hat stets selbst nach kleinen Vorwänden gesucht, andere Gruppen zu hassen. Hautfarbe, Sprache, sonderbar geformte Nasen, Religion oder irgend etwas anderes. Zu verschiedenen Zeiten sind hier viele Kriege geführt worden, und es hat große Gemetzel gegeben. Das ist jetzt selten — verlieren tun alle dabei. Also hält sich in der Regel jeder an sein eigenes Hex und kümmert sich um seine eigenen Angelegenheiten. Außerdem kommt der Faktor der Vereinbarkeit dazu. Könnten Sie sich wirklich mit einer drei Meter großen Haarspinne gut verstehen, die Lebendfleisch frißt, selbst wenn sie nebenbei Schach spielt und Orchestermusik liebt? Und — könnte eine Gesellschaft mit hoher Technologie ein Hex erobern, wo ihre Technologie nicht funktioniert? Auf diese Weise wird eine Art Gleichgewicht gewahrt — technologische Hexe erwerben notwendige Güter wie Lebensmittel von nicht-technologischen Farm-Hexagons, wo Anarchie herrscht und nur Schwerter wirksam sind. Und in manchen Hexagons gibt es natürlich recht tüchtige Zauberer — und ihre Sprüche wirken.«

»Ach, hören Sie«, sagte Hain angewidert. »Ich glaube ja viel — aber Magie? Unsinn!«

»Alles, was Magie bedeutet, ist eine Grenzlinie zwischen Wissen und Unwissenheit«, gab Ortega zurück. »Ein Magier ist jemand, der etwas kann, das man selbst nicht kann. Für einen Primitiven ist etwa alle Technologie Zauberei. Vergessen Sie nicht, das ist eine sehr alte Welt, und ihre Bewohner unterscheiden sich von allem, was Sie kennen. Wenn Sie — irgend jemand von Ihnen — den Fehler machen, Ihre eigenen Maßstäbe, eigene Regeln, eigene Vorurteile auf irgend etwas davon anzuwenden, haben Sie keine Chance.«

»Können Sie mich über die allgemeine politische Lage informieren, Serge?«fragte Brazil. »Ich möchte weit mehr wissen, bevor ich da hinausgehe.«

»Nate, das schaffe ich in einer Million Jahren nicht. Wie bei jedem Planeten mit einer hohen Zahl von Ländern und gesellschaftlichen Systemen ist alles ständig im Fluß. Die Bedingungen ändern sich, ebenso die Machthaber. Sie werden im Lauf der Zeit alles lernen müssen. Ich kann nur sagen, daß es eine Menge kleiner Auseinandersetzungen gibt und große Konflikte ausbrechen würden, wenn irgendeine Seite einen Weg finden würde, sich durchzusetzen. Vor ungefähr tausend Jahren hat ein General mehr als sechzig Hexagons erobert. Aber am Ende scheiterte er an der Notwendigkeit langer Nachschublinien und an seiner Unfähigkeit, einige nicht vereinbare Hexagons in seinem Rücken zu unterdrücken, die ihn schließlich von hinten aufrollten. Hier wird jetzt alles eher mit Biegen als mit Brechen gemacht.«

»Meine Linie«, sagte Hain leise.

»Und jetzt müßt ihr gehen«, schloß Ortega. »Ich kann euch nicht länger als einen Tag hierbehalten und das vor meiner Regierung rechtfertigen. Ihr könnt ohnehin nicht auf unbestimmte Zeit aufschieben hinauszugehen.«

»Aber es müssen doch noch viel mehr Fragen beantwortet werden«, sagte Vardia. »Klima, Jahreszeiten, Tausende von entscheidenden Einzelheiten.«

»Was das Klima angeht, so unterscheidet es sich von einem Hex zum anderen, hat aber keinen Zusammenhang mit der geographischen Lage«, erklärte Ortega. »Das Klima wird in jedem Fall vom Gehirn bestimmt. Überall auf dem Globus herrscht genau fünfzig Prozent jedes vollen Tages Tageslicht. Die Tage liegen innerhalb weniger Stunden im Standard, so daß es vierzehnundeinachtel Standard-Tagesstunden und ebensoviele Nachtstunden gibt. Die Achse ist genau senkrecht gestellt — keinerlei Achsenneigung. Aber das verändert sich auf künstliche Weise. Und — sehen Sie! Ich könnte ewig weitermachen, und Sie würden nie genug wissen.«