Выбрать главу

»Wenn ich mich nun weigere?«fragte Vardia und hob ihren Degen.

Mit derselben blitzschnellen Bewegung, die schon bei dem Kampf am Vortag zu bemerken gewesen war, schnellte Ortegas Schlangenkörper wie eine zusammengedrückte Feder hinaus, riß den Degen an sich und war in weniger als einer halben Sekunde wieder hinter dem Schreibtisch. Er sah sie traurig an.

»Sie haben überhaupt keine Wahl«, sagte er leise. »Kommt ihr jetzt alle mit?«

Sie folgten dem Ulik-Botschafter widerwillig, aber resigniert. Er führte sie wieder den langen, gewundenen Korridor hinunter, durch den sie am Vortag hereingekommen waren, und allen kam es vor, als wollte der Weg nie enden.

Nach etwa einer halben Stunde stellten sie fest, daß der Korridor sich in einen großen Raum öffnete. Drei Seiten waren nackte, kunststoffartige Wände, ähnlich denen in Ortegas Büro, aber ohne Verzierungen. Die vierte war völlig schwarz.

»Das ist das Portal«, erklärte Ortega. »Wir benutzen es, um zwischen unseren eigenen Hexagons und Zone hin- und herzugelangen, und ihr benutzt es für eure Zuweisung. Bitte, habt keine Angst. Das Portal wird eure Persönlichkeit nicht verändern, und nach der Anpassungszeit werdet ihr feststellen, daß ihr geistig besser in Form seid als vorher. Für das kleine Mädchen hier wird der Durchgang bedeuten, daß die Normalität wiederkehrt, daß die Sucht geheilt ist, daß die Einschränkungen ihres Intelligenzquotienten und ihrer Fähigkeiten aufgehoben werden. Sie mag natürlich immer noch eine eher dumpfe Arbeiterin sein, wird aber auf keinen Fall schlechter dastehen als vor ihrer Sucht.«

Keiner von ihnen stürzte durch das Portal.

Schließlich wurden sie von Ortega gedrängt.

»Die Tür hinter euch ist geschlossen. Niemand, nicht einmal ich, kann in Zone zurück, bevor er zuerst in einem Hexagon gewesen ist. So funktioniert das System.«

»Ich gehe als erster«, sagte Brazil plötzlich und trat einen Schritt auf das Portal zu. Er spürte eine große Hand auf seiner Schulter, die ihn zurückhielt.

»Nein, Nate, nicht jetzt«, flüsterte Ortega. »Als letzter.«

Brazil war verwirrt, begriff aber die Absicht. Der Botschafter wollte ihm etwas sagen, das die anderen nicht hören sollten. Brazil nickte und wandte sich an Hain.

»Wie wäre es mit Ihnen, Hain? Oder soll ich wieder auf Sie losgehen? Wir sind nicht mehr in der Botschaft.«

»Beim erstenmal haben Sie mich überrascht, Captain«, erwiderte Hain höhnisch. »Aber wenn Sie in Ruhe nachdenken, wissen Sie, daß ich Sie fertigmachen kann. Botschafter Ortega hat Ihnen das Leben gerettet, nicht mir. Ich werde trotzdem gehen. Dort draußen liegt meine Zukunft.«Damit schritt Hain zuversichtlich in die Schwärze hinein.

Die Dunkelheit schien ihn augenblicklich zu verschlucken. Sonst war nichts zu sehen.

Vardia und Wu Julee blieben regungslos stehen.

Ortega ergriff Wu Julees linken Arm und drängte sie zu der schwarzen Wand. Sie schien nicht protestieren zu wollen, bis sie ganz nah an die Dunkelheit herangekommen war, dann blieb sie plötzlich stehen und schrie:»Nein! Nein!«Sie drehte den Kopf und starrte Brazil flehend an.

»Nur zu«, sagte er leise, aber sie riß sich los und lief zu ihm zurück.

»Sie müssen gehen«, sagte Brazil. »Sie müssen. Ich werde Sie finden.«

Sie klammerte sich an ihm fest. Plötzlich wurde sie mit solcher Heftigkeit von ihm fortgerissen, daß Brazil zu Boden stürzte. Ortega schleuderte sie im nächsten Augenblick in die Schwärze.

Sie schrie auf, aber der Schrei riß ab, als die Dunkelheit sie aufnahm, so plötzlich, als hätte man eine Schallaufzeichnung schlagartig abgeschaltet.

»Das ist manchmal wirklich unerfreulich«, sagte Ortega bedrückt. Er drehte sich um und sah Brazil an, der sich aufraffte. »Alles in Ordnung?«

»Ja«, sagte Brazil und sah dem Wesen in die traurigen Augen. »Ich verstehe, Serge.«

Ortega streckte den rechten oberen Arm aus und drückte Brazil an sich. In seinen Augen standen Tränen.

»Mein Gott!«rief der Schlangenmann. »Wie kann die Größe in Menschen so ungeliebt sein?«Er ließ Brazil los und drehte sich nach Vardia um, die sich nicht von der Stelle gerührt hatte. In ihrem geordneten, geplanten Leben war sie solche Umwälzungen einfach nicht gewohnt.

Brazil überlegte kurz und glaubte, die Lösung gefunden zu haben.

»Vardia«, sagte er im Befehlston, »wir haben uns eine Aufgabe gestellt, als wir auf Dalgonia landeten. Die Fährte hat uns hierhergeführt. Jetzt führt sie dort hinein. Auf Dalgonia liegen sieben Leichen, Vardia. Sieben, darunter mindestens eine Person von Ihrer Welt. Sie haben eine Pflicht zu erfüllen.«

Sie atmete schwer, drehte sich plötzlich um, sah die beiden an, lief auf die Schwärze des Portals zu.

Und war verschwunden.

Brazil und Ortega standen allein im Saal.

»Was war das von sieben Leichen, Nate?«fragte der Schlangenmann.

Brazil berichtete von dem sonderbaren Notruf, dem Massenmord auf Dalgonia und den Spuren der beiden Leute, die ebenso verschwunden waren wie sie selbst.

»Hätte ich davon nur vor zehn Wochen gewußt, als die beiden hier durchkamen«, sagte Ortega ernst. »Das hätte im Rat vieles geändert.«

»Sie kennen Sie also?«

»Ja. Ich habe sie nicht selbst durchlaufen lassen, mir aber die Aufzeichnung ihrer Ankunft immer wieder angesehen. Es gab große Debatten ihretwegen, bevor sie durch das Portal gingen.«

»Wer waren sie? Was haben sie erklärt?«

»Sie kamen gemeinsam an, und einer versuchte, den anderen noch immer umzubringen, als Gre'aton — er ist vom Typ Sechs, Zweiundzwanzig, sieht so ähnlich aus wie eine Riesenheuschrecke — dem ein Ende machte. Ein paar von den mehr menschlich aussehenden Leuten griffen ein und trennten die beiden, damit sie einander nicht mehr zu Gesicht bekamen. Jeder erzählte eine phantastische Geschichte, wonach er und er allein eine Art mathematischer Beziehung entdeckt hätte, die von den markovischen Gehirnen verwendet würde. Jeder behauptete, alles im Universum sei eine Reihe von gegebener mathematischer Beziehungen, bestimmt durch ein Hauptgehirn der Markovier. Als sie die übliche Grundeinweisung erhielten, gerieten sie beide in enorme Aufregung, beide waren davon überzeugt, daß die Schacht-Welt das Hauptgehirn sei und sie auf irgendeine Weise damit in Verbindung treten und es sogar kontrollieren könnten. Jeder behauptete, der andere hätte seine Entdeckung gestohlen, hätte den anderen zu töten versucht und sei hier angekommen, um sich als Gott einzusetzen. Natürlich behauptete jeder auch, er versuche, den anderen daran zu hindern.«

»Habt ihr ihnen geglaubt?«

»Sie waren recht überzeugend. Wir haben die üblichen Lügendetektoren angewandt und es mit einem aus dem Norden mit Telepathie versucht, und die Ergebnisse waren stets dieselben.«

»Nämlich?«

»So weit wir das feststellen konnten — über die Methoden für eine wirkliche wissenschaftliche Untersuchung verfügen wir nicht — sagten sie beide die Wahrheit

»Sie meinen, sie waren durch und durch Psychopathen?«

»Nein, jeder glaubt wirklich, er hätte entdeckt, was der Code bedeutet, und jeder glaubt, der andere hätte ihn gestohlen, und jeder glaubt, er wäre geeignet als Gott und der andere grauenhaft:«

»Glauben Sie wirklich an diese göttliche Sache?«

»Wer weiß? Eine Reihe von Leuten hier haben ähnliche Ideen, aber noch keiner hat etwas damit anfangen können. Wir haben einen Rat einberufen — eine Vollsitzung mit über zwölfhundert Botschaftern. Allen wurden die Tatsachen vorgelegt, und man debattierte über alles. Die Idee erklärt natürlich vieles. Die ganze Magie etwa. Aber sie ist überaus esoterisch. Und selbst wenn es wahr wäre, würde es nicht viel bedeuten, wie einige unserer mathematisch gesinnten Freunde betonten, weil niemand das Gehirn verändern könnte. Am Ende stimmte die Mehrheit dafür ab, sie durchzulassen, obwohl auch viele Stimmen sich dafür aussprachen, sie zu töten.«