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»Aber wo ist der Schacht der Seelen?«kreischte die Dame. »Ich kann nicht zum König, ohne es zu wissen.«

Von jenseits des Schachbretts kam überwältigendes kosmisches Gelächter. Es war gewaltig, hohl, allumfassend. Eine Riesenhand packte die Dame und schob sie ganz auf die andere Seite des Brettes. »Da sind sie«, sagte die ungeheure Stimme höhnisch.

Die Dame schaute sich um und kreischte vor Entsetzen. Der König mit Skanders Gesicht war nur auf einem Feld rechts, die Dame mit Varnetts Gesicht auf einem Feld davor aufgestellt. »Unser Zug«, sagten sie beide und lachten irr.

* * *

Brazil erwachte.

Er stand hastig auf. Seltsam, dachte er, ich bin wacher, fühle mich besser, mein Kopf ist klarer, als ich mich je erinnern kann.

Schnell betrachtete er seinen Körper, um zu sehen, was er war. Entsetzt schaute er sich um, zu den Ufern eines nahen Sees. Dort waren Tiere, und andere von seiner Art.

»Hol mich der Teufel!«sagte er laut. »Natürlich! Das mußte die Antwort auf die erste Frage sein. Ich hätte mir das in Serges Büro schon denken können.«

Manchmal mußte das Naheliegende auch noch betont werden.

Brazil bedachte, wie primitiv es hier war, und machte sich sorgenvoll auf den Weg, um festzustellen, ob er das Zone-Portal finden konnte.

Czill — Frühling

(Auftritt Vardia Diplo 1261, schlafend)

Sie war nie sicher, warum sie schließlich durch das Portal getreten war. Vielleicht, um das Unausweichliche hinzunehmen, vielleicht aus Gehorsam der Autorität gegenüber, wie es ihr eingetrichtert war.

Es gab Muster von Farben, hinein- und ablaufend, in einem rhythmischen, kosmischen Herzschlag pulsierend: Gelbtöne, Grün, Rot, Blau — Kaleidoskopstrukturen formend, begleitet von einem mechanisch hallenden, seltsam symphonischmonotonen Ton.

Dann war sie schlagartig wach.

Sie befand sich auf einer üppigen Savanne. Hohes grünes und goldenes Gras reichte bis zu niedrigen Hügeln in der Ferne. Einige Bäume, an Eukalyptusbäume erinnernd, standen auf der Ebene.

Sie entdeckte plötzlich, daß die Baumstämme sich bewegten. Sie bewegten sich in einem Synkopenrhythmus von höchst sonderbarer Art. Die Baumstämme waren in Wirklichkeit Beine, begriff sie, und es schien, als machten sie alle große Schritte, ohne aber von der Stelle zu kommen. Es sah aus wie ein Wettlauf in Zeitlupe. Das täuschte aber; die langsamere Bewegung war offenbar nur eine Illusion, und während sie zusah, legten einige in kürzester Zeit große Strecken zurück.

Sie schienen alle etwas zu tun zu haben oder ein Ziel erreichen zu wollen. Zweckbestimmtheit bedeutet eine Art von Zivilisation, und ich muß feststellen, wo ich bin und was das hier ist, bevor ich mich meinen eigenen Absichten zuwenden kann.

Sie ging auf die fernen Gestalten zu.

Und blieb plötzlich stehen, als sie von sich selbst etwas sah.

Sie blickte staunend an sich hinunter.

Sie war hellgrün, ihre Haut war von glatter, rankenartiger Beschaffenheit. Ihre Beine waren dick und doch lang und weich, ohne erkennbares Gelenk. Ihr Rumpf zeigte keine Spur von Brüsten oder Vaginalhöhle, und obwohl ihre Füße platte Sockel besaßen, schienen ihre Arme von derselben Art zu sein wie ihre Beine, nur dünner, auslaufend nicht in Hände, sondern Fühler. Ein zweiter, kürzerer Fühler wuchs aus dem Hauptarm, etwa zehn Zentimeter von seiner Spitze entfernt. Vielleicht ein Daumen?

Sie stellte fest, daß die gummiartigen Arme in beide Richtungen leicht zu bewegen waren, biegsam und ohne erkennbares Gelenk oder Knochen, und sie berührte ihren glatten Rücken. Auch kein After, stellte sie fest.

Sie fuhr mit dem Arm über ihr Gesicht. Ein breiter Schlitz war ohne Zweifel der Mund, aber er öffnete sich nur einen winzigen Spalt. Die Nase schien ein einzelnes festes, hartes Loch über dem Mund zu sein. Oben wuchs aus ihrem Kopf etwas Dünnes, Hartes, ungefähr von der Größe eines Mörtelbretts, wenngleich von unregelmäßiger Form.

Was ist aus mir geworden? fragte sie sich angstvoll. Sie versuchte, sich in die Gewalt zu bekommen. Tiefes Einatmen half immer, aber sie stellte fest, daß sie nicht einmal das konnte. Sie atmete, gewiß, das spürte sie — aber dieses Nasenloch nahm nur einen ganz winzigen Teil der Luft auf.

Sie begriff, daß es in erster Linie ein empfindliches Geruchsorgan war; sie atmete mit unwillkürlichen Muskelzusammenziehungen durch die Poren in ihrer glatten, grünen Haut.

Nach einer Weile schien ihre Panik sich zu legen, und sie dachte nach. Die fernen Gestalten gingen immer noch ihrer Tätigkeit nach. Sie schien sich auf einer Art Straße zu befinden.

Wie auch immer, sie mußte zu diesen Wesen und herausfinden, was vorging. Sie machte sich auf den Weg und entdeckte überrascht, daß sie die Entfernung — fast ein Kilometer durch das hohe Gras — in viel kürzerer Zeit zurücklegte, als sie erwartet hatte.

Es war eine Straße, sah sie — eigentlich ein unbefestigter Weg, aber breit und aus rötlich-brauner Scholle.

Die Wesen, die ihn benutzten, beachteten sie nicht im geringsten, aber sie studierte sie eindringlich. Sie waren wie sie selbst, das wußte sie. Was sie aus der Selbstbetrachtung nicht entnehmen konnte, wurde jetzt deutlich: zwei große, runde, gelbe Augen mit schwarzen Pupillen, offenbar ohne Lider.

Was aus ihrem Kopf wuchs, erwies sich als ein einzelnes großes Blatt von unregelmäßigen Umrissen — keine zwei waren gleich. Der Stengel war dick und sehr kurz, die Farbe von viel dunklerem Grün als der Leib, und von beinahe wächsernem Aussehen.

Sie ging auf der Straße weiter zu den Hügeln. Der Weg war bei weitem nicht so überfüllt, wie sie angenommen hatte, aber mindestens ein Dutzend Leute — Leute? — befand sich vor ihr. Sie holte ein Paar ein und entdeckte plötzlich, daß es sich unterhielt. Die Laute klangen melodisch, und sie nahm wahr, daß sie beinahe verstehen konnte, was gesagt wurde. Als sie auf drei oder vier Meter herankam, verlangsamte sie den Schritt und wurde sich bewußt, daß sie den seltsamen flüsternden Singsang wirklich verstand.

»…hat sich auf das bla'ahaliagische Geisterschicht-Zeug eingelassen und läßt jetzt nicht einmal mehr mit sich reden. Wenn der Selige Ältere mit dem Quatsch nicht bald aufhört, lasse ich mich zur Katalogabteilung versetzen.«

»Hmmmm… Langweilige Sache, aber ich kann Sie verstehen«, sagte der andere mitfühlend. »Grindel ist unter Mudiul in ein ausgefallenes, primitives Spiel geraten, das ein Zugang uns vor ungefähr dreihundert Jahren mitgebracht hat. Nach den ersten Zügen scheint es nahezu unendliche Möglichkeiten zu geben, und dann gab es ein Projekt, es einem Computer beizubringen. War nicht zu schaffen. Unheimliches Zeug. Grindel wäre beinahe zu den Meditationen gegangen und verrottet.«

»Wie hat der Werte sich herausgewunden?«fragte der erste.

»Mudiul erwischte einen Virus, und der Ältere mußte neun Jahre in Quarantäne«, gluckste der andere. »Bis der Werte zurückkam, hatte der Ausschuß das Projekt eingestellt und das Personal umverteilt. Die Alte stieg darauf ein, ob Felsen Seelen haben, und das sollte den Werten unschädlich machen, bis die Fäule den Werten erwischt.«

Sie unterhielten sich noch geraume Zeit, und für Vardia klärte sich damit nicht viel. Sie stellte fest, daß die beiden als einzigen Schmuck Goldketten um ihre Hälse trugen, aber was daran befestigt war, konnte sie nicht erkennen, ohne besonders aufzufallen.

Sie gingen nun schon einige Zeit dahin, und sie erkannte einige andere Dinge. Erstens schienen die Bewohner in Gemeinschaften zu leben. Sie kam hier und dort an Gruppen vorbei, zwischen drei oder vier bis zu mehreren Dutzend. Von Gebäuden war aber nichts zu sehen. Die Gruppierungen schienen wie Lagerkreise zu sein, nur ohne Feuer. Ab und zu sah sie in der Mitte der Gruppen ganz kurz rätselhafte Gebilde, aber nichts, was groß genug gewesen wäre, um hervorzuragen. Manche Gruppen schienen zu singen, andere zu tanzen, während wieder andere lebhafte Unterhaltungen von so komplizierter und esoterischer Art führten, daß ein einziges melodisches Plappern daraus wurde.