Выбрать главу

»Habt sie angegriffen, wie?«sagte Yomax.

»Sie waren im Begriff, sich mit Schwertern und Speeren, Bogen und Schleudern auszurüsten — mit allem, was in Ambreza funktionierte. Aber meine Leute machten einen Fehler.«

»Nämlich?«

»Sie verwechselten Unwissenheit mit Dummheit. Die Ambreza waren das, als was sie erschienen, aber sie waren nicht dumm. Sie sahen, was kam, und begriffen, daß sie verlieren mußten. Ihre Diplomaten versuchten zu verhandeln, aber gleichzeitig forschten sie in anderen Sechsecken nach Gegenmitteln — und sie fanden eines.«

»Ja? Ja? Und das war?«fragte Yomax.

»Ein Gas«, antwortete Brazil leise. »Ein Hex im Norden verwendete es für Kühlzwecke, aber auf meine Leute hatte es eine ganz andere Wirkung. Sie entführten ein paar Personen, und das Gas wirkte auf sie genauso, wie die vom Norden es gesagt hatten, während die Ambreza nur Juck- und Niesreiz verspürten.«

»Es hat alle in Ihrer Welt getötet?«sagte Yomax entsetzt.

»Nicht getötet, nein — nicht direkt«, erwiderte der kleine Mann. »Es rief, nun, chemische Veränderungen im Gehirn hervor. Praktisch jede Rasse ist ja hervorgegangen oder verwandt mit irgendeinem Tier aus der Vergangenheit oder Gegenwart.«

»Ja«, meinte Yomax. »Ich habe einmal mit einem Pferd in Hex Dreiundachtzig zu reden versucht.«

»Genau!«sagte Brazil. »Nun, wir stammten von den großen Affen ab, waren praktisch eine Fortentwicklung. Haben Sie davon gehört?«

»Hab mal ein paar Bilder in einer Zeitschrift gesehen. In zwei oder drei Sechsecken gibt es solche Arten.«

»Richtig. Nun, das Gas führte alle einfach zu ihrer tierischen Herkunft zurück. Sie verloren ihre Vernunft und wurden große Affen.«

»Ho!«sagte Yomax. »Sind sie nicht alle gestorben?«

»Nein. Das Klima ist gemäßigt, und ein paar haben sich angepaßt, obwohl viele, wahrscheinlich die meisten, umkamen. Die Ambreza erschienen danach und räumten auf. Sie ließen sie in kleinen Rudeln frei herumlaufen. Ein paar halten sie sogar als Haustiere.«

»Von Wissenschaft verstehe ich nicht viel«, sagte Yomax, »aber ich bin sicher, daß chemische Veränderungen nicht vererbt werden können. Ihre Kinder sind also doch bestimmt keine echten Tiere geworden.«

»Die Ambreza sagen, daß es sich langsam bessert, aber das Gas scheint von allem aufgenommen worden zu sein — Gestein, Boden, von allem, was darin wächst oder lebt. Bei meinem Volk verursachte die große Dosis sofortige Rückentwicklung, doch ein Teil hält sie aufrecht. Die Wirkung läßt ganz langsam nach. Die Ambreza rechnen sich aus, daß sie in weiteren sechs oder sieben Generationen wieder auf der Ebene primitiver Menschen sein, in fünfhundert Jahren vielleicht wieder eine Sprache entwickeln werden. Die Ambreza wollen die Rudel in ihr altes Sechseck bringen, wenn sie sich weiterentwickeln, weil es dort Reine Technologie gibt und sie vermutlich primitiv bleiben.«

»Das mit dem Gas gefällt mir nicht«, meinte Yomax. »Könnte auch auf uns wirken.«Es fröstelte ihn.

»Glaube ich nicht«, sagte Brazil. »Nach dem Angriff hat der Schacht das Zeug nicht mehr weiterbefördert. Ich glaube, unser Planetengehirn hat genug von solchen Dingen. Im übrigen ist das Leben immer ein Risiko. Wenn man sich davon niederdrücken läßt, kann man sich gleich umbringen. Das ist das Problem bei Wu Julee. Sie hat ein furchtbares Leben hinter sich.«Brazil schilderte kurz, was sie mitgemacht hatte, und mußte einige Ausdrücke wie Hure erläutern.

»Die arme Wuju war schon fast ein Tier geworden, bevor sie zu uns kam«, meinte Jol. »Kein Wunder, daß sie alle Erinnerungen verdrängt hat. Kein Wunder, daß sie Alpträume hatte.«

»Das ganze Leben war ein Alptraum für sie«, sagte Brazil leise. »Ihr körperlich erlebter Alptraum ist vorbei, aber bis sie das verarbeitet, lebt er in ihrem Denken weiter.«

Sie sahen einander eine Weile stumm an. Schließlich sagte Yomax:»Captain, eines stört mich an Ihrer Gas-Geschichte.«

»Ja?«

»Wenn das Gas noch wirksam ist, warum hat es nicht auf Sie Einfluß gehabt, zumindest teilweise?«

»Das weiß ich ehrlich nicht«, erwiderte Brazil. »Alles spricht dafür, daß ich auf die Ebene des Sechsecks hätte herabsinken müssen, aber das war nicht der Fall. Ich bin nicht einmal äußerlich verändert zur größeren, dunkleren Version der Menschen dort. Ich konnte es nicht erklären, und die Ambreza auch nicht.«

Die Heilkundige steckte den Kopf herein, und sie drehten sich erwartungsvoll um.

»Sie schläft jetzt«, sagte sie. »Zum erstenmal seit über einem Monat schläft sie richtig. Ich bleibe bei ihr.«

Sie nickten und richteten sich auf eine lange Wartezeit ein.

Wu Julee schlief fast zwei Teige lang.

Brazil benützte die Gelegenheit, sich das Dorf und die Umgebung anzusehen. Nachdem er einen ganzen Tag unterwegs gewesen war, ging er zur Heilkundigen.

»Sie ist zu sich gekommen«, sagte sie. »Ich habe sie dazu gebracht, etwas zu essen, und es ist im Magen geblieben. Sie können hineingehen.«

Wu Julee sah ein wenig schwach aus, lächelte aber, als sie ihn sah.

Sie hat sich nicht radikal verändert, dachte er, wenigstens nicht von den Hüften aufwärts. Er hätte sie überall wiedererkannt.

»Wie fühlen Sie sich?«fragte er.

»Schwach, aber es wird schon.«Sie kicherte ein wenig. »Als wir uns das letztemal sahen, mußte ich zu Ihnen aufblicken.«

Brazils Miene wirkte gequält.

»Immer dasselbe«, klagte er. »Immer auf die Kleinen.«

Sie lachte, und er stimmte ein.

»Es ist gut, Sie lachen zu hören«, sagte er.

»Vorher hat es nie viel Anlaß gegeben«, meinte sie.

»Ich habe Ihnen gesagt, daß ich Sie finde.«

»Ich erinnere mich — das war das Schlimmste am Schwamm. Man weiß alles, nimmt alles wahr.«

Er nickte ernsthaft.

»In der menschlichen Geschichte hat es immer irgendeine Droge und Süchtige gegeben. Die Leute, die den Stoff verhökern, haben eine andere Sucht — nach Macht. Ihre Gier treibt sie. Geld- und Machtgier, das Übelste — nein, das Zweitübelste auf der Welt.«

»Und was ist das Übelste?«

»Die Angst. Sie zerstört und verwüstet alles.«

Sie schwieg kurze Zeit.

»Ich habe fast mein ganzes Leben lang Angst gehabt.«

»Ich weiß. Aber jetzt gibt es keinen Grund mehr dafür. Das sind gute Leute hier, und es ist ein Ort, wo ich jederzeit den Rest meines Lebens verbringen könnte.«

Sie sah ihn an.

»Sie sind wunderbar, aber es ist ihr Paradies. Sie sind hier geboren und wissen nichts von dem Entsetzlichen ringsumher. Es muß herrlich sein, so leben zu können, aber ich gehöre nicht zu ihnen. Meine Narben wirken so groß und schmerzhaft, gerade weil die Leute hier gut und schlicht sind. Können Sie das verstehen?«

Er nickte langsam.

»Ich habe auch Narben, wissen Sie, und manche kann ich zeitweise kaum ertragen. Meine Erinnerung kehrt zurück — langsam, aber in genauen Einzelheiten, und es sind meist Dinge, an die ich mich nicht erinnern will, wie Serge gesagt hat.«

»Diese Verjüngungsbehandlung muß Ihr Gedächtnis stark beeinflußt haben«, meinte sie.

»Nein«, sagte er. »Ich habe mich nie verjüngen lassen, Wu Julee. Niemals. Das wußte ich, als ich ihnen dergleichen zuschrieb.«

»Niemals — aber das ist unmöglich. Ich erinnere mich, daß Hain ihr Patent gelesen hat. Da stand, daß Sie über fünfhundert Jahre alt sind!«

»Das bin ich«, gab er langsam zurück. »Und noch viel älter. Ich hatte hundert Namen, tausend Leben, alle gleich. Ich bin da seit der alten Erde und vorher.«

»Aber die ist vor Jahrhunderten zerbombt worden. Das ist ja beinahe Vorgeschichte.«

»Es ist wie eine Reihe von Schleiern gefallen, einer nach dem anderen. Heute, als ich oben in den Bergen war, fiel mir plötzlich ein komischer kleiner Diktator der alten Erde ein, der mich mochte, weil ich nicht größer war als er. Er hieß Napoleon Bonaparte…«