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Er schlief einige Tage auf Pelzen in Yomax' Büro und sah bei jedem Besuch Wu Julee Kraft und Sicherheit zurückgewinnen.

Aber die Narben in ihren Augen blieben.

Eines Tages kam das Dampfboot, und Klamath fiel beinahe in den See, als er auf ihn zustürzte.

»Nate! Nate!«rief der Fährmann. »Unglaubliche Nachrichten!«Nach seiner Miene war es nichts Gutes.

»Beruhigen Sie sich, Klammy, und erzählen Sie.«In der Hand des Kapitäns erspähte Brazil eine handgedruckte Zeitung, konnte die Sprache aber nicht lesen.

»Jemand ist in die Universität in Czill eingedrungen und hat zwei Leute entführt!«

Brazil runzelte die Stirn mit einem hohlen Gefühl im Magen. Dort befand sich Vardia, die er als nächste besuchen wollte.

»Wen hat man entführt?«

»Einen von euch, Vardia oder so ähnlich. Und eine Umiau — eine Art Seejungfrau, Nate, namens Cannot.«

Der kleine Mann kaute bedrückt an seiner Unterlippe.

»Weiß man, wer es war?«

»Man ist sich ziemlich sicher, obwohl sie es bestreiten würden. Ein Haufen Riesenschaben mit einem Namen, den keiner aussprechen kann. Die Umiau haben sie im Dunkeln bemerkt, als sie die Stromversorgung lahmlegten.«

Langsam schälten sich die Ereignisse heraus. Zwei große Wesen, die Riesen-Flugkäfern glichen, hatten das Kraftwerk gesprengt, das künstliche Sonnenlicht war in einem Flügel des Gebäudes ausgefallen, dann waren sie durch ein Fenster eingedrungen, hatten Vardia und Cannot ergriffen und mitgenommen. In Zone hatte man sich an die Führer der schuldigen Rasse gewandt, aber sie betonten, es gäbe auf dem Planeten fast hundert Insektenrassen, und sie hätten mit der Sache nichts zu tun.

»Aber das ist nicht das Wildeste«, sagte Klamath erregt. »Die Umiau gerieten in helle Aufregung, und eine verriet die Wahrheit über Cannot. Sie und die maßgeblichen Leute im Zentrum hatten ein echtes Geheimnis. Cannot war Elkino Skander, Nate.«

Brazil starrte ihn an.

»Jetzt muß ich nach Czill«, sagte er. »Meine Arbeit scheint zu beginnen.«

Klamath verstand nichts, erklärte sich aber bereit, mit dem Boot zu warten, bis Nathan sich von Wu Julee verabschiedet hatte.

Sie stand ungestützt und sah sich ein Buch mit Landschaftsbildern an. Seine Miene verriet seine innere Unruhe.

»Was ist los?«fragte sie.

»Sie sind in ein Hex eingedrungen, das in der Nähe liegt, und haben Vardia und Skander entführt, den Mann, der die sieben Leute auf Dalgonia umgebracht haben könnte«, antwortete er ernst. »Ich muß leider gehen.«

»Nehmen Sie mich mit«, sagte sie ruhig.

Der Gedanke war ihm überhaupt nicht gekommen.

»Aber Sie sind noch geschwächt!«wandte er ein. »Und hier gehören Sie her. Das ist jetzt Ihre Rasse. Da draußen ist alles übel, das ist nichts für Sie.«

Sie ging zu ihm und sah ihn mit ihren alten, alten Augen an.

»Ich muß«, sagte sie. »Ich muß die Narben heilen.«

»Aber da draußen gibt es nur neue Narben«, gab er zurück. »Da draußen ist die Angst, Wu Julee.«

»Nein, Nathan.«Sie tippte sich an die Stirn. »Die Angst ist hier. Bis ich sie bewältige, gehe ich hier zugrunde.«Als er schwieg, fügte sie hinzu:»Ich halte mehr aus als Sie.«

»Also gut«, sagte er langsam. »Kommen Sie mit, wenn es sein muß. Sie können ohnehin von jedem Portal aus nach Dillia zurück.«

Sie zog einen Mantel an, und sie gingen hinaus. Als sie Yomax und den anderen sagten, daß sie mitging, erhoben sich heftige Proteste, aber sie ließ sich in ihrem Entschluß nicht beirren.

»Ich sage es Dal und Jol«, murmelte Yomax, während ihm die Tränen in die Augen stiegen. »Aber sie werden es auch nicht verstehen.«

»Ich komme wieder, Alter«, erwiderte sie und küßte ihn auf die Wange.

Klamath betätigte die Dampfpfeife.

Sie traten auf das Boot und gingen durch die Frachttür, die das Unterdeck vor dem kalten Wetter schützte.

Fünf Stunden später landeten sie in dem viel größeren Ort Donmin seeabwärts. Verglichen mit dem Dorf seeaufwärts war das eine wimmelnde Metropole mit fünfzehn- oder zwanzigtausend Bewohnern. In den Straßen gab es Öllampen, obwohl Brazil nicht wußte, was für ein Öl verwendet wurde. Jedenfalls roch es nach Fisch.

Er holte aus dem Schiffsbüro einen Rucksack und verabschiedete sich von Klamath, der ihnen alles Gute wünschte.

Der Rucksack enthielt hauptsächlich Tabak, eine nützliche Handelsware. In einer Tasche befanden sich Kleidung und Wäschezeug.

Mit dem Tabak konnte Brazil einige Dinge eintauschen, die er für nötig hielt, dann besorgte er ein Zimmer in einem Gasthaus am Hafen, wo sie die Nacht verbrachten.

Am nächsten Tag machten sie sich früh auf den Weg nach Nordosten. Wu Julee mußte sich Mühe geben, hinter ihm zu bleiben, so langsam ging es voran. Nach einigen Kilometern fragte sie ihn:»Warum reiten Sie nicht auf mir?«

»Aber Sie tragen doch schon den Rucksack.«

»Ich bin kräftiger, als Sie glauben«, erwiderte sie. »Ich habe Baumstämme geschleppt, die schwerer waren als Sie und der Rucksack zusammen. Los, steigen Sie auf!«

»Ich bin nicht mehr auf einem Pferd gesessen, seit ich bei der Amtseinführung vom ersten Wilson war«, sagte er für sie unverständlich. »Also, versuchen wir es.«

Er brauchte, selbst mit ihrer Hilfe, drei Versuche, um auf ihren breiten, stämmigen Leib zu gelangen, der ihn sehr an ein Shetland-Pony erinnerte. Und zweimal fiel er unter ihrem spöttischen Gelächter herunter, als sie zu traben begann. Sie mußte schließlich ihre Arme nach hinten legen, damit er sich festhalten konnte.

Sie kamen aber schnell voran und die Kilometer schmolzen. Als es dunkelte, erreichten sie die Grenze von Dillia. Es begann zu schneien, doch nur leicht.

»Wir müssen bald anhalten«, meinte er.

»Warum?«fragte sie spöttisch. »Angst vor der Dunkelheit?«

»Mein Körper hält das einfach nicht mehr aus«, ächzte er. »Und wir kommen bald in das Slongorn-Hex. Ich weiß nicht genug darüber, um es in der Dunkelheit zu wagen.«

Sie blieb stehen, und er stieg steif und mit schmerzverzerrtem Gesicht ab.

»Na, wer konnte die Reise nicht machen, weil er zu schwach war?«neckte sie ihn. »Seht euch den tapferen Supermann an. Und wir haben schon fünf Pausen eingelegt.«

»Ja, ja«, knurrte er. »Nur, damit Sie etwas essen konnten. Guter Gott, stopft Ihr euch voll!«

Der Schneefall wurde stärker, und der Wind pfiff durch die Bäume. Man konnte fast nichts mehr sehen.

»Sind wir noch auf der Straße?«fragte sie.

»Ich weiß es nicht. Wir hätten schon an dem Gasthof vorbeikommen müssen. Aber Feuer können wir jetzt nicht machen. Gehen wir weiter.«

»Mir wird kalt, Nathan«, klagte sie. »Ich bin halb unbedeckt, denken Sie daran.«

Er stieg wieder auf, und sie stapfte mit ihm weiter.

»Lange kann ich nicht mehr«, sagte sie. »Ich bin hinten steif gefroren.«

»Nur nicht aufgeben, Mädchen!«rief er. »Das ist das Abenteuer, das Sie erleben wollten!«

Es spornte sie an, aber der Schnee schien immer dichter zu fallen.

»Ich glaube, ich sehe etwas!«rief sie plötzlich.

»Vielleicht das Rasthaus. Nur vorwärts!«

Sie lief weiter.

Plötzlich war der Schnee verschwunden, als hätten sie einen unsichtbaren Vorhang durchstoßen, und mit ihm die Kälte. Sie blieb stehen.

Er stieg ab und säuberte sich vom Schnee, holte Atem und ging einige Schritte zurück.

Hinein in Kälte und wehenden Schnee.

Er kam zu ihr zurück.

»Was ist, Nathan?«fragte sie. »Was ist geschehen?«

»Wir müssen das Rasthaus verfehlt haben«, gab er zurück. »Wir sind über die Grenze nach Slongorn gekommen.«