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Bat war in der Luft geblieben, solange er konnte, aber nun mußte er landen. Er flog durch das Tal und suchte sich eine Stelle, in deren Nähe keine Murnies zu sehen waren, dann landete er schwer atmend und überlegte, was er tun konnte.

Nach wenigen Minuten war er wieder bei Atem und entschied sich für einen Plan, dessen Aussichten lächerlich gering waren.

Er mußte es versuchen.

Keine Flucht mehr, dachte er. Wenn ich es kann, tue ich es.

Er flog zurück zum Lager und sah, daß es günstig stand. Die Antilope war an einem Pfosten angebunden und lag schlafend am Boden.

Brazil wog um die fünfzig Kilo, schätzte er. Die Bahre? Noch einmal fünf? Zehn? Ich schaffe es nicht, dachte er plötzlich angstvoll. Ein solches Gewicht, über eine solche Strecke!

Plötzlich dachte er an Wuju. Er hatte ihre Spur verloren, konnte sie jetzt aber nicht suchen.

Du hast gut gegessen, sagte Bat sich streng. Du bist so groß und kräftig und gesund, wie du es nur sein kannst. Wenn sie es schafft…

Ohne weiter zu überlegen, fegte er auf Brazil hinunter, packte die Bahre an einer Seite und klappte sie um, damit er beide Stangen mit den Füßen umklammern konnte, während Brazil in die Bahre eingewickelt war. Er schaute sich schnell um. Konnte er abheben, ohne Startplatz, ohne Anlauf?

Er begann, heftig mit seinen großen Schwingen zu schlagen, unterstützt von einem Wind, der sich plötzlich erhob. Er stieg hoch und flatterte noch wilder. Zu tief! dachte er nervös. Brauche Höhe!

Das heftige Klatschen weckte Murnies, die aus ihren Zelten stürmten, unter ihnen der Medizinmann.

»Nein! Nein! Komm zurück!«schrie der Arzt, aber der Wind wurde stärker, und Bat war im Flug, über den Fluß und an ihm entlang. Cousin Bat hielt nichts von Göttern oder Gebeten, aber jetzt betete er, als er sich mühte, Geschwindigkeit, Höhe und Gleichgewicht zu halten. Betete darum, daß er Czill und moderne Medizin erreichen würde, ohne Brazil oder sich oder sie beide zu töten.

* * *

Der Medizinmann sah Bat entsetzt und bedrückt in der Dunkelheit verschwinden.

»Ogenon!«rief er mit tiefer, rauher Stimme.

»Ja, Eure Heiligkeit?«erwiderte eine schwächere Stimme.

»Hast du gesehen?«

»Der ehrenvolle Krieger ist von dem Fliegenden entführt worden«, erwiderte Ogenon.

»Der Fliegende weiß nichts von uns und unserer Art, sonst hätte er das nicht getan«, sagte der Medizinmann halb zu sich selbst, halb zu seinem Gehilfen. »Er ist nach Osten geflogen, will also nach Czill. Ich brauche einen starken Läufer, der zur Grenze muß. Sieh mich nicht so an! Ich weiß, wie schlecht die Luft dort ist, aber das muß sein. Die Czillaner müssen begreifen, wenn sie den Krieger sehen und die Geschichte des Geflügelten hören, aber wenn der Körper überlebt — was nicht wahrscheinlich ist — werden sie nichts vom Überleben der Substanz wissen. Geh!«

Ogenon fand einen Krieger, der bereit war, den Lauf zu unternehmen, und der Medizinmann prägte ihm ein, was er sagen sollte, und zu wem. Als der Läufer im Dunkeln verschwunden war, sah der Medizinmann seinen Gehilfen an, der unaufhörlich gähnte.

»Bleib' wach, Junge!«knurrte er. »Sag' mir, wo das Wesen mit den sechs Gliedmaßen ist.«

»Es wird im Kreis der Neun behandelt«, erwiderte Ogenon schläfrig. »Ich habe gesehen, wie es hingeschleppt wurde.«

»Gut. Du mußt zum Hauptlager und mir Grondel holen. Beschreib ihm die drei fremden Wesen und erzähl' ihm vor allem von dem geachteten Krieger und den Dingen, die geschehen sind. Er wird trotz seiner achtzig Jahre schneller hier sein als du.«

Ogenon entfernte sich murrend. Der Medizinmann konnte sein Gähnen nicht mehr unterdrücken, kehrte aber nicht in sein Zelt zurück, sondern setzte sich in der für ihn sehr kühlen Nachtluft auf den Boden. Nun konnte er nur noch warten.

* * *

Wuju durchlebte den Alptraum noch stundenlang, dann erwachte sie plötzlich.

Ich muß immer noch träumen, dachte sie. Alles war verschwommen, und sie fühlte sich schwindlig. Sie konnte nicht glauben, was sie sah.

Sie befand sich in einem Murnie-Lager, die Morgendämmerung kündigte sich an, und sie hörte gräßlich lautes Schnarchen. Vor ihr saß der größte Murnie, den sie je gesehen hatte. Seine Haut zeigte eine seltsame braune Verfärbung und nur noch vereinzelte hellgrüne Flecken.

Aus der Ferne hatten sie wie gehende rechteckige Büsche ausgesehen, aber in der Nähe sah sie, daß sie eine grobe Haut besaßen, die wie halbgeschmolzener Kunststoff überall an ihrem Körper herabhing. Sie sehen aus wie mächtige Rümpfe ohne Kopf, dachte sie. Die Augen, tellergroß, waren dort, wo die Brust hingehörte, und vielleicht dreißig Zentimeter darunter befand sich der riesige Mund, ein gewaltiger Schlitz, der den Leib fast in zwei Hälften zu teilen schien. Von Behaarung, Genitalien, Nase oder Ohren war nichts zu sehen.

Sie versuchte, sich zu bewegen, stellte aber fest, daß ihre Beine an tief in den Boden geschlagene Pfosten gefesselt waren und man ihre Hände auf den Rücken gebunden hatte. Sie bäumte sich auf, und der große braune Murnie wurde wach.

»Nicht wehren«, sagte das Wesen zu ihr. »Nicht wehren, habe ich gesagt.«Es stand auf und reckte sich auf sehr menschlich aussehende Weise. »Du bist nicht in Gefahr. Niemand tut dir etwas. Kannst du mich verstehen? Nicke, wenn du es kannst.«

Wuju nickte angstvoll.

»Gut, dann hör zu. Es ist schwer für mich, diese Sprache zu sprechen, und ich muß mich konzentrieren, um die Wörter hervorzubringen. Du kannst mich verstehen, aber ich kann dich nicht verstehen, glaube ich. Sag etwas.«

»Was — was bedeutet das alles?«schrie sie beinahe hinaus.

Der Murnie kratzte sich am Rücken.

»Das dachte ich mir. Ich verstehe kein Wort. Du hast keinen Dolmetscher. Du mußt dich konzentrieren, wie ich. Denk' nach, dann antworte. Welche Sprache spreche ich?«

Sie dachte kurz nach, dann begriff sie plötzlich.

»Konföderation!«rief sie entgeistert. »Sie sind ein Neuzugang!«

»Gut. Ich habe Konföderations-Sprache, aber nichts sonst. Das liegt daran, daß alle Neuzugänge in ihrer Ursprache weiterdenken. Du kannst mich verstehen, also kannst du sprechen wie ich, wenn du angestrengt nachdenkst und deinen Mund dazu bringst, das Wort zu bilden, das du denkst. Versuch' es ganz langsam. Sage mir deinen Namen und die Namen deiner Begleiter. Dann versuch' es mit einem einfachen Satz, Wort für Wort.«

Wuju konzentrierte sich, während Angst und Panik verebten.

»Ichbün-Wuju«, sagte sie, und es klang fast richtig. »Meunef Reunde sin Nathan Brazil un Kusenn Bäht.«

»Nathan Brazil!«rief der große Murnie erregt. Den Rest seiner Worte konnte sie nicht verstehen.

Mein Gott! dachte sie. Kennt auf diesem verrückten Planeten denn jeder Nathan?

Der Murnie kratzte sich plötzlich am Kopf.

»Aber der andere war der Beschreibung nach ein Mann der alten Kultur«, sagte er nachdenklich. »Du meinst, er sieht immer noch so aus?«

Sie nickte, und sein großer Mund öffnete sich überrascht. »Ich möchte wissen, warum er im Schacht nicht verändert worden ist.«

»Währ isd Nathan?«fragte sie.

»Tja, das ist ja das Problem«, erwiderte der Murnie. »Siehst du, er ist sozusagen an zwei Orten gleichzeitig.«

* * *

Er sei ein ehemaliger Frachterpilot wie Brazil, erklärte ihr der Murnie, zweihundert Jahre im Beruf, vor der vierten Verjüngung, die ganze Familie und alle Freunde tot, seine Welt so verändert, daß er nicht zurückkonnte. Er hatte Selbstmord begehen wollen, dann aber ein seltsames Notsignal mitten im Nirgendwo aufgefangen, den Kurs geändert, und auf einmal schien sein Schiff zu verschwinden, er war in den Zone-Schacht gefallen und als Murnie zu sich gekommen.