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Skander griff hinauf und nahm ihre Maske ab, legte sie aber in das Gepäck.

»Ich behalte meine und rate den anderen, es genauso zu machen«, sagte sie. »Ich weiß nicht, wie es im Inneren aussieht, aber es wäre möglich, daß wir für ein paar Stunden die Luft in den Tanks noch brauchen. Wenn der Mechanismus autonom ist, befindet er sich vielleicht in einem Vakuum.«

»Daran habe ich gedacht«, sagte Der Rel. »Ich kann auch nicht im Vakuum existieren — Der Erahner braucht Neon und Argon, und ich Xenon und Krypton, und davon hat es zum Glück in allen Sechsecken Spuren gegeben. Wir hatten Wochen Zeit, uns auf die Expedition vorzubereiten, und ich rechne damit, daß wir jetzt auf Vakuum stoßen werden — und da nutzen die kleinen Atemgeräte gar nichts. Im Gepäck befinden sich für alle von uns Druckanzüge.«

»Warum haben wir sie in dem Höllenloch hiner uns dann nicht benutzt?«fragte Hain empört.

»Das war ein Hex mit scharfen Kanten und Schmirgelstoffen, in dem die Anzüge hätten beschädigt werden können«, erwiderte Der Rel. »Es war unbehaglich, mehr nicht.«

»Wie ist es hier überhaupt?«fragte Skander. »Gibt es irgendeinen schattigen Fluß, wo ich mich anfeuchten kann?«

»Sie werden überleben«, sagte Der Rel. »Wir kümmern uns um Sie, sobald wir etwas Geeignetes finden.«

Von Blume zu Blume surrten große Insekten, aber sie gingen ganz individuell vor, nicht als Schwarm. Sie waren ungefähr fünfzig Zentimeter lang und pelzig, schwarz mit orangeroten und gelben Streifen am Hinterleib.

»Wie schön«, sagte Vardia.

»Verdammt laut, wenn Sie mich fragen«, schrie Skander, um das ohrenbetäubende Surren zu übertönen.

»Sind die Insekten die Lebensform?«fragte Hain.

»Nein«, antwortete Der Rel. »Es soll sich um eine Art Symbiose handeln. Die Pflanzen sind sie. Ihre Samen werden von den Insekten vergraben, und wenn alles gutgeht, entwickelt sich daraus der Hirnschädel. Dann bildet sich der Stengel und die Blume.«

»Dann kann ich vielleicht ein paar von den Heulern essen«, sagte Hain eifrig.

»Nein, noch nicht. Die Blumen lassen Samenkörner fallen, vermehren sich also nicht durch Bestäubung. Die Bienen vergraben den Samen, aber ihre Nahrung gewinnen sie wohl aus dem Inneren der Blüten. Wenn die Blumen sie ernähren, müssen sie für sie wohl etwas tun.«

»Sie können sich nicht entwurzeln«, sagte Vardia mitfühlend. »Was hat es für einen Zweck, ein Gehirn zu besitzen, wenn man nicht sehen, hören, fühlen oder sich bewegen kann? Was für eine dominierende Lebensform soll das sein?«

Eine Kom-Welt in Vollendung, dachte Skander ironisch, aber laut sagte sie:»Ich glaube, das übernehmen die Insekten. Wenn man lange genug aufpaßt, sieht man, daß sie zu einer Blume fliegen und von einer anderen zu ihr zurückkehren. Sie suchen Dutzende von Blumen auf, kehren aber dazwischen immer wieder zur selben zurück.«

Vardia bemerkte eine kleine Erhöhung im Gras, ging hin und scharrte im Boden.

»Da!«rief sie. Die anderen kamen alle heran. »Ein Samenkorn. Und seht, außen ist ein Ei befestigt. Jedes Insekt befestigt an jedem Samenkorn ein Ei, bevor es vergraben wird. Der Samen wächst über das Ei.«

»Natürlich«, sagte Skander. »Erstaunlich.«

»Was?«fragten sie alle gleichzeitig.

»So verständigen sie sich miteinander — so kommen sie herum, versteht ihr? Das Insekt ist wie ein Roboter mit programmiertem Gehirn. Sie wachsen miteinander auf — ich wette, daß das Insekt voll ausgebildet ausschlüpft und, wenn die Blume sich öffnet, auf der Stelle fliegen kann. Was es sieht, hört und berührt, wird bei der Rückkehr der Blume vermittelt. Nach einer Weile können sie die Wesen gewiß mit Botschaften fortschicken und miteinander reden. Und jedesmal, wenn das Insekt eine andere Blume erreicht, geben die Alterfahrenen Informationen mit. Die Wesen leben, aber aus zweiter Hand, sozusagen durch Aufzeichnungen.«

»Klingt logisch«, räumte Der Rel ein. »Hain, ich schlage vor, daß Sie alles andere essen, nur nicht diese Blumen und die schwarzen, gestreiften Insekten. Ich möchte keinen Ärger haben.«

»Gut«, sagte Hain mürrisch. »Aber wenn es nichts anderes gibt, halte ich mich nicht zurück.«

In diesem Augenblick kam eines der großen Insekten herangeflogen und verscharrte Samenkorn und Ei wieder. Es schwirrte zu einer der Blumen zurück, steckte den Kopf hinein, kam heraus, flog auf sie zu und surrte drohend vor ihnen hin und her. Als es Vardia erreichte, umschwirrte es sie, sprang plötzlich auf ihren Kopf und stieß den scharfen, spitzen Rüssel unter dem Blattgewächs hinein. Sie waren alle zu verblüfft, um auf der Stelle reagieren zu können. Plötzlich sagte Hain:»Laßt mich mal.«

»Nein!«schrie Skander. »Sie lassen das Ding vielleicht in ihr stecken. Warten Sie noch, bis wir wissen, was geschieht.«

Vardia hatte keine Schmerzzentren, aber empfindliche Nerven, und diese spürten, wie das Ding eindrang und umhertastete, bis es eine bestimmte Art von Nerven entdeckte, die Informationen zu Kopf und Gehirn übermittelten und von dort aus weitergaben.

Ganz plötzlich wurde alles dunkel, und eine seltsame Stimme, wie ihr eigenes Denken, nur kraftvoller, sagte:»Wer und was seid ihr, und was macht ihr hier?«

Sie kam auf keinen anderen Gedanken, als zu antworten. Der Einfluß des fremden Denkens war so stark, daß es sie beinahe hypnotisierte.

»Wir ziehen nur durch euer Hex, auf dem Weg zum Äquator.«

Sie spürte, wie der spitze Rüssel sich zurückzog und es wieder hell wurde. Sie hatte wieder Gewalt über sich und sah das Wesen blitzschnell davonfliegen.

»Va — Chon«, verbesserte sich Skander sofort. »Was ist geschehen?«

»Es… es hat zu mir gesprochen. Es fragte, wer wir seien, und ich sagte, wir wären nur unterwegs zum Äquator. Ist das Wesen stark! Ich hatte das seltsame Gefühl, daß ich alles beantworten müßte, was es fragen würde — und tun, was es verlangte.«

Der Rel schwebte herüber und untersuchte ihren Kopf. Vardia spürte ein seltsames Prickeln.

Der Erahner und Der Rel schienen zufrieden zu sein und entfernten sich wieder.

»Von einer Wunde ist nichts zu sehen«, sagte das Wesen. »Erstaunlich. Eine der Blumen wurde neugierig, und da Sie das einzige Geschöpf der Pflanzenwelt hier sind, suchte sie sich Sie aus. Bleiben Sie ruhig und lassen Sie es noch einmal kommen. Versichern Sie den Wesen, daß wir nichts Böses im Sinn haben und so schnell wie möglich hindurchziehen. Wir halten uns an die Küste und werden sehr vorsichtig sein.«

»Ich glaube nicht, daß ich ihnen etwas sagen kann, was sie nicht fragen«, erwiderte Vardia schwach. »Oh, da kommt es wieder!«

Das Wesen brauchte beim zweitenmal nicht zu stechen und herumzutasten; es nahm sofort den Kontakt mit den richtigen Nerven auf.

»AUSGABE!«kam das Kommando, und plötzlich fühlte Vardia sich entleert, als würde durch einen Strohhalm ihr Innerstes in eine Flasche abgesaugt. Der Prozeß dauerte mehrere Minuten.

»Seht!«rief Skander. »Mein Gott! Sie ist verwurzelt! Regungslos am hellen Tag! Was hat das bewirkt?«

Das Insekt flog zu dem Blumenmeer zurück.

»Wir können nichts tun als warten«, meinte Der Rel vorsichtig. »Wir kennen die Regeln hier nicht. Die Insekten scheinen wenigstens nur auf Pflanzen beherrschend zu wirken. Warten wir ab.«

Sie warteten, und es dauerte Stunden.

* * *

Vardia fühlte sich in einem Zwischenreich, unfähig zu sehen, zu hören, zu fühlen. Es war aber nicht wie Schlaf — sie wußte, daß sie existierte, nur nicht, wo.

Plötzlich kam das saugende Gefühl wieder, und sie nahm etwas anderes wahr. Sie begriff nicht, woher sie es wußte, aber da war noch etwas.

»ICH VERSCHMELZE, WAS DEIN IST, MIT MIR, UND WAS ICH BIN, MIT DIR«, sagte die Stimme, die reines Denken war, und es geschah so.

In Vardias Gehirn gab es eine Explosion, und sie klammerte sich verzweifelt an ihre Persönlichkeit, ihr Wesen, während sie noch spürte, wie es zerrann, sich mit einer viel größeren und mächtigeren, aber fremdartigen Gesamtheit von Gedanken, Erinnerungen, Bildern und Ideen vermischte.